Eigene und Fremdwahrnehmung

      Eigene und Fremdwahrnehmung

      Hey...


      ...ich bin seit 1 1/2 Monaten in einer Klinik. Und erst seit ca. 2 Wochen kann ich ein wenig annehmen, dass ich eine Essstörung habe, davor ging ich davon aus, dass ich absoluit kein Problem habe.
      Im Grunde genommen habe ich nur eine Frage: Wie kriegt man in seinen Kopf rein, dass die eigene Körperwahrnehmung falsch ist? Wenn Mitpatienten zu mir sagen, dass es scheiße und nicht schön aussieht, dass ich so dünn bin. Wenn Mitpatienten zu mir sagen, dass sie miterleben wollen wie ich attraktiv werde, in dem ich zunehme.
      Ich kann nicht verstehen, dass meine Wahrnehmung so falsch sein soll, weil ich mich immer noch zu dick finde, obwohl ich medizinisch gesehen untergewichtig bin und auch unter dem Magersuchtbereich.
      Aber es geht nicht in meinen Kopf, ich kann nicht annehmen was die anderen zu mir sagen.

      Nur diese Frage: Wie kriegt man in seinen Kopf und wie versteht man und kann es annehmen, dass die EIGENE Wahrnehmung falsch ist???


      Hanna

      RE: Eigene und Fremdwahrnehmung

      hej,

      leider hab ich da nicht so richtig eine idee, nur eine bitte und vielleicht eine idee:

      ich habe mal gelesen, dass in therapien für ES oft mit videoaufzeichnung gearbeitet wird, weil die frauen, wenn sie sich auf video in bewegung sehen, eine "außenwahrnehmung" von sich eher hinkriegen als wenn sie sich im spiegel sehen.

      bitte frag doch unbedingt mal deine therapeuten, ob sowas möglich ist, ob sie sonstige ideen haben, und wenn nicht, ob sie einen spezialisten für ES hinzuziehen können.

      zweiter gedanke: ich glaube, dass die veränderung der eigenwahrnehmung der schwerste schritt ist. vielleicht wäre es gut, wenn du vorher versuchen würdest, zu akzeptieren, dass deine wahrnehmung falsch ist und dass du dich darauf überhaupt nicht verlassen kannst. du könntest dir ein, zwei vertrauenspersonen suchen und üben, deren wahrnehmung mehr zu vertrauen als deiner, und zunächst lernen, das unangenehme gefühl ("ich seh mich aber doch ganz anders!") auszuhalten. ich glaube, dass das auch in richtung veränderung hilft, aber eben ein kleinerer und damit sinnvollerer erster schritt ist.

      du weißt ja, überfordere dich nicht, sondern geh lieber kleine schritte, aber die sicher.


      alles liebe,
      solaine
      "But isn't that life for us all? Trusting to luck?"
      "You can always try to give luck a helping hand", she said.
      //william boyd//


      Das könnte auch körperliche und nicht nur psychische Ursachen haben. Ich erinnere mich an einen Artikel, in dem von einem gestörten Körperbild gesprochen wird. Konkret ging es um Patienten, die nach einem Unfall o.ä. im Körperbild beispielsweise einen Arm nicht mehr abbilden konnten, weshalb sie den sehnlichen Wunsch bekamen, das völlig gesunde Körperteil, das als nicht zu sich gehörig empfunden wurde, amputieren zu lassen.

      Bei Essstörungen kann es meines Wissens zu ähnlichen Problemen kommen - weswegen es ja auch so schwer ist, essgestörten Betroffenen die eigentlich objektiv unbezweifelbare Tatsache begreiflich zu machen, dass sie mit einem normalen oder zu niedrigem BMI sicher nicht zu dick sind. Das Körperbild zu beeinflussen liegt aber bisher nicht in unserer bzw. ärztlicher Macht, da es sich dabei nicht um eine bewusstes oder überhaupt psychisches Phänomen handelt, das man bewusst verändern könnte. Ich such aber nochmal nach dem Artikel.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „regentropfen“ ()

      Liebe hanna,
      meine Ansichten über diese Dinge kennst du. Dass du sehr dünn bist, ist unbestreitbar und dein Verstand weiß das. Nur dein Gefühl sagt dir etwas anderes. Glaub ihm nicht, denn dein Gefüphl ist durch die Essstörung verzerrt und entspricht nicht der Realität.

      Meine Einzeltherapeutin in der Klinik macht mit mir vor Beginn unserer Sitzungen immer folgendes: Mit einem grünen Seil lege ich meinen Oberschenkel (Oberarme, Bauch etc.), wie ich glaube, dass sie aussehen. Anschließend messe ich die körperteile mit einem blauen Seil ab - und lege sie in die grünen "Körperumfänge". Und siehe da: Die blauen sind ausnahmslos immer kleiner als die grünen, aber es beweist, dass meine Wahrnehmung verzerrt ist. Eine Idee füer dich, einfach mal auszuprobieren, hm?

      Gib nicht auf, vertrau auf dich, aber nicht auf deine Wahrnehmung. Sie lügt, versuch dir das immer wiederklar zu machen.

      Alles Liebe,
      Plüsch
      Original von Caretaker
      Liest du eigentlich auch manchmal, was andere Leute vor dir schreiben? :( Das Problem ist nicht immer nur das "Gefühl".


      Zum 1.: Ja, ich gehöre offenbar zu dem stark in der Mindeheit befindlichen Beiträge-aufmerksam-Leser. Ich hoffe, du auch?!

