"Sich outen" ist leichter gesagt als getan - Zeitungsartikel über den Umgang mit psychischen Erkrankungen während des Studiums.

      "Sich outen" ist leichter gesagt als getan - Zeitungsartikel über den Umgang mit psychischen Erkrankungen während des Studiums.

      Hallo zusammen,
      eine Kollegin meiner Mutter hat mir den Zeitungsartikel gebracht, weil sie weiß, dass ich unter Depressionen leide und bald mit dem Studium anfangen möchte. In dem artikel geht es um eine Beratungsstelle für psychisch Kranke an der Uni Würzburg. Ich finde ihn sehr interessant und mutmachend. Ich habe nicht vor, in Würzburg zu studieren, aber ich denke, dass es trotzdem ganz nützlich sein kann, sich das durchzulesen und man kann sich sicherlich auch mal unter der E-Mail-Adresse nähr erkundigen. Da hier einige Studenten sind, dachte ich, ich tippe das mal ab.


      "Sich outen" ist leichter gesagt als getan
      Würzburg: Dass ihr Professor dearat schroff zu ihr war, konnte Lisa (Name geändert) nicht fassen. "Lassen Sie sich nicht so hängen!" hatte er zu ihr gesagt. Dabei wusste er doch, dass sie unter Depressionen leidet - wie so viele andere Sutierende. "Jeder zweiter, der zu mir kommt, ist psychisch krank", bestätigt Mechthild Klostermann von der Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderungen und chronischen Krankheiten (KIS) der Uni Würzburg.
      Dass die 2008 gegründete Einrichtung gerade bei psychisch kranken Studierenden auf großen Widerhall stößt, damit hätte Klostermann nicht gerechnet. Rund 200 Studierende beriet sie 2009, hundert kamen wegen Depressionen, Autismus, Essstörungen, Panikattacken oder einer Zwangserkrankung zu ihr.
      Sie wollten, wie Lisa, zum Beispiel wissen, wie und ob sie sich outen sollten und welche Tipps es gibt, um mit negativen Reaktionen auf das seelische Handicap umzugehen. Wegen der hohen Beratungsnachfrage startete Klostermann vor einem Jahr eine Arbeitsgruppe für Studierende mit seelischer Erkrankung. "Gute Zeiten schlechte Zeiten" nennt sie sich. Nach einjährigem Teslauf soll sie ab dem Sommersemester dauerhaft etabliert werden. Was den seelisch kranken Studendetn in irhem Leben widerfahren ist, spielt keine Rolle bei den Treffen der AG in der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) in Würzburg. Klostermann: "Es geht allein um die Frage, wie das studium trotzdem gut bewältigt werden kann."
      Seelisch kranke Studenten haben zum Besipiel große Schwierigkeiten, ihr AStudium zu strukturieren. Viel nehmen sie sich vor, um abends festzustellen, dass sie nicht einmal die Hälfte des Arbeitspensums bewältigen konnten. Die AG-Teilnehmer lernen von Klostermann und zwei in der ESG tätigen Psychologiestudentinnen, ihr Augenmerk auf jene trickreichen Zeitfresser zu richten, die Terminpläne durcheinander wirbeln.
      Beim Aufspüren dieser Zeitfresser kam Erstaunliches zutage: Einem zwangskranken Studenten wurde bewusst, dass er morgens eine volle Stunde benötigte, um den Tisch zu decken. Alles musste am vorgeschriebenen Platz stehen, bevor der junge Mann in sein Hörnchen beißen konnte. Ändern lässt sich dies nicht: Aber er lernte, das Tischdecken einzuplanen.
      Vor Prüfungen kein Auge zutun, auch das kennen vor allem seelisch kranke Studierende. Andere wiederum kommen wegen ihrer Depressionen an manchen Tagen überhaupt nicht aus dem Bett.
      Früher konnten diese Symptome leichter versteckt werden, das studium war freier. Seit der Sutdienreform ist Anwesenheit Pflicht, die Zahl der Prüfungen hat sich deutlich erhöht.
      Für Studierende mit seelischen Handicaps ist es deshalb wichtiger denn je, sich gegenüber ihrem Professor zu outen. Nur so können sie in den Genuss eines Nachteilsausgleichs kommen. Nur so vermeiden sie Missverständnisse.
      Sich outen, das ist freilich leichter gesagt als getan: Seelische Krankheiten werden nach wie vor stigmatisiert. Was Lisa mit ihrem Professor erlebt hatte, ist laut Klostermann keine Seltenheit. Jedes Outing will also gut vorbereitet sein. Die Teilnehmer an der AG bekommen zu diesem Zweck Zehn Goldene Outing-Regeln an die Hand.
      Durch die AG wurde bei den meisten Studenten zumindest ein bisschen Horror vorm Studium genommen. Zum Beispiel dadurch, dass sie daran erinnert wurden, mit wie viel Neugierde sie doch einst ihr Sutidum begonnen hatten. Sie lernen, Neugierde neu zu entdecken. Auch in der dritten Auflage der Arbeitsgruppe im Sommersemester wird das Thema Umgang mit den eigenen Ressourcen eine große Rolle spielen.
      Info: Startschuss für die nächste Arbeitsgruppe ist der 5. Mai. Anmeldung unter [email]kis@uni-wuerzburg.de[/email]
      Artikel von Pat Christ, Südwest, Samstag, 3. April 2010