Aufmerksamkeit und Zuwendung und Besitzansprüche.

      Aufmerksamkeit und Zuwendung und Besitzansprüche.

      Mein Therapeut macht ab März seine Praxis auf. Zur Zeit arbeitet er noch in einer Tagesklinik.

      Wenn er seine Praxis hat, dann sind alle Menschen jede Woche bei ihm über einen längeren Zeitraum. Dann bin ich eine von vielen. Ich könnte jetzt schon durchdrehen deswegen, wirklich durchdrehen und ich halt es innen kaum aus.
      Ich hasse diesen Gedanken. Aber es ist so schwer auszuhalten, dass ich zwischendurch daran denke, die Therapie lieber abzubrechen. Ich werd das nicht machen. Und es ist unfair ihm gegenüber.

      Das vorneweg, es geht hierum:
      Diese Besitzansprüche und diese Angst, dass jemand mehr Aufmerksamkeit bekommen könnte als ich. Das ist sowas von anstrengend für mich selbst und für meine Mitmenschen. Ich versuch ja schon vermehrt, es mit mir selbst auszumachen, dass es wenigstens für meine Mitmenschen nicht so anstrengend ist, aber oft ist es noch so stark, dass ich Sicherheit brauche, ganz ganz viel Sicherheit, wie ein kleines Kind bin ich dann. Dass die Menschen mich sehen und wahrnehmen. Meine Eltern haben das nie wirklich gemacht. Meine Mutter meinte mal zu mir in einem Therapiegespräch, dass ich halt immer brav und ruhig war und deswegen hat man nicht so sehr auf mich geachtet. Ich war ein so liebes Kind. Ich hab immer alles gemacht. Ich war wahrscheinlich zu lieb. Und zu schweigsam. Und jetzt versuch ich das nachzuholen und schaff es nicht, einen Mittelweg zu finden und die Angst zu wenig Aufmerksamkeit und Zuwendung zu bekommen und dass die Menschen mich nicht wahrnehmen und dass andere Menschen mehr Zuwendung bekommen erschlägt mich immer wieder und lässt mich mich sowas von verzweifelt fühlen und dass ich denke, ich muss mich sofort wegmachen, damit es aufhört.

      Ich hasse das. Ich frag mich, ob das jemals besser wird. Und ab März hat mein Therapeut dann seine Praxis und so werde ich mit dieser Angst konfrontiert und ab März/April bin ich im Praktikum und werde nochmal mit der Angst konfrontiert, weil ich dann weniger Aufmerksamkeit auf Arbeit bekomme (was keine Innensicht von mir ist), weil ich einfach nicht mehr am Hof bin. Zwei Dinge auf einmal bei einem Thema, das mich fast durchdrehen lässt. Herzlichen Glückwunsch.

      Ich wünsch mir, dass diese Besitzansprüche und diese Angst und dieses extreme Verlangen nach Aufmerksamkeit nicht mehr so extrem sind. Oder wenigstens leichter auszuhalten.
      Einfach leichter auszuhalten. Was brauche ich dafür, frage ich mich?


      Das mit meinem Therapeuten und der Praxis, das ist nur eine Sache. Nur ein Auslöser. Mir geht es um das grundsätzliche Problem. Vielleicht weiß irgendjemand was dazu zu sagen.

      Das Prachtmädchen

      Dieser Beitrag wurde bereits 5 mal editiert, zuletzt von „Prachtmädchen“ ()

      Ich kann dazhu nicht viel sagen, aber beim Lesen deines Textes musste ich gerade das folgende denken:

      "warum besprichtst du das nicht gerade mit deinem Therapeuten selber? Der weiss doch bestimmt, was du meinst und wie man es auch etwas überwindet.."

      Oder ist dir dieser gewollte Anspruch auf Zuwendung so peinlich, dass du nicht mit ihm darüber reden kannst?

      Lg,
      Melian
      Denn du kannst mich sehn wie ich bin, ganz zerbrechlich. Du siehst mich ungeschminkt. Nur bei dir fühl ich mich unsterblich.
      Luxuslärm - Unsterblich


      Traumstaub - Blog (PW auf Anfrage (Trigger))
      Ich werd mit ihm darüber sprechen und er weiß es im Allgemein auch, das ist nichts Neues für ihn von mir.
      Es geht mir nur um das allgemeine Problem und nicht nur um ihn, es gibt durchaus auch noch andere Menschen, bei denen das so ist, es ist alltäglich, deswegen der Thread.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Prachtmädchen“ ()

      Hallo liebe H.,

      das gleiche Problem kenne ich auch.
      Meine Therapeutin will ein Gespräch mit meinen Eltern ansetzen.
      Und ich will das irgendwie aber gar nicht.
      Weil es meine Thera ist, wir uns um mich kümmern.

