Besser essen ohne essgestörtes Verhalten

      Besser essen ohne essgestörtes Verhalten

      Halllo zusammen,

      zunächst: Ich bin mir nicht 100% sicher, ob das hier richtig ist. Ich bitte die Mods, das zu verschieben, wenn es fehl am Platze ist.

      Zum Problem: Ich habe seit Jahren mit Übergewicht zu kämpfen. Meine Ärzte legen mir nahe, abzunehmen. Es ist nicht so extrem, dass ich dafür in eine Klinik sollte, aber es wäre meiner Gesundheit schon zuträglich, wenn ich etwas näher am Normalgewicht wäre. In der Vergangenheit habe ich oft versucht abzunehmen. Manchmal auch sehr erfolgreich. Allerdings hat sich das jedes Mal in solche Extreme gesteigert, dass ich irgendwann wieder zu meinem alten Essverhalten zurückgekehrt bin. Zum Glück, muss ich eigentlich sagen, sonst hätte sich wohl eine Essstörung gefestigt. Mit den Extremen meine ich H*ngern, Erbr*ch*n, Medikamentenm*ssbr*uch, übertrieben viel Sport etc. Ich möchte nicht wieder in dieses Extreme fallen, aber ich möchte auch nicht so weiteressen wie bisher, weil es erstens ungesund ist, ich mich zweitens sehr unwohl fühle und ich drittens ehrlicher weise schon auch abnehmen will.
      In der Ernährungstheorie kenne ich mich für einen Laien recht gut aus. Ich war auf einem ernährungswissenschaftlichen Gymnasium und weiß daher sehr gut, was der Mensch wovon wieviel braucht, um gesund zu sein. Ich weiß, was falsche Ernährung - egal in welche Richtung - anrichten kann und was ausgewogene Ernährung bedeutet; wie welche Stoffwechselprozesse im Körper ablaufen etc. Ich habe es in der Praxis aber eben nie lange hinbekommen. Der Hauptgrund liegt für mich daran, dass ich gegen mich gearbeitet habe, also gegen "diesen ekligen Körper" und nicht mit mir und für mich. Und dass ich zu viel zu schnell erreichen wollte.
      Mein Plan ist nun folgender: Ich werde meinen Hausarzt bzw. meinen Therapeuten ein Auge auf meinen Gewichtsverlauf haben lassen, damit ich von außen gebremst werde, falls ich wieder übertreiben sollte. Zudem bin ich gerade dabei, mir ein Ernährungstagebuch anzulegen. Nicht das klassische wie früher, in dem ich immer alle Mahlzeiten inklusive Kalorienangaben verzeichnet habe. Das endet bei mir sehr schnell in einem Wettbewerb gegen mich selber nach dem Motto "Heute nehme ich 30% weniger Kalorien zu mir als gestern" etc.
      Sondern eher eine Art Achtsamkeitsernährungstagebuch, mit Gedanken, Eindrücken, Gefühlen. Um ein bisschen zu erklären, was ich meine: Ich habe mir so eine Art "Richtlinien" erarbeitet und auf die erste Seite geklebt:
      Wenn ich zwischen den Mahlzeiten (Frühstück, Mittag, Abend) Hunger habe, esse ich Rohkost (Möhren, Gurke etc.)

      Ich wiege mich ein mal pro Woche. Nicht häufiger und nicht seltener.
      Ich mache 3x die Woche Sport. Nicht mehr und nicht weniger.
      Ich versuche, achtsam zu essen, d.h. mich nicht dabei zu unterhalten, nicht fernzusehen oder zu lesen sondern mich ganz auf das essen und mein Körpergefühl zu konzentrieren
      Ich thematisiere das Essen nicht ständig. Wenn das Thema aufkommt nehme ich es wahr und lasse es wieder weiterziehen.
      Ich vergesse nicht, dass Körpergewicht nicht alles ist und dass x (mein Freund) mich auch mit Übergewicht attraktiv findet.
      Ich bestrafe mich nicht, wenn sich nicht sofort Erfolge einstellen. Ich gehe liebevoll und achtsam mit mir um.
      Es mag sich ein bisschen esoterisch oder kitschig anhören, aber das sind Sätze, wie ich sie in der Therapie herausgearbeitet habe und ich merke einfach, dass Achtsamkeit und liebevoller Umgang mit mir selbst sehr wichtige Themen für mich sind.

      Ok, langes blabla. Was ich mir jetzt hiervon erhoffe, ist einfach ein Feedback, ob das überhaupt sinnvoll ist. Ob das so funktionieren kann. Oder vielleicht Tipps, was noch zu beachten wäre oder wie ihr soetwas gestalten würdet etc.

