Nebenjob behalten?

      Nebenjob behalten?

      Hallo.
      Natürlich gibt es einen ähnlichen Thread hier, aber bei mir verhält es sich doch etwas anders, deshalb schreibe ich gesondert.
      Also, um die Situation etwas zu umreißen: Ich wohne seit etwas über einem Jahr mit meinem Freund zusammen.
      Alles ist teuer und wir haben schon beinahe unsere gesamten Ersparnisse in dieses gemeinsame Wohnen gesteckt (was ich auch nicht bereue, es soll nur als Situationsinfo dabei stehen) und sind immer knapp mit Geld. Mein Freund macht zur Zeit seine Ausbildung, das gibt nicht allzu viel Geld und danach wird er wahrscheinlich seinen Zivi machen (also auch nicht viel Geld). Seit einem dreiviertel Jahr putze ich Wochenends in einem Betrieb um etwas extra Geld reinzubringen (da werde ich auch gut bezahlt).
      Nun zu meinem eigentlichen Problem:
      Seit dem 25. Februar arbeite ich bei der Post. Ich sortiere von 5h bis 8h Post.
      Die Uhrzeit ist insofern ein Problem für mich als dass ich einfach nicht früh ins Bett gehen kann. Hört sich unsinnig an, aber ich denke das kennen einige. Selbst wenn ich früher ins Bett gehe schlafe ich doch erst gegen Mitternacht.
      Aber ich hätte den Job nicht angenommen wenn ich es nicht geschafft hätte. Nach der Arbeit kann ich mich im Moment auch noch mal hinlegen und etwas Schlaf nachholen. Die Uhrzeit ist also nicht das eigentliche Problem.
      Der Job selbst ist stressig. Um zehn vor 8h muss alle Post sortiert sein damit die Postboten sie austragen können. D.h. man muss um zwanzig nach 7h anfangen sie zu "ziehen" (in die Postkisten zu packen; natürlich in richtiger Reihenfolge). Wenn aber um 7h noch einige Kisten Post kommen ist das natürlich noch ganz schön Stress. Aber da habe ich eigentlich auch kein Problem mit. Wenn ich merke dass ich spät bin frage ich einen Kollegen ob er mir beim "ziehen" hilft und das klappt auch immer. Das ist also auch nicht das eigentliche Problem.
      Das eigentliche Problem ist der psychische Stress, nicht der zeitliche.
      Ich bin nun zwei Bezirken zugeteilt und das ist ganz schön Arbeit. Ich mache die ganzen drei Stunden keine Pause weil ich soviel zu tun habe. Ich stehe und renne also drei Stunden herum um einigermaßen pünktlich fertig zu sein. Ich bin halt noch nicht so schnell wie K., die Frau in deren Bezirken ich arbeite.
      Sie beaufsichtigt mich sozusagen. Es sind eigentliche ihre Bezirke, die ich jetzt halt für meine Lehrzeit übernehme. Sie hat dann nur noch im Eingang zu tun, wo sie Briefe in die Bezirke sortiert.
      Sie steht aber immer hinter mir und alle fünf Minuten (das ist keine Übertreibung) sagt sie mir dass ich schneller sein muss.
      Letztens kam ein Spruch als ich etwa drei Sekunden ratlos neben ihr stand weil ich nicht wusste was ich als nächstes machen sollte: "Nicht immer nur rumstehen, machen!"
      Das hat mich wirklich sehr geärgert. Sie kann in den drei Stunden etwa eine Stunde Pause machen und ich mache keine. Und dann so ein Spruch ...
      Ich bin wohl zu empfindlich, aber ich halte diese Sprüche einfach nicht aus. Die ganze Zeit dieser Stress auf dieser Ebene ...
      Ich merke in letzter Zeit immer deutlicher wie sehr mich das ganze triggert. Wenn ich einen schlechten Tag hatte, also viel los war und ich lange gebraucht habe und von K. immer und immer Sprüche kamen, dann hatte ich hinterher das dringende Gefühl mich verletzen zu müssen, mich Versager.
      Dazu kommt die Bezahlung.
      Ich dachte anfangs sie sei ganz gut, aber mit den ganzen Abzügen sind das etwa 12€ die ich für einen Tag bekomme, also 3 Stunden.
      Ich mache das 6 Tage die Woche und natürlich kommt da an Geld einiges zusammen. Was wir wirklich brauchen. Aber ich habe das Gefühl dass 12€ nicht den Stress wert sind. Es geht mir mittlererweile richtig schlecht dabei. Ich hasse jeden Arbeitstag und schlafe danach ewig, nur um irgendwie weg zu sein.
      Mein Vertrag läuft jetzt bis zum 19.4. und ich hatte eigentlich vor, bis dahin durchzuhalten.Aber letzte Woche war ich 4 Tage lang krank weil ich psychisch mehr oder weniger den Totalabsturz hatte.
      Aber irgendwie habe ich auch Angst dass mein Körper nur eine Ausrede sucht weil ich so faul bin. Wenn ich dies hier schreibe komme ich mir schon wieder so lächerlich vor. Als ob das einfach albern wäre deshalb den ganzen Tag schon den nächsten zu hassen... Ich habe das Gefühl die Tage bestehen nur noch aus der Arbeit und dem Stress.
      Mit K. zu reden wäre natürlich eine Sache, aber ich habe es schonmal versucht und es scheitert im Ansatz.
      Mich in einen anderen Bezirk versetzen zu lassen wäre so als ob ich vom Regen in die Traufe käme. Ich kenne leider auch die anderen Kollegen, mit denen ich noch weniger zurecht komme.
      Im Moment würde ich gern einfach nur die Arbeit abbrechen und mir was anderes suchen (habe da auch schon eine Stelle die ich kriegen könnte sobald da wieder was frei ist, aber ich weiß nicht wann das ist ...).
      Ich habe es schon mit Stabitechniken versucht, aber während der Arbeit ist es nur abträglich. Ich komme damit einfach nicht klar ...
      Ich würde gerne ein paar Meinungen hören. Sollte ich mich "zusammenreißen" und wenn ja wie?
      Wäre es dumm abbzubrechen? Ist das Faulheit?
      Ich bin wirklich sehr unsicher, kann meinem Urteil selbst nicht vertrauen und hoffe auf ein paar Stimmen von euch.
      Vielen Dank fürs Lesen und nochmehr Dank für jede Antwort.
      Einen lieben Gruss an diesem sonnigen Sonntag,
      Nebelglas
      Hallo,

