08.06. 22:15 Uhr ZDF 37° Iss was

      Iss was, ZDF, Dienstag, 08.06.,

      Immer schon hatte sie diese Neigung zum Dicksein, erzählt das hübsche Mädchen. Und irgendwann hat sie mit Fressanfällen begonnen und ist auf die Idee gekommen, heimlich alles wieder auszukotzen. Das Erbrechen wurde zur Gewohnheit, manchmal drei bis viermal am Tag. Je stressiger der Alltag, desto mehr Essen und Erbrechen. 'Es ist wie ein Zwang, aber es ist auch eine Erlösung.' Als könnte sie damit alle ihre Probleme beseitigen. Sie findet sich hässlich und viel zu dick und kann ihren Körper nicht annehmen. Wenn sie in den Spiegel schaut, sieht sie 'nur Fett'. Sie findet immer etwas an sich, was ihr nicht gefällt. Seit Elli sich erinnern kann, war Essen ein besonderes Thema zu Hause. Es gab keine festen Mahlzeiten, auch weil Ellis Mutter häufig eine Diät machte. Erst seit einem Jahr wissen die Eltern, was mit ihrer Tochter los ist. Dass sie an schlechten Tagen mehrere Fressanfälle hat und sich übergibt bis ihr der Hals weh tut. Bei diesen Anfällen vertilgt sie Unmengen Schokolade und Eis, alles durcheinander, auch rohe und tiefgekühlte Sachen. Ellis Mutter fällt es schwer, die Krankheit ihrer Tochter zu akzeptieren. Ihr Vorschlag 'Hör doch einfach auf' nutzt nichts. Im vergangenen Februar dann war sie zum ersten Mal für acht Wochen in einer Fachklinik für Essstörungen. Hier begann sie langsam zu verstehen, dass sie für sich etwas tun muss. Langsam lernte sie, ihre Probleme nicht zu verdrängen. Sie sieht ihre Sucht als eine Schutzmauer, um andere nicht mit ihren Problemen zu belasten. Immerhin sind ihre Fressanfälle weniger geworden. Und die nach außen immer fröhliche, lebenslustige Elli wirkt nachdenklicher und reifer.

      Katrin (24) ist seit ihrem 14. Lebensjahr magersüchtig. Angefangen hat alles, nachdem ihr eine Freundin die erste Liebe ausspannte. Nach zwei langen Klinikaufenthalten wiegt sie heute wieder 47 Kilogramm. Doch es ist noch nicht lange her, dass Kathrin sich fast zu Tode gehungert hat. 30 Kilogramm war ihr Tiefstgewicht, bevor sie einsah, dass sie krank ist. Der Körper war völlig ausgezehrt, die Organfunktionen wurden immer schwächer. Die Ärzte befürchteten, sie würde an Herzversagen sterben. Lange hatte sie die Eltern belogen, Mahlzeiten heimlich in den Mülleimer geworfen, Täuschungsmanöver entwickelt, damit niemand etwas merkt. Ein Hilfeschrei, um auf sich aufmerksam zu machen, um aufzufallen, um Liebe zu bekommen. Man wird geliebt, wenn man Leistung bringt, glaubte sie, und hungerte immer weiter. Je dünner sie wurde, desto mehr fühlte sie sich angenommen. Mit 33 Kilogramm, kurz vor dem Hungertod, legte sie noch ihre Prüfung mit Bestnoten ab. Mit der Hilfe von Ärzten hat sie verstanden, dass ihre Magersucht auch ein Hilferuf an den Vater ist. Sie wollte endlich von ihm gesehen, anerkannt, geliebt werden. Heute weiß sie, dass sie immer mit der Krankheit zu tun haben wird. Als Folge des Hungerns arbeitet die rechte Niere nicht mehr und Knochenschwund hat eingesetzt. Mit aller Kraft kämpft sie, um ihren Weg zu finden. Die ärztliche Zielvorgabe von 55 Kilogramm erscheint ihr noch immer unvorstellbar.

      Tanja ist 29 Jahre, erfolgreich, hübsch, intelligent und seit 15 Jahren essgestört. Magersuchtphasen wechseln mit bulimischen Schüben. Sie erbricht nicht, sondern versucht ihr Gewicht seit Jahren mit illegalen Appetitzüglern und Unmengen von Abführmitteln zu regulieren. Jede Sekunde strebt sie nach dem perfekten Körper. Schon als Kind hat Tanja immer daran geglaubt, dass das Leben gut wird, wenn sie nur schlank ist. Den ganzen Tag denkt sie dann darüber nach, was sie schon gegessen hat oder noch essen wird. Abends wird der Druck unerträglich. Fressanfälle machen alle Vorsätze zunichte. Das Gefühl für ihren Körper hat sie völlig verloren. Ab dem Hals abwärts, sagt sie, fühlt sie sich tot, und manchmal sehnt sie sich danach, sich zu Tode hungern. Eine Therapie kommt nicht in Frage, da sie sich nicht mit ihrem Beruf als erfolgreiche Kundenberaterin vereinbaren lässt. Doch sie weiß, dass die ablehnende Haltung eigentlich die Angst vor der eigenen Vergangenheit ist, die Angst vor sich selbst.

      Wiederholungen:
      Di/Mi, 08.06. 04:30-05:00 ZDF
      Do, 17.06. 18:00-18:30 3sat