Studium - ja! Studium hier - nein.

      Studium - ja! Studium hier - nein.

      Ich muss mich nun auch noch mal an euch wenden, vielleicht fällt ja dem ein oder anderen irgendetwas dazu ein. Vielleicht auch ein kleiner Tritt, aber nicht zu arg bitte, ich hab grad nicht das dickste Fell.

      Im Herbst geht es für mich an die Uni, etwas, worauf ich mich wahnsinnig freue, schon länger, weil es bedeutet, dass ich endlich hier weg komme und mein Leben ganz von vorn anfangen kann. Keiner meiner Freunde (die sich in den letzten drei Jahren auf sehr wenige reduziert haben, was ich aber eher bergrüße, wegen schlechtem Einfluss, Hinterhältigkeiten etc. pp.) wird mit dorthin kommen, wo ich hinkommen werde. Außer vielleicht in einer kleinen Ausnahme, aber die wird mit großer Wahrscheinlichkeit nicht eintreten. Wie auch immer. Ich möchte von Neuem beginnen, selbstständig sein, kochen, putzen, aufräumen, schlafen, wann, was, wo und wie ich will. Ich merke immer wieder, dass es mir bestens geht, wenn ich längere Zeit alleine zu Hause bin, ohne meine Eltern. Es bereitet mir keine Schwierigkeiten, allein den Haushalt zu schmeißen und mich zu versorgen, es macht mir eher noch Spaß.
      Mein absolutes Wunschfach ist, seit ich mich erinnern kann, Psychologie. Leider werde ich dafür in Deutschland wohl keinen Studienplatz kriegen mit meinem 2er Abi, was mich ziemlich wütend macht. Deshalb möchte ich mich auch in Österreich bewerben bzw. die Aufnahmeprüfungen dort mitmachen. Da meine Mutter darauf bestand, mich auch noch nach anderen Fächern umzusehen, habe ich mir Produkt- bzw. Kommunikationsdesign und Sozialwissenschaften ausgesucht. Beides interessiert mich nicht annähernd so sehr wie die Psychologie, aber sie hat solange an mir rumgezehrt und mich genervt, bis ich auch da einige Bewerbungen weggeschickt habe und auch noch schicken werde. Ansonsten habe ich nicht wirklich etwas gefunden, womit ich halbwegs glücklich werden könnte. Ich meine, ich will nicht mein ganzes Leben lang in einem Beruf arbeiten müssen, der mir keinen Spaß macht. Nun ist es so, dass der Studiengang Sozialwissenschaften in diesem Wintersemester an einer Universität ganz in meiner Nähe nicht zulassungsbeschränkt sein wird. Heißt: Ich gehe dorthin, schreibe mich ein und bin da. In meiner Doofheit habe ich das meiner Mutter erzählt, für die sofort feststand, da gehst du hin. Dann musst du nicht ausziehen, bleibst zu Hause wohnen und fährst halt zweimal am Tag die halbe Stunde. Aber das _will ich nicht. Ich kann hier nicht wohnen bleiben, dann dreh ich durch. Ich habe versucht, ihr das ruhig beizubringen, dass ich ausziehen möchte und selbstständig sein will. Für sie war das vollkommen unverständlich. Ihr Lieblingsargument war das Geld: Plötzlich ist es doch nicht mehr möglich, mir ein Zimmer in einer anderen Stadt zu finanzieren. Irgendwann haut sie dann den Satz raus, wenn du kein Bafög kriegst, kannst du eh nicht studieren gehen. Yeah, und damit kommst du jetzt! Nach all den Bewerbungen, die ich weggeschickt habe. Ich hätte sie treten können. Ich habe dann gefragt, wieso es immer hieß, in einer anderen Stadt oder evtl. in Österreich wäre es für sie okay, mir ein Zimmer oder eine Miniwohnung zu finanzieren und nicht in dieser Stadt, die eine halbe Stunde entfernt ist. Darauf konnte sie mir nichts antworten, außer, dass ich undankbar sei. Ich bin meinen Eltern verdammt dankbar, dass sie mir das Studium finanzieren wollen. In meiner Familie hat noch niemand studiert. Ich weiß durchaus, dass das ganze Geld, das meine Mutter verdient, in den nächsten paar Jahren für mein Studium draufgehen wird, das habe ich auch gesagt.
      Das so als Kurzfassung... diese Uni bleibt meine letzte Ausweichmöglichkeit, wenn mich sonst niemand nimmt. Aber ich _kann hier einfach nicht bleiben, das verkrafte ich nicht. Jeden Tag dieselben stumpfen Vorwürfe, jeden Tag derselbe beschissene Streit, jeden Tag diese endlosen Diskussionen über irgendwelche Sinnlosigkeiten. All das Zeugs, das ich schon gekauft habe, Geschirr, Handtücher, so ein Kram. Ich brodele innerlich, wegen dieser Sache... ich will und kann hier echt nicht noch 5 Jahre wohnen, dann verliere ich den Verstand. Ich hatte Rückfälle in letzter Zeit, aber das habe ich ihr verschwiegen und will es ihr auch nicht sagen. Sie würde wieder nur mit Vorwürfen, Rumgeheule und Geschreie kommen. Und trotz all dem Scheiß, der hier passiert ist und immer noch passiert, will ich ihr trotzdem nicht die Schuld dafür geben...

