Richtiger Zeitpunkt für erneute Therapie finden?

      Richtiger Zeitpunkt für erneute Therapie finden?

      Hallo liebes Forum,

      ich wende mich mit einer Frage an euch, da ich mich sehr schwer tue, eine Antwort zu finden.
      Ich habe im Oktober meine 4-jährige Therapie abgeschlossen, alle Stunden aufgebraucht und auch das Gefühl gehabt, nun endlich meinen Weg ohne Therapie gehen zu müssen, weil ich für mich irgendwo auf der Stelle getreten bin. Das sah meine Therapeutin ebenso, auch wenn sie meinte, dass ich sicher irgendwann wieder intensive Therapie machen sollte.

      Zu Beginn des Therapieendes ging ich wöchentlich zu einer angeleiteten Selbsthilfegruppe für essgestörte junge Frauen, wo ich mich aber überhaupt nicht wohl fühlte und die Inhalte in der Klinik bereits in intensiverer Form durch hatte. Da ich mich innerhalb der Gruppe emotional nicht öffnen konnte, habe ich das also verworfen und nehme inzwischen lediglich meine Medis.

      Es hat sich viel verändert: ich spiele inzwischen semiprofessionell Theater und erlebe das als eine tolle Art der Therapie, war in einer sehr innigen Beziehung, durch die ich in einigen Punkten voran kam und Sicherheit fand, um auch einige Symptome loslassen zu können. Diese Beziehung gibt es nicht mehr, wobei nach wie vor enger Kontakt besteht und man sich gegenseitig stützt. Nur merke ich, dass ich immer öfter einbreche. In der Beziehung gab es das auch, aber ich hatte wen, den ich um Hilfe bitten konnte und wo dann gemeinsam nach Lösungen gesucht wurde.

      Ich bemerke, dass ich immer wieder mehr in die Essstörung rutsche und viele Impulse zu selbstverletzenden Verhaltensweisen auftreten, die ich bislang aber gut im Zaun halten kann. Das ist auch nicht der Punkt. Ich merke nur, dass meine Stimmung sehr instabil ist, ich die Mitte nicht mehr finden kann, sondern nur die Extreme durchlebe - entweder ich umarme die ganze Welt oder ich wünsche mir den t*d an den Hals. Und ich solchen Momenten kommt die Angst, weil ich nicht sicher bin, ob ich auf mich aufpassen kann. Und da greift mein krankes Beziehungsmuster, woran ich arbeiten _muss, was ich bereits in der Beziehung gelernt habe.

      Ich weiß nicht, ob das Anhaltspunkte sind, wieder eine ambulante Therapie anzufangen. Ich habe nun so lange analytische Therapie gemacht und irgendwie das Gefühl, dass ich daraus nur wenig mitnehmen konnte. Ich kenne Verhaltenstherapie und weiß, dass das nicht meine Form der Therapie ist. Und ich stelle mir nun zu Hauf die Frage, Therapie ja oder nein. Und wenn ja, welche die richtige Form wäre. Traumatherapie - das lässt sich mit meinem momentanen Alltag nicht verbinden, Analyse - dafür fehlt die Zeit, ...

      Ich wäre sehr dankbar für Gedanken.
      Die Glasperlen des Lachens können wieder kl*ng*n
      und wenn ich will, dann kann ich fliegen;
      fliegen über das Meer, das in mir tost..
      Hallo mondmaedchen,

