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      Wow, ich hab mich grade eingeloggt, ich bin ganz überrascht, dass ich mein Passwort noch weiss. Ich hab meinen Namen grade mal gesucht - ich muss das letzte Mal wohl 2004 geschrieben haben. Vielleicht erinnert sich irgendwer noch an mich.

      Ja, wieso bin ich hier? Und war so lange weg? Mir ging´s gut - dachte ich. Es war echt lange alles richtig okay und gut. Ich hab ne Ausbildung gemacht - Krankenpfleger. Ich bin zuhause augezogen, mittlerweile sogar 3 mal umgezogen, hatten ein gutes Leben und war die meiste Zeit sehr zufrieden. Zeitweise war´s nicht so toll, aber Tiefphasen hat ja jeder Mal. Und bei besonderen Tiefphasen - Trennung von meiner damaligen Freundin, ist mein Verhalten ab und an eskaliert, aber ich hab mich immer wieder fangen können und konnte weitermachen.

      Zur Vorgeschichte, nur knapp für alle (die allermeisten) die mich nicht kennen: Doofe Kindheit mit alkoholkranken Eltern, Bulimie und SVV mehrere Jahre lang (ca. 16 war ich da als das anfing). Ich weiss gar nicht mehr wie lange ich aktives Mitglied hier im Forum war - gibt´s eigentlich den Bluemtopf-Chat noch? Muss ich gleich mal googeln.

      Naja, wie gesagt: Es war echt lange echt gut.
      Heute bin ich 26 Jahre alt. K*tzen tue ich nicht mehr (ich mach mal Sternchen in solche Worte, ich hab keine Ahnung wie das bei euch grade gehandhabt wird) - seit ... ja, seit 2004 (mit kleinem mehrwöchigem Rückfall 2005 =Trennung Freundin), ebenso SVV. Ich find´s mittlerweile sogar doof schm*rz*n zu haben. Ich fühl mich in der Hinsicht mittlerweile echt gesund. Ich hab mir neulich auf der Arbeit das Schienenbein angestossen und während ich da saß und mit den Eisbeutel auf´s Bein drückte, dachte ich: Oh, was würde ich dafür geben schmerzfrei sein zu können.
      Noch ´nen paar Infos: Ich hab ´ne Freundin. Wir sind jetzt 3 Jahre zusammen, wohnen seit 1,5 Jahren zusammen. Sie ist Psychiatrie-Fach-Krankenschwester - haha, Ironie. Dabei fühl ich mich im Moment ganz schön durchgeknallt.

      Ich kann mich dran erinnern, dass ich bei ganz vielen Beiträgen hier im Forum, die ich kommentiert hab, ganz oft "geraten" habe ne Therapie zu machen. Nur bei mir selbst dachte ich, ach noch geht´s dir nicht schlecht genug. Geht auch ohne ... und hab dann irgendwann für mich selbst den Zeitpunkt verpasst meine psychischen "Leichen" anständig zu bestatten.
      Was ist passiert? Mir war immer schon klar, dass psychisch irgendwas knackt und ächzt bei mir, weil ich vorbelastet bin. Aber ich kam ja klar. Ich dachte, irgendwann knallst du total durch und dann ist das so - mal gucken wann. Und dann dachte ich irgendwann, ich knall ja gar nicht durch, ich schein doch alles gut weggesteckt zu haben. Vielleicht war meine Bulimie und meine Autoaggressionen doch nur pupertätsbedingt. Kann ja sein, kommt vor.
      Aber es ist passiert: Ich bin durchgeknallt.
      Burn-Out-Syndrom.
      Kommt wohl häufig vor, wenn man in der Pflege arbeitet. Hat wohl was mit Helfersyndrom zu tun.
      Ich arbeite in einem Krankenhaus, in einem Bereich, der stressig ist. Man kann im Krankenhaus auch auf ´ner Station arbeiten, auf der man sich den Popo breitsitzt den ganzen Tag. Ich arbeite aber auf ´ner Station, wo ich eigentlich kaum sitze, wo ich selten meine Pausen einhalten kann, mir den Rücken kaputt machen, andauernd Überstunden sammle und die Kollegin der Nachbarstation bei der Raucherpause dauernd sagt: "Mit dir will ich nicht tauschen" Aber ich mag meinen Job und hab´s gut hingekriegt, und kam stolz nach Hause, dass ich so gut gekämpft hab auf Arbeit. Und dann kam das Burnout. Vor ziemlich genau einem Jahr. Es war dunkel draussen, glatt, Schnee und Eis, aber vor allem dunkel. Meine Motivation im Keller. Ich hatte dauernd Mandelentzündungen, hab mich aber mit Fieber zur Arbeit geschleppt. Ne Kollegin hat mir nen paar Mal nen Tropf gelegt, damit das Fieber runtergeht und ich weiterarbeiten konnte. Verrückt, oder? Aber so ist man wenn man im Krankenhaus arbeitet.
      Dann kriegte ich komische Attacken: Mein Herz schlug wie wild, ich konnte kaum atmen, bin in Schweiss ausgebrochen und fühlte mich massiv unwohl. Ich konnte das gar nicht einordnen - Ihr werdet sofort denken: Ha, Panikattacke. - ich dachte: Scheisse, ich bin Herzkrank! Und wurde auch so behandelt. Erst ne Freundin hat mich monatelang später drauf aufmerksam gemacht, dass ich Panikattacken hatte. Und dann wurde mir erst klar, dass das Herzklopfen von der Panik kam und nicht umgekehrt.
      Und im Februar ging irgendwann gar nichts mehr. Ich war dauernd müde und erschöpft. Ich hab tagelang nicht geschlafen, nur noch wenn die Erschöpfung zu groß war. Und irgendwann konnte ich nichts mehr. Ich hab tagelang auf der Couch gelegen und in den Fernseher gestarrt. Mir fiel alles schwer, reden fiel mir schwer, aufstehen, duschen, essen, Socken anziehen, alles. Ich war ewig krankgeschrieben. Zeitweise hab ich 18 Stunden am Tag geschlafen. Und dazwischen immer wieder Panikattacken und innere Zustände, von denen ich dachte, ich kann sie nicht aushalten. Ich dachte in der Zeit, alle meine totgeglaubten "Leichen" meine Psyche sind alle auf einmal auferstanden, hoch aus dem Keller gekommen und verwüstet das "Haus", also mich. Endlosschleife. Ich war wochenlang krankgeschrieben.
      Und meine Freundin, die Fach-Psychiatrie-Schwester völlig hilflos und verzweifelt daneben. Ätzende Situation, für uns beide.

