"mach verdammtnochmal den Mund auf!"

      "mach verdammtnochmal den Mund auf!"

      mein soziales auftretten und meine umgangsform mit autoritäten wird momentan mit meiner therapeuten stark in angriff genommen. zunächst sind wir erst mal bei der analyse. damit wir wissen, wie es weiter geht.

      die frage nach einem praktikum steht im raum. ärztin, psychologin und ich haben das schon ziemlich ausgepfeilt. voll belastbar bin ich noch lange nicht, also wollen wir das in dem klinikramen machen.

      psychologin schickt mich zum sozialarbeiter. der mich dann weiter zum ergotherapeuten weißt, weil die die praktikas neuerweise übernehmen.
      habe ihn letzte woche schonmal drauf angesprochen. da hat er mir aber nicht wirklich zugehört und ist weiter gegangen. gestern in der ergotherapie habe ich dann nochmal gefragt.

      er meinte, dass die praktikas rar sind und dass man sie erst bekommt wenn man das programm der tagesklinik voll ausschöpft. klingt einleuchtend und das tue ich ja auch. mehr als das. ich soll oft eine schiene langsamer fahren. momentan habe ich eigentlich kaum pausen dazwischen. faktum ist, dass ich öfters mal andere termine in der zeit der ergotherapie hatte. termine, bei denen mir von ärztin und psychologin gesagt wurde, dass sie eindeutig wichtiger sind.
      er meint, er sieht aber nur ob man da ist oder nicht.

      und dann meinte er noch, dass wenn ich ein praktikum machen kann, dann doch auch nur beim nierenschalensaubermachen .

      ich hab nur noch schwarz gesehen. hab dann die ganze krankheitsgeschichte wieder runtergerasselt. hatte so eine wut im bauch, aber dann im endeffekt auch auf mich. ich bin schließlich schuld, dass ich überhaupt da unten gelandet bin.

      raus gegangen, nur noch geheult. konnte nicht mehr wirklich für was garantieren und bin dann hochgegangen.

      hab dann um ein gespräch gebeten und sehr lange mit der schwester gesprochen. das hatte mir sehr gut getan und sie hat mir auch nochmal aufgezeigt, wieso ich da gelandet bin, dass es nicht meine schuld ist, dass es nunmal eine krankheit gibt, die behandelt werden muss. dass die alle wissen, wieviel ich da mache und dass dieses praktikum wichtig für mich ist. sie meinte auch, dass ich aufjedenfall nächste woche mit fr. d und in der visite darüber reden soll.

      es kotzt mich einfach tierisch an. ich hab in dem moment so eine extreme wut auf herr. r. gehabt. vom gefühl her würde ich ihm am liebsten alles aus meinem kopf ins gesicht schmeißen. das tu ich aber nicht. ich gehe hoch, will nicht, dass er sieht, was er da wieder mit mir angestellt hat. will einfach mit mir allein sein. chaosgedanken. suizidgedanken.

      dem hab ich dann aber auch entgegengewirkt.

      ich versteh nur nicht, wieso ich ihm nicht mal die meinung geigen kann (sei es auf konstruktive weise), dass ich ihm nicht zeigen kann, was ich alles mache, dass ich ihm nicht vorschlage, die akte durchzulesen, sich mit in die visite zusetzen. wieso ich es dann auf mich projeziiere. warum ich ihm aus dem weg gehen muss. wieso ich angst vor seinen blicken hab. dass ich nicht einfach mal hinter dem stehen kann, was ich mache und mir von ihm immer wieder aufs neue zeigen lasse, wie tief ich gesunken bin.
      Die Kunst ist einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wurde
      (pw: per pn)

      'Cause I can't take anymore of this
      I want to come apart

      RE: "mach verdammtnochmal den Mund auf!"

      so, nochmal ich.

      die frage mit dem praktikum ist jetzt hoffentlich geklärt. das läuft jetzt auf anderer schiene weiter, da sie wissen, wie schwer der ergotherapeut sein kann und wie ich darauf reagiere. jetzt schau ich, dass ich das zusammen mit meiner psychologin hingehe.

      das grund problem, alles schlucken, anstauen lassen, nach hause kommen, zusammenbrechen, alles gegen mich richten ist jedoch das gleiche.

      jeden tag sehe ich den mensch und mindestens 3 mal die woche muss ich runter zu ihm in die ergo gehen. ich mach das. ich funktioniere. ich gehe runter und bin froh, wenn das vorbei ist.

      funktionieren, damit ich danach wieder zusammenbreche. so läuft das so gut wie jede ergostunde. ich komm mir da wie so ein doof vor, der nichts auf die reihe bekommt. ich fühle mich wie ein kleines dummes kind, das zu gehorschen hat und extrem versucht, bloß alles zu machen, damit er mir nicht meinen weg blockiert.

      ich weiß nicht, wie genau ich das beschreiben soll. aufjedenfall tut es mir absolut nicht gut, im gegenteil. eigentlich wollte meine psychologin mal mit mir zusammen zu ihm gehen, das ist aber ausgefallen. und ich habe angst. angst vor jeder ergostunde.

