Hallo,
ich glaube, ich brauche mal Rat zu dem riesigen Knäuel, das ich gerade mit mir rumtrage. (Weniger nette) Popotritte, Denkanstöße, nette Worte, Lösungsmöglichkeiten - falls es die gibt - alles ist mir recht.
Wie einige von Euch wissen, besuche ich momentan das zweite Jahr der Berufsfachschule für Wirtschaft und Verwaltung an einem Förderberufskolleg für Körperbehinderte. Das erste Halbjahr neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Über meine Noten kann ich wirklich nicht klagen. In meiner Klasse komme ich - endlich - gut zurecht. Das sind die schönen Sachen. Über die bin ich auch sehr froh. In der Schule kann ich jederzeit Auszeiten nehmen und nach oben auf's Zimmer gehen, wenn es mir mit der Lautstärke etc. in der Klasse zu viel wird. Als ich diese Möglichkeit noch nicht hatte, bin ich bei Überforderung sehr schnell in eine Art Dissoziation gerutscht. Dies führte dann letztendlich dazu, dass ich Anfang 2010 eine 2-monatige Auszeit von der Schule nehmen musste. Mittlerweile komme ich dadurch, dass ich ja wie gesagt jederzeit die Möglichkeit habe, Auszeiten zu nehmen, recht gut mit diesem Problem zurecht. Es gibt Phasen, in denen es schulisch und auch im restlichen Leben recht gut läuft, in anderen Phasen funktioniert es gar nicht, da kann es vorkommen, dass ich nach 2 Stunden Schule völlig gerädert im Bett liege und bis mittags schlafe, weil es so anstrengend war.
Nun ist es so, dass ich, wenn ich die Schule am Berufskolleg im Juli beendet habe, nach Köln möchte. Um mich am Abitur zu versuchen. Ich möchte das unbedingt. Von den Noten her könnte ich das auch wahrscheinlich gut schaffen, nur meine Psyche steht mir da im Weg. Sehr viele Menschen raten mir von diesem Plan ab, ich solle doch lieber eine Ausbildung machen, sagen sie. Das möchte ich aber auf keinen Fall. Dafür fühl' ich mich noch nicht bereit. Der Plan in meinem Kopf heißt „Schule“. Nein, keine Ausbildung. Jetzt noch nicht. Ich habe an meine zukünftige Wunsch-Schule eine E-Mail geschrieben, zwecks einer Hospitation. Bis jetzt hat sich darauf noch niemand gemeldet. Ich sitze ziemlich auf heißen Kohlen und bin zerrissen. Ich möchte unbedingt weiter lernen. Die gymnasiale Oberstufe machen. Aber der Großteil meines Umfelds sieht mich vor dem geistigen Auge quasi schon in einer Ausbildung – entweder im geschützten Rahmen des BBWs oder „draußen“ auf dem freien Arbeitsmarkt. Ich habe einfach Angst, weil ich dadurch so „zwischen den Stühlen“ hänge. Spätestens Ende Januar muss ich mich entscheiden. Damit komme ich gerade nicht wirklich zurecht.
Dann ist da noch eine dritte Sache. Diese könnte bei einigen von Euch eventuell Ekel hervorrufen...