      ich weiß zwar nicht, ob ich dir damit jetzt helfen kann, aber ich schreibe einfach mal meine Gedanken dazu auf...
      Erstmal finde ich es schön, dass du die Therapie erfolgreich abschließen konntest.
      Ich denke, besonders in der ersten zeit ist es schwer, den Alltag ohne Therapie zu meistern, das braucht ja alles seine Zeit.
      Kann es vielleicht sein, dass du Probleme mit den Medis hast, oder lief da bis jetzt alles gut? Weil vielleicht wäre es eine Option diese umzustellen und zu schauen, welche deine Stimmung (du schreibst ja dass sie manchmal sehr instabil ist) wieder etwas stabilisieren kann.
      Deine Therapeutin meinte, dass du irgendwann vielleicht nochmal eine intensive Therapie machen solltest, aber jetzt noch nicht weißt ob und welche, könntest du dich ja bei einer Beratungsstelle beraten lassen, die können dir da bestimmt mehr sagen, oder mal im Internet recherchieren (was du vielleicht auch schon gemacht hast ;) ) was es da an Therapieformen gibt (hier z.B ein Link, wo ein paar Therapiearten beschrieben sind: psychologie-info.org/Therapief…earten/therapiearten.html )
      Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig weiterhelfen!

      LG
      hopelessgirl94
      Liebes mondenmaedchen,

      vielleicht sollte man nicht allzu verkopft an das Thema Therapie heran gehen.
      Was sagt dein Gefühl? Fühlst du dich momentan wohl oder hast du eher das Gefühl, dass es dich doch stark einschränkt und du dich momentan nicht selbst wieder herausmanövrieren kannst.
      Ich dachte auch, dass ich während des Studiums keine Zeit dafür habe und Wichtigeres zu tun habe. Doch schnell merkte ich, dass es eher kontraproduktiv ist und mich auf meinem momentanen Weg wenig weiter bringt.

      Hast du schon mal überlegt eine Körper- oder Kunsttherapie zu machen? Vielleicht hilft es dir ja, deinen Gefühlen und Gedanken auf diese Art Ausdruck zu verleihen. Du schreibst ja, dass das Theaterspielen auch eine Art Therapie für dich ist.

      Wenn du also das Gefühl hast, dass du Unterstützung brauchst, dann zöger nicht lange. Tue dir den Gefallen.
      Was gibt es zu verlieren?

      Alles Gute für dich.
      Stardust.
      Die Sterne leuchten mir den Weg.
      Danke für die schnellen Antworten.

      Ich glaube, du hast Recht mit der Tatsache, dass ich da zu sehr verkopft heran gehe. Aber ich habe einfach das Gefühl (haha.), dass ich mich auf mein Gefühl nicht mehr verlassen kann.

      Mein Alltag läuft irgendwie - ich gehe in die Schule (schulische Ausbildung), erledige dort die ganzen Aufgaben, gehe nebenher etwa drei mal in der Woche arbeiten, bin einmal in der Woche bei der Theaterprobe und arbeite nebenher am Ausbau der Poetryslamerei, was E-Mail-Arbeit, schreiben, ausweniglernen und slamen bedeutet.

      In den Phasen, wo mal nichts ist - was dann eigentlich nur mal abends oder doch mal am Wochenende ist - verkrieche ich mich einfach und ziehe die Decke über den Kopf. Am liebsten würde ich mich den ganzen Tag mit irgendwelchen Drogen wegknallen, weil einfach oft die Energie von jetzt auch gleich komplett im Minus ist oder ich so viel von habe, dass ich mich hasse und überhaupt nichts mehr hinbekomme, außer allen auf die Eier zu gehen. (Das bekomme ich so rückgemeldet, also nichts Subjektives).

      Ich hatte schon innerhalb der Therapie Schwierigkeiten, Termine mit meiner Therapeutin zu finden. Und im Grunde hab ich kein Bock auf den Stress, der sich da auftun würde. Und gleichzeitig sagt mein Gefühl, dass ich ganz dringend an Dingen arbeiten muss, damit ich irgendwann ein halbwegs normales Leben führen kann, dabei aber eben diese professionelle Unterstützung brauche. Und dann schießt sofort der Gedanke in den Kopf, den ich schon von so vielen Therapeuten gehört habe: "Fr. S., Sie wissen in der Theorie alles, ich muss Ihnen fachlich nichts zu sagen. Sie müssen nur lernen, die Dinge umzusetzen.. usw.", das nimmt mir den Mut zur Therapie, weil ich Angst habe, mir immer nur zu denken, dass ich das doch alles weiß, aber einfach den Punkt nicht überlistet bekomme, der die Umsetzung verhindert.

