verlust, tod - wann, wie, darf es weh tun?

      verlust, tod - wann, wie, darf es weh tun?

      kurz, pragmatisch und bitte nicht fühlen.

      ich hab die letzten wochen funktioniert, es war auch nicht schwer, eigentlich war es schön. dann hatte ich ferien, auch die waren schön. nicht überragend toll, nicht besonders anstrengend, nicht emotional, einfach fließend angenehm, viel zu tun aber wenig stress.

      dann fiel er mir ein. und was er wirklich für mich war. wieviel, wie sehr. und mir fiel auf, dass ich ihn verdränge, seinen tod und sein leben, ohne es zu wollen, es weniger wurde und gar nicht mehr zu spüren war, obwohl es so wahnsinnig weh tut.

      ich war an seinem grab, nicht lange, aber war da, hab es gesehen, berührt, mit ihm gesprochen. vorhin kam wieder eine welle von erinnerung, was alles war und was alles verloren ist.

      es tut weh, es tut irre weh. es erstickt mich, es fühlt sich lebendiger an als alles was ich in den letzten wochen war, echter, wenn auch nur ein schatten des lebens mit ihm. es tut wahnsinnig weh.

      ich hab noch zwei tage zeit eine arbeit zu verfassen und abzugeben, für die ich eigentlich auch noch mit jemandem kontakt aufnehmen müsste, der das ebenfalls schleifen lässt. zu kompliziert gerade alles. ich weiß nicht, ob ich das jetzt kann, vermutlich könnte ich, aber ich müsste die trauer aussperren - schon wieder.

      ich will trauern. ich will ihn nicht vergessen, nicht verlieren, nicht das bisschen von ihm was mir noch bleibt. ich weiß nicht, wie ich durch den schmerz noch weiteratmen soll, aber ich will nicht, dass es aufhört, weh zu tun.

      soll ich meinem dozenten schreiben, um eine verlängerte frist bitten? ich weiß nicht, ob das geht. es wäre vermutlich möglich. ich müsste nicht mal lügen, mein dozent kennt meine gefühle nicht, aber er kennt meine fakten. ich bin nicht mehr krank, nicht vorrangig, ich kann stabil leben, nur der verlust tut so wahnsinnig weh, und mein verstand begreift nicht, wie ich das überleben können soll, überlebt habe, überleben werde. mein herz frage ich lieber gar nicht.

      thera hat gesagt, ich solle mehr fordern, in der therapie, dafür wäre das ja da. ich hatte angedeutet, dass ich mit meinem leben zurechtkomme, aber nicht mit meinen gefühlen, dass die im moment kaum raum haben und ich sie selbst nicht mehr sehe, und nicht weiß, wie lange das gut geht bevor ich daran ersticke. es fühlt sich an wie ersticken, langsam und unterschwellig ohne gefühl, schnell, hart und brutal wenn es hochkommt.

      was kann ich fordern, und von wem, wenn nicht vor mir selbst? so oder so, ich nehme mir mehr als ich mir gebe. den atem, allem voran.


      jemand irgendwas dazu? notfallmedis und schlafen, aber das zögert es nur heraus. ich brauche irgendwas, was es nicht mehr gibt...
      oh, I've felt that fire and I have been burned,
      but I wouldn't trade the pain for what I've learned, I wouldn't trade the pain for what I've learned.
      Pennies in a well, a million dollars in the fountain of a hotel, fortuneteller that says 'Maybe you will go to hell.'
      But I'm not scared at all by the cracks in the crystalball
      Hallo "TheDamageDone"....

      Zunächst zu deiner Studiumssitzuation: im Fall vom Trauer und vorallem dies zulassen zu wollen und zu können, wie es ja bei dir der fall ist, finde ich es absolut in Ordnung, deinem Dozenten zu schreiben und um einer Verlängerung zu bitten. Jeder "normale" Mensch weiß, dass man erstmal Trauern muß, um zu verarbeiten.
      Nun zu dir und zu der Perspektive, ich finde es schön zu lesen( auch wenn der Teno rnatürlich ein sehr sehr trauriger ist), wie sehr dir diese Person fehlt, denn es bedeutet ja auf irgendeiner weise, dass sie dir nahe war und du nicht möchtest, dass alles andere - jetzt wo du Erinnerungen durchlebst - in die vergangeheit rückt. (Habe ich das richtig gedeutet?)
      Vorallem weil du dich nun auch diesen gefühlen traust dich zu stellen, - auch um schlimmeres zu vermeiden - finde ich, dass du dir eine Auszeit nehmen solltest und mit deiner Therapeutin über deine Gefühle redest bzw. einen Weg (mit ihr) zu finden, wie du sie "ausleben"/empfinden kannst............... ohne auf dauer daran zu "ersticken"...........

