Drunter und drüber.

      Drunter und drüber.

      Es könnte triggern... das schreibe ich mal vorweg. Ich weiß es aber nicht.

      Ich habe hier schon lange nichts mehr selbst verfasst... es ging auch lange wirklich gut. Hier und da kleine Rückschläge, aber es lief. Aber momentan ist alles... komisch. Ich glaube, ich muss ein bisschen weiter ausholen.

      Ich mache eine Ausbildung zur Erzieherin und bin im zweiten Jahr. Die letzten 8 Wochen war ich im Praktikum in einer Mädchenwohngruppe (für User, denen das Wort nichts sagt: Kinderheim für Mädchen). Vor dem Praktikum war mir bereits bewusst, dass ich mit schweren Schicksalen konfrontiert werde, aber ich wollte es dennoch. Ich wollte einfach ein neues Aufgabenbereich kennen lernen, da ich bisher nur Erfahrungen in Kindertagesstätten gemacht habe. In der Wohngruppe gefiel es mir auch wirklich gut. Die Mädels waren toll und das Team auch. Und die Arbeit hat auch wirklich Spaß gemacht.
      Aber nach vier Wochen ungefähr hatte ich einen Zusammenbruch in meiner Selbsthilfegruppe. Einmal die Woche besuche ich diese SHG und das auch schon ziemlich lange. Aber das war das erste Mal, dass ich geweint habe. Es waren einmal die Geschichten der Mädchen, die mich berührt hatten, aber auch ich selbst. Viele Verhaltensweisen der Kleinen haben mich an mich erinnert. Und... das ist schwer zu erklären, aber ich versuche es. Obwohl es schlimme Umstände für die Mädchen sind, haben sie da ein schönes Zuhause. Sie werden so fürsorglich behandelt und warmherzig und ich eben auch. Ich habe mich gefragt, warum ich so eine Behandlung nicht von meinen Eltern hatte und habe mich mehr als Kind der Einrichtung gesehen, als das erwachsende Ich. Nach dem Abend in der Selbsthilfegruppe ging es aber dann besser voran. Trotzdem hatte ich eine gedrückte Stimmung. Selbst in der vorletzten Woche meldete mir das die Gruppenleitung der Wohngruppe zurück. Sie sagte, ich sei in der letzten Zeit sehr nach innen gekehrt. Dabei wollte ich das nicht! Dann gab es noch eine Situation in der Wohngruppe. Ich wurde in der letzten Woche von der Praxis bewertet und habe im Vorfeld mit der Praktikantin im Anerkennungsjahr gesprochen, die dort auch tätig ist. Das Gespräch hat mich sehr mitgenommen, da sie meinte, mein mangelndes Durchsetzungsvermögen würde sich in der Bewertung bemerkbar machen. Dabei habe ich mich wirklich bemüht, nur immer dann zurück genommen, wenn die ausgebildeten Erzieher im Raum waren. Ich wollte keine Fehler machen. Die Angst vor einer schlechten Bewertung war so groß, dass ich geweint habe (nicht vor der Mitpraktikantin oder anderen). Ich wollte meine Aufgabe gut machen! (Die Bewertung der Einrichtung fiel am Ende gar nicht so schlecht aus, wie ich es vermutet hatte - so viel zu meiner dummen Angst). Auch das habe ich in der Selbsthilfegruppe angesprochen... aber der Abend in der SHG war merkwürdig, bzw. nahm eine merkwürdige Wendung, die ich nicht wollte. Plötzlich sprachen wir über mein schlechtes Selbstwertgefühl, meinen Eltern und dem T*d meiner Oma. Dazu meinte ein Mitglied der Selbsthilfegruppe, ob ich diesen T*d als Trauma sehen würde. Ich konnte das gar nicht verpacken. Ich und ein Trauma haben? Ne. Meine Gedanken haben mir gesagt, dass ich so schlimm gar nicht dran bin. Vor allem nach den Geschichten, die ich in der Wohngruppe mitbekommen habe.