      Denn 2.: hanna schreibt oben, dass sie weiß (Verstand), dass ihr BMI sich im Bereich der Magersucht befindet und auch, dass sie dünn ist, sich aber nicht dünn fühlt. Das nennt man, wie sicher bekannt, Körperschemastörung und da geht es nunmal um Wahrnehmung, also die subjektive Kombination aus Gefühl und Verstand. Und das Gefühl bedingt hier die Wahrnehmung sehr stark, der Verstand steht im Hintergrund, denn er widerspricht dem Gefühl in gewisser Weise. All das steht oben, wie du sicher gelesen und wahrgenommen hast, in stark gekürzter Fassung und du hast das Thema mit deinem Beispiel ja auch selbst angerissen. Meine vorgeschlagene Übung dient dazu, sich zu beweisen, dass die wahrnehmung falsch sein kann und ist ein erster Schritt zur Besserung.

      lg
      Plüsch

      p.s.: Hanna hat diese von mir vorgeschlagene Übung ausprobiert. Ich denke, sie berichtet zu gegebener Zeit selbst davon.
      Original von Plueschtier
      hanna schreibt oben, dass sie weiß (Verstand), dass ihr BMI sich im Bereich der Magersucht befindet und auch, dass sie dünn ist, sich aber nicht dünn fühlt. Das nennt man, wie sicher bekannt, Körperschemastörung und da geht es nunmal um Wahrnehmung, also die subjektive Kombination aus Gefühl und Verstand.


      Eine Körperschemastörung muss aber nicht zwangsweise nur ein Gefühl sein. Bei langer (und/oder schwerer) Magersucht können sich teile im Gehirn verändern, die dann Auslöser einer Körperschemastörung ist. Da kann man tun was man möchte, man wird es immer anders sehen, als es ist.
      Leider finde ich gerade den Artikel darüber nicht wieder.


      Original von Plueschtier
      Meine vorgeschlagene Übung dient dazu, sich zu beweisen, dass die wahrnehmung falsch sein kann und ist ein erster Schritt zur Besserung.


      Da muss ich aus eigener Erfahrung sagen, dass dies nicht immer der Fall sein muss. Ich kenne diese Übung und ich habe hinterher zwar darüber nachgedacht, aber es dann abgetan mit "das kann gar nicht sein. Da hab ich falsch gemessen, etc"
      Essgestörte bauen sich eben oftmals eine Realität, die ihren Vorstellungen entspricht.
      Diese Übung kann helfen, muss es aber nicht.


      Lg
      Zwerg
      Danke für die Antworten!!

      Durch die vorgeschlagene Übung habe ich durchaus gesehen, dass meine Wahrnehmung verzerrt ist. Wenn ich mir aber den inneren Kreis ansehe und denke, dass so meine Oberschenkel aussehen sollen, denke ich einfach, dass das nicht sein kann. Wenn ich mich dann ansehe, ist es das totale Gegenteil von dem was ich in diesem gelegten Kreis sehe.
      Vom Kopf her weiß ich, dass ich dünn bin. Wenn ich mir meinen BMI anschaue z.B. oder manchmal auch, wenn ich ein Foto von mir sehe. Dann sagt der Kopf, dass ich zu dünn sein müsste, bzw. andere Menschen müssten bei so einem BMI zu dünn sein. Aber ich doch nicht. In Bezug auf mich sagt da sogar der Kopf was anderes. Und anderen Menschen sage ich, dass ich auch denke, dass ich zu dünn bin, dass ich es eigentlich weiß, damit sie beruhigt sind. Aber ich glaube es nicht. Ich will es aber glauben können.
      Muss man also erstmal alle Gefühle ausschalten und nur mit dem Kopf denken? Nur macht der Kopf auch dann nicht mit, wenn ich mich ansehe, im Spiegel oder so. Selbst dann denkt der Kopf, dass ich zu dick bin. Nur von den Fakten her kann es nicht sein.
      Ich werde heute ansprechen, dass ich Körperwahrnehmung bekomme, vielleicht ist das hilfreich.

      Der Artikel würde mich sehr interessieren!!!

      Gibt es noch andere Ratschläge wie man die Eigenwahrnehmung verändern kann? Es ist schwierig, wenn man sich immer wieder sagen muss, dass man sich selbst nicht glauben darf, weil dann die Frage aufkommt, was man sich selbst denn dann noch glauben darf und somit stelle ich zur Zeit alles in Frage. Meine Gefühle, Gedanken, Wahrnehmungen, Stimmungen, Beziehungen, Wünsche, Bedürfnisse.
      Hallo,
      ich war vor einigen Jahren in derselben Situation wie Du und kann Deine Verwirrung und Verzweiflung nur allzu gut nachempfinden.
      Ich habe damals in der Klinik eine Patientin kennengelernt, die so groß wie ich war und deren Figur ich als sehr schlank bezeichnet hätte. Ich konnte einfach nicht glauben, dass ich dünner sein sollte als sie. Tja und dann habe ich einfach mal eine Jeans von ihr angezogen und musste feststellen, dass sie mir viel zu weit war. Klar hat dieses Erlebnis nicht die Schwierigkeiten ausgelöscht, doch es war ein hilfreicher Schritt in die Richtung einer realistischen Körperwahrnehmung. Vll hast Du auch die Möglichkeit, sowas auszuprobieren?
      Viel Glück und alles Gute
      Annika
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