      ich wünsche dir viel kraft, mut und Hoffnung!
      'erstmal' ist gut, er ist jetzt seit gut zehn monaten tot.
      ich habe schon das letzte jahr uni absolut nicht auf die reihe gekriegt, weil es zuviel kraft kostete, jeden tag überhaupt aufzustehen - sein tod, wohnungssuche, krankheit (physisch), neue lebenssituation, das waren in der reihenfolge die vier faktoren die mich letztes semester ausgeknockt haben.

      dieses semester funktioniert, soweit. außer dass ich dinge zu lange aufschiebe, nicht zum ersten mal, so wie jetzt auch.

      das problem ist, das worte nicht helfen. mein therapeut weiß, wieviel er mir bedeutet hat und wie sehr mich sein tod getroffen hat, nur worte, fakten allein, bringen überhaupt nichts, ändern nichts daran, dass er tot ist, und diese situation, dieser fakt, nicht mal nur mein gefühl dazu, ist woran ich ersticke. ausleben... ich weiß nicht, wie, ob das gesund möglich ist.

      danke jedenfalls für deine antwort - ich bin auch froh, irgendwo unter all dem, ihn überhaupt kennengelernt zu haben, das ist das beste was mir bisher passiert ist. das macht den schmerz nur auch nicht leichter zu ertragen...
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      für trauer gibt es kein limit. auch wenn dein freund seit 10 monaten t*t ist, heißt das nicht, dass du mittlerweile damit abgeschlossen haben musst. es darf immer noch w*h tun. und du merkst ja, dass es das tut.
      wie wäre es denn, wenn du dieser trauer in deinem alltag bestimmte zeiten einräumst? das könnte sie etwas in grenzen halten, zugleich kannst du ihr einen eigenen raum geben.
      in diesem sinne: schreib deinen dozenten an und bitte ihn um aufschub, wenn du das im moment brauchst. dann nimm dir zeit zu spüren, nachzudenken und zu trauern, aber mach mit dir selbst aus, wann du wieder in den alltag zurück kommst.
      warum meinst du denn, dass ausleben gesund nicht möglich wäre?

      hast du angst, ihn zu vergessen, wenn es nicht mehr w*h tut?
      wenn ja: das kann ich verstehen. die angst, dass da eben gar nichts mehr ist - nicht mal mehr ein schwarzes, schm*rz*nd*s loch. aber vermutlich wird es ja gar nicht so sein. menschen, die einen so tief berühren, wie es dein freund bei dir offensichtlich getan hat, vergisst man nie ganz. wenn er so ein wichtiger, prägender mensch für dich war - diese prägung wirst du dein ganzes leben tragen.
      ich hoffe, dass es dir irgendwann möglich sein wird, mit einem lächeln an die gemeinsame zeit zu denken. dass du weißt, was du gewonnen und verloren hast, aber dass du die kraft hast, deinen weg weiter zu gehen. in seinem andenken.
      es ist so wie es ist.
      Hej,

      hab den Thread jetzt erst gesehen, großes Sorry dafür...-

      'kurz, pragmatisch und bitte nicht fühlen.'... ist eigentlich genau das Gegenteil, oder? No offense meant, aber ich glaube, Gefühlslosigkeit und knappe Statements sind definitiv keine Fuin-Eigenschaften.

      Mhh. Ich denke, die Schwierigkeit liegt in der Balance zwischen "Vergessen" und Loslassen. Komplett vergessen wirst du ihn nicht, werde ich ihn nicht, natürlich... aber ich habe so oft Angst, dass mir Kleinigkeiten entfallen. Dass das Bild schleichend undeutlicher wird, diffuser, wenn man nicht ständig aufpasst. Und so krame ich die Erinnerungen wieder und wieder vor, nachts wenn ich wach liege, wenn ich in der Straßenbahn sitze und aus dem Fenster starre, bei hundert Kleinigkeiten, hab seine Stimme und seine Formulierungen im Ohr. Und es tut weh, verdammt weh.
      Aber man kann/darf nicht immer nur zurückschauen. Sagt der Verstand, sagte die Thera, sagt so ziemlich jeder. Loslassen. Ja, aber wo hört das Loslassen auf und fängt Vergessen an, wie ist das mit Weiterleben und Untreue...? Ich weiß es nicht, wo man da die Linie ziehen darf (was für eine Formulierung... ahem). Und es wird für mich eines der Therapieziele werden, denke ich. Hmmm.

      Was sagt denn dein Thera dazu, abgesehen von 'mehr fordern'...?

      Anyway... ich denk an dich.



      A.