"verschwinden"

      "verschwinden"

      Hallo,

      Wir haben in der letzten Thera-Stunde viel über das "verschwinden" geredet.
      Mir ist da einiges aufgefallen, und ich wollte fragen, ob das auch andere mit einer Borderline-Störung von sich kennen...
      Mir ist das wirklich erst letzte Woche so bewusst geworden, eben in der Stunde, und ich hätte gerne Erfahrungen von anderen - ob sie das auch haben, und wozu,...
      ?(

      Also, es ist so.
      Viele Dinge, die wir in unserem Leben so getan haben, beruhen wohl auf dem Prinzip des "verschwindens". Damit meine ich, dass wir uns immer wieder Dinge / Beschäftigungen gesucht haben, durch die wir vor der "wirklichen Welt" fliehen konnten.
      Als ich klein war, habe ich das meistens durch Bücher geschafft. Ich lese Bücher bis heute nicht so, wie das wohl die meisten anderen tun, sondern ich "verschwinde" immer noch sehr in den Texten, bin dann nicht ansprechbar und habe auch kaum noch Körperempfindungen.
      Also - auf der einen Seite waren da die Bücher. Und die Tag-Träumereien.
      Ich war wohl eines der pflegeleichtesten Kinder, weil ich immer freiwillig ins Bett gegangen bin, weil ich dort die Ruhe hatte, um ganz für mich in meinen "Traum-Welten" zu "verschwinden".

      Ich habe auch kaum Erinnerungen an die Kindheit, nur an das Verschwinden, an die Bücher, an die Phantasie-Welten.
      Ich war wohl auch 2 Jahre in Therapie, habe aber daran - wie an alles andere, was in "der Welt" geschah, keine Erinnerung.

      Ich frage mich, ob das etwas ist, was viele BPS-ler von sich kennen.
      Ich habe so etwas höchstens mal in Verbindung mit Autismus gehört, die THerapeutin meinte aber, es habe wohl Gründe gegeben, warum ich so sehr das Bedürfnis gehabt habe, mich vor "der Welt" abzukapseln.

      Ich weiß nicht wirklich, was ich mir erwarte - Erfahrungen, Gedanken, Austausch, irgendwas.
      Mich lässt das momentan nicht mehr los.

      Lg.
      M.
      - wirf den Helden in deiner Seele nicht weg -

      [F. Nietzsche - Also sprach Zarathustra]
      ok mit Erfahrungen kann ich dienen auch wenn ich nicht BL bin
      ich bin früher auch viel in tagträumen versunken
      das fing mit 10 (oder wann auchimmer kanns net genau einordnen) mit svvähnlichen gedanken an (an die ich mcih seit vorgestern wieder erinner) und wurde dann am beginn der pubertät zu jungsträumereien, diese aba wohl auch häufiger als bei anderen.
      Seit ich mit meinem Freund zusammen bin hat das irgendwie aufgehört.

      lg swollen

      RE: "verschwinden"

      Hmm da geht es dir wie mir, meine Kindheitserinnerungen sind meinem Zugriff auch großteils entzogen.
      Das mit dem Bücherlesen und Traumwelten habe ich auch gemacht, bei mir lag es aber daran, das ich den Erinnerungen an meinen Schultag entfliehen wollte und einen Ausgleich für meine Einsamkeit gesucht habe.

      Vielleicht hatt dir das je weitergeholfen.
      Alles endet früher oder später irgendwann.
      Warum nicht früher ..
      hey..

      wollte nur sagen, das kenne ich sehr gut.

      erinnerungen quasi nicht vorhanden, weiß nur, dass ich oft sehr zurückgezogen war, teilweise kaum gesprochen/gegessen/reagiert habe. war recht überrascht, als mir meine mutter das erzählt hat.
      sehr viel fluchten, vor allem bücher, aber auch.. tagträume. dissoziationen? immer leicht abwesend, oft völlig in etwas versunken.
      ich hab mir ausgiebig die zukunft vorgestellt, mehr oder minder realistische pläne geschmiedet, nur in der gegenwart wollte ich nie bleiben ?(


      in therapie war ich so mit 10, 11 (?.. weiß es nicht genau) auch, weil ich nicht mehr essen wollte. erinnerungen ebenfalls zu wenig greifbar, um etwas darüber zu erzählen.


      jedenfalls.. du scheinst nicht alleine damit zu sein.

      das bedürfnis zu verschwinden ist immernoch groß.. mich verkriechen, mich weghungern, nicht gesehen werden, einfach weg sein.


      hatte deine thera auch eine idee, woher das kommt?
      sowieso sehr cool.
      huch, das ging ja schnell *lächel*
      vielen dank für die antworten.

