Wenn Freundschaften auseinanderfallen

      Wenn Freundschaften auseinanderfallen

      Eigentlich nehme ich mir gerade eine Auszeit vom Forum, aber seit zwei Tagen geistere ich doch wieder hier herum... weil mir etwas auf der Seele brennt. Schon länger, seit Monaten, um ehrlich zu sein, aber gerade ist es doch wieder sehr akut.

      Viele kennen das vielleicht in ähnlicher Form. In der Schule hat man so seine Freunde, die einen sind engere, die anderen eher flüchtige, notwendige, die anfallen, weil man in manchen Kursen nebeneinander sitzt und in den Pausen ins Gespräch kommt. Aber jeder hat ja in der Regel so seine feste Gruppe aus fünf, sechs, sieben Leuten. Man sieht sich jeden Tag, man feiert zusammen, man unternimmt viel, man versteht sich super und kann über alles reden... tja, und dann kommt das Abi. Und nach dem Abi kommt der nächste LebensabSchn*tt. Und jeder geht irgendwo anders hin. Meine Leute, so nenn ich sie jetzt einfach mal, sind jetzt in beinahe ganz Deutschland verstreut, ich bin ja sogar die meiste Zeit im Ausland (ich studiere in Österreich). Zwei von uns sind in der Heimat geblieben, einer macht ein FSJ, eine kommt einfach nicht in die Pötte und hat einen 400 Euro Job. Ich mein das übrigens nicht böse, sie bekommt keinen Ausbildungsplatz und hält sich damit über Wasser, ist bei einer Aufnahmeprüfung an ner Universität durchgeflogen und hat einfach Pech. Naja, aber drum herum reden tut eigentlich nichts zur Sache...
      Worum es mir geht, ist die Tatsache, dass mit dem Tag meines Umzugs plötzlich jeglicher Kontakt, bis auf meine engste Freundin, abgerissen ist. Zack. Anfangs habe ich gedacht, okay, wir haben grad alle viel zu tun, gewöhnen uns in der neuen Umgebung und in der neuen Aufgabe ein, müssen erst einen Rhythmus finden, da hat man mit sich selbst erstmal genug zu tun. Als zumindest ich mich einigermaßen eingelebt hatte, hab ich angefangen nachzuhaken, habe E-Mails geschrieben, Postkarten verschickt, SMS, Facebook-Nachrichten, meine Telefonnummer und Adresse verteilt (eine Freundin meinte, wofür sie das brauche, sie würde mich eh nicht besuchen - tat schon mal gut), man könnte sagen, ich habe verzweifelt versucht, Kontakt zu halten. Aber es hat kein Schwein reagiert. Auf gar nichts. Nichtmal, wenn ich noch mal zu Hause war und vorher rumgefragt hab, ob wir nicht was machen wollen. Wenn jemand sich überwinden konnte zu antworten, hatte er keine Zeit. Irgendwann, so kurz vor Weihnachten, hab ich dann resigniert... mittlerweile habe ich neue Kontakte in der Uni aufgebaut, und mit meiner oben genannten Freundin habe ich nach wie vor Kontakt, zwar nicht mehr jeden Tag, aber wir wissen doch beide, dass wir uns aufeinander verlassen können, auch mit mehreren hundert Kilometern Entfernung zwischen uns. Dann kam mein Geburtstag, wo dann doch von fast allen was kam. Da bin ich weich geworden und wollte einer Silvesterparty organisieren. Aber als dann Silvester vor der Tür stand, war der eine hier, der andere da, der nächste krank,... in den Semesterferien dann wieder das gleiche Spiel. Einmal habe ich einen Freund zufällig auf der Straße getroffen, er hat mich mit zu