Distanz gewinnen

      Distanz gewinnen

      Hallo :)

      Also es geht um folgendes: ich habe eigentlich ein ganz passables Verhältnis zu meinen Eltern.
      Jedenfalls solange es nicht um's Zusammenleben geht, denn genau da fangen die Probleme an. Und ich meine nicht Probleme, die sich im Zusammenleben relativ automatisch ergeben, die gibt es wohl immer.
      Nein, ich meine Probleme, die tiefer sitzen und sich hauptsächlich durch das Zusammenleben äußern, aber eigentlich viel viel tiefgreifender sind.

      Nur um es an ein paar Beispielen zu verdeutlichen:
      Ich bin 19, mache gerade mein Abi und krieg' mein Leben doch ziemlich gut auf die Reihe. Meinen Eltern fällt es wahnsinnig schwer zu akzeptieren, dass ich nicht mehr das kleine Mädchen bin, sondern eine junge Frau, die mehr und mehr erwachsen wird und sich nicht mehr von ihnen verbiegen lässt.
      Das äußert sich dann zum Beispiel darin, dass meine Mutter auf einmal meint mir nahelegen zu müssen (vorschreiben wäre zu viel gesagt), dass ich doch meine Klamotten weg räumen soll und meine Oma mal wieder besuchen soll. Eigentlich nichts schlimmes. Aber dahinter steht so viel mehr. Dahinter steht, dass sie nicht einsieht, dass ich meine Zeit und meine Aufgaben selbst einteieln möchte und sie auch erledige, nur eben, wenn _ich es für passend halte.
      Oder, dass mir immer reingeredet wird, wenn ich etwas machen soll.
      Ich soll meiner Mutter beim Kochen helfen, mache das auch und kann es auch, aber sie meint dann mir alles sagen zu müssen und wundert sich, wenn ich irgendwann pissig werde.
      Dahinter steht wieder die Sache, dass sie mir nichts zutraut, in mir immernoch das Kind sieht, was nichts alleine kann.
      Auf der anderen Seite stellt mein Vater riesige hohe Erwartungen an mich.
      Ich möchte Psychologie studieren und, statt damit zufrieden zu sein, bekomme ich dann zu hören ich soll doch noch Medizin dazu studieren, um mich zu qualifizieren und dann am besten noch ins Ausland gehen, damit ich noch toller qualifiziert bin und einen Doppel-Doktor machen...
      Auf der einen Seite bin ich das kleine unwissende Kind, dem nichts zugetraut wird und, das nichts alleine kann und auf der anderen Seite soll ich all diese Erwartungen erfüllen. Dabei _kann ich sie gar nicht erfüllen. Erfülle ich die erste Erwartung, kommt statt Anerkennung direkt die nächste und ich versuche noch immer unterbewusst ihnen alles recht zu machen, obwohl ich doch eigentlich weiß, dass ich es niemals schaffen kann, weil immer etwas Neues erwartet wird.
      Ich werd' damit langsam echt verrückt...

      Es geht mir nicht darum, dass ich Vorschläge bekomme, wie ich das mit meinen Eltern klären kann, denn ich bin mir sehr sicher, dass sich diese Probleme nur durch einen Auszug meinerseits klären lassen. Aber bis ich ausziehen kann, muss ich noch warten, bis ich weiß, wo ich studiere.
      Bis dahin werde ich hier weiterleben und so lange werden diese Probleme sich nicht lösen lassen.
      Da bin sowohl ich mir sicher, als auch meine Therapeutin.
      Meine Frage an euch ist nun: Habt ihr Ideen, Tipps oder Vorschläge, wie ich damit umgehen kann, ohne, dass ich jedes Mal am liebsten an die Decke gehen würde?
      Im Gegensatz zu meinen Eltern nehme ich diese Situationen viel extremer wahr, als sie.
      Ich mag einfach so damit umgehen können, dass ich es ignorieren kann. Oder wenigstens mich nicht mehr so dermaßen darüber ärgere.
      Wie kann ich solche Situationen einfach negativ sein lassen, ohne mich darüber zu ärgern?
      Wie gewinne ich die nötige Distanz und wie lern eich zu verstehen, dass es eben _nur meine Eltern sind. Nicht mehr und nicht weniger.

