Vielleicht liege ich ja falsch...

      Vielleicht liege ich ja falsch...

      Hallo zusammen

      Eigentlich ist das alles reiner Zufall....Ich weiss auch gar nicht genau, wo ich mit Erzählen und Fragen beginnen soll. Kann sein, dass die Geschichte etwas chaotisch wird, aber ich versuchs jetzt einfach mal...

      Vor ca. einem halben Jahr habe ich einen ganz lieben Menschen kennengelernt. Wir haben uns auf Anhieb verstanden. Obwohl ein Altersunterschied von 10 Jahren besteht (ich bin älter) können wir über alles reden. Eigentlich sind wir wie Tag und Nacht, denn ich bin ein Hans-Guck-In-Die-Luft, eine überzeugte Optimistin. Er ist ein enorm lieber Mensch, der aber immer an irgendwas herumstudiert.

      Er hat mir in vielen Stunden erzählt, dass er in der Schule immer gepiesackt wurde und seine Eltern nie hinter ihm gestanden hätten. Seine Mutter macht ihm Vorwürfe, wenn er sich mal nicht bei ihr meldet (sie wohnen im selben Dorf) und sagt, dass er sie nicht mehr liebe und sie in seinem Leben keinen Platz mehr hätte (das weiss ich nur aus seinen Erzählungen, habe es selbst nie miterlebt).

      Gestern habe ich zum ersten Mal über Autoaggression gelesen. Ich wurde unruhig, denn ich habe viele Parallelen zu meinem besten Freund gesehen.
      Ich habe mich durch diverse Seiten gelesen und bin mir nicht ganz sicher, ob ich vielleicht "überreagiere". Er kaut an seinen Fingern, zum Teil so lange, bis sie bluten. Erst dann hört er damit auf. Wenn wir zusammen sind und lachen können, dann kaut er nicht. Nach allem, was ich bis jetzt gelesen habe, könnte das bedeuten, dass er an SVV leidet? Er ist sehr, sehr sensibel, reagiert auf gewisse Äusserungen sehr empfindlich, gibt sich an vielen Dingen die Schuld, fragt mich auch immer wieder, ob er mir nicht auf den Wecker gehe, versucht immer, in unserem Freundeskreis alles Recht zu machen etc. Kann es sein, dass er einfach ein sensibler Mensch ist, der vieles "zu eng" sieht? Ich möchte ihn nicht in eine "Schublade" zwängen oder ihm eine Krankheit aufschwatzen, die er gar nicht hat. Andrerseits möchte ich ihm helfen, wenn es wirklich so ist. Er schämt sich sehr für seine Hände mit den angekauten Fingern und gibt auch zu, dass er vor allem kaut, wenn er unsicher ist. Gilt das auch als SVV?

      Ganz zu Beginn, als wir uns kennengelernt haben, hat er mich mal gebeten, ihm zu helfen, nicht an den Fingern zu kauen. Ich versuche dann, wenn er wieder kaut, ein Gespräch mit ihm anzufangen über irgendein Thema, das ihn interessiert. Im Freundeskreis hingegen (er hat das wohl schon zu verschiedenen Menschen gesagt) "schlagen" sie ihm die Hände vom Mund weg.

      Tut mir Leid, dieser Beitrag ist wirklich etwas chaotisch, aber ich bin im Moment ziemlich verwirrt und habe Angst, etwas falsch zu machen. Was ist, wenn SVV zutrifft? Ich will ihn nicht darauf ansprechen, dass er eine Krankheit haben könnte. Würde er sich dann nicht verraten vorkommen? Ich würde ihn dann ja als krank bezeichnen.

      Er hat mir schon viele Male gesagt, dass ich seine wichtigste Bezugsperson sei und hat mir auch schon etliche Male geschrieben, dass ich ihm mehr geholfen hätte, als jemals jemand zuvor, weil ich einfach für ihn da sei, ihm zuhöre und ihn versuche zu verstehen.

      So. Ich weiss, das alles ist ziemlich viel. Aber wie gesagt. Ich möchte ihm nicht eine Krankheit aufzwingen, die er gar nicht hat. Meine Fragen:
      1. Kann das SVV sein? Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um SVV handelt?
      2. Wenn es sich um SVV handelt, kann es schlimmer werden als jetzt?
      3. Soll ich ihn darauf ansprechen, bzw. soll ich ihm wie zufällig von Autoaggression erzählen (z.B., dass ich eine Sendung geshen hätte oder so)?
      4. Kann ich ihm auch helfen, wenn er sich dessen nicht bewusst ist?

      Ich danke Euch jetzt schon und verzeiht bitte den unübersichtlichen Beitrag.

      Grüsse Euch ganz lieb
      Einen wunderschönen guten Tag.

      Dein Beitrag sit nicht halb so chaotisch, wie du denkst, meine Gedanken sind auch meist derart "geordnet"^^

      Aber nun zu dir:
      (1)
      Wenn man es weit genug auslegt, ist selbst das Schl*gen auf Gegenstände, an denen man sich gestoßen hat SVV,
      es wäre also durchaus möglich, dass ein Arzt das von dir beschriebene Verhalten zu SVV zählt.
      Mathematische Warscheinlichkeiten kann man bei sowas schlecht angeben.

      Aber es sei dir gesagt, dass dein Freund noch lange kein riesen Problem hat,
      ihm sollte relativ leicht geholfen werden können.

      (2)
      Es könnte theoretisch schlimmer werden, das kann es immer.
      Aber da sich sein Verhalten anscheinend schon lange nicht geändert hat, gibt es eigendlich keine Grund zur Sorge, dass es schlimmer wird.

      (3)
      Nun die schwierigste Frage:
      Wie ihn darauf ansprechen...
      Am einfachsten wäre es vermutlich, wenn du ihn malwieder dabei "erwischst".
      Einfach geradeheraus fragen, warum er dies tut, macht er es aus Unsicherheit und denkt nicht weiter darüber nach,
      oder macht er es mit einem festen Ziel, oder Absicht?

      (4)
      Selbst wenn er merkt, dass du ihm helfen willst, ist das nichts Negatives,
      im Gegenteil, es könnte sogar helfen ihm zu verstehen zu geben,
      dass es Personen gibt, denen er lieb und teuer ist.
      Helfen kannst du ihm schon alleine dadurch, dass du für ihn da bist.
      Lass ihn auf alle Fälle nicht spüren, dass sein Verhalten dich akut stört.
      Mache ihn einfach des öffteren darauf Aufmerksam, dass er es doch lieber lassen soll.
      Meist reicht es schon, denjenigen in dem Moment aus seiner Gedankengwelt zu reißen, indem man ihn anspricht.
      Dann fühlt er sich beobachtet und ich vermute es ist ihm dann peinlich und er lässt es.

      Funktioniert jedenfalls nach meiner (bisherigen) Erfahrung ganz gut.

      Und an sonsten kannst du ihm nur helfen von der Unsicherheit loszukommen.
      Sag ihm, was du an ihm gut findest, unterstütze ihn in seinen Vorhaben, sprich im Mut zu, bestätige ihn.



      Du schaffst das.
      Mit nem bischen Aufmerksamkeit und Durchhaltevermögen,
      sollte es euch beiden gelingen, ihn von dieser "Marotte" loszueisen.

      Wenn es doch keine Marotte ist, musst du einfühlsam sein, reden hilft dabei viel. Kümmer dich um ihn und lass ihn nicht los.
      Er ist in diesem Fall noch nicht so tief drinn, als dass es unmöglich wäre ihn da alleine wieder rauszuziehen.


      Wünsche euch beiden Glück.

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