sich nach Hause genommen und wir haben uns sehr schön unterhalten, auch wenn ich mir da viele seiner Probleme anhören musste, er hatte gerade einen Trennung hinter sich und meinte flapsig, ich solle das mal psychoanalysieren, immerhin würde ich das ja jetzt studieren. War aber okay, ich konnte ihm ebenso von mir erzählen, und es war eigentlich wie früher. Gutmütig wie ich bin, habe ich mich dann mit der Freundin, die meine Adresse nicht haben will, auch noch mal verabredet. Wir sind ein wenig spazieren gegangen, haben dann bei ihr Kaffee getrunken. Und sie hat mich ohne Ende voll gejammert. Von irgendwelchen Krankheiten, einer zerbrochenen Beziehung zu einer Freundin, von Zwiegesprächen, von Konflikten, von Absagen, von der Aufnahmeprüfung, von ihrem Bruder und seiner Verlobten, von Ängsten, zwischendurch kamen Vorwürfe gegen mich hoch, wir hatten mal eine ziemlich schlechte Phase, aber eigentlich hatten wir uns ordentlich ausgesprochen (war jedenfalls meine Einschätzung), sie hat geredet und geredet und geredet... ich habe versucht ihr Ratschläge zu geben, die sie aber nicht annehmen wollte. Wenn ich das Gespräch mal auf meinen neuen Alltag oder meine Probleme lenken wollte, hat sie sofort abgeblockt und wieder von sich angefangen. Als ich dann schließlich nach ein paar Stunden gehen wollte, meinte sie, das wäre ja ein super Tag gewesen, wie toll wir uns unterhalten hätten, dass wir das unbedingt wiederholen müssten. Ich könnte noch viele solcher Beispiele nennen... Ich komme mir einfach vor wie eine Müllhalde, um es drastisch zu sagen. Ich mein, ich bin mir klar, dass ich jetzt Psychologie studiere, und dass ich später auch eventuell gern im therapeutischen Bereich arbeiten möchte, aber Mensch, ich hab noch nichtmal zwei Semester hinter mir und auf einmal erwartet jeder vor mir Musterlösungen für seine Krisen? Ostern wieder das Gleiche. Ich wollte noch einen letzten Versuch starten und alle zusammentrommeln, Freitagabend, wo doch eigentlich jeder Zeit hat. Hatten auch eigentlich alle, nur plötzlich musste die schon erwähnte Freundin ihr Zimmer putzen. Ja, Freitagabend. Ich hab sie dann gefragt, ob sie denn den ganzen Tag braucht, um ihr kleines Zimmer zu putzen, meine ganze Wohnung habe ich in höchstens zwei Stunden sauber, und ich mache das ordentlich, da hat sie mich tierisch angezickt. Ein paar Tage vorher meinte sie, sie würde sich lieber mit mir allein treffen, als mit allen anderen zusammen, aber dafür hatte ich zum einen keine Zeit, und zum anderen wollte ich nicht, dass das wieder in so ner Ausheul-Situation endet wie letztes Mal. Okay, also wollten wir Freitagmorgen was machen... hat dann auch nicht geklappt. Dann wollten wir uns heute treffen. Da muss sie plötzlich im Spätdienst arbeiten. Das war mir dann auch zu blöd. Also wollte ich das Grab meiner Freundin besuchen, die letztes Jahr gestorben ist. Ich bin dann Blumen für sie kaufen gefahren, und war noch in dem Laden, in dem meine Freundin, angeblich, Spätdienst haben sollte. Komisch, da war sie aber nirgends anzutreffen. Später hab ich dann noch Facebookmeldungen von ihr gesehen während der Zeit, in der sie hätte arbeiten müssen.

