Abends überschwemmt mich alles...

      Abends überschwemmt mich alles...

      Ich hoffe, ich hab das hier in die richtige Kategorie gestellt...
      Und ich bin mir nicht sicher, ob das hier triggern könnte...

      Ich habe das Problem, dass ich meine ganzen Sorgen und Probleme den Tag über immer verdränge und das dann abends alles hochkommt. Seit Wochen ist es jetzt so, dass ich tagsüber relativ gut gelaunt wirke und abends völlig zusammenbreche.
      Ich fühle mich einsam, leer und einfach nur total beschissen...
      Dazu kommt, dass ich dauernd an meine Mutter denken muss und die ist aber im Januar gestorben.
      Und weil ich tagsüber keine Zeit habe, zu trauern, kommen diese ganzen Gedanken eben immer abends...
      Das ist ja auch irgendwie normal, bloß fange ich an, mir ensthaft Sorgen über meinen Zustand zu machen, weil ich merke, wie ich zu alten Verhaltensmustern, von denen ich dachte, ich hätte sie in der Therapie bearbeitet und abgelegt, zurückkehre.
      Ich bin wieder viel angreifbarer und schwächer, außerdem habe ich ab und zu das Gefühl, ich würde in einen Abgrund fallen oder mein Ich würde sich auflösen..
      Gestern war es so schlimm, dass ich meine Therapeutin angerufen habe, welche dann versucht hat, mich wieder ein bißchen in die Realität zurückzuholen. Ich konnte dann zwar prima benennen, wo ich war und was ich vorher gemacht hatte, aber als sie gesagt hatte, ich sollte fünf Sachen sagen, die mich ausmachen, fiel mir überhaupt nichts ein. Und dann habe ich mich irgendwie auch noch wie vier Jahre alt gefühlt... weil da alles noch in Ordnung war..

      Jedenfalls kommt es immer häufiger vor, dass ich solche komischen Anwandlungen habe, wo ich mir selbst fremd oder verändert vorkomme oder wo ich das Gefühl habe, dass das alles nicht real ist.
      Und das bereitet mir Sorgen, weil ich das früher schon mal hatte und dann aber eine ganze Zeit lang nicht.
      Erst hinterher, wenn es wieder vorbei ist, merke ich, dass mein Denken total verändert war und das macht mir Angst.
      Ich möchte nicht die Kontrolle über mich selbst verlieren. Ichhab in solchen Zustand schon ziemlich schräge Sachen gemacht und jetzt habe ich Angst, dass mir das wieder passiert.
      Ich habe mir schon eine Liste mit Skills gemacht, gegen den Ritzdruck, aber die hab ich noch nicht benutzt (na toll...)

      Und irgendwie kann ich da auch mit keinem drüber reden, weil ich nur 2 Freunde habe, die mich wirklich richtig kennen und davon ist einer letztens eingewiesen worden und die andere meldet sich im Moment nicht... also habe ich quasi nur meine Therapeutin als Ansprechpartner und die hat eben auch nicht immer Zeit.

      Kann irgendwer nachvollziehen, wie ich mich fühle?... Ich fürchte ständig, verrückt zu werden.
      Oder habt ihr irgendwelche Ideen, was ich machen kann, damit es gar nicht so weit kommt oder damit ich mich nicht mehr so einsam fühle?
      Liebe Mau,