      Dann kam letztes Wochenende. Es war eine Katastrophe. Von Donnerstag auf Freitag hatte ich in der Wohngruppe 24h Dienst, was gleichzeitig für das Praktikum auch mein letzter war. Ich habe kaum geschlafen.
      Mein Freund war am Freitag auf einer Weihnachtsfeier vom Betrieb. Und ich hatte vorher echt gute Laune, ich habe ihm viel Spaß gewünscht. Er meinte, er wäre sicher früh wieder da. Ich habe dann um 2 Uhr nachts auf seinem Handy angerufen, um zu fragen, wie es ist und wie lange es wohl noch geht (Anmerkung: Ich kann einfach nicht alleine sein. Ich mache mir dann ständig Sorgen und ja, ich habe wohl auch einen Kontrollzwang). Er meinte, er und seine Kollegen würden ein Taxi rufen und dann bald da sein. Also habe ich gewartet. Gegen 3 Uhr habe ich ihn dann wieder angerufen, aber er ging nicht mehr ran. Irgendwann war es dann 4 Uhr und er ging immer noch nicht ran. Mein Kopf hatte schon ganz tolle Szenarien für mich parat. Ich war am heulen und so verzweifelt, dass ich Freunde angerufen habe, aber natürlich war um 4 Uhr nachts niemand mehr wach. Gegen 4:30 Uhr konnte ich dann ein Mitglied meiner Selbsthilfegruppe erreichen. Das Mitglied hat mich beruhigt, mit mir geredet. Das Ende vom Lied: Ich konnte meinen Freund um 6 Uhr morgens erreichen. Er war um 6:30 Zuhause. Und ich hatte kein bisschen geschlafen, war sauer und fertig. Ich hatte nämlich schon mit dem Gedanken gespielt Krankenhäuser anzurufen. Normalerweise bleibt er nämlich nie sooo lange weg und wenn, dann meldet er sich und gibt mir Bescheid. Aber so gar nichts von ihm zu hören, hat mir richtig Angst gemacht. Als er dann Heim kam, habe ich ihn angemotzt. Aber er war betrunken und wirklich was kam bei ihm natürlich nicht an. Wir lagen dann um 7 Uhr morgens im Bett und ich habe bestimmt bis 9 Uhr noch heulend wach gelegen. Er hat versucht mich zu trösten, konnte aber nicht verstehen warum ich sauer war. Solche Aktionen sind aber nicht zum ersten Mal passiert. Und er konnte es nicht verstehen. Irgendwie war ich plötzlich die Böse. Na ja, ich habe dann bis 13 Uhr gepennt. Danach war nicht wirklich viel mit mir anzufangen. Ich habe viel geweint, mein Freund wollte mich wieder trösten. Aber er konnte meine Sorgen immer noch nicht nachvollziehen. Und die Tatsache, dass es nicht das erste Mal war. Er wollte "doch nur einen drauf machen". JA, aber dann melde dich doch, verdammt! Na ja... ich habe mich an dem Tag auch noch selbstv*rl*tzt (nach 5 Monaten Pause). Abends habe ich mir dann mehr als die mir vom Arzt empfohlene Dosis von Atosil genommen. Sonntag war ich von morgens, bis abends nur im Bett. Montag (also gestern) war ich auch kacke drauf und sehr am Boden. Heute (Dienstag) habe ich mich schon wieder selbstv*rl*tzt und heute Abend ist wieder meine Selbsthilfegruppe. Dazu kommt dann noch, dass ich momentan alles an Essen in mich reinstopfe. Ich kenne mein Sättigungsgefühl nicht und esse die ganze Zeit. Natürlich schlägt sich das auch auf mein Gemüt nieder. Ich fühle mich schuldig und absolut ekelig, weil ich in meinen Augen so d*ck bin. Daher kommen momentan öfter die Befürchtungen ich könnte ein gestörtes Essverhalten haben. Ich konnte noch nie normal essen. Aber ich werde in diesem Punkt eh nie ernst genommen, weil ich nicht d*nn genug für eine Essst*rung bin. So sieht es die Außenwelt und ich auch. Ich sehe mich nur als verfressen. Aber... ach keine Ahnung. Ich hoffe grad, ich verstoße gegen keine Regeln. Dabei muss ich die kennen, solang wie ich schon hier bin. Und schon wieder mach ich mir sorgen... manno.

      Zum Praktikum: Ich habe das Praktikum gut zu Ende gebracht, aber für mich den Entschluss gefasst, dass ich (noch) nicht bereit bin in diesem Aufgabenfeld zu arbeiten.