      Lange Rede, kurzer Sinn... ich bin einfach unglaublich enttäuscht, traurig und auch wütend, dass ich scheinbar plötzlich allen so scheißegal geworden bin. Ich war immer für alle da, ich habe immer zugehört, Geld verliehen, Sachen erledigt, Essen für Parties besorgt, Fahrdienst gemacht und was weiß ich noch alles. Seit ich weggezogen bin, habe ich unzählig viele Versuche unternommen, den Kontakt mit allen aufrechtzuerhalten, aber wenn immer nur Absagen, Vorwürfe, knappe Antworten oder gar nichts kommt, dann v*rl*tzt mich das. Nie hat jemand Zeit, nie hört sich jemand meine Probleme an, immer heulen sie sich bei mir aus, aber von sich aus tut keiner auch nur einen einzigen Mucks. Sind jahrelange Freundschaften denn nichts mehr wert, wenn man nicht mehr auf einem Fleckchen Erde zusammen hockt? Ich dachte eigentlich, ich wäre eine gute Freundin. Nein, ich nehme mir sogar heraus zu sagen, dass ich eine gute Freundin bin, weil man mir das oft gesagt hat. Aber warum reißt dann plötzlich alles so abrupt ab? Und wieso kann ich das nicht einfach hinnehmen und resignieren, wie ich es mir so oft selbst vorgelogen habe. Es tut einfach weh.
      Außenstehende, die nichts mit uns als "Freunden" zu tun haben, und auch meine Familie haben den Verdacht geäußert, dass sie mir vielleicht nicht gönnen, dass ich meinen Traum lebe... aber wieso darf ich das nicht? Ich habe 13 Jahre lang in der Schule hart dafür gearbeitet und dann die Aufnahmeprüfung mit 800 Bewerbern überstanden, ich habe mir das verdammt noch mal alles selbst erabeitet, trotz diverser Rückschläge, trotz der Tatsache, dass ich meine beste Freundin verloren habe und trotz meiner Krankheiten. Ich heule nicht rum. Ich krieg meinen Arsch hoch und tu was, anstatt mich bei anderen zu beschweren. Besonders die öfters erwähnte Freundin scheint mir das wirklich nicht zu gönnen, das höre ich von außen immer wieder. Ich kann aber doch nichts dafür, dass sie keinen Erfolg hat. Ich habe ihr sogar bei ihren Bewerbungsunterlagen geholfen, bei ihrer Mappe für die Design-Uni, bei einem Plakat für einen Ausbildungsplatz... aber sie kommt mir kein bisschen entgegen. Vielleicht konzentriert sich meine Enttäuschung auch auf sie, ich weiß es nicht. Ich habe sie mal darauf angesprochen, dass sie nichts von sich hören lässt, habe gefragt, warum das so ist, aber es kamen wieder nur Zickereien und Vorwürfe.