      Grüße,
      Fylgja

      edit: Sternchen gesetzt
      Hallo Fylgja,

      dein Plan klingt gut.
      Nur ein Punkt würde zumindest bei mir nach hinten losgehen:
      "Ich wiege mich einmal die Woche, ich mache 3x die Woche Sport"

      Die angestrebten Ziele sind nicht das Problem, die sind gut. Aber was machst du, wenn du dich doch zweimal wiegst oder es nur einmal schaffst Sport zu treiben?
      Oder bist du so diszipliniert (bzw. durch das Aufschreiben dieser Regeln dazu angehalten, es genau so zu machen), dass dieser Fall nicht eintreten wird?
      Ich würde früher oder später mal von meinen vorgenommenen Regeln abweichen (weil ich eben nicht so diszipliniert bin, oder weil die Regeln zu schwer zu erfüllen sind) und mich persönlich haut das dann immer total um, dann geht es los mit den "jetzt ist es auch egal" oder den "ich schaffe das eh nicht" Gedanken.

      Was mich interessieren würde: hast du einen Plan B für den Fall, dass dein Plan nicht immer zu 100% erfüllt wird? Oder weißt du, dass du das schaffst? Das wäre natürlich super :) Die Punkte, die die Achtsamkeit betreffen finde ich sehr gut.

      Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute. Du hast die nötgen Sicherheiten eingebaut (Kontrolle durch den Arzt etc.) und alles zeugt von einer langen und reifen Auseinandersetzung mit dem Thema. Ich würde dir sehr wünschen, dass es klappt. Aber fixier dich bitte nicht zu sehr darauf (so nach dem Motto: wenn schon die anderen Parameter in meinem Leben scheiße Laufen und ich nichts mehr kontrollieren kann - wenigstens mein Gewicht sollte ich doch unter Kontrolle bringen können).

      Liebe Grüße,
      kibalta
      Hallo kibalata,

      erstmal Danke für das Feedback.
      Die Frage, was ich mache, wenn ich von den Regeln abweiche, ist gut. Die hatte ich mir so noch gar nicht gestellt. Aber es wird sicherlich früher oder später passieren, so diszipliniert bin ich nicht und selbst wenn ich das wäre, bringt der Alltag ja auch manchmal manches durcheinander. Wie du kenne ich dann auch diese "jetzt ist es auch egal" oder "ich schaff das eh nicht Gedanken". Nur fällt mir gerade nichts ein, wie ich dem entgegen gehen könnte, also wie ich mit solchen Ideen umgehen könnte. Hast du da für dich schon was gefunden? Ich glaube, das ist bisher wirklich die größte Schwachstelle in meinem Konzept.

      Aber fixier dich bitte nicht zu sehr darauf (so nach dem Motto: wenn schon die anderen Parameter in meinem Leben scheiße Laufen und ich nichts mehr kontrollieren kann - wenigstens mein Gewicht sollte ich doch unter Kontrolle bringen können).

      Erwischt. Mir war das nicht bewusst, aber jetzt, wo ich das lese, wird mir klar, dass das sicherlich mit reinspielt. Danke für den Hinweis, ich werde auf jeden Fall darauf achten. Ich versuche auch gerade, mein restliches Leben wieder zu sortieren (Beratungstermine, Berufsorientierung etc), das bleibt auf jede Fall nicht auf der Strecke.

      Liebe Grüße,
      Fylgja
      Hallo Fylgja,

      Du hast ja auf deiner Liste den Punkt "Ich gehe liebevoll und achtsam mit mir um" stehen.
      Hast du da schon konkrete Beispiele im Kopf? Ich kenne das nämlich von mir, wenn es mir nicht
      so gut geht, weiß ich auch nicht mehr wie ich liebevoll mit mir umgehen soll. Gerade wenn
      du (wie angesprochen) mal einen Durchhänger haben solltest à la "Ich habe es diese
      Woche geschafft nur 1x Sport zu machen, jetzt ist ja eh alles egal", denke ich wird es
      schwierig, den Punkt umzusetzen, trotzdem liebevoll mit dir umzugehen, weil der Satz
      "Jetzt ist eh alles egal" ja im Grunde ein Widerspruch dazu ist.