      @littleorange:

      die therapeutin hat sich wenig dazu geäußert, eher nachgefragt, wie genau das war (und immernoch ist). sie meinte, das wäre wohl ein schutzmechanismus, weil ich mit der realen welt nicht klarkam - aber was genau das war, kann sie mir natürlich nicht sagen, und ich selbst habe kaum erinnerungen.

      ich habe das auch heute noch. ich verschwinde nach wie vor häufig in büchern, will dünn werden, um zu verschwinden, schaffe es mich in fabren "aufzulösen", augen-zusammenkneifen, und die tanzenden punkte betrachten - irgendwie scheint das immernoch zu funktionieren, owbohl laut thera da ja "jetzt kein anlass mehr bestünde - die funktion aber eben weiterhin aufrecht gehalten wird".

      ich habe zudem auch ein großes problem mit "reizüberflutung" - zuviele farben, sich bewegende menschen (die dann meist eher als farbklecke / objekte wahrgenommen werden), gespräche, die drucheinander gehen, bringen mich entweder dazu, auszurasten, oder wieder zu "verschwinden".
      ich schaffe es zum beispiel kaum, jemandem zuzuhören, wenn nebenbei geräusche sind. mein hirn scheint nicht unterscheiden zu können, welche geräusche relevant sind und welche nicht, so dass alles zu einer einem einzigen "geräusche-farben-brei" verschwimmt.

      vielleicht hat das "verschwinden" auch damit etwas zu tun, ich weiß es nicht (mein kopf ist übrigens laut eeg vollkommen in ordnung *staun*)

      lg.
      m.
      - wirf den Helden in deiner Seele nicht weg -

      [F. Nietzsche - Also sprach Zarathustra]
      @ immanuel frost:

      das mit der einsamkeit - da fällt es mir schwer zu sagen, was zuerst da war. das verschwinden oder die einsamkeit?
      ich glaube, dass ich einsam war, kann mich aber wenig erinnern, nur dass ich immer "weniger freunde hatte als normal war".

      aber ich zweifle daran, dass ich deswegen in andere welten "verschwinden" musste, da ich mich erinnern kann, mich am gymnasium "für" das verschwinden und "gegen" echte freunde entschieden zu haben.

      ich weiß, dass manche herkamen und meine freunde sein wollten, und ich lies sie alle abblitzen - vielleicht nicht mal böswillig - aber sie bedeuteten nichts. "mein welt" bedeutete etwas, dinge aus "der welt" waren bedeutungsleer.

      *grübel*

      lg.
      m.
      - wirf den Helden in deiner Seele nicht weg -

      [F. Nietzsche - Also sprach Zarathustra]
      Hey Lilye,

      mhm, wenn ich dich richtig verstanden habe, dann weißt du zwar, dass dein "Verschwinden" eine Art Flucht vor dem Alltag bzw. dem realen Leben darstellt(e), aber nicht, weshalb genau du da raus wolltest und willst, oder?

      Bist du denn vielleicht in der Schule oder Kindergarten gemobbt worden? Oder hast mit deinen Eltern oder anderen Bekannten schlechte Erfahrungen machen müssen?

      Ich habe so eine ähnliche "Unart" (um es mal so zu nennen ;) :( ich suche mir immer irgendwelche gaanz dringenden Arbeiten, mit denen ich mich dann beschäftige, anstatt tatsächlich wichtige (und mir unangenehme) Dinge zu erledigen.
      Also ich bringe es zum Beispiel immer wieder fertig, von morgens bis abends im Garten zu arbeiten, nur um ja nicht dieses oder jenes Telefonat führen zu müssen... (was an sich harmlos wäre) ?(

      Auch so eine Art von Verschwinden, oder?


      Liebe Grüße
      Wölfin

      Hallo,

      hm, ja das ist wohl auch eine art "verschwinden", nur dass wir es eben eher unbewusst tun, quasi sehr automatisch.

      ein beispiel: ich kann nicht auto oder bus fahren, ohne zu "verschwinden". ich verliere mich regelmäßig in farben, die am fenster vorbeihuschen, oder fixiere punkte im auto, um mich darin "aufzulösen". das lässt sich nicht wirklich stoppen (auch mit ein grund, warum ich zwar den führerschein habe, aber seit dem nicht mehr selbst fahre - das wärem ir zu gefhärlich).
      mein freund hat sich am anfang sorgen deswegen gemacht, weil ich dann regelmäßig "weg" bin und kaum ausprechbar.