      Wie ging´s weiter? Ich hab nen Psychiater und nen Therapeuten gesucht. Und es hilft und tut mir gut. Ich mach schon nen 3/4 Jahr die Therapie, es ist hart, ich gehe auch nicht gerne hin, aber ich fühl mich gut, wenn wir nen hartes Thema aus meiner Vergangenheit abgefrühstückt haben. Ach ja, ich geh nicht gerne hin, weil ich den Therapeuten nicht mag, sondern weil es hart ist und schmerzhaft.Ich kann auch Menschen nicht verstehen, die gerne therapiert werden. So alla: "alle Sorgen dem Therapeuten erzählen und dann erleichtert raus gehen" ... nee, so ist es nicht.

      Wie ist es heute? Besser, defintiv. Meistens gut, aber nicht großartig. Und viel zu häufig noch richtig beschi**en. Ich hab immer noch meine diagnostizierte Angst- udn Panikstörung- Aber ich versuche mich nicht so stark eingeschränken zu lassen. Die Betonung liegt auf "versuche". Ich arbeite wieder, bin nicht mehr krank, hab gute und schlechte Tage, versuche viel auf mich zu achten.
      Mein Bunrout dauert schon echt lange - ich dachte nicht, dass es so lange dauernd würde. Ich hab mit ein paar Monaten gerechnet und dann ist alles wieder gut ... haha ... jetzt ist es ziemlich genau ein Jahr und es ist immer noch hart. Aber jeder Tag ist anders. Manchmal gehts einen Tag 2 Schritte vor und einen zurück, an manchen Tagen gehts nur einen Schritt vor und dafür drei zurück.

      Ja, und warum bin ich jetzt hier? Weil ich heute Abend das erste Mal seit Jahren wieder Druck hab. Plötzlich war der Drang da, ich wollt mir wehtun, ich wollte es sehen wie schlecht es mir geht. Ich wollte nicht in die Küche, da ist ja die Besteckschublade. Ich hab vor Jahren sämtliche Sachen entsorgt, die dazu gehörten. Ich hab mich nicht mal wehmütig von meinen R*s**rkl***en getrennt, ich hab sie weggeworfen, weil ich sie nicht mehr brauchte und den Badezimmerschrank eh aufgeräumt hab. Mit Schrecken denke ich dran, dass meine Freundin ein Sk*p**l bei ihren Bastelsachen hat, sie hat damit neulich Weihnachtssterne aus Pappkarton zugeSchn*tten - und ich saß daneben und es hat mich in keinster Weise interessiert. Jetzt macht´s mich ganz irre, dass wir sowas in der Wohnung haben.

      Ich überleg noch ob´s nen Auslöser heute gab, aber fallen aber nur Nichtigkeiten ein. Vielleicht ist es auch einfach die Situation: etwas frustriert, überarbeitet, motivationslos und genervt. Oder das graue depri-Wetter draussen. Keine Ahnung, vielleicht auch alles zusammen. Aber jetzt bin ich hier.

      Welcome back.
      Und immer wenn wir traurig waren - und traurig waren wir ziemlich oft -
      nahm ich dich in meine Arme, und dann hörten wir die Smiths

      Hey Ryan :)
      wenn ich nicht gerade herumphantasiere, müsste ich mich noch dunkel an einige deiner Beiträge erinnern. Hatte aber einen anderen Account, damals.

      Es ist zwar schade, dass du wieder "hier sein musst", falls sich das so für dich anfühlt, aber du bist um so viel Erfahrung reicher, dass du bestimmt ziemlichen Nutzen daraus ziehen kannst. Durch selbst schreiben, austauschen oder einfach lesen. Jedenfalls, wie du schon sagtest:
      Welcome back.

      Und ich fand den langen Text sehr interessant und auch aufschlussreich. Ein bisschen wie ein Blick in eine mögliche Zukunft.
      Viel Erfolg gegen den Druck,
      Nacht
      Hey Ryan,

      ich kann nachvollziehen, wie streßig der Job als Krankenpfleger ist,... mein Sohn hat´s nichjt geschafft. Mu0ßte die Lehre sogar abbrechen... war zu hart,...

      Hoffentlich geht es Dir bald wieder besser...

      Liebe Grüße
      Ernstl
      Ein Mensch bemerkt mit bittrem Zorn,
      Dass keine Rose ohne Dorn.
      Doch muß ihn noch viel mehr erbosen,
      Dass sehr viel Dornen, ohne Rosen.
      --------------Eugen Roth-------------------