      Hinzu kommt noch die Tatsache, dass ich seit Wochen, fast Monaten auf eine Antwort von jemandem warte, der mich auch ziemlich enttäuscht hat. Das jetzt zu erklären, würde den Rahmen dieses Beitrags sperren... es sind einfach zu viele verlaufene Kontakte, dass ich mittlerweile echte Verlustängste entwickle, was sich mit meiner Bindungsangst nicht besonders gut verträgt. Das klingt bescheuert, ich weiß. Aber es fällt mir schwer, echte Freundschaften aufzubauen, ich brauche viel Zeit, um mich zu öffnen. Und wenn nach und nach alle weg fallen, denen ich mal vertraut habe, wenn mich jeder einfach links liegen lässt oder hintergeht...

      Ich weiß gar nicht so recht, was ich hören möchte... aber vielleicht hat ja jemand Ähnliches erlebt und kann mir berichten, wie er damit umgegangen ist, oder irgendwelche Ideen, Anregungen. Danke. Herrje, entschuldigt, wie lang das geworden ist... ich musste das mal los werden :unhappy:
      He scales the mountain, because he's not afraid of it.
      - Django Unchained -
      Ich kenne das so gut, was du beschreibst. Bei mir ist es fast genau das selbe, bis auf den Unterschied, dass ich immer nur sehr wenige Freunde hatte. Ich sitze derzeit hier zum Haushüten für meine Eltern in meiner alten Heimatstadt und hatte schon vor Wochen versucht, mich mit zwei alten Freunden zu verabreden. Letztes Jahr habe ich alle zu meiner Geburtstagsfeier, zwischendurch zum Grillen und Gott weiß für was noch eingeladen. Das selbe Spiel. Erst heißt es, das wäre eine tolle Idee, dann sie müssten mal gucken, wenn man nochmal nachhakt kommt keine Reaktion und irgendwann ein "Oh, achso. Hab ich vergessen, andermal."
      Mir kommt dabei regelmäßig die Galle hoch, weil es mich auch so unendlich enttäuscht und traurig macht.
      Mittlerweile habe ich mir allerdings gesagt, dass diese Situation ja schon das schlimmste ist, was in Bezug auf die Freundschaften passieren konnte, dass ich damit auch umgehen kann und mit der Enttäuschung einfach leben muss.
      Manchmal gibt es einfach Situationen im Leben, in denen man selbst und andere sich verändern, gerade nach dem Abi und zu Beginn der Unizeit. Manche stagnieren dabei, während die anderen wachsen - und oft wachsen die alten Freunde nicht in die selbe Richtung oder nicht in dem Maße wie man selbst. Irgendwer hat das mal Fischtanksyndrom genannt. Goldfische wachsen auch nur bis zu einer bestimmten Größe abhängig von ihrem Waserbecken.
      Ich kann mir auch gut vorstellen, dass das abweisende Verhalten deiner alten Freunde auf Neid zurückgeht. Vielleicht ist es auch Angst vor deiner Veränderung, ihrer eigenen und dem ungewohnten Wechselspiel, das dadurch zwangsweise entsteht. Die alten Verhaltensmuster von früher passen nicht mehr und jetzt sind sie unwillens oder einfach nicht fähig neue, passende zu entwickeln.
      Vor dem Rumgeheule anderer in Gesprächen würde ich mich in der Situation komplett abgrenzen. Das ist hart, aber manche Leute kapieren erst, dass ihr Kommunikationsverhalten daneben ist, wenn man ihnen knallhart vor den Kopf sagt, was nicht passt.
      Ich musste auch schonmal jemandem sagen(, der mit mir nicht mitwachsen konnte, mich volljammerte und nur noch auf der Egoschiene fuhr und letztenendes auch der Ansicht war, mir stände es nicht zu, mich in dieser Form von den anderen zu entfernen, bzw. einfach mehr Erfolg zu haben), er möge doch bitte einfach seine Gedanken für sich behalten, wenn er gar nichts Positives zu sagen hätte.
      So scheiße die Situation mit den alten Leuten aber auch ist, wenn man gewachsen ist, findet man im neuen Fischtank neue Freunde. So war es zumindest bei mir, auch wenn diese Vertrautheit mit den alten Leuten erstmal bei den neuen sich entwickeln muss und das dauert oft länger, weil man noch an den alten hängt und den neuen mehr Mißtrauen entgegenbringt durch die erlebte Enttäuschung mit den alten Freunden.
      Aber ich kann dir etwas Mut machen (hoffe ich ;) :( Egal wie oft man wächst, es finden sich immer neue Freunde und manchmal kommen die alten irgendwann wieder hinzu. Wenn sie sozusagen aufgeholt haben. Der Kreis wird nur wahrscheinlich kleiner, andererseits gibt das auch die Möglichkeit zu intensiveren Freundschaften.
      Mein Rat wäre, vielleicht deine alten Freunde erstmal "ruhen" zu lassen. Viele fühlen sich zudem ja auch in diesem Habitus "Ach, die anderen melden sich ja eh immer, da muss ich ja selbst nix machen" sehr wohl.
      Irre explodieren nicht, wenn das Sonnenlicht sie trifft! Ganz egal, wie irre sie sind!
      Ich war immer für alle da, ich habe immer zugehört, Geld verliehen, Sachen erledigt, Essen für Parties besorgt, Fahrdienst gemacht und was weiß ich noch alles. Seit ich weggezogen bin, habe ich unzählig viele Versuche unternommen, den Kontakt mit allen aufrechtzuerhalten, aber wenn immer nur Absagen, Vorwürfe, knappe Antworten oder gar nichts kommt, dann v*rl*tzt mich das. Nie hat jemand Zeit, nie hört sich jemand meine Probleme an, immer heulen sie sich bei mir aus, aber von sich aus tut keiner auch nur einen einzigen Mucks. Sind jahrelange Freundschaften denn nichts mehr wert, wenn man nicht mehr auf einem Fleckchen Erde zusammen hockt?