      Den optimalen Weg habe ich auch noch nicht gefunden.

      Aber sag dir vielleicht, dass du zwar nicht die Einzige bist, die die Therapie macht, aber einzigartig bist.
      Dass er sich Zeit für dich nimmt, dass du in dieser Zeit nur über dich sprechen kannst.

      Wenn mir nochwas einfällt sag ich es dir =)

      lg
      Es gibt drei Wörter, die beschreiben, was ich über das Leben gelernt habe: es geht weiter
      ah, entschuldige, das wusste ich nicht.

      Warum glaubst du, dass du, wenn dein Thera mehr Klienten hat, zuwenig zuwendung bekommst? Glaubst du, er schenkt den andern mehr Zuwendung als dir?

      Du bist ja hier aktiv im Forum unterwegs und hilfst den Leuten oft. Ich weiss nicht, aber ich glaube, mir würde die vorstellung helfen, dass jeder Patient, der zu deinem Thera geht, es genauso verdient hat wie du.
      Vlt ist einer der patienten sogar jemand, dem du noch vor ein paar stunden in diesem forum hier zu einer thera geraten hast.
      Denn du kannst mich sehn wie ich bin, ganz zerbrechlich. Du siehst mich ungeschminkt. Nur bei dir fühl ich mich unsterblich.
      Luxuslärm - Unsterblich


      Traumstaub - Blog (PW auf Anfrage (Trigger))
      Original von Melian
      Vlt ist einer der patienten sogar jemand, dem du noch vor ein paar stunden in diesem forum hier zu einer thera geraten hast.


      Genau das ist meine absolute Horrorvorstellung!

      Ich möchte aber nochmal darauf hinweisen. Es geht mir nicht um meinen Therapeuten an sich, sondern das allgemeine Problem:

      Aufmerksamkeitsanspruch, Besitzansprüche und diese Angst, dass andere Menschen mehr Aufmerksamkeit bekommen.

      Deswegen möchte ich bitten, nicht mehr so sehr auf diese spezielle Situation mit meinem Therapeuten einzugehen, weil das für mich gerade nicht hilfreich ist.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Prachtmädchen“ ()

      Hey du,

      "Übung macht den Meister". Das ist m.E. die Antwort.
      Es wird lange dauern, bis das Muster in dir nicht mehr aktiv wird, erstmal wäre es ja ein Anfang, dass du es in den Griff bekommst.
      Dazu würd ich dir raten, einen sturen und pragmatischen "Musterplan" zu machen (hast du sowas schonmal gemacht?).
      Er sollte enthalten:

      - Musterkennung (was sind die Situationen, in denen das Muster typischerweise auftritt?)
      - Aushebel-Vorgang (Schritt für Schritt).
      1. ich verlasse die Situation
      2. ich sage mir mein mantra immer wieder auf (es ist alles okay/ ich bin immernoch wichtig und wertvoll/ ...
      3. ich atme tief durch und überprüfe, ob ich das Muster in den Griff bekomme
      - wenn das Muster anhält - alles von vorne.
      - wenn das Muster abflaut - langsam wieder in die Situation einsteigen und ständige Realitätsüberprüfung machen (aha, die Menschen beachten mich, wenn auch nicht mit ihrer vollen Aufmerksamkeit. Aber es geht ja doch. Sie schaut mihc an, sie nimmt mich wahr, das fühlt sich gut an. Und das reicht gerade auch schon. ich bin da und das Maß an Aufmerksamkeit, das man mir gerade gibt, ist in ordnung....)

      Muster aushebeln muss man üben üben üben üben üben.
      Du bist so weit, dass du das Muster erkannt und identifiziert hast, das ist mehr als klasse. Das ist die Grundbedingung und oft der größte Schritt. Versuch dir "einfach" einen Aushebel-Plan zu erstellen - am Besten schriftlich und immer bei dir tragen - und ihn so gut es geht durchzuführen, wenn die Angst kommt. Wichtig: handle! Ergib dich nicht der Angst und fall nicht in alte Muster, sondern durchbrich sie. Es ist richtig, richtig anstrengend und braucht jede Menge Übung. Aber um so länger du das übst, desto besser wird es und irgendwann kommt nur noch ein Hauch der Angst und du erkennst das Muster und lächelst, weil du es im Griff hast und dich beruhigen und sicher fühlen kannst.



      edit was mir eben einfiel:
      Es könnte auch hilfreich sein, wenn du den Ablauf des bisherigen Musters aufschreibst. Kannst du die Situationen nüchtern und rational beschreiben, in denen die Angst kommt und kannst du den Verlauf schrittartig festhalten? Das dürfte das Erkennen vom Negativ-Muster vereinfachen.
      Zusätzlich könnte man dann für jede Stufe des Negativ-Musters eine Gegenstufe, also ein Positiv-Stufen-Stein bauen.


