Angst vor Auslandspraktikum

      Angst vor Auslandspraktikum

      Hallo ihr Lieben

      zuerst mal was ich mir von diesem Thread erhoffe: Ratschläge, eventuell eure Erfahrungen, Aufmunterungen, Popotritte oder irgendwas, was meine Ängste etwas mildern könnte.

      Ich fahre Mitte Juli nach Nizza (Frankreich) um dort ein 5-monatiges Auslandspraktikum zu machen. Ich weiß dass das eine große Chance ist viel Lebenserfahrungen, berufliche Erfahrungen und sprachliche und kulturelle Erfahrungen zu sammeln. Bis vor einiger Zeit habe ich mich auch noch sehr drauf gefreut.
      Doch irgendwie, je näher das Praktikum rückt, und je mehr ich mich mit den Vorbereitungen beschäftige, desto mehr steigt auch die Angst in mir. Diese Angst setzt sich aus mehreren Dingen zusammen:

      - Angst vor Heimweh: Obwohl ich schon 2 Jahre lang nicht mehr bei meinen Eltern wohne, bin ich mir sehr sicher dass das auftreten wird. Das Gefühl von Heimat, Geborgenheit ist einfach nicht mehr da. Ich bin zudem auch noch gerade dabei die Trennung meiner eltern anfang diesen Jahres zu verkraften..

      - Angst vor der Kriminalität: Ich habe gehört, dass Nizza nicht besonders sicher ist. Und als Opfer von S*xuellen M*ssbr**chs in der Kindheit habe ich große Angst, dass sich das wiederholt.. oder andere Sachen.. dass mir mein Laptop geklaut wird.. dass meine WG-Mitbewohner mir Geld klauen oder mich v*rg*w*lt*g}en.. usw.

      - Angst vorm Alleinsein: Ich kenne niemanden dort. Bin ganz auf mich allein gestellt. Die erste Woche wird mich zwar mein Freund begleiten, aber danach... Ich tu mich sehr schwer darin neue Kontakte zu knüpfen und Vertrauen zu anderen Menschen aufzubauen. Und da ist da noch die Sache mit meinem Freund.. eine Fernbeziehung ist nicht immer leicht und 5 Monate eine lange Zeit. Ich habe Angst ihn zu verlieren..

      - Angst vorm Versagen / Fehlern: ich mag nicht gern verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen. das ist mir bereits bei anderen praktika an mir aufgefallen. Ich bin mir immer unsicher ob ich eine Sache richtig mache oder nicht.. mein französisch ist zwar ganz gut, und um Hilfe bitten kann ich auch, trotzdem ist da eine gewisse Hemmung/Sprachbarriere und die Angst mit verantwortungsvollen Aufgaben allein gelassen zu werden..


      Bin für jede Antwort dankbar

      Viele Grüße
      jullli

      Hallo Julllli (waren das jetzt genug l?),

      hach, das kenne ich. Ich war für 7 Monate zum Arbeiten im Ausland und soll ich Dir was sagen? Es war die beste Zeit meines Lebens. Die letzten Tage vor der Abreise waren allerdings die Hölle: ein wirrer Mix aus Vorfreude und Gedanken wie "bist Du eigentlich blöd, hier alles stehen und liegen zu lassen" usw. Ich hatte damals einen Job, eine Beziehung, war in der Stadt, in der ich sein wollte und hatte soeben einen Therapeuten für meine bitternötige Therapie gefunden. Das weiß man natürlich alles auch schon vorher, hat aber im Idealfall gründlich abgewogen, ob man sich das wirklich zutraut. Du hast es Dir also irgendwann mal zugetraut, nur ist dieses Wissen gerade ziemlich verschollen. Die Angst hat aber auch etwas Gutes: Du gehst mit einem gewissen Respekt an die Sache. Du weißt, dass z. B. die Trennung von Deinem Freund schwer wird, aber Du bist bereit, die Zeit ohne ihn zu überstehen. Und Du traust es Deiner Beziehung zu. Das ist doch eine tolle Beziehung! Aber mal zu den einzelnen Punkten:

      - Heimweh kommt hundertpro, aber Du wirst so angelenkt sein von all dem Neuen, dass es sicher etwas dauert. Es zeigt Dir, was Dir wichtig ist. Ich habe Fotos mitgenommen, die mich an besondere Momente erinnert haben und sie in meinem Zimmer aufgehängt. Ein Kuscheltier vom Freund. Ein Andenken aus dem letzten Urlaub. Und natürlich den Laptop zum skypen. ;) War am Ende fast überflüssig, denn ich hatte gar keine Lust mehr, nach Hause zu telefonieren, ich wollte am Liebsten keine einziges deutsches Wort mehr reden. Was mir auch total geholfen hat: das Wetter. Ein Kaffee im Sonnenschein, während in Deutschland der November vor sich hinregnet, ist toll, toll, toll.