      Tja, was mach ich jetzt, wenn mich sonst keine Universität nimmt und alles andere schief geht? Wie kann ich ihr das vernünftig beibringen?
      Danke schonmal, wirklich.
      He scales the mountain, because he's not afraid of it.
      - Django Unchained -

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      hej s.,

      was du schreibst kommt mir sehr bekannt vor, ich hab das alles schon hinter mir ^^.

      erstmal eine frage zu deinem studiumswunsch - was ist mit holland? ich studier ja auch psychologie in den niederlanden. hier gibt es auch keinen nc. also es gibt nen numerus fixus, aber der ist notenunabhängig (und den haben nicht alle unis, meine ich) und alle ausländischen bewerber werden sowieso in die mittlere stufe eingestuft. jeder, den ich kenne und der das studieren wollte, ist auch angenommen worden. allerdings endet die bewerbungsfrist für die nf-studiengänge (psychologie gehört an einigen unis dazu) der 15.mai. recht knapp. und ich weiß nicht ob es auch englische bachelorgänge psychologie gibt oder ob du niederländisch lernen musst. aber das würde sich ja herausfinden lassen. das wäre also noch ne möglichkeit, auf jeden fall psychologie zu studeren. (und weil es hier in holland das bachelor-/mastersystem schon seit langem gibt, ist hier alles auch etwas besser organisiert und anerkannt.)

      ansonsten weiß ich nicht wie weit du bereit bist zu gehen - wenn du kein bafög bekommst, kannst du deine eltern auf unterhalt verklagen (das habe ich gemacht). wenn du selber kein geld für nen anwalt hast, kriegst du den auch gestellt. ist ein drastischer schritt der auch das verhältnis nicht unbedingt einfacher macht.

      außerdem gibt es für studenten an deutschen unis auch bildungs-/studienkredite. es ist nicht das coolste, direkt mit nem haufen schulden ins berufsleben zu starten, aber es _ist_ eine möglichkeit.

      es gibt also ideen. du bist nicht so abhängig und fremdbestimmt wie du dich wahrscheinlich fühlst.

      ist was für dich dabei in dem, was ich geschrieben habe?

      liebe grüße,
      s.
      hallo,



      ich kenne deine sehnsucht, endlich alleine zu leben fern vom elternhaus, sehr genau. war gerade erst vor einem jahr so.

      erst mal durchatmen. versuche, nochmal ein ruhiges und normales gespräch mit deiner mutter zu führen. sag, dass du längst beschlossen hast, auszuziehen und dass es dir gut tun wird. dass du alt genug bist.

      ich verstehe noch nicht ganz warum du unbedingt von deiner mutter abhängig bist... denn auf der einen seite sagst du, dass du unbedingt ein eigenständiges leben führen willst, und auf der anderen, dass "das geld deiner mutter draufgeht". das ist doch irgendwie ein widerspruch, oder?

      sagen wir, du musst dich dann halt geschickt anstellen. nicht gleich die erst beste wohnung/ wg nehmen, und erst mal das günstigste bekommen, was du findest. dass die lebenshaltungskosten gering bleiben. ich für meinen teil bekomme bafög und bekomme von meinen eltern - wenns hoch kommt - 100 euro im monat, wenns sein muss und ich sie darum bitte. das kindergeld überweisen sie mir. ansonsten spare ich halt auch ziemlich. und wenns gar nicht mehr ging, könnte ich auch einen job annehmen. ich würde dir wirklich raten, dich durch eigene arbeit unabhängig von deinem elternhaus zu halten. das kann alles funktionieren, das ist alles möglich. am anfang ist es zwar furchtbar stressig, aber wenn du es wirklich willst, kannst du auch jobben gehen.

      zieh es durch. du bist volljährig, deine mutter kann dir nicht verbieten auszuziehen.

      ich wünsch dir ansonsten viel glück für deine studienhoffnungen.

      lg *fly
      Erklär mir nichts. Ich seh den Salamander durch jedes Feuer gehn. Kein Schauer jagt ihn, und es schmerzt ihn nichts.

      *Ingeborg Bachmann: Erklär mir, Liebe*