      Es sich einzugestehen ist schwer, aber oft ist es so. Freundschaften brauchen Bezugspunkte, sonst sind sie in der Regel schwer zu erhalten. Bezugspunkte können Schule, Arbeit, Studium, der gleiche Freundeskreis, Hobbys oder auch das gemeinsame "Fleckchen Erde, auf dem man hockt" sein, manchmal auch gleiche Interessen, selten aber wirklich die eigentliche Person des Freundes. Gerade in einer Gruppe von 5,6,7 Leuten, rottet man sich zusammen, lernt sich besser kenne, lernt bald auch über die Seiten, die einem an den einzelnen Leuten weniger gefallen hinwegzusehen. Wenn sich dann die Gruppe (bzw. die Umgebung) auflöst, gehen sämtiche Bezugspunkte verloren. Man steht Leuten gegenüber, denen man nicht mehr viel zu sagen hat, man fängt entweder an, die Vergangenheit aufleben zu lassen, sich an gemeinsame Erlebnisse und Bekanntschaften zu erinnern oder man erzählt von sich. Will den anderen an einem Leben teilhaben lassen, das diesem fremd ist, von dem er vielleicht auch nur begrenzt etwas wissen will. Zwar lässt sich die Bemerkung "jetzt kannst du mich ja psychoanalysieren" deines Freundes sicherlich so deuten, ich glaube aber gar nicht unbedingt, dass die Anderen sich ausschließlich bei dir ausheulen, weil sie dich als studierten Seelenmülleimer sehen. Es trägt dazu bei, sie erwarten bei dir die Bereitschaft zuzuhören und auf ihre Probleme einzugehen, aber vielleicht ist da auch nur der Versuch dich teilhaben zu lassen, der in rumheulen ausartet.
      Ich selbst ertappe mich oft in so einer Situation und zwar mit abwechselnder Regelmäßigkeit auf einer der beiden Seiten; mal merkt man auf einmal, dass man von Dingen und Personen erzählt, die den anderen kein bißchen interessieren, mal ist man nur noch am höflichen nicken und hat schon halb abgeschaltet während der Gegenüber sich ausheult. Um Monologe zu vermeiden, ist wahres Interesse an der Person und dann entsprechend auch an den Dingen die sie erlebt hat notwendig. Und dieses Interesse beschränkt sich bei den meisten Menschen nur auf wenige Personen, auf wirklich gute Freunde eben.
      In dem Zusammenhang trifft man auch auf ein zweites Problem des Kontakthaltens; zumindest für mich war es schmerzlich irgendwann zu erkennen, dass man sich nicht zur guten Freundin macht, in dem man (teils auch vergeblich) Treffen organisiert oder ausgeprägte Hifsbereitschaft zeigt. Ich habe lange geglaubt, mir Freunde "erkaufen" zu können, indem ich aufmerksam bin, zuverlässig und ihnen jeden Gefallen tue. Ist nicht so. Die Leute sind einem wohlgesonnen und fühlen sich vielleicht auch ein bißchen schuldig, werden aber nicht zu guten Freunden. Hilfsbereitschaft ist ein (angenehmer) Teil (d)einer Persönlichkeit, in einer Freundschaft zählt aber die ganze Person, die sich nicht ändern lässt und die man nicht überdecken sollte, indem man sich schwächer macht als man ist, indem man immer bereitsteht alles zu übernehmen, bis das für die anderen zur Selbstverständlichkeit wird.
      Das dritte Problem, ist die individuelle Einstellung zu Beziehungen und Freundschaften, die sehr variiert. Manche haben viele lose Freundschaften, manche wenige gute Freunde. Manche hängen an alten Freunden und sind treu, andere suchen sich schneller neue Freunde, "Bezugspunktfreunde". Für manchen sind Freunde und die Leute um sie herum alles, andere ruhen in sich selbst, brauchen diese Bestätigung und den ständigen Input von außen nicht. Manche sind tolerant, andere können sich über kleinste Schwächen sehr aufregen, insbesondere wenn sie selbst zu den "Rechtmachern" gehören, aufmerksam und sensibel reagieren, während der Gegenüber davon kaum etwas mitbekommt.

      Ich selbst habe das was du beschreibst, viele Male erlebt. Dass wirklich gute Freundschaften kaputt gegangen sind, ohne das ich wirklich sagen konnte warum. Einzelheiten will ich dir ersparen, es sei denn du willst sie hören, im großen und ganzen bin ich zu o.g. Erkenntnissen gelangt. Wie ich jetzt damit umgehe? Ich lasse Freundschaften zerbrechen und bin dadurch auch eher bereit auf neue Leute zuzugehen und mich ihnen dann auch eingehender zu widmen. Zu den wenigen Menschen, deren Persönlichkeit ich schätze, mit denen ich wirkich viel erlebt habe, hallte ich weiterhin losen Kontakt. Bei ihnen weiß ich, dass bei einem Wiedersehen nicht alles, aber trotzdem vieles so sein wird wie früher. Soabld ich aber merke dass der Kontakt zu jemandem anstrengend wird, entweder weil ich das Gefühl habe die Person will den Kontakt nicht oder weil mir die Person nicht (mehr?) so wichtig ist, ziehe ich mich zurück. Reagiere zwar noch, wenn die Person ggf. (wieder) auf mich zukommt, bleibe sonst aber zurückhaltend und sehe die Freundschaft dann als lose Bekanntschaft an. Loslassen ist schm*rzhaft, aber es beansprucht dich nicht mehr so sehr, wenn du dir klar gemacht hast, was du wirklich willst, was du wirklich fühlst und dass die Vergangenheit nicht wiederbelebbar ist.