      ich frage mich gerade, ob das etwas mit der diagnose multipler persönlichkeitsstörung zu tun hat, die wir ebenfalls haben.
      *grübel*
      da ich immer behaupte, ich habe keine zeitlücken *noch mehr grübel*

      ich weiß nicht, wovor ich "weg" muss(te).
      ich erinnere mich kaum, nur an ein paar situationen zuhause, die nicht sonderlich "toll" waren, und auch in der grundschule. mobbing? m*ssbr**ch? ich weiß es nicht.
      die erinnerungen fehlen, aber wir verhalten uns scheinbar so, als wäre da das eine oder andere passiert.

      lg.
      m.
      *nachdenklich*
      - wirf den Helden in deiner Seele nicht weg -

      [F. Nietzsche - Also sprach Zarathustra]
      Huhu,

      hm.... das macht mich ziemlich nachdenklich...im "verschwinden" bin ich auch ziemlich gut...

      Ich flüchte mich in Tagträume oder suche mir irgendwelche wichtigen Tätigkeiten um wirklich wichtiges herauszuzögern...

      Als Kind habe ich mich immer in Bücher geflüchtet, ich hab mit 4 Jahren von selber lesen können und hatte schon immer eine blühende Phantasie... Ich kann kein Buch normal lesen... ich bin immer komplett darin "gefangen" und bekomme dann fast nichts mehr von der normalen Welt mit. Das passiert mir heute auch noch manchmal, wenn ich ein besonders interessantes Buch in die Finger bekomme...

      Ich habe nur ein paar Gedankenfetzen als Kindheitserinnerungen, das kann unmöglich meine gesamte Kindheit gewesen sein... Während meiner letzten Thera habe ich dann Alpträume bekommen, die sich wohl auf meine Kindheit zurückführen lassen...

      LittleOrange hat geschrieben:
      ich hab mir ausgiebig die zukunft vorgestellt, mehr oder minder realistische pläne geschmiedet, nur in der gegenwart wollte ich nie bleiben ?(


      Besser hätte ich es nicht ausdrücken können...

      Eine Studie zu diesem Thema wäre einmal sehr interessant, vielleicht liest das jemand, der dazu einen Anstoß geben könnte, das würde mich doch brennend interessieren, anscheinend kennen dieses Thema viele Bordis...

      Viele Grüße,

      tara
      hallo.

      mir fallen da die beiden ersten bücher von donna williams ein. ich könnte verschwinden, wenn du mich berührst (nobody nowhere) und wenn du mich liebst, bleibst du mir fern (somebody somewhere). es geht (angeblich :rolleyes: ) um autismus, aber ich persönlich finde, dass es sehr viel mehr um dissoziationen geht.
      donna williams beschreibt immer wieder das "verschwinden" in z.b. farben oder flirrenden punkten, die distanz zwischen "ihrer welt" und "der welt" usw.
      ich habe die bücher vor einigen jahren gelesen, nachdem bei mir (fälschlicherweise 8o ) autismus diagnostiziert worden war und fand mich darin wieder. heute weiß ich, dass das nicht aufgrund von autismus der fall war, sondern aufgrund von dissoziationen.

      ich weiß nicht, ob das vielleicht ins bücherforum gehört :rolleyes: aber ich schreibs mal hier, weil es sich ja direkt auf eure beiträge bezieht.

      lg
      ich habe mps. ich bitte euch von fragen diesbezüglich abstand zu nehmen

      zieh mich zurück in eine rachephantasie,
      doch satt macht sie nie


      ~ homepage (trigger!) ~
      hallo,

      ja, die beiden bücher haben wir auch vor nicht allzu langer zeit gelesen und haben uns auch extrem darin wiedergefunden, was auch ein bisschen für chaos gesorgt hat.
      ich kann mich dem nur anschließen, dass es da auch zumindest mit um dissoziationen geht. uns hat das verwirrt. ?(

      lg.
      m.
      - wirf den Helden in deiner Seele nicht weg -

      [F. Nietzsche - Also sprach Zarathustra]
      Ja... kenne ich.

      Meine Erinnerungen an mein Leben bis zum 8. Lebensjahr beschränken sich auf 10 zerfetzte Erinnerungsbilder- und viele tolle Abenteuer, die ich oder sonstwer in Büchern und Filmen und Hörspielen und Kopfkino erlebt hat.

      Großartig anders ist es auch heute nicht- sobald nicht gerade vollste Konzentration gefodert ist.
      Und man darf ja nicht erzählen, wo man war... *lol*- das wäre ja ein Happen wat zu entrückt für die wirklichen Menschen der wirklichen Welt.