Ich habe bedingt durch Sauerstoffmangel bei der Geburt eine Infanile Cerebralparese, welche sich größtenteils in einer spastischen Lähmung der Beine äußert. Innerlich „tobt sie sich aber noch viel mehr aus“. Ich bin nicht fähig, meinen Urin lange zu halten. Warum das so ist, wurde erst Mitte dieses Jahres geklärt. Die Spastik schießt in die Blase und erzeugt solch einen hohen Druck, dass Gegensteuern unmöglich ist. Früher versuchte ich immer, dies durch extrem geringe Trinkmengen und panisches Zum-Klo-Rasen „im Griff zu haben“. Kurz vor der ersten urologischen Untersuchung diesbezüglich begann ich allerdings, Windeln zu tragen. Und endlich ist der Stress weniger geworden. Das Medikament, welches ich auch noch bekomme, um die Blase zu entkrampfen, wirkt auch recht gut. Nichtsdestotrotz habe ich quasi jeden Tag „Kontakt mit meinen Ausscheidungen“ - bedingt durch eine Darmlähmung mit Schließmuskelschwäche auch öfter mal mit Stuhl. Ich habe damit für mich einen guten Umgang gefunden. Meine Klassenkameraden wissen es und haben damit auch kein Problem. Lediglich mit meinen Lehrern ist es manchmal sehr schwierig. Ich hoffe, ich habe jetzt nicht zu weit ausgeholt. Nichtsdestotrotz belastet das natürlich auch. Es ist doch eigentlich sehr komisch: In unserer Gesellschaft gilt es als der Meilenstein in der Erziehung, wenn das Kind trocken ist. Warum? Für mich ist die Windel ein Hilfsmittel- auch nichts Anderes als ein Rollstuhl oder eine Brille. Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte: Es stellt immer noch eine große Stress-Situation dar. Ich muss mich sehr oft erklären. Das fordert manchmal sehr viel Kraft und Selbstbewusstsein. Es sagen ganz viele Leute, sie seien von meinem Umgang mit dem Thema imponiert. Damit so umzugehen ist der einzige Weg – aber es ist wahnsinnig anstrengend. Habt Ihr dafür vielleicht auch noch irgendwelche Denkanstöße? Diese Tatsache bringt das momentane „Belastungs-Fass“ nämlich öfter mal zum Überlaufen.
Ich hoffe, das ist weder zu OT noch zu wirr. Vielleicht hat ja irgendjemand ein paar Worte für mich. Ich wäre sehr dankbar dafür.
Grüße,
hier.und.jetzt
ich glaube, ich brauche mal Rat zu dem riesigen Knäuel, das ich gerade mit mir rumtrage. (Weniger nette) Popotritte, Denkanstöße, nette Worte, Lösungsmöglichkeiten - falls es die gibt - alles ist mir recht.
Wie einige von Euch wissen, besuche ich momentan das zweite Jahr der Berufsfachschule für Wirtschaft und Verwaltung an einem Förderberufskolleg für Körperbehinderte. Das erste Halbjahr neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Über meine Noten kann ich wirklich nicht klagen. In meiner Klasse komme ich - endlich - gut zurecht. Das sind die schönen Sachen. Über die bin ich auch sehr froh. In der Schule kann ich jederzeit Auszeiten nehmen und nach oben auf's Zimmer gehen, wenn es mir mit der Lautstärke etc. in der Klasse zu viel wird. Als ich diese Möglichkeit noch nicht hatte, bin ich bei Überforderung sehr schnell in eine Art Dissoziation gerutscht. Dies führte dann letztendlich dazu, dass ich Anfang 2010 eine 2-monatige Auszeit von der Schule nehmen musste. Mittlerweile komme ich dadurch, dass ich ja wie gesagt jederzeit die Möglichkeit habe, Auszeiten zu nehmen, recht gut mit diesem Problem zurecht. Es gibt Phasen, in denen es schulisch und auch im restlichen Leben recht gut läuft, in anderen Phasen funktioniert es gar nicht, da kann es vorkommen, dass ich nach 2 Stunden Schule völlig gerädert im Bett liege und bis mittags schlafe, weil es so anstrengend war.