      Ich hoffe ich konnte dir irgendwie weiter helfen, auch wenn die rationale und die emotionale Sicht auf das Thema Kontakthalten sich erfahrungsgemäß nicht ganz grün sind. Vielleicht kl*ng* ich für dich deshalb grade ein bißchen gefühlskalt. Ich kann aber nur sagen dass ich mich schon sehr, sehr oft genauso gefühlt habe wie du es beschreibst!
      Liebe Grüße
      feldsalat
      "Some people like business, some people like numbers,
      Some people grow organic heirloom cucumbers,
      And only feel free with their hands in the dirt
      In a pair of old jeans and their favorite t-shirt
      Some people feel enslaved when they have a boss,
      Some people without one feel totally lost.
      To make this world work it takes all different kinds.
      We have all different tastes, different strengths, different minds..."
      (Kimya Dawson, "Same Shit")
      liebe s.,

      ich kann meinen vorgängern nur beipflichten.
      ich glaube, sehr viele erleben das, wenn sie nach dem abi weggehen.
      und was schon gesagt wurde, stimmt total: früher war man eine gruppe, in der man sich viel zu sagen hatte, aber alleine war das doch anders.

      ich kenne die enttäuschungen auch mit der gruppe von meiner abizeit. ich bin weggezogen, der rest blieb, das gruppending blieb, es wurde nur noch über alte gemeinsame sachen geredet, und ich bin da irgendwie rausgewachsen, was aber auch nicht wahrgenommen wurde. da habe ich dann für mich erkannt, dass ich das nicht brauche.
      und weißt du, das löscht nicht die alten guten erinnerungen. für die zeit früher war es schön, war es gut, man hat zusammengepasst, aber nun... eben nicht mehr. das ist der lauf der zeit.

      ich finde dass du es so gar nicht nötig hast, den alten kontakten hinterherzulaufen.
      blöd gefragt, wieso möchtest du freunde, die dir dein studium nicht gönnen, die dich als mülleimer benutzen, die sich nicht bemühen? wegen der "guten alten zeit"? die ist vergangenheit. die kriegt man nicht wieder, das geht nicht mehr nach so einer veränderung. die frage, die möglichkeit, die bleibt, ist: willst du die neue art der freundschaft, oder willst du sie nicht?
      ich weiß nicht ob du mehr wahl hast.

      deswegen würde ich dir raten, deine erwartungen an die alten freunde zurückzuschrauben. du kannst dich melden wenn du nach hause fährst, ein "von dann bis dann bin ich da, wer hat lust auf ein treffen?", und wenn dann nichts kommt, es dabei belassen. die leute darauf festnageln wollen, das bringt nichts. das tut dir nur weh.

      und: neue freunde suchen, in der neuen stadt. und vielleicht mehr einzelfreundschaften eingehen als gruppenfreundschaften.
      das ist zumindest das, was ich aus meiner nachabizeit gezogen habe. meine bachelorfreunde, die ich ja auch zurücklassen musste, die sind anders. die bleiben. weil da eben zwar auch die gruppenfreundschaft bestand, ich aber trotzdem auch viel zeit mit den einzelnen verbracht habe und noch eine "eigene freundschaft" mit denen hatte. nicht mit allen, das sind jetzt gute bekannte, man freut sich wenn man sich sieht aber mehr braucht's auch nicht, aber mit dem rest verbindet mich immer noch sehr viel, auch wenn wir im alltag bei weitem nicht die gleiche menge kontakt haben wie früher.
      und ich weiß nun auch, dass, wenn ich in einem monat meine masterfreunde zurücklassen muss, mit einigen der kontakt enden wird. wir hatten eine supertolle gemeinsame zeit durch viele gemeinsame Schn*ttpunkte, aber ohne die wird es nicht weitergehen. genauso weiß ich, dass andere freunde bleiben werden.

      vielleicht kannst du diesen ansatz auch für dich gebrauchen.
      (ich habe ja bei dir im fb die konversation mit der einen freundin mitbekommen und dass du dich nicht mit ihr sondern mit allen treffen wolltest. jetzt verstehe ich deine hintergründe auch besser. aber ich glaube (wenn es nicht grade um sie geht), dass es bei einem wiedersehen nach langer zeit wichtig ist, sich _vor allem_ alleine mit den leuten zu treffen, eben um die einzelnen entwicklungen mitzubekommen und so verbunden zu bleiben, als diese gruppentreffen bei denen man die vergangene zeit nicht so einfach nachholen kann.)