      Aber... was will ich jetzt eigentlich? Ich würde gerne wissen, wie andere meine Situation einschätzen. Ich habe das Gefühl es geht wieder bergab. Aber ich weiß nicht, was ich tun soll. Im nächsten Jahr habe ich erst wieder einen Termin bei meiner Psychiaterin. Und über Weihnachten sind wir (mein Freund und ich) ausgerechnet bei meinen Eltern, was eh immer eine sehr schwierige Situation für mich ist. Irgendwie ist alles zuviel und ich mag mir nicht eingestehen, dass es mir nicht gut geht. Ich bin ständig müde und fühle mich erschlagen. Dauernd vergesse ich Dinge und kann mir nichts merken. Ich denke auch viel daran einfach aufzugeben. Aber ich weiß, dass ich das nicht tun werde. Dennoch... alles ist zuviel. Ich bin nicht gut genug. Und ich bin eh immer die Böse. Wie soll ich Vertrauen zu mir und anderen aufbauen? Ich verstehe nicht, warum mein Freund mich nicht versteht. Wieso ist ihm das so egal? Oder auch nicht.. Ich weiß es nicht.

      Ich höre jetzt auch auf zu schreiben.
      Vielleicht kann mir ja jemand irgendwas sagen oder raten. Oder auch nur Trost spenden oder mir sagen, ob ich total überreagiere oder sonst was.
      "I don't feel miserable or angry. I don't feel good or bad. I feel... nothing. Which feels great."
      - Gregory House.
      Huhu du,

      ein langer text, ich schaff es leider heut nicht dem gerecht zu werden.

      ich finde es gut, wenn du dir eingestehst dass es dir nicht gut geht und dass du aufgabe/ziel xy grade noch nicht bewältigen kannst. ich persönlich finde aber für mich den gedanken “es geht bergab“ nicht hilfreich, ich sehe mich lieber als mensch wie jeder andere, der grad mit sich ringt u grad einfach viele baustellen hat.
      möchte aber nicht pauschal sagen, dass es einem schlecht tut zu denken es ginge bergab. nur für mich ist das nichts.

      was die sache mit deinem freund angeht.
      ich finde schon dass du auf eine art reagiert hast die nicht gesund ist (lange weinen, völlig aufgewühlt sein) - was aber keine kritik ist.
      ich finde aber deine wünsche u gefühle dabei völlig in ordnung. manche paare leben sehr lose “kommste heut nicht kommste morgen“ und manche wissen 24h wo der andere ist.
      ich persönlich brauche verbindliche abmachungen. bin also vom grundanspruch so wie du. und ich finde das nicht schlimm. mal vom ganzem thema psyche u erkrankungen weg glaub ich dass menschen dazu einfach unterschiedliche meinungen haben. u ich schwanke ebben zwischen wut u sorge wenn aus “fahre jetzt heim“ um 2 uhr wird, dass der andere um 6 betrunken in die tür fällt. würd ich genauso auch nicht bringen.
      Hallo,

      nicht schlimm. Danke, das du dir dennoch die Zeit genommen hast. Ich habe die Themen nämlich heut in der Selbsthilfegruppe nicht angesprochen..

      Ich weiß nur nicht, wie ich das anderen mitteilen soll. Ich glaube, mein Freund merkt das es mir nicht gut geht, aber ich kann es nicht sagen. Einmal, weil ich ein schlechtes Gewissen wegen der Selbstv*rl*tzung habe, andererseits, weil er sich keine Sorgen machen soll; die er sich wahrscheinlich eh macht. Ich bin es von kleinauf gewohnt, bzw. es ist mir anerzogen worden, dass jeder seine Probleme mit sich selbst ausmacht und nach außen eine gute Laune Maske trägt. Daher ist es schwer für mich, es nicht mit mir auszumachen. Schreiben geht eher, weil ich dann einen gewissen emotionalen Abstand zu mir und den Personen habe, die mir antworten.