      es tut mir ganz leid, dass dir so lange niemand geantwortet hat, aber ich glaube, dass es daran liegt, dass es vielen so geht wie dir und alle Angst haben sich näher damit auseinanderzusetzen, wie man so den Abend um kriegt. Ich kenne das auch ziemlich gut. Ich sehe abends oft fern und lenke mich damit so gut es geht ab. Ich mag dann aber gar nicht ins Bett gehen, weil dann so viel Leere und Sinnlosigkeit über mich kommt und ich dann nicht mehr einschlafen kann. Ich glaube nicht, dass ich dir nun das Gefühl vermitteln kann nicht mehr allein zu sein. Aber vielleicht hilft es zu sehen, dass du zumindest mit deinem Problem nicht allein da stehst. Früher habe ich mir dann versucht vorzustellen, wie ich unter Palmen an einem weißen Sandstrand liege. Heute stelle ich mir andere Dinge vor. Was ich mir vorstelle ist nicht richtig, aber es ist eben nur eine Vorstellung und es hilft ruhig zu werden. Vielleicht hilft dir eine schöne Zukunftsvision. Irgendetwas was deine Gedanken fest hält. Es ist sicher nicht leicht Vertrauen zu anderen Menschen zu entwickeln, aber es lohnt sich, sich Freunde zu suchen und es lohnt sich Freunde zu suchen, die "normal" sind.
      Ich kenne auch das Gefühl, verrückt zu werden und es macht ganz viel Angst. Meine Thera hat mir erklärt, dass diese Angst berechtigt ist und man vorsichtig vorgehen muss, damit es nicht zu einer Psychose kommt. Wobei ich glaube, dass ich da nicht gefährdet bin. Dennoch solltest du deiner Wahrnehmung trauen, denn die hat bestimmt eine Ursache.

      Du bist nicht alleine, Kopf hoch
      liebe Grüße
      rosenblüte
      Hallo,
      vielen Dank für deine Antwort, das hat mir sehr geholfen.
      Ich dachte schon, dass niemand damit etwas anfangen kann und deshalb keiner antwortet.
      Ich versuche auch oft, mir dann vorzustellen, ich wäre woanders, aber das hilft mir leider nicht immer.
      Aber es ist beruhigend zu wissen, dass ich nicht die einzige bin, der es abends schlecht geht.
      Hi Mau,

      was Du beschreibst ist ein schwieriges Thema, dessen bin ich mir völlig bewußt und habe auch ein wenig Angst davor nicht die richtigen Worte zu finden, aber ich möchte es dennoch versuchen.

      Du schreibst, dass Du tagsüber keine Zeit zum trauern findest und Abends dann alles auf Dich hereinbricht, wenn ich das richtig verstanden habe. D.h. wahrscheinlich, dass Du den Tag über Spannung aufbaust, die dann am Abend zu "typischem Kopfkino" mit Kontrollverlust wird? (Korrigiere mich bitte, wenn ich das falsch verstanden habe.)
      Wenn dem so ist stellt sich doch die Frage, wie Du Deine Trauer und die negativen Gefühle in den Tag integrieren kannst, damit am Abend weniger emotionaler Stress auf einmal "zurückschlägt". Ganz praktisch ist mir die Idee gekommen Deiner Mutter einen kleinen "Altar" (ein besseres Wort ist mir leider nicht eingefallen) zu errichten, der aus einem kleinen Eck in der Wohnung oder Deinem Zimmer bestehen könnte, an dem ein Bild von ihr, eine Kerze und vielleicht ihre Lieblingsblume stehen könnte. So könntest Du Dir schon am Morgen 5 min Zeit nehmen, die Kerze anzünden und Dir ein paar schöne Gedanken Eurer gemeinsamen Zeit ins Gedächtnis rufen oder sogar aufschreiben um sie greifbarer zu machen. So könntest Du evtl. schon etwas bewußter in den neuen Tag starten und Dich besser darauf vorbereiten, was alles in den folgenden Stunden trauerbedingt auf Dich einströmen wird, denn das ist wahrscheinlich erstens unvermeidlich und zweitens ganz normal, wenn ein Mensch einen anderen Menschen verloren hat, der ihm nahe stand. So ein Ritual könntest Du dann, wenn Du wieder nach Hause kommst wiederholen, solltest es aber auch zeitlich (z.B. mit Hilfe eines Weckers) begrenzen, um vielleicht mit Hilfe Deiner Skills wieder ins Hier und Jetzt zu gelangen.
      Der Gedanke hinter dieser Idee sollte sein, dass Du so etwas wie Bewußtheit in den unterbewußten Prozeß Deiner Gefühlswelt zu bekommen.