      Ich wäre sehr dankbar für Anregungen, weil ich einfach müde bin, mich jedes Mal zu ärgern, mich darüber auf zu regen und mich verletzen zu lassen.
      Wenn ihr Vorschläge zur Lösung des Problem habt, außer einen Auszug, könnt ihr die natürlich auch nennen, aber in erster Linie suche ich nach Hilfe, Distanz zu gewinnen, weil das für mich noch sehr sehr viel wichtiger ist.

      Danke bis hier hin :)

      Liebe Grüße
      das sternchen
      .Cause, everyday there's a war to fight
      And if I win or lose never mind
      I'm ready for the good times.

      Shakira


      Motzfrosch, sehr direkt, Exbetroffene
      und in Folge dessen Popo-Tritt-Verteilerin

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „sternenzeit“ ()

      Hallo,
      wie schön dass du dich wirklich fürs psychologiestudium entschieden hast :) (weiß nciht ob du dich noch erinnerst dass wir vor längerer zeit mal etwas drüber geredet hatten).
      zum problem: aus meinen eigenen erfahrungen heraus (die in einigen punkten ähnlich sind): mich hat der auszug von zuhause da tatsächlich wesentlich weiter gebracht. die probleme sind noch da, aber ich kann anders damit umgehen, wenn sie sich mal wieder äußern, und vor allem passiert das nicht mehr täglich!
      was du beschreibst (hohe erwartungen - gleichzeitig bist du für sie ein kind) finde ich nciht so ungewöhnlich. die erwartungen klingen allerdings für mich übertrieben (psychologie studieren in deutschland ist genug an aufgabe - jedenfalls für mcih voll und ganz ;) ).
      glaube für eltern ist es enorm schwer zu kapieren dass kinder erwachsen werden. meine mutter jedenfalls behandelt mich immer noch regelmäßig genau so, wie du es beschreibst.
      wie du in der zwischenzeit damit umgehen kannst? ich denke es ist wichtig, dass du dein ding durchziehst, egal was sie dazu sagen (wo es vernünftig ist mein ich natürlich). das du zeigst und wenn möglich bei sólchen gelegenheiten auch sagst, dass du selber entscheidest, ein recht darauf hast und das alleine kannst. dabei versuchen, ruhig zu bleiben. ich weiß, sagt sich so leicht :) mir hilft es aber da, eben im kopf zu haben, wie meine mutter typischerweise reagiert. es ist eben ihre art. wenn ich das klar habe, kann ich (manchmal) erst mal tief durchatmen bevor was eskaliert.
      anstrengend bleibt es trotzdem, keine frage.
      Lg
      Denke nicht so oft an das, was dir fehlt, sondern an das, was du hast.
      (Marc Aurel)
      Der Weg entsteht beim Gehen, aber auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt.
      (Chinesisches Sprichwort)
      hej,

      mir hat es beim abstand gewinnen sehr geholfen mir klarzumachen, dass (in meinem fall) meine mutter viele verhaltensweisen gar nicht an den tag legt, weil sie _mir damit irgendwas siganlisieren will, sondern weil sie ihr eigenes päckchen mit sich trägt und nicht aus ihren erfahrungen rauskann.

      ich weiß ja nicht, wie gut du deine eltern und ihre träume, wünsche, ihre erziehung, ihre jeweiligen familienhintergründe und ihr verhältnis zu wiederum ihren eltern kennst. aber oft mischen da ja auch dinge rein, die bei "kindern" in deinem alter gar nichts mehr damit zu tun haben, dass deine eltern _dir irgendwas sagen wollen sondern mehr damit, dass sie gerade an etwas knurpsen, an was du sie erinnerst.
      (meine mutter wollte immer, dass ich promoviere - weil sie keinen doktor hat und deswegen in ihrem beruf immer kämpfen musste...das hat nur mit mir nichts zu tun. war sehr hilfreich, das zu merken ;) )

      lg
      solaine
      "But isn't that life for us all? Trusting to luck?"
      "You can always try to give luck a helping hand", she said.
      //william boyd//


      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „solaine“ ()

      Hallo und danke für eure Antworten erstmal :)