      Ich weiß, dass meine Reaktion nicht gesund war. Aber ich weiß auch, dass ich es ihm gegönnt habe. Und ich habe mich im Vorfeld auf das Alleinsein vorbereitet. Ich hatte einen gewissen Plan. Aber, wie du schon sagst, mir sind Absprachen wichtig. Wenn ich die nicht habe, gerate ich ins Wanken. Außerdem fällt es mir dann jedes Mal schwerer Vertrauen fassen zu können. Ich will ihm ja vertrauen und er soll auch seinen Spaß haben, aber ich kann es nicht, wenn Absprachen nicht gehalten werden. Ich weiß auch nicht. Mein Kopf dreht dann durch und ich bilde mir Sachen ein, die passieren könnten. Wenn er dann wieder da ist, freue ich mich einerseits und bin erleichtert, aber die Wut ist größer. Ich sehe mich dann selbst als die Böse. Die böse, bissige Hexe... der Besen, der zuhause nur Ärger macht - verstehst du? Aber ich weiß auch nicht, wie ich ihm das sagen kann. Ich habe ihm gesagt, dass ich Absprachen brauche, damit ich Sicherheit habe. Aber es klappt einfach viel zu selten. Wenn er Alkohol intus hat, ist eh vorbei. Dann zählen andere Bedürfnisse mehr, als meine. Gott, das klingt voll egoistisch. Aber ich brauche es einfach. Es bietet mir Sicherheit und es schafft Vertrauen, was ich eh schwer aufbaue. Ich wurde sooft enttäuscht. Keine Ahnung.
      "I don't feel miserable or angry. I don't feel good or bad. I feel... nothing. Which feels great."
      - Gregory House.
      Hi,
      Dass du dir wegen deinem Freund Sorgen gemacht hast, kann ich gut verstehen. Hatte er nicht gesagt, er sei gleich daheim und kam dann erst Stunden später? Konntest du inzwischen mal nachfragen, warum aus 'gleich' mehrere Stunden wurden? 'ich hätte mir da auch Sorgen gemacht, glaube ich'.

      Zu den S*lbstv*rl*tz*ng*n: hast du schon Skills für dich gefunden, und wenn ja, weswegen hast du sie nicht eingesetzt / haben sie nicht geholfen?

      Zu deinem Praktikum: Praktika sind doch dafür da, Erfahrungen in verschiedenen Bereichen zu sammeln. Wenn du für dich festgestellt hast, dass so eine WG (noch) nichts für dich ist, hat das Praktikum dort doch (s)einen Zweck erfüllt, oder? Nicht jedem liegen alle Bereiche - das ist völlig normal. Erst letzte Woche habe ich in meinem Praktikum mit einer Schwesternschülerin gesprochen, die sich gar nicht vorstellen kann, mit psychisch kranken zu arbeiten, weil sie 'das Problem lieber sehen können möchte'. Aber das konnte sie u.a. dadurch herausfinden, dass sie auch dieses Tätigkeitsfeld einfach mal ausprobiert hat. umgekehrt hätte es ihr ja auch widererwarten großen Spaß machen können.
      Sei nicht so streng mit dir selber. Denke auch daran, dir etwas Gutes zu tun und zwischendurch mal tief durchzuatmen.
      Hallo SoRaya!

      Ja, auch das habe ich ihn gefragt. Aber keine wirkliche Antwort bekommen. Nur das es ja eine Weihnachtsfeier war und das halt mal passiert und das er nur einen drauf machen wollten, etc. Abgesehen davon, dass er nach meinem Anruf gar nicht mehr lange auf der Feier war, sondern als ich ihn dann irgendwann morgens erreichen konnte, ganz woanders war und meinte er hätte auch irgendwo gepennt... na ja, keine Ahnung. Ich bin dann sofort immer misstrauisch. Nur, wenn ich so etwas anspreche, wird er immer genervt und am Ende bin ich dann die Böse, die ihrem Freund alles verbieten will. Dabei stimmt das gar nicht. Ich tue mein bestes und ich habe es ihm ja auch gegönnt...

      Skills habe ich schon so viele ausprobiert. Bisher habe ich noch nicht das richtige gefunden, was mir in Hochspannung hilft. Meistens denke ich dann auch gar nicht darüber nach, sondern handele einfach. Oder ich unterdrücke den Drang es zu tun. Keine Ahnung, ich habe bisher keinen Weg gefunden, wie ich damit anders umgehen kann.

      Ja, du hast schon recht. Natürlich habe ich so eine Erfahrung gemacht, die mich weiterbringt. Aber ich finde es auch sehr schade. Wie gesagt, die Arbeit hat mir Spaß gemacht. Aber am Ende war ich dann doch überfordert und keine meine erreichten Ziele nicht schaffen. Abgesehen davon stehe ich jetzt wieder vor der Frage, wo ich mein Anerkennungsjahr machen will. Und bewerben sollte ich mich dafür auch sehr bald... Ich denke manchmal einfach, ich schaffe gar nichts. Ich denke oft, ich bin zu allem zu doof, nicht talentiert genug, nicht kreativ genug, etc.
      "I don't feel miserable or angry. I don't feel good or bad. I feel... nothing. Which feels great."
      - Gregory House.