      Die Kreativtherapien in den Kliniken waren immer das, wovon ich am meisten profitieren konnte, aber ich kann mir einfach keine Therapie leisten, bei der ich die Kosten selbst übernehmen soll - selbst mein BAFöG-Antrag wurde ja abgelehnt.. -.-'


      Und meine Medis sollten, glaube ich, wirklich nochmals umgestellt werden. Das habe ich ja schon eine Weile vor, hatte nun in ein paar Tagen einen Termin beim Psychiater, aber der wurde mir nun gestern abgesagt. Und mir würde es schwer fallen, da für mich einzustehen, da ich ihn nicht sehr sympatisch finde, er aber fachlich qualifizierter ist, als der andere Arzt in meiner Stadt.

      Es ist für mich immer so schwer einzuschätzen, wie es mir geht, ob Zeitpunkt für irgendwas wäre oder sonst was. Ich kam immer irgendwie durch, von klein auf. Lediglich bei meiner Therapeutin ging das, dass ich mich darauf einlassen konnte. Aber dorthin kann ich nicht zurück, weil ich inzwischen zu alt bin.
      Die Glasperlen des Lachens können wieder kl*ng*n
      und wenn ich will, dann kann ich fliegen;
      fliegen über das Meer, das in mir tost..
      Und noch mal die Frage ;) :
      Was hast du zu verlieren?
      1x in der Woche einen festen Termin haben, den man gut einhalten kann, um wenigstens einen kleinen Halt zu haben... Eine intensive Therapie kannst du ja immer noch machen, wenn du dich wirklich bereit dafür fühlst und es in deinem Leben (zeitlich etc.) besser einrichten kannst.
      Es gibt auch Kunst- oder Musik-Therapeuten, die ein kleines Kontingent für gesetzlich versicherte Patienten haben. Ruf doch bei deiner KK mal an und erkundige dich für deine Umgebung, sofern du das noch nicht getan hast.
      Wenn du glaubst es könnte dir gut tun, dann versuche alles!

      Natürlich kannst du deinen Alltag gut überwinden und scheinst ja auch gut "Programm" zu haben (zumindest werktags), um auch Aufgaben für dich zu sehen und nicht vollends in ein Loch zu fallen. Das sehe ich auch sehr positiv.
      Trotzdem ist es immer eine Frage, wie wohl man sich damit fühlt und was man sich selbst eingestehen kann. Was bringt es dir, wenn du nach außen hin alles schaffst, dich innerlich aber ganz elendlich fühlst und spürst, dass du Stück für Stück Richtung Destruktivität tendierst? Wie gut oder schlecht geht es dir tatsächlich?

      Ich weiß rein rational auch "alles", was ich bzgl. Gesundung der Psyche und Co. wissen muss, was mir gut tut, was in meiner Wahrnehmung falsch läuft, blaaablaaaa. Und trotzdem gehe ich zur Therapie, EBEN WEIL ich es auch nicht schaffe, das rationale Wissen zu über- und umzusetzen. Das ist doch der entscheidende und v.a. schwierige Schritt?! Wenn man sehr reflektiert ist, dann versteht man viel. Heißt aber noch lange nicht, dass man es für sich anwenden kann. Und auch das kann man in einer Thera lernen. Ist aber sicherlich nicht ganz leicht. Ich habe diesen Schritt auch noch nicht geschafft und verfluche mich jedes Mal aufs Neue.
      Es sind zwei verschiedene Baustellen. So. ;)

      Ich hoffe ich wirke nicht belehrend o.ä., das möchte ich nicht sein. Viel eher kann ich deine Gedanken sehr gut nachvollziehen. Kenne sie von mir und stehe auch immer wieder vor dem Punkt. Therapie weiter machen oder aufhören. Aber das tut in deinem Thread nichts zur Sache.