      In der Gegenwart- sein- ertrage ich nur- wenn meine Frau alles tut, um mich eben dort zu halten- sobald ich einen kleinen Spielraum bekomme, bin ich weg... andere Menschen schaffen es eigentlich nicht, mich "wach" zu halten.

      Lheakind
      ... und das Meer von Funken sprüht... und den Himmel kühlt.
      ist das nicht auch eine Form von dissoziieren?
      Man spaltet sich von der Außenwelt in irgendeiner Art und Weise ab, um sie nicht wahr nehmen zu müssen.
      Und das kommt bei BPS häufig vor, ist ja ebenfalls ein Spaltungsmechanismus, der überlebenswichtig war.

      Also ich kann mich nicht an meine Kindheit und nur verschwommen an meine Jugend erinnern, weil ich das meiste verdränge.
      Woher das kommt, weiß ich bzw. habe ich eine Vermutung.

      Ansonsten verschwinde ich nicht, ich betäube mich,um die Realität verzerren zu können. Soll heißen, ich nehme sie durchaus noch wahr, aber eben auf eine erträglichere Weise.

      Ja, gelesen habe ich auch sehr viel (tue ich heute noch), aber das lag daran, dass ich einfach wenig Interesse an meiner Umwelt hatte, sondern lieber mit mir alleine war.Trotzdem war ich immer da.
      It has been said that something as small as a flutter of a butterfly's wing
      can ultimate cause a typhoon halfway around the world.
      [chaos theory]
      Ja, klar- denke mal, daß es auch eine Form der Dissoziation ist.

      So- kenne ich es ja auch von mir heute noch- es wird in letzter Zeit auch wieder schlimmer- ich bin nur noch sehr selten wirklich anwesend- sobald ich alleine bin- wenn ich das denn jemals wirklich bin mit mir- dann bin ich nicht der Realität- weil ich es nicht wirklich ertrage mit mir und meinen Gefühlen alleine zu sein- mit meinen Gedanken und der Wirklichkeit von außen an sich.
      (und meinen Endlos-Sätzen *muahahaha*)

      Es ist mir auch erst in der letzten Zeit wirklich- klar geworden, daß ich all die Jahre- verdammt wenig von der Wirklichkeit mitbekommen habe-... schon gar nicht in meiner Kindheit- und es erschreckt- wenn man sich darüber klarnimmt. Es erschreckt ziemlich heftig.

      Lheakind
      ... und das Meer von Funken sprüht... und den Himmel kühlt.

      RE: "verschwinden"

      Original von Lilye
      Viele Dinge, die wir in unserem Leben so getan haben, beruhen wohl auf dem Prinzip des "verschwindens". Damit meine ich, dass wir uns immer wieder Dinge / Beschäftigungen gesucht haben, durch die wir vor der "wirklichen Welt" fliehen konnten.


      Interessant. Mit dem Prinzip des Verschwindens wäre mein Verhalten gut erklärbar. Ich beschäftige mich schon immer mit Sachen, die ein intensives Studium "der Materie" vorraussetzen-- ähm, zumindest wenn man tatsächlich Erfolg haben will. Viel Zeit aufgewendet werden muss..... und Probleme alleine bewältigt/gelöst werden müssen --> Kontakt zur realen Welt leidet.

      Witzigerweise ist eine perfekte Lösung gar nicht möglich ?(?( .....es gibt nicht Anfang und Ende. Wie bei einem Buch-- und auch keine Kapitel?! Ich meine habe ich ein Buch gelesen bis zum Ende, weiss ich was drinsteht und bin fertig. Ein Abschluss-- mehr steht einfach nicht drin. Mittlerweile geht mir die ganze "Denkarbeit" gehörig auf den Keks, kotzt mich nur noch an.


      "Verschwinden" war leicht..... das "Auftauchen" ist offenbar schwierig!?
      Nur so meine konfusen Gedanken dazu. :D

      RE: "verschwinden"

      Das mit dem "verschwinden" kenne ich auch nur zu gut!
      Sei es unter die Decke in den Schrank oder in Gedanken!
      Du sprichst ja von den Gedanken...
      Ich hab mich in vielen unangenehmen Situationen, einfach "weg gedacht" bin so in meine Gedankenwelt geflüchtet, dass ich wirklich nichts mehr mitbekommen habe!
      Daher fehlen mir Etliche erinnerungen aus meinem Leben!
      Heute hat sich das verselbstsdändigt und ich leide unter Dissoziationen...
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