      ich drück dich.
      s.
      ich bin zu spät zum editieren und doppelposte deswegen, aber was ich noch sagen wollte:

      ich habe für mich vor einiger zeit beschlossen, alle leute, die mit "sag mal, du bist ja psychologin..." ankommen, zu ignorieren.
      ich glaube, das muss man bei unserem studium manchmal einfach machen.
      vor allem, wenn man merkt, dass es wie bei dir ja jetzt auch häufiger passiert.

      natürlich bin ich für freunde da. aber dann nicht als psychologin, sondern als freundin.

      und natürlich biete ich z.b. hier auch mal einen rat an.
      aber wenn irgendjemand meint, sich mit hinweis auf mein studium einen freischein aufs ausheulen bei mir zu sichern, dann irrt er gewaltig.
      unser studium bringt keine verpflichtung mit sich, immer und überall als seelemülleimer zu dienen.
      wenn jemand sich darauf beruft, darf er auch hinzufügen wo die rechnung hingeschickt werden soll.

      das wird dir noch häufiger passieren, und ich rate dir, von anfang an deine grenzen deutlich zu machen.

      das wollte ich noch sagen ;).
      s.
      Mit so vielen und ausführlichen Antworten habe ich gar nicht gerechnet, vielen, vielen Dank.
      Ich habe jetzt alles in Ruhe gelesen, und ihr habt mir viel zum Nachdenken gegeben... ich lasse das jetzt noch ein wenig auf mich wirken und gehe das gedanklich noch weiter durch, aber diese Betrachtungsweisen von außen helfen mir schon sehr weiter. Danke!
      He scales the mountain, because he's not afraid of it.
      - Django Unchained -
      hej godspeed,

      ich weiß nicht ob du den spruch kennst (ich verteile heute mal lebensweisheiten ;) :( wenn du einem freund fünf euro leihst und siehst ihn nie wieder, ist das geld gut angelegt.
      denn billiger erfährt man im leben selten, wer "echte" freunde sind.

      das klingt jetzt sehr dramatisch, und ganz so meine ich es gar nicht, ich neige da selbst überhaupt nicht zum dramatisieren. aber: mit den lebensphasen verändern sich unsere beziehungen; mit dem, was man gemeinsam hat (zeit in der schule, zeit an der uni, zeit im gleichen job) variieren die gesprächspartner und themen. letztlich gibt es im leben für jeden nur sehr, sehr wenige leute, die verschiedene lebensphasen und sich ändernde oder weniger werdende gemeinsamkeiten überdauern.

      dass die leute, wenn du dich vor ort drum bemühst, eventuell mitnehmen, was du zu geben hast, naja, so sind menschen eben. aber ich denke, dass die realistische botschaft einfach die ist: man lebt sich auseinander, und wenn die gemeinsamkeiten fehlen, manchmal eben auch sehr schnell. wenn man in der situation drinsteckt unterschätzt man oft, wie viele "bindende elemente" in täglich 8 bis 12 stunden gemeinsam verbrachter zeit (schule) stecken. ich bin jetzt über 30, ich habe aus meiner schulzeit genau eine freundin über die jahre mitnehmen können. und auch unsere freundschaft hat sich sehr verändert: aus dem früher täglichen "muss dir driiiingend alles erzählen!" inkl. mehrmals pro woche kaffee, gemeinsamen ferien im jugendlager etc ist heute ein sporadischer kontakt alle paar wochen geworden. ich weiß, dass ich mich tausend prozent auf sie verlassen kann, ich kann mit ihr über alles reden, wir helfen uns nach wie vor durch krisen, aber sie wohnt nicht in meiner stadt, dh feiern und "alltag teilen" tue ich mit anderen. und auch bei diesen anderen, die hier leben (und die ich teilweise inzwischen auch seit 10 jahren kenne), habe ich nicht die freundschaften, die man in der schule (=täglich sehen) hatte - selbst "meine mädels", die ich "viel" treffe, sehe ich "nur" ca. alle zwei wochen, einfach weil beruf, ehrenamt, partner, eigener haushalt etc sehr viel zeit binden. und dort gibts ja auch jeweils leute, die in der funktion und mit gemäßigtem kontakt sehr wichtig für einen werden. und letztlich reden wir hier - nur dass es sich nicht nach so viel anhört - über genau 4 leute. dazu kommen natürlich "bekanntschaften", die hier und da mal dabei sind, mit denen ich mich super verstehe, aber jahrelange enge freunde sind es 4.