      Ich hoffe, das klingt jetzt nicht alles nicht zu wirr und vor allem nicht anmaßend o. Ä.

      liebe Grüße und viel Kraft, Fuha.
      "Wenn ich die Wahl habe zwischen dem Nichts und dem Schmerz, dann wähle ich den Schmerz." (William Faulkner)
      Hallo,
      ja, das hast du richtig verstanden.

      Das ich die Trauer in den Tag intergrieren soll, hat meine Therapeutin mir auch schon gesagt, aber leider kann ich das im Moment nicht, weil da einfach noch zu viele unverarbeitete traumatische Erinnerungen sind und ich, wenn ich schon morgens daran denke, den Tag nicht mehr schaffe.
      Ich habe schon versucht, auch tagsüber mal an sie zu denken, aber dann habe ich überhaupt nichts mehr auf die Reihe bekommen.
      Ich bin jetzt zwar in der Therapie dabei, alles zu verarbeiten, aber das dauert ziemlich lange und ich frage mich, was ich in der Zeit machen soll, damit es einigermaßen geht.

      Trotzdem danke ich dir für deine Idee^^ wenn bei meiner Mutter nicht noch die ganzen schlimmen Erinnerungen dranhängen würden, würde mir das sicherlich helfen.
      Dein Beitrag hat mich aufgebaut, auch wenn ich die Idee mit dem Altar nicht so toll finde, weil ich den immer sehen müsste, aber vielleicht kann ich, wenn ich soweit bin, eine Art "Erinnerungsalbum" mit Photos etc. machen.

      Liebe Grüße, mau
      Hallo Mau,

      ich kenne diese Zustände auch nur allzugut. Gerade in der Zeit, als es in der Therapie erst so richtig um den S*x. M*ssbr**ch ging in meiner Kindheit. Tagsüber musste ich einfach völlig normal sein, ich habe alles so gut es geht zurückgedrängt, aber meinen Vorgesetzten informiert, was los ist, damit er bescheid weiß, ich konnte auch mal gehen, als es zu schlimm wurde.

      Es wäre schon gut, nehme ich an, sich dann selbst irgendwie zu spüren....mir helfen dann ganz viele Kissen, die ich in die Arme nehme, oder ein dickes Kissen seitlich und eine Wärmflasche in den Rücken, guter Halt im Bett beim sitzen, anlehnen....unbeobachtet bei dem Wetter mich draußen im Wald an einen Baum lehnen, seine Kraft spüren, barfuss laufen....auf die Erde legen mit einer Decke....auf einem Berg, einer Wiese in der Sonne....Auch gut sind Fußbäder...danach die Füße lange einmassieren mit Öl. All das bringt dir wieder Körpergefühl zurück und dann auch wieder ein Ich-Bewusstsein. Am besten nicht lange warten....sofort handeln und eine Maßnahme ausprobieren!

      Denn ich kenne es auch....wenn man viel weiß und es nicht macht :rolleyes:

      Wenn aber bei mir ein völlig depersonalisierter oder derealisierter Zustand eintritt....wirds für mich selbst auch schwer rauszukommen. In der Therapie haben wir Nähe als Maßnahme, ansprechen usw. Aber oft muss ich nach der Stunde oder am Abend Medikamente einnehmen, beruhigende Antidepressiva, die mich auch ziemlich wieder zu mir selbst verhelfen. Muss nicht viel sein, es können schon ganz geringe Dosen helfen. Vielleicht mal mit dem Arzt sprechen für abends?

      Alles Gute und wieder neue Kraft und viel Ich-Gefühl wünsch ich dir!

      whiteswan
      May you be blessed with everything good!
      Hallo whiteswan,
      vielen Dank für deine Vorschläge!
      Das mit der Wärmflasche finde ich eine gute Idee für abends, viele Kissen habe ich schon, das könnte so ein Gefühl von Geborgenheit vermitteln.

      Ich habe Freitag mit meiner Therapeutin über Bedarfsmedikation gesprochen, vielleicht kann mir das ja helfen, wenn es ganz schlimm ist.

      mau