      @blue sea: Ja, ich erinnere mich noch ;)
      Ich zieh' mein Ding durch, jedenfalls versuche ich es so gut ich kann, ohne dabei darüber nachzudenken, was meine Eltern davon halten. Die Erwartungen sind übertrieben, aber ich hab' sie lediglich so nieder geschrieben, wie meine Eltern sie mir zeigen. Es ist nicht so, dass ich in der Shcilderung übertreibe...
      Heute morgen hat mein Vater mir mal wieder nahe gelegt doch Medizin UND Psychologie zu studieren und dann noch ins Ausland zu gehen.
      Er denkt, dass er mir damit hilft und will halt für mich das Beste, aber gleichzeitig will er das auch, weil er dann mit seiner Tochter prahlen kann und, weil er seine nicht erfüllten Träume auf mich projeziert. Nur will ich die nicht erfüllen und ihm das Nahe zu legen ist ein Unterfangen, was ewig dauern würde... :rolleyes:
      Aber zum eigentlich Thema.. Wie behalte ich so einen külen Kopf?
      Wie kriege ich es hin, dass ich in solchen Momenten ruhig bleibe? Hast du Tipps?

      @solaine: Das was du schreibst stimmt wohl... Es ist ihr Päckchen, was sie da auslebt. Vielleicht sollte ich mir in solchen Situationen wirklich in Erinnerung rufen, wieso sie so handelt, wie sie handelt. Ich hab' nur leider immer das Bedürfnis, ihr das klar zu machen, aber auch hier, ist das fast ein Ding der unmöglichkeit.
      Die familiären Verhältnisse meiner Eltern jeweils waren alles andere als rosig und ich weiß auch, woher ihr Hndeln größtenteils rührt, nicht bei allem, aber oft. Trotzdem kriege ich es nicht richtig hin mir das in den Momenten in den Kopf zu rufen, das ist das Problem.
      Ich kann die Situation nicht so obejktiv betrachten, dass ich mich gar nicht oder wenigstens weniger darüber aufrege...

      Ich weiß halt nicht, wie ich es in den Situationen selbst genau hinbekommen soll, dass ich das, was ich weiß auch einbringe und mich dann dementsprechend nicht mehr so aufrege :(
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      Shakira


      Motzfrosch, sehr direkt, Exbetroffene
      und in Folge dessen Popo-Tritt-Verteilerin
      Original von sternenzeit
      Ich weiß halt nicht, wie ich es in den Situationen selbst genau hinbekommen soll, dass ich das, was ich weiß auch einbringe und mich dann dementsprechend nicht mehr so aufrege :(


      im zweifelsfall aus der situation rausgehen, dreimal tief durchatmen und auf einen zettel starren, wo draufsteht "das hat nichts mit mir zu tun und es ist nicht meine aufgabe nachzuholen, was sie nicht geschafft haben."

      das zehnmal konsequent gemacht und du kannst wahrscheinlich sogar im raum bleiben und einfach mal kurz an die decke starren, wo dann diese worte auftauchen werden ;)

      ich hatte zum gllück immer meinen bruder als vorbild, der das prinzip: ohren auf durchzug, "ja klar papa", "ja klar mama" und dann doch machen was er will und wie er es will sehr viel besser beherrscht als ich. aber inzwischen kann ichs auch :)

      lg
      solaine

      achso, ps:
      da wäre auch noch die überaus unterhaltsame methode, es auszudiskutieren - und zwar bei jedem anlass. eventuell mit erzieherischen ansätzen wie "ich helfe solange nichts mehr in der küche, bis du kommentarlos akzeptierst, dass ichs auf meine art mache."
      hab ich nur nicht vorgeschlagen, weil ich so den eindruck hatte, dass du dir das angesichts des auzuges, der ja doch bald erfolgt, nicht antun magst.
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      Wie kriege ich es hin, dass ich in solchen Momenten ruhig bleibe? Hast du Tipps?


      hm. ich schrieb das wohl gestern, weil es mir da gerade kurz vorher erstaunlich gut gelungen war. da gings aber im gespräch auch nciht um mich, ich habe mich sehr bewusst entschieden meine ehrliche meinung zu etwas zu sagen, obwohl mir ziemlich klar war dass meine ma sich dann über mich aufregt. vielleicht war das der trick, dass ich sozusagen vorbereitet war auf das was kommen würde. könnte man vielleicht auf deine situationen übertragen mit: möglichst früh merken dass das so eine situation wird, tief durchatmen und erinnern dass du ruhig bleiben willst und warum, erst dann reagieren.
      Denke nicht so oft an das, was dir fehlt, sondern an das, was du hast.
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