      ob du den Job weitermachst oder nicht, das musst natürlich letztlich du selbst entscheiden, aber ich wollt dir mal ein paar Gedanken meinerseits schreiben.

      Also, Faulheit ist es nicht, wenn du den Job aufgeben würdest, zumindest aus meiner Sicht. Denn du willst ihn ja nicht aufgeben, weil du das frühe Aufstehen nicht magst oder einfach keinen Bock, sondern weil es dir schlecht geht!
      Leider ist es so, dass viele "normale" Menschen das nicht verstehen, wenn man wegen einer psychischen Krankheit den Job aufgeben muss. Viele denken leider, psychische Ursachen seien ein "Ausrede", es können sich leider viele nicht vorstellen, dass psychische Krankheiten nicht einfach "mal schlechtfühlen" ist, sondern eine richtige Krankheit sein kann. Dehalb wird, zumindest nach meiner Erfahrung, leider oft gesagt oder zumindest gedacht, dass jemand, der wegen psychischen Gründen nicht arbeiten kann, faul ist.
      Ich hoffe, du verstehst das nicht falsch, dass ist keinesfalls, unter garkeinen Umständen meine Meinung, sondern nur das, was ich von anderen Menschen erlebt hab.

      Ich möchte nicht sagen "ja, gib den Job auf", denn natürlich sollte ma nicht beim ersten Problem alles hinschmeißen, man muss im Leben oft durch unangenehme Situationen durch, man kann nicht immer nur das einfache machen.
      Aber du machst den Job ja schon ne Weile, es ist ja offenbar nicht so, dass du beim ersten Problem sofort aufgibst, du hast es ja schon eine Weile versucgt, und darauf solltest du erstmal stolz sein!

      Wenn es deiner gesundheit schadet, dann würde ich sehr genau überlegen, ob es sinn macht, den Job weiter zumachen. Denn deine Gesundheit ist wichtiger als jeder Job! Wenn du durch den Job so instabie würst, dass der Drang, sich zu verletztn in einen sehr Hohen Bereich steigt, dann sorge gut für dich!
      Das kann erstens heißen, sprich mit deiner Vorgesetzten, vielleicht entspannt sich die Situation ja dann ein bischen. Ein Versuch wäre es wert, fragen kostet nichts!
      Zweitens könntest du dir ne Pro/Kontra-Liste schreiben, was für den job und was dagegn spricht, dann kannst du es auf einer rationalen, sachlichen ebene überlegen.
      Drittens könntest du mit, wenn du hast Theras oder Ärzten darüber sprechen. Falls du nämlich nicht Arbeitsfähig oder Berufsunfähig bist, dann kann ein Arzt dir das bestätigen, und dann kannst du unetr Umständen die sg. "Grundsicherung" beantragen, damit es mit dem Geld nicht zu knapp wird. (Grundsicherung ist sowas ähnliches wie Hartz4, nur dass das halt an nicht-arbeitsfähige gezahlt wird)

      zu dem Geld kann ich leider nicht viel sagen, damit kenne ich mich nicht so aus.