      Liebe Grüße

      r.
      Wir wollen weiße Raben sein in unseren Gedanken .
      Und mir sprießen Rabenfedern...
      Denk an mich, ich komme wieder.
      Denk an mich, hälst du sie in der Hand.
      ASP - Krabat

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „roxanne“ ()

      Original von Melian
      entschuldige. ich wollte nichts schlimmer machen, als es schon ist.


      Hast du nicht, keine Sorge.

      Von einem Musterplan hab ich bis jetzt nichts gehört, nein.
      Das hört sich sinnvoll an und kompliziert. Da muss man erstmal total durch das Muster durchsteigen und wissen was dahintersteht, damit man einen richtigen Plan erstellen kann oder nicht?
      Oder meinst du das anders? Diesen Plan machen und durchziehen und nebenbei schauen was dahintersteht? Geht sowas überhaupt?
      Den Verlauf festhalten und ganz genau aufschreiben. Das müsste ich dann an einem Beispiel machen denke ich. Und das kann man dann meist wahrscheinlich auf andere Situationen übertragen.
      roxanne, du schreibst ich hab das Muster erkannt und identifiziert, so fühlt sich das aber gar nicht unbedingt an.^^ Ich find das alles immer noch etwas kompliziert und durcheinander. Wie soll das funktionieren, dass man ein Muster durchbricht, durch stures Verändern des Verhaltens? Beeinflusst man damit auch die Gefühle oder bringt das dann gar nichts, weil sich nur das Verhalten ändert, aber das Dahinter nicht deutlich ist?

      Zartbitter:
      Ich verstehe die Frage gerad nicht so genau. Sinn und Zweck... Nee, ich versteh es gerad wirklich nicht so genau bzw. hab keinen Denkansatz. :rolleyes:

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Prachtmädchen“ ()

      Jedes Verhaltensmuster dient einem gewissen Zweck, anders der Befriedigung eines Bedürfnisses.

      Original von Prachtmädchen
      Aufmerksamkeitsanspruch, Besitzansprüche und diese Angst, dass andere Menschen mehr Aufmerksamkeit bekommen.

      Aufmerksamkeit heißt ja grob übersetzt die Konzentration auf etwas Bestimmtes richten.
      Mein Gedankengang ist folgender: Wenn ich mich jetzt auf das Zitat von dir beziehe, würde es für mich bedeuten, dass du chronisch Angst hast, nicht das zu bekommen was dir "zusteht". Wie gesagt das ist mein Gedankengang.
      Meine Frage war nun nichts anderes als: Was denkst du steckt dahinter? Welchen Sinn und Zweck hat das Ganze für dich?


      lg
      "Da es sehr förderlich für die Gesundheit ist, habe ich beschlossen glücklich zu sein!"
      Voltaire
      *Prachtmädchen*
      Original von Prachtmädchen
      Wie soll das funktionieren, dass man ein Muster durchbricht, durch stures Verändern des Verhaltens? Beeinflusst man damit auch die Gefühle oder bringt das dann gar nichts, weil sich nur das Verhalten ändert, aber das Dahinter nicht deutlich ist?


      Ganz genau! Stures Verändern des Verhaltens.
      Und ja, dadurch ändern sich auch die Gefühle. Nicht nur die Gefühle beeinflussen das Verhalten - ebenso beeinflusst auch das Verhalten die Gefühle.


      Aber nein, man muss nicht zu 100% verstehen, wofür das Muster steht, auch wenn Zartbitters Frage wichtig ist. Manchmal löst sich der emotionale Knoten auch erst, wenn man ein Muster durch neues Verhalten konsequenz durchbricht.


      Das müsste ich dann an einem Beispiel machen denke ich. Und das kann man dann meist wahrscheinlich auf andere Situationen übertragen.


      Jap. Just do it. Und finde heraus, wie du das Muster am Besten durchbrichst und welche neue Verhaltensweise dir gut tut. Man muss halt viel rumprobieren und üben und darf nicht aufgeben, wenn es beim ersten Mal nicht sofort super geklappt hat.
      Wenn du das ausprobieren möchtest, dann stell dich schonmal drauf ein, dass es Wochen bis Monate dauern kann, bis du ein Muster endlich konsequent ohne Probleme durchbrechen kannst, je nachdem wie "fest" das Negativ-Muster war ;).
      Wir wollen weiße Raben sein in unseren Gedanken .
      Und mir sprießen Rabenfedern...
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      ASP - Krabat