BPS und SVV

      Hi erstmal hab durch Zufall dieses Forum gefunden und hoffe das ihr mir Helfen könnt.

      Meine Freundin hat BPS mit SVV und heute wahr mal wieder ein kleiner Streit wegen das SVV, da wir unterschiedlicher meinung sind das man es von ein Tag auf dem anderen aufhören kann. Sie selber sagt das es nicht geht und ich wiederum das es 100% möglich ist wenn man nur denn willen dazu hat.
      Dazu muss ich auch sagen das ich ca. 1/2 Jahr Tavor(Lorazepam) in einer Dosis von 2-4mg pro Tag. ich könnte damit sofort aufhören. Gut ich hatte übelste entzugserscheinung gehabt die sich für ca 2 Monate gehalten haben, mitlerweile gehts mir blendend auch ohne das Zeug. Darum geht es hier aber nicht wirklich möchte mal gerne eure meinung hören ob es möglich ist mit SVV aufzuhören von ein Tag auf dem anderen.

      Meine andere Frage ist.
      Was kann man als Freund machen wenn die Freundin nicht zum Arzt will
      auch wenn sie sich vor Schmerzen halb krümt? Das Problem ist dabei auch ich kann nicht so oft bei ihr sein da ich ca 90km weg Wohne halt durch Arbeit nicht so oft Zeit habe. Sehrn wir uns in der Regel halt nur am Wochen Ende.

      Gruß Punkt
      Hi Punkt,

      ich gehe mal davon aus, dass du mir zustimmen wirst, wenn ich schreibe, der Wille gehört zur Psyche.

      Und du schreibst, dass bei deiner Freundin schon zwei psychosomatische Diagnosen da sind. Ergo, ist da ja schon was nicht ok. Wenn aber die Psyche nicht ok ist, trifft das ja auch auf den Willen zu.
      Und eine kaputte Psyche hat keinen starken Willen. Auch in einem kaputten Körper ist eine starke Psyche oder ein starker Wille nicht zu Hause. Ergo geht es nicht von heut auf morgen. Auch übermorgen ist da eher unwahrscheinlich.

      Körperliche Entzugserscheinungen jedoch, kann man tatsächlich auch allein überwinden. Kalte Entzüge machen fast alle Abhängigkeitserkrankte ständig. Allerdings ist das nur symptomatisch. Die Ursache der Mitteleinnahme wird dabei ja nicht bearbeitet (Das war jetzt für dich, Punkt - aber du bist ja nicht das Thema)

      Was du bei deiner Freundin machen kannst?

      Deine Gefühle auf ihre Haltbarkeit überprüfen und auch deine Leidensfähigkeit. Wenn es ihr (wann auch immer) so schlecht geht, dass weder Körper und Wille noch können, wird sie professionelle Hilfe annehmen. Aber da wirst du halt die Geduld aufbringen müssen, zu warten, bis das passiert. Nicht drängen. Da sein, wenn nötig. Kilometer sind keine Problematik, wenn das Gefühl stimmt. Du kannst auch aus der Entfernung per Kommunikationsmittel da sein. Wozu gibt es schließlich web-cams?

      Aber ich fürchte, da wirst du durchmüssen, wenn deine Gefühle stark genug sind. Und nochmal zu deiner Leidensfähigkeit - leider oder zum Glück bedeutet Liebe eben auch mal leiden. Aber das musst du mit dir ausmachen, ob du das kannst und auch willst.

      Zeitliche Prognose, mittelfristig (länger als 6 - 12 Monate) wirst DU da einen starken Willen brauchen. Und das ist noch optimistisch.

      Viele Grüße, Antekast
      Kann man eine berechtigte Hoffnung haben?
      NEIN! Denn das wäre ein Widerspruch in sich selbst.
      Ich als selbst Betroffenen vom SVV äußere mich auch mal dazu.
      Ich persönlich denke nicht, das es möglich ist, von einen Tag auf den Anderen mit dem Verletzen aufzuhören.
      Ich selbst habe es mehrfach versucht und ich hatte mehr als nur den festen Willen - trotzdem bin ich immer wieder zurückgefallen.

      Was meinst du, warum es so viele Therapien gibt, in denen man Skills (Ersatzhandlungen) für das SVV lernt und antrainiert bekommt?
      Weil es eben nicht so einfach geht, das SVV von heute auf morgen zu unterlassen.
      Desweiteren ist SVV eine Methode, die man sich über einen meist langen Zeitraum wie Monate oder Jahre, antrainiert und verfestigt hat und für sich mit dem SVV ein gutes 'Hilfsmittel' (wenn auch das Falsche) gefunden hat.
      Warum sollte man das einfach so plötzlich aufgeben?
      Das kann man nicht so einfach, denn das macht einem Angst.
      Unheimliche Angst sogar.
      Wenn man einem Seiltänzer in luftiger Höhe zuruft, er solle doch mal seine beschissene Balancestange wegschmeißen, da ihm schon nicht passieren wird - würde er das tun?
      Nein, ganz sicher nicht.
      Denn diese Stange gibt ihm Halt, Sicherheit und er wird sich hüten, diese wegzuschmeißen.
      Verstehst du, was ich damit sagen will?

