Wie viel „Egoismus“ ist normal?

      Wie viel „Egoismus“ ist normal?

      Liebe Fories,


      Ich hab mal wieder eine Glaubensfrage an euch. Aktueller
      Anlass ist folgender. Eine Person wurde über lange Zeit gemobbt und ausgegrenzt.
      Warum, kann ich eigentlich so gar nicht direkt sagen. Sie sieht nicht anders
      aus und verhält sich m.E. auch nicht anders.





      Eines Tages holt diese Person zum Gegenschlag aus und lässt
      sich nicht mehr einfach nur demütigen und ausgrenzen sondern stellt den
      mobbenden Personenkreis zur Rede. Dieser ist sich selbstverständlich keiner
      Schuld bewusst und ist davon überzeugt die gemobbte Person sei doch selber
      Schuld. Alles in allem so, wie es leider oftmals ist.





      Das ist für mich aber nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass
      es eine ganze Menge Menschen gab, die von der Mobberei wussten und diese
      stillschweigend mitgetragen haben. Darauf angesprochen, höre ich immer wieder: „Ich
      habe doch nichts gemacht!“. Ja, eben! Man hat nichts getan, man hat nichts
      getan, um das zu verhindern. Dieses „Ich schau dann mal lieber weg und hab
      dadurch eine weiße Weste“ –Mentalität kann ich nicht nachvollziehen. Für mich
      grenzt das schon beinahe an unterlassene Hilfeleistung. Man sieht, dass jemand
      Hilfe braucht, hilft aber nicht, weil man mit der Sache nichts zu tun hat? Mit
      Menschlichkeit hat das für mich wenig zu tun.





      Ich weiß, in gewissen Dingen sollte man sich abgrenzen
      können. Mir persönlich fällt das immer noch sehr schwer. Auf mich wirkt es sehr
      egoistisch, anderen nicht zu helfen, nur weil man an der Ursache unbeteiligt
      war…





      Wie seht ihr das?





      LG, Evo
      Hallo Evo,

      mir geht es da ganz ähnlich wie dir. Ich selbst könnte niemals an einer Mobbingszene vorbeigehen, ohne einzugreifen, außer es bestünde natürlich die Gefahr, dass die Leute gewalttätig werden, aber dann würde ich wenigstens irgendwo Hilfe holen.
      Das nicht zu tun, IST für mich ganz klar unterlassene Hilfeleistung.
      Diese Art von Egoismus, nicht zu helfen, ist trotzdem leider ziemlich normal, wenn auch, aus meiner Sicht, absolut nicht in Ordnung.

      Allerdings kann ich, zumindest ein bisschen, nachvollziehen, dass Leute nicht helfen wollen.

      Meistens geschieht dies aus Angst vor den mobbenden Leuten, denke ich. "Bin ich dann als nächstes dran?" Aus Angst vor den Konsequenzen.
      Manchmal aber auch sicher aus Faulheit oder emotionaler Dummheit... was auch immer...

      Liebe Grüße,
      schlehe
      Hallo Schlehe,

      danke für deine Antwort. Es freut mich jmd gefunden zu haben, der meine Ansicht teilt. Ich hab das Gefühl, ich kämpfe da immer gegen Windmühlen. Ich denke mir dann immer, was würde ich wollen, wenn ich die gemobbte Person wäre? Ich würde auch nicht wollen, dass alle stillschweigend vorrübergehen. Und wenn ich das nicht will, dass mir so etwas passiert, dann muss wenigstens ich als positives Beispiel, wenn ich es denn mal so nennen darf, voran gehen. Ich kann von anderen keine Hilfe erwarten, wenn ich selbst nicht gewillt bin, in solchen Situationen zu helfen. Das ist der Grund, der mich motiviert, der mich antreibt.

      Und es tut manchmal wirklich in der Seele weh, so wenig Einfühlungsvermögen zu sehen. Angst ist für mich ein berechtigtes Gegenargument. Man könnte aber zumindest anoynm etwas bewirken, vielleicht die Polizei rufen, wenn es gar zu krass wird. Würden diese Menschen es allerdings auch verstehen, wenn sie in der Hilfe benötigenden Situation wären und andere aus Angst nicht helfen?

      Vielleicht ist es gar nicht mal der Egoismus der Menschen, sondern einfach fehlendes Einfühlungsvermögen? Vielleicht war Egoismus zu krass ausgedrückt...

      LG, Evo
      Hey Evo,

      Evo schrieb:

      Und es tut manchmal wirklich in der Seele weh, so wenig Einfühlungsvermögen zu sehen. Angst ist für mich ein berechtigtes Gegenargument. Man könnte aber zumindest anoynm etwas bewirken, vielleicht die Polizei rufen, wenn es gar zu krass wird. Würden diese Menschen es allerdings auch verstehen, wenn sie in der Hilfe benötigenden Situation wären und andere aus Angst nicht helfen?
      Ich denke, dass es von Person zu Person unterschiedlich ist. Also, ich als ehemalige Mobbing-Betroffene kann die Gründe, mir nicht zu helfen, durchaus nachvollziehen und verstehen. Ich schätze, viele Betroffene sehen das anders...
      Und auch wenn das vielleicht jetzt ein wenig selbstweihräucherlich klingt, ich will nicht, dass sich andere für mich in Gefahr bringen, (Polizei kann man natürlich trotzdem rufen) wenn es denn wirklich eine Gefahr gibt.

      Natürlich ist das in den allermeisten Fällen von Mobbing nicht der Fall, war es bei mir auch nie wirklich. Hier kann ich die Gründe der nicht-helfenden Leute zwar nachvollziehen, finde das Handeln aber, wie geschrieben, falsch.

      Ein bisschen was mit Egoismus hat das schon zu tun, finde ich, auch wenn fehlendes Einfühlungsvermögen es vermutlich besser trifft...

      Übrigens tut es mir auch in der Seele weh, sowas zu sehen, aber ich schau sowas auch nicht lange an...dann tut es auch nicht mehr weh, klar...

      Liebe Grüße,
      schlehe