      - Passieren kann Dir im Urlaub viel mehr. Sobald Du Dich dort sicher bewegst (und nicht mit Stadtplan in der Hand verwirrt auf die Straßenschilder guckst), werden Taschendiebe Dich nicht mehr als Touristin klassifizieren. Hör einfach darauf, was Dir die Einheimischen raten, welche Plätze zu welchen Zeiten zu meiden sind. Und auf Dein Gefühl. Ich war mal eine Zeit in Palermo, habe im düsteren Bahnhofsviertel gewohnt, und am Ende bin ich sogar alleine im Dunkeln rausgegangen, weil ich mich sicher gefühlt habe. ;) Kriminalität in Touristenorten beschränkt sich ja meist auf Taschendiebstahl, und dem kann man vorbeugen (Geld in den BH stecken z. B. :blaues Grinsen: , oder es gibt Geldtaschen, die man unter der Hose tragen kann). Und warum sollten Dich französische Mitbewohner eher beklauen als deutsche?

      - Neue Leute kennst Du schneller, als Du gucken kannst. Gerade als Ausländer hat man doch einen Exotenstatus, und dann noch der süüüüüüße Akzent, mit dem Du sprichst... Aber natürlich muss man oft den ersten Schritt machen. Aber selbst das ist als "Neuling" einfacher als zu Hause: man fragt halt dieses und jenes, nach netten Cafes, Restaurants, wo kann man schön baden, was macht man am Wochenende... und wenn dann keine Einladung kommt, kannst Du immer noch vorschlagen gleich doch mal zusammen was zu unternehmen. Ich habe viel "organisierte Freizeit" gemacht, also VHS-Kurse, Chor und sowas. Am Ende habe ich sogar einen Deutschkurs gegeben, weil alle mich danach fragten.

      - Ja, der Freund, schwieriges Thema. Ich weiß nicht, wo Du wohnst, aber mein Freund hatte damals 14 Stunden Anreise zu mir, und wir haben es trotzdem geschafft, uns etwa alle 2 Monate für ein paar Tage zu sehen. Am besten, man macht sich vorher schon einen ungefähren Plan: wann könnte er Urlaub nehmen? Wann hast Du vielleicht mal frei? Als ich wegfuhr, wusste ich, dass mein Freund 7 Wochen später zu Besuch kam. Und was sind schon 7 Wochen gegen 7 Monate... gleich viel weniger schlimm! Und auch hier wieder: skypen ist eine tolle Erfindung!

      - Hm, durch die Sprachsachen musst Du einfach durch. Aber es geht schneller, als Du denkst, dass Du flüssig mitreden kannst, man lernt sooooo schnell, wenn man den ganzen Tg nichts anderes hört. Was hilft ist viel fernsehen, Radio hören und rausgehen, beim einkaufen schwatzen, nicht den Zugfahrplan lesen sondern am Schalter nachfragen, so kleine Dinge halt. Sich in der WG mit dem Essen nicht gleich ins Zimmer verkrümeln, sondern in die Küche setzen und anderen die Chance geben, Dich kennen zu lernen. Zum Beispiel kannst Du auch einen kleinen WG-Einstand geben, was kochen und die anderen einladen.

      So, jetzt hab ich glaub ich zu allem meinen Senf dazugegeben... :blaues Grinsen:
      Fazit: Ich würde es jederzeit wiedermachen, es hat meine Liebe zu dem Gastland nur potenziert, und ich freue mich riesig, im Sommer dorthin zu fahren und meine Freunde zu besuchen!

      LG und alles Gute, Danesha
      Hallo danesha,

      erstmal danke für die liebe Antwort. Das klingt echt toll was du für Erfahrungen gemacht hast.

      danesha schrieb:

      Hallo Julllli (waren das jetzt genug l?),
      3 l reichen ^^

      danesha schrieb:

      - Heimweh kommt hundertpro, aber Du wirst so angelenkt sein von all dem Neuen, dass es sicher etwas dauert. Es zeigt Dir, was Dir wichtig ist. Ich habe Fotos mitgenommen, die mich an besondere Momente erinnert haben und sie in meinem Zimmer aufgehängt. Ein Kuscheltier vom Freund. Ein Andenken aus dem letzten Urlaub. Und natürlich den Laptop zum skypen. ;)
      Danke für den Tipp. Werd bis zur Abreise noch ein paar Erinnerungen festhalten und dann mitnehmen.

      danesha schrieb:

      - Ja, der Freund, schwieriges Thema. Ich weiß nicht, wo Du wohnst, aber mein Freund hatte damals 14 Stunden Anreise zu mir, und wir haben es trotzdem geschafft, uns etwa alle 2 Monate für ein paar Tage zu sehen. Am besten, man macht sich vorher schon einen ungefähren Plan: wann könnte er Urlaub nehmen? Wann hast Du vielleicht mal frei? Als ich wegfuhr, wusste ich, dass mein Freund 7 Wochen später zu Besuch kam. Und was sind schon 7 Wochen gegen 7 Monate... gleich viel weniger schlimm! Und auch hier wieder: skypen ist eine tolle Erfindung!
      Ich hab mit meinem Freund am Wochenende geredet. Er kommt die erste Woche mit und wird auch bei mir in der WG wohnen =) Das ist sooo toll. Skype haben wir jetzt auch wieder eingerichtet, sodass der Kommunikation nichts mehr im Wege steht. Was Besuche angeht, so haben wir noch nichts festgelegt, wird wohl eher auf Skype hinauslaufen.

      Danke nochmal, ich werd versuchen deine Tipps so gut wie möglich umzusetzen.
      Jetzt kann ich mich wieder etwas auf die bevorstehende Zeit freuen und hoffen, dass sie mir positiv in Erinnerung bleibt :)

      Ganz liebe Grüße
      jullli