Nun ist es so, dass ich, wenn ich die Schule am Berufskolleg im Juli beendet habe, nach Köln möchte. Um mich am Abitur zu versuchen. Ich möchte das unbedingt. Von den Noten her könnte ich das auch wahrscheinlich gut schaffen, nur meine Psyche steht mir da im Weg. Sehr viele Menschen raten mir von diesem Plan ab, ich solle doch lieber eine Ausbildung machen, sagen sie. Das möchte ich aber auf keinen Fall. Dafür fühl' ich mich noch nicht bereit. Der Plan in meinem Kopf heißt „Schule“. Nein, keine Ausbildung. Jetzt noch nicht. Ich habe an meine zukünftige Wunsch-Schule eine E-Mail geschrieben, zwecks einer Hospitation. Bis jetzt hat sich darauf noch niemand gemeldet. Ich sitze ziemlich auf heißen Kohlen und bin zerrissen. Ich möchte unbedingt weiter lernen. Die gymnasiale Oberstufe machen. Aber der Großteil meines Umfelds sieht mich vor dem geistigen Auge quasi schon in einer Ausbildung – entweder im geschützten Rahmen des BBWs oder „draußen“ auf dem freien Arbeitsmarkt. Ich habe einfach Angst, weil ich dadurch so „zwischen den Stühlen“ hänge. Spätestens Ende Januar muss ich mich entscheiden. Damit komme ich gerade nicht wirklich zurecht.
Dann ist da noch eine dritte Sache. Diese könnte bei einigen von Euch eventuell Ekel hervorrufen...
Ich habe bedingt durch Sauerstoffmangel bei der Geburt eine Infanile Cerebralparese, welche sich größtenteils in einer spastischen Lähmung der Beine äußert. Innerlich „tobt sie sich aber noch viel mehr aus“. Ich bin nicht fähig, meinen Urin lange zu halten. Warum das so ist, wurde erst Mitte dieses Jahres geklärt. Die Spastik schießt in die Blase und erzeugt solch einen hohen Druck, dass Gegensteuern unmöglich ist. Früher versuchte ich immer, dies durch extrem geringe Trinkmengen und panisches Zum-Klo-Rasen „im Griff zu haben“. Kurz vor der ersten urologischen Untersuchung diesbezüglich begann ich allerdings, Windeln zu tragen. Und endlich ist der Stress weniger geworden. Das Medikament, welches ich auch noch bekomme, um die Blase zu entkrampfen, wirkt auch recht gut. Nichtsdestotrotz habe ich quasi jeden Tag „Kontakt mit meinen Ausscheidungen“ - bedingt durch eine Darmlähmung mit Schließmuskelschwäche auch öfter mal mit Stuhl. Ich habe damit für mich einen guten Umgang gefunden. Meine Klassenkameraden wissen es und haben damit auch kein Problem. Lediglich mit meinen Lehrern ist es manchmal sehr schwierig. Ich hoffe, ich habe jetzt nicht zu weit ausgeholt. Nichtsdestotrotz belastet das natürlich auch. Es ist doch eigentlich sehr komisch: In unserer Gesellschaft gilt es als der Meilenstein in der Erziehung, wenn das Kind trocken ist. Warum? Für mich ist die Windel ein Hilfsmittel- auch nichts Anderes als ein Rollstuhl oder eine Brille. Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte: Es stellt immer noch eine große Stress-Situation dar. Ich muss mich sehr oft erklären. Das fordert manchmal sehr viel Kraft und Selbstbewusstsein. Es sagen ganz viele Leute, sie seien von meinem Umgang mit dem Thema imponiert. Damit so umzugehen ist der einzige Weg – aber es ist wahnsinnig anstrengend. Habt Ihr dafür vielleicht auch noch irgendwelche Denkanstöße? Diese Tatsache bringt das momentane „Belastungs-Fass“ nämlich öfter mal zum Überlaufen.
Ich hoffe, das ist weder zu OT noch zu wirr. Vielleicht hat ja irgendjemand ein paar Worte für mich. Ich wäre sehr dankbar dafür.
Grüße,
hier.und.jetzt
Lass es los und lass es frei . Lass es gehen, dann geht's vorbei...
[Jupiter Jones- Fulda, Horasplatz]
[Jupiter Jones- Fulda, Horasplatz]