      Aber irgendwie habe ich auch Angst dass mein Körper nur eine Ausrede sucht weil ich so faul bin. Wenn ich dies hier schreibe komme ich mir schon wieder so lächerlich vor. Als ob das einfach albern wäre deshalb den ganzen Tag schon den nächsten zu hassen

      Ich finde, dieser satz sagt schon einiges. Ich denke, es ist nicht so, dass dein Körper eine Ausrede sucht, sondern vielmehr, dass dein Körper versucht, deiner Psyche mitzuteilen, dass es zuviel ist.
      Und es ist absolut nicht lächerlich, wenn dir der Stress zuviel würd! Ich kann dich sehr gut verstehen, ich hab schon seit Jahren damit Proble, auch nur ein kleines bischen zuschaffen. Für manche Menschen mag es normal sein, täglich 8 Stunden zu arbeiten, aber für mich ist es schon eine riesengoße Herrausforderung, überhaupt den Tag zu überstehen und zum Einkaufen zu gehen.
      Du bist nicht faul oder lächerlich o0derv weniger wert, wenn du deine jetztige Arbeit nicht schaffst, du kannst für dein psychischen Probleme nicht! Und ich denke, dir wäre es tausendmal lieber, du könntest normal arbeiten und wärst gesund, also so wie es jetzt ist.
      Versuch, auf dich zu achten und vielelicht ein bischen auf deinen körper und auf deine Intuition zu hören.

      lg, persephone
      Liebe Persephone,
      vielen, vielen Dank für deine Antwort!
      Ja, ich weiß diese Entscheidung kann mir niemand abnehmen, aber du hast es genau so gemacht wie ich es mir bestenfalls erhofft hatte: Du hast deine Meinung / deine Gedanken dazu geschrieben und mir damit ein großes Stück weitergeholfen.
      Ich bin wirklich irgendwo beruhigt zu lesen dass es nicht Faulheit ist so wie du es einschätzt.
      Ich denke deine Einschätzung der "normalen" Menschen ist schon richtig, das Gefühl habe ich nämlich auch bzw. es wird einem ja irgendwie auch vermittelt. Als ich letzte Woche diesen Absturz hatte, da hatte ich auch schon Panik was ich meinem Vorgesetzen sagen soll ohne dass es aussieht wie eine offensichtliche Ausrede.
      Ich mache den Job jetzt tatsächlich etwas länger und habe nach dem ersten (Probe-)Monat den Vertrag auch verlängern lassen weil ich zwar schon langsam den Stress spürte (musste da aber noch nicht 2 Bezirke machen sondern nur einen und kriegte es zeitlich ganz gut hin mit mal Pause machen und alles) aber mir vorhielt dass ich nach einem Monat noch nichts endgültiges entscheiden sollte (also den Job aufzugeben). Aber als ich dann 2 Bezirke machen musste ging's einfach nicht mehr richtig ...
      Den Job an sich mache ich sogar ganz gerne, aber ich halte es durch die Menschen dort nicht aus, die - so scheint es mir - Neulinge behandeln als hätten sie eine Gehirnamputation.
      Ich versuche stolz darauf zu sein ... nach einem Monat habe ich mir auch ein Buch gekauft was ich gerne haben wollte, sozusagen als "Belohnung" dass ich es geschafft hatte.
      Ich bin sogar mit Grippe hingegangen und habe gearbeitet. Ich habe es einen Monat trotz 7 Tage Woche ausgehalten (Von Mo - Sa Post sortieren und So Putzen) ... Aber dann ist der Druck explodiert.
      Das mit der Pro und Kontra Liste ist eine gute Idee, werde die noch heute machen und mit meinem Freund mal durchgehen (der kann vllt. auch ein paar konstruktive Sachen dazu sagen ...).
      Thera habe ich leider trotz vieler Bemühen bisher noch nicht. Manchmal habe ich auch so Phasen dass ich denke ich bräuchte sowas gar nicht, ich sei ja nur eine Pseudo-Kranke und andere seien wirklich krank. Aber gut, das ist jetzt nicht Thema. Thera also leider keine und zwar noch nie. Also auch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (was für ein wunderbares Scrabble - Wort ...). Ich müsste mir auf jeden Fall (muss nicht sofort sein) eine andere Arbeit suchen.
      Arbeiten an sich ist kein Problem, solange nicht viele Menschen da sind die mich - wie auch immer - fertig machen. Beim Putzen z.B. habe ich seit ich angefangen habe nur ein einziges Mal gefehlt. Darauf bin ich auch stolz :)
      Und ja, du hast wirklich Recht: Ich wünschte ich könnte normal mit Menschen umgehen, mit ihrer (vielleicht auch unberechtigten) Kritik und ihrer Anwesenheit insgesamt. Ich wünschte ich könnte einfach mit Verpflichtungen besser umgehen.
      Ich werde mich jetzt also mal mit der Liste hinsetzen und überlegen.
      Ich danke dir tausendmal für deine Antwort!!
      Lg
      Nebelglas
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