      Und nur, weil DU mit dem Tavor ganz spontan aufhören konntest heißt das nicht, dass das bei deiner Freundin oder anderen Menschen genau so sein muss, denn jeder Mensch ist anders.
      ''The world is just illusion, always trying to change you.." :(

      ~I told another lie today~

      Ich hab gehört, im ganzen Universum erklingt der absolut stille Akkord
      Ich hab gehört, man kann einen Menschen retten nur mit einem Wort
      Huhu Punkt!

      Ich würde ohnehin nicht davon reden "Sie soll von heute auf morgen komplett aufhören". Das macht Angst und man kann es sich als der Süchtige nur sehr schwer vorstellen. Mit "von heute auf morgen aufhören" wirst du bei jemandem, der den Willen nicht hat, gegen eine Wand reden.

      Es macht deutlich mehr Sinn (und wesendlich weniger Angst) mit dem Gedanken ran zu gehen "heute nicht."

      Ich selbst bin autoaggressiv. Aber der Gedanke "Heute nicht", hält mich bereits sehr lange clean. Dennoch würde ich nicht sagen, dass ich es "Nie wieder mache."

      Liebe Grüße
      Thistle
      Ich habe auch Beides und es ist wirklich sehr schwer, an einem Tag aufzuhören...

      Das Einzige was du wirklich machen kannst ist viel, unendlich viel Geduld und Verständnis haben. Kümmere dich so gut es geht um sie, aber nur wenn sie es WIRKLICH will, auch wenn das oft schwer zu erkennen ist.

      Und streite dich nicht mit ihr, ob man an einem Tag aufhören kann oder nicht. Das hilft gar nichts, im Gegenteil, das macht es oft nur noch schlimmer.

      Es gibt übrigens auch einen Unterschied zwischen deinem erfolgreichen Tavorentzug (auf den du stolz sein kannst) und dem beenden von SVV bei BL. Es sind nicht wirklich Entzugserscheinungen, die es schwer machen, sondern das, wenn man es so nennen kann, Gefühlssleben.

      Bei "normalen" Entzug:
      Es geht einen schlecht, furchtbar und man weiß, sobald man die Substanz nimmt, ist alles vorbei. Man will es unbedingt nehmen, nur dass es endlich vorbei ist und weiß gleichzeitig, dass es dann wieder von vorn losgeht. Man denk an nichts anderes, als es endlich zu nehmen und versucht sich doch zu wehren, mit viel Glück und noch mehr Durchhaltevermögen ist es nach ein paar Tagen, Wochen oder gar Monaten vorbei. Dann hat man es geschafft. Gelegentlich denkt man noch daran, aber es ist auszuhalten. Bis auch das fast komplett verschwindet.

      Bei Bl und SVV (zumindest bei mir):
      Die paar Gefühle, die man sowieso nicht kennt, lösen sich auf, man fühlt nichts, gar nichts. Nicht nur Freude, Kummer, Liebe, Hass, etc, auch der Körper ist "weg". Genauso der Geist. Es gibt keine Gedanken mehr, nur noch Fetzen, die sich irgendwo befinden. Man versucht ein bisschen Ordnung in das Chaos zu bringen und schon ist man noch weiter weg. Nicht im, nicht aus dem Körper. Kontrolle unbekannt. Ein klitzekleines Programm, das irgendwann mal funktioniert hat, beginnt zu laufen. Bewusst ist da nichts. Ein fremder Körper einer fremden Person sitzt irgendwo, hat eine Klinge in der Hand und werkelt an sich rum. Schmerzen fühlt man nicht, wie auch, man fühlt nichts von einem fremden Körper.
      Dann, plötzlich, wie wenn man aus dem Wasser taucht, ist man wieder da. Zumindest ein kleines bisschen. Ein paar kleine rote Flüsschen sind da wo man ist, bis man begreift, dass es der eigene Körper sein könnte. Ob das ganze Real ist, weiß man nicht. Irgendwann kommt man, sehr langsam, wieder zurück, wenn man es so nennen kann, und hofft, dass es das letzte Mal war.

      Je nachdem wie es einem geht, man Dinge erlebt, kann es Tage bis zum nächsten Mal dauern, oder auch nur Stunden. Doch man will es vermeiden, diesen unerträglichen Zustand. Wenn es beginnen könnte, dann lässt man sich vom Schmerz wachrütteln. Nur nicht dahin zurück !!


      Ich hoffe, ich konnte dir damit ein bisschen helfen, vielleicht sogar ein ganz kleines bisschen zu Verstehen. Aber es muss bei ihr nicht so sein.
      Vielleicht fragst du sie mal, wie es ist, wenn sie drüber reden will. Und wenn sie keine Worte findet, dann lass sie dass lesen (wenn sie will) und womöglich trifft es ein bisschen zu...


      Zu deiner zweiten Frage:
      Lass es. Vielleicht verstehst du nicht, dass sie nicht zum Arzt will, auch wenn sie nicht mal mehr stehen kann. Aber wenn ein nicht BL versucht einen Bl zu verstehen, dann wird das meistens nichts. Versteht sich ja selbst oft nicht...
      Wenn du versuchst sie zu überzeugen, dass sie gehen soll, dann wird das nichts bringen. Ich schätze, sie ist sehr stur. Wenn du immer wieder damit anfängst, dass sie zum Arzt soll, dann nervt sie dass wahrscheinlich.



      Hab einfach Geduld, auch wenn es schwerfällt...

      mfg
      Vampire