      so ist das leben. ich weiß, dass man sich daran erst gewöhnen muss, aber irgendwie "auffällig" finde ich das, was du schilderst, überhaupt nicht. so wie dir ging es mir und wahrscheinlich millionen anderen, die nach der schule was neues anfangen.

      liebe grüße,
      solaine
      "But isn't that life for us all? Trusting to luck?"
      "You can always try to give luck a helping hand", she said.
      //william boyd//


      Liebe Godspeed,

      von mir nur kurz und knapp: Ja, kenne ich gut.
      Und mein Schluss letztendlich, das was ich mir zu Herzen nehme: für jede Freundschaft, die bleibt, für jeden der zu einem hält, dankbar zu sein und das wertzuschätzen.
      Ich glaube, in diesem Umbruch bist du gerade dabei, den Wert einer wirklichen Freundschaft zu verstehen.
      Es ist so, Menschen kommen und gehen und es gehen auch die, von denen man es nicht gedacht hätte.
      Leztlich hilft mir persönlich nur zu darum trauern und wertzuschätzen was war, irgendwann loszulassen und wenn sich dann doch mal wieder schöne Momente zu ergeben, das einfach so anzunehmen ohne mehr zu wollen und mich weiter zu bemühen.
      Ja, das ist gerade anfangs sehr schwierig und schmerzhaft...

      Ansonsten haben die anderen ja schon sehr hilfreiche Dinge geschrieben.

      Alles Liebe!
      Esmeralda
      Hey,

      ich kann dich wirklich sehr gut verstehen. Wenn Freundschaften auseinanderbrechen, dann tut das immer weh und ist immer sehr schwer, für den einen mehr, für den anderen weniger.
      Ich mache nächstes Jahr auch Abi und gehe danach Studieren und habe die Befürchtung, dass auf mich das Selbe zukommt.

      Ich habe schon seit Jahren wirklich tolle Freunde, wir sind eben eine Clique, feiern zusammen...
      Vor etwa zwei Jahren sind wir noch zusammen auf eine Schule gegangen, da waren wir quasi unzertrennlich, haben viel zusammen gemacht. Aber dann habe ich zusammen mit einer Freundin (die jetzt meine beste Freundin ist) die Schule gewechselt. Wir haben zwar noch guten Kontakt zu den anderen, feiern noch zusammen und man gehört immer noch dazu - aber längst nicht mehr so, wie vorher. Andere Leute sind dazu gekommen und manchmal hat man das Gefühl, dass diese mehr dazu gehören, als man selbst. Trotzdem bedeuten mir die Leute immer noch wahnsinnig viel und ich will sie als Freunde nicht verlieren. ABer ich befürchte, wenn jeder nach dem Abi wegzieht und eigene Wege geht, wird der Kontakt weniger werden und früher oder später abbrechen.
      Aber ich hoffe und werde alles daran setzen, zumindest zu meiner besten Freundin immer Kontakt zu halten, ebenso wie zu eine anderen Freundin (außerhalb der Clique).

      Ich glaube, leider ist das wirklich so, dass eine Freundschaft immer mehr an wert verliert, wenn man nicht mehr in unmittelbarer Nähe wohnt. Meine ehemalige beste Freundin ist von hier weggezogen, anfangs haben wir den Kontakt zu gut es ging aufrecht erhalten, haben sie besucht, sie war jedes zweites Wochenende hier (bei ihrem Vater). Aber mittlerweile ist mein Kontakt zu ihr gänzlich abgebrochen. Wir haben uns beide verändert und uns auseinander gelebt - so ist das einfach.

      Gerade nach dem Schulabschluss, wenn man wegzieht und quasi ein neues Leben beginnt, kommt es doch sehr häufig vor, dass Freundschaft auseinander gehen. Aber ich glaube, das ist nichts ungewöhnliches. Man lernt neue Leute kennen und dass man mit den Leuten, die in unmittelbarer Nähe wohnen und die man fast täglich sieht, mehr zu tun hat, ist doch eigentlich auch irgendwo verständlich. Es ist nur immer mehr traurig, wenn anscheinend keinerlei Interesse mehr daran besteht, ein wenig Kontakt aufrecht zu erhalten und so wird aus Freundschaften meist nur noch sowas wie flüchtige Bekanntschaften...

      Das ist traurig - aber du stehst damit nicht alleine da ;)

      Liebe Grüße