      was ich aber auch sehe. es gibt patienten, die boykotieren die ergo. die gehen nicht hin, sagen, dass sie keinen bock haben und geben auch offen kund, was sie von dem ganzen halten.

      die lässt er in ruhe.

      mich nicht. weil er weiß, dass ichs ja dann eh wieder mache. dass ich das mit mir machen lasse.

      mund auf machen. endlich mal den mund auf machen. es muss ja nicht aggressiv sein. nein, absolut nicht. sachlich sagen, wie es mir dabei geht. eigentlich doch nicht so schwer oder? vom kopf her nicht, nein. vom kopf her weiß ich, dass es nur gut sein kann, wenn ich endlich mal den mund auf mache. aber das gefühl. das gefühl, was mich wieder unterordnen, was mich kuschen lässt.

      das gefühl, wie geht man mit dem gefühl um? wie kann man es ändern? wie schafft man es zu übergehen? schafft man es überhaupt oder bleibt man am ende für immer in diesem devoten musster, was sich nicht nur auf diese situation spinnen lässt?
      Die Kunst ist einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wurde
      (pw: per pn)

      'Cause I can't take anymore of this
      I want to come apart
      Hallo S.!

      Du schreibst selbst, dass es nur ein GEFÜHL ist! Gefühle können uns täuschen. Sehr oft sogar. Imho ist es ratsamer, auf den Verstand zu hören und nicht auf das Gefühl! Was bringt es dir, wenn du dich von deinem Gefühl beherrschen lässt und daran immer mehr kaputt gehst? Wie soll dir die Therapie etwas bringen, wenn es dir dabei nur schlechter geht? Du merkst doch selbst ganz deutlich, dass sich dringend etwas ändern sollte. Wie lange soll und vor allem wie lange KANN das noch gut gehen? Das Ziel soll doch sein, dass es DIR gut geht! Der Therapeut ist erfahren genug, um damit umgehen zu können.

      Wenn nicht, rede nochmal mit deiner Psychologin, damit ihr nochmal einen neuen Termin ausmacht, um zusammen in die Ergo zu gehen.

      Dieses devote Verhalten kann man sich durchaus abgewöhnen. Ich habs auch hinbekommen. Zwar funktioniert es nicht bei allen Menschen. Es gibt immer noch gewisse Menschen, bei denen ich auch einfach nur schlucke und den Mund halte. Aber ich bin inzwischen so weit, dass ich mir nicht mehr ALLES sagen lasse und auch mal den Mund aufmache und sage "Ich möchte das nicht". Was ist schlimmer? Den Mund halten und riskieren, dass es einem immer schlimmer geht oder endlich mal über seinen Schatten springen und sagen, was einem nicht passt? Letzteres ist zweifelsohne der schwierigere Weg, aber auf jeden Fall der bessere. Ich finde, du hängst dich auch zu sehr an deinen Gedanken auf. Wie wäre es denn, wenn du mal versuchst, die Gedanken zu übergehen und es einfach zu tun? Einfach mal den Mund aufzumachen und für den Moment die Ängste und Gedanken zu verdrängen? Wenn du erstmal merkst, dass man dir zuhört und dass nichts schlimmes passiert und dass es richtig ist, den Mund aufzumachen, fällt es dir von Mal zu Mal vielleicht einfacher. Zumindest war es bei mir so. Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich sehr wohl den Mund aufmachen DARF und dass ich keine Angst zu haben brauche. Das hat mir Mut gemacht und so ist es bei mir auch besser geworden.

      Wichtig ist natürlich, wie du selbst schon gesagt hast, dass man ruhig und sachlich bleibt. Auch dann, wenn man nicht das zu hören bekommt, was man gerne hören möchte. Sachlich sagen, was einen stört, was man denkt und fühlt und am besten auch gleich Verbesserungsvorschläge einbringen. Den Gesprächspartner ausreden lassen, aber auch darauf bestehen, dass man selbst ausreden darf.

      Der ehem. Chef meiner Mama hat immer gesagt "Nur redenden Menschen ist zu helfen". Klingt altklug und besserwisserisch, ist aber verdammt wahr. Du willst doch, dass man dir hilft und dass es dir besser geht, oder? Also trau dich und rede! Es kann dir doch nur helfen!

      Wenn du willst, kannst du mich auch gern imm ICQ anschreiben, wenn dir danach ist.

      LG,
      A.
      Und aus dem Chaos sprach eine Stimme zu mir:
      "Lächle und sei froh - es könnte schlimmer kommen!"
      Und ich lächelte und war froh...
      Und es kam schlimmer...
      Hallo Shii,

      danke, dass du so ausführlich auf meinen Thread geantwortet hast. ich hatte ihn mir durchgelesen und es hat mir doch gute denkanstöße gegeben. umso mehr tut es mir leid, dass darauf keine reaktion kam. ich wollte es hier nur nicht so stehen lassen und dir nochmal dafür danken!
      Die Kunst ist einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wurde
      (pw: per pn)

      'Cause I can't take anymore of this
      I want to come apart