      Wie wäre es denn, wenn du dir einen konkreten Plan machst, wie du liebevoll mit dir
      umgehen kannst? Mir fällt da spontan ein, dass du dich jeden Morgen im Spiegel anschauen
      könntest und als erstes sagst "Guten Morgen Schönheit!" oder sowas. Auch wenn das vielleicht
      etwas abgedroschen klingt oder du denkst "naja stimmt ja mal gar nicht", vielleicht verinnerlichst
      du das irgendwann, wenn du es dir immer wieder sagst. Oder, wenn du dich einmal mehr gewogen
      hast als geplant oder zu wenig Sport getrieben, dass du dann an dem Abend zu dir sagst:
      "macht nichts, ich mag mich trotzdem." Nach dem Motto "Ich weiß ja, dass Disziplin nicht
      meine größte Stärke ist, aber so bin ich nunmal, ich werd es trotzdem auf Dauer schaffen".
      Könnte dir das helfen?
      _____________________________________
      So sehr du auch suchst, du wirst in diesem grenzenlosen
      Universum Niemanden finden, der deine Liebe
      so sehr verdient wie du selbst.
      (Buddha)
      Hallo Fylgja,

      ich denke, man kann die "jetzt ist es eh egal-Problematik" etwas umschiffen, indem man jeden Tag oder jede neue Woche als eine neue Chance sieht. Und eben nicht als neue Herausforderung, nicht als Zeitspanne, in der man dieses oder jenes schaffen muss, sondern kann.
      So arbeitet man ja auch in der Suchttherapie, dass man sich eben bewusst macht: ich kann jeden Tag wieder neu entscheiden, ob ich rückfällig werde - oder nicht.
      Ähnlich müsste man es doch auch schaffen, sich nicht zu großes Vorwürfe zu machen, bzw. das "Versagen" nicht so schwer zu nehmen. Man muss das Ganze quasi im Positiven auf die leichte Schulter nehmen.
      Bei mir klappt das ganz gut, wenn ein Tag essenstechnisch nicht gut lief, dann lieg ich abends nicht verzweifelt im Bett, sondern denke: morgen kannst du es wieder versuchen.
      Das Ganze ist ein ziemlich fragiles Gleichgewicht, das man da ausloten muss. Denn man darf seine eigenen Vorsätze natürlich auch nicht zu wenig ernst nehmen. Aber ich denke, mit der Zeit findet man sich da rein.

      Es ist gut, wenn du parallel die anderen Baustellen weiter in gleicher Intensität angehst, denn, nun ja, das weißt du ja bestimmt selbst, wenn denn nun das mit der Ernährungsumstellung auch nicht klappen sollte, dann vergrößert das den Krater ja nur noch mehr.

      Ansonsten: noch ein paar Details ausarbeiten aber nicht zu lange abwägen. Besser Dinge konkretisieren, statt gedanklich zu verkomplizieren. (Boah, bin ich heute großspurig allwissend drauf ;) )

      Ich drück' dir die Daumen,
      kibalta
      Danke euch beiden fürs ausführliche Antworten.

      @Einhornseele
      Dein Gedanke zum liebevollen und achtsamen Umgang mit dir ist richtig und wichtig. Ich tendiere dazu, in guten Zeiten etwas nachlässig damit zu sein, weils dann von selber läuft und in schlechten zeiten steht man dann plötzlich da. Ich mache seit ein paar Wochen wieder regelmäßig Entspannungsübungen, weil mir das erstens gegen die Grundspannung hilft und weil ich dann einfach ganz auf mich und meinen Körper achten muss/kann (ich mach am liebsten Progressive Muskelentspannung, da geht man ja den Körper Stück für Stück durch). Mich jeden Morgen vor den Spiegel zu stellen und mir was positives zu sagen, weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob ich das schaffe. Aber ich hab mir meinen Spiegel jetzt mit aufmunternden Karten/Bildern verziert, das hilft dabei vielleicht. Die Idee ist auf jeden Fall gut, weil ich wirklich jeden Tag in den Spiegel schaue (und das auch oft lang, vor allem, wenn ich was an mir "entdecke" was mir gefällt und seiens nur die Haare die heute besonders weich sind oder so).
      Das "macht nichts, ich mag mich trotzdem" versuche ich, mir immer in mein Tagebuch zu schreiben. Schwarz auf weiß ist für mich einfach greifbarer ;)

      @kibalta
      ich denke, man kann die "jetzt ist es eh egal-Problematik" etwas umschiffen, indem man jeden Tag oder jede neue Woche als eine neue Chance sieht. Und eben nicht als neue Herausforderung, nicht als Zeitspanne, in der man dieses oder jenes schaffen muss, sondern kann.
      So arbeitet man ja auch in der Suchttherapie, dass man sich eben bewusst macht: ich kann jeden Tag wieder neu entscheiden, ob ich rückfällig werde - oder nicht.
      Danke. Der Gedanke nimmt gerade sehr viel Druck raus und ich hab mir jetzt vorn auf mein Tagebuch "Jeder Tag ist ein Neubeginn" draufgepappt (ich muss immer alles aufschreiben und irgendwo hintun, wo ich es sehe oder nachlesen kann, sonst vergesse ich sowas sofort wieder, mit Vorliebe die konstruktiven Dinge :thinking blue: ).
      Ansonsten hast du recht, lieber konkretisieren als zu lange gedanklich dran rummachen (worin ich Expertin bin). Und nee, du bist nicht großspurig allwissend. Sondern einfach nur allwissend ;) )

      Grüße an euch beide,
      Fylgja
      hallo liebe fylgia

      also dein problem was das abnehmen betrifft kenne ich nur zu gut. ich habe selber übergewicht, habe aber auch schon oft genug einiges abgenommen, aber es halt nie auf dauer geschafft, mich auch dann daran zu halten. bei mir hat das ganze hin und her jetzt letzendlich zu einer essstörung geführt, aber das ist in anderes thema.

      nun zu dir. also ich finde deinen plan sehr gut und denke das klingt alles recht erfolgsversprechend. nur pass bitte auf dich auf, das das mit dem abnehmen nicht zu sehr ins extreme geht. ich weiß, du kennst das auch und ich will weder den moralapostel oder besserwisser spielen, aber ich weiß selber wie schnell man da abrutschen kann. bei mir war es so, das ich abgedriftet bin mit jedem kleinen erfolg. das hat mich nachher so euphorisch gemacht und diese glückgefühle haben das ganze immer so bei mir gesteigert, das ich immer noch mehr und mehr und immer schneller abnehmen wollte und auch dementsprechend gehandelt habe ohne rücksicht auf die konsequenzen, weil es sich einfach so gut angefühlt hat immer dünner zu werden, komplimente zu bekommen, ganz andere sachen tragen zu können usw...
      ich denke du weißt was ich meine und kennst das alles ja vielleicht auch. deswegen finde ich es auch sehr gut, das du deinen hausarzt bzw den therapeuten da mit einbeziehen willst, damit das ganze besser unter kontrolle bleibt. aber was mir noch einällt: es gibt ja auch noch diverse ernährungsprogramme, oder beratungen, die dir auf deinem weg helfen können. sicher, du weißt ziemlich viel über ernährung, ich meine auch nicht, das sie dir sagen sollen, wie du dich zu ernähren hast. aber vielleicht ist es ja auch hilfreich, ansprechpartner an deiner seite zu haben, die dich auf deinem weg begleiten können und etwas struktur darein bringen? und du könntest andere leute kennenlernen, mit denen du dich austauschen kannst und "in gesellschaft" fällt das abnehmen ja auch etwas leichter und so weiter... vielleicht wäre sowas ja auch was für dich...

      naja, ich habe jetzt ziemlich viel geschrieben und vielleicht hilft dir das ja auch. es waren nur meine ergänzenden gedanken dazu...

      viel erfolg, alles gute und liebe grüße,
      schwertlilie
      Hallo Schwertlilie,

      auch dir vielen Dank für deien Antwort.
      Was du beschreibst, kommt mir sehr bekannt vor. Bei mir ist es bisher oft nach ähnlichem Muster gelaufen. Dieses Glücksgefühl halt, bei mir auch früher immer verbunden mit einem generell besseren Wohlbefinden, weil mein Körper sich meldet, wenn ich gesund/ausgewogen esse. Und man wird ja von außen bestärkt, kann sich Klamotten kaufen die man schon immer mal tragen wollte...naja, ich hab die letzten Wochen ein paar Klamotten gekauft, die nächsten drei Monate sind da keine größeren Anschaffungen mehr drin, hoffentlich kann ich dadurch wenigstens einer weiteren "Falle" ausweichen. Ich hab auch vor Komplimenten diesmal fast schon Angst, eben weil es einen antreibt und dann eben gern zu sehr antreibt. Ich hoffe so sehr, dass das diesmal jetzt klappt, deswegen ja auch das (hoffentlich gut) durchdachte Konzept. Ich bin relativ ehrlich gerade zu mir, merke, dass das mit dm Wiegen schon wieder in die falsche Richtung läuft. Ich warte mal noch zwei Wochen ab (eine bin ich sowieso in Urlaub, die sagt nichts aus) und wenn ich mich dann immer noch täglich wiege, kommt die Waage zu einer Mitbewohnerin ins Zimmer oder gleich ganz zu meinem Freund in die Wohnung.
      Mit den beratungen, meinst du da sowas wie WeightWatchers oder so? Ich weiß, das klingt wie eine Ausrede, aber ich hab dafür kein Geld, da ich Studentin bin und wegen dem ganzen Krankheitskram einfach (noch) nicht arbeiten kann neben dem Studium (und die Semesterferien sind zum einen wirklich Ferien, zum anderen Hausarbeits- und Praktikumszeit). Ich bin da auch etwas skeptisch was Selbsthilfegruppen angeht (wenns da sowas gibt), weil ich mir ehrlich gesagt nicht ständig anhören will, wie es bei anderen mit dem Essen läuft (man, klingt das egoistisch, aber irgendwie ist es halt grade so).

      Liebe Grüße zurück,
      Fylgja
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