      Stardust.
      :xmasrolleyes:
      Die Sterne leuchten mir den Weg.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „stardust“ ()

      Liebe N.,


      es gibt auch Ergotherapeuten, die Kunsttherapie anbieten, das dann aber eben über ein ergotherapeutisches Rezept abrechnen. Die sind schwer zu finden, also erstmal nur eine Anregung. Die Kunsttherapie arbeitet aufdeckend, ich glaube, das ist nicht das was du suchst oder? Deshalb wäre Gestalttherapie besser.. aber, ich weiß, die Kosten sind nicht zu wenig. Wie wäre es, wenn du alle zwei Wochen sowas machst, wäre das machbar?

      Ansonsten: Hast du schon mal tiefenpsycholgisch gearbeitet? Das geht nicht ganz so tief wie die Analyse, ist aber auch nicht verhaltensorientiert. Denn da bist du, soweit ich etwas von dir mitbekomme, weit drüber hinaus. Das weißt du wirklich alles und kannst es nur noch anwenden. Hast du nach Gründen gesehen warum es nicht besser wird? Was soll besser werden?
      Du weißt was du tun musst, damit du nicht wieder in die ES zurückrutscht. Weißt du auch wieso du zurückrutscht und was dahinter steht? Die Klinik, in der du warst, arbeitet verhaltenstherapeutisch - hast du die Hintergründe auch herausgefinden und bearbeiten können? Oder in der Analyse? Und wie ist das mit deinen anderen Problemen/Symptomen/Macken? Konntest du da etwas wirklich aufarbeiten?

      Einiges wird bleiben. Das Essen wird nie ein normaler Faktor sein und sobald wir zufällig ein paar Kilo abnehmen, drehen unsere Köpfe sofort wieder durch. Zumindest glaube ich nicht, dass eine Essstörung, die über so einen langen Zeitraum hinweg bestand bzw. besteht, irgendwann Ruhe gibt. Und so ist es auch mit vielen anderen Dingen: Manches wird bleiben. Und die Angst, wenn man bemerkt, dass man wieder mehr traurig ist oder sich Verletzungen oder anderes wünscht, davor, dass jetzt alles wieder anfängt und dass das bedeutet, dass man nicht klarkommt, die ist so verständlich, aber nicht immer begründet. Manchmal aber eben doch und ich finds gut, dass du auf dich achtest und dir Gedanken machst.

      Gibt es bei dir Beratungsstellen? Bei mir gibt es einige, die nichts kosten oder die ihre Preise individuell gestalten. So hättest du zumindest erstmal einen Ansprechpartner, mit dem du dann auch über eine weitere, mögliche Therapie sprechen kannst. Und wenn du dich traust, dann sprich das bei deinem Psychiater an. Und wenn du mit dem nicht so gut reden kannst, dann lass dir dort nur deine Medikamente geben und geh dann zu dem anderen und besprich deine Themen (der Medikamentenpsychiater muss davon ja nichts wissen und andersrum) - ist vielleicht nicht die nobelste Art, aber ich würd es so machen. Einfach, um eine Einschätzung von jemandem zu haben, den du nett findest und der Ahnung hat und dich vielleicht schon etwas kennt?!

      Es scheint noch Dinge zu geben, die du bearbeiten möchtest und musst. Muss das jetzt sofort sein oder kann das auch noch ein halbes Jahr, Jahr warten? Wieso sofort jetzt? Manchmal tut es auch gut, erstmal zu leben (auch mit all dem Mist) und später weiterzumachen und zu merken, dass man es kann. Und wenn es erstmal für einen bestimmten Zeitraum ist.

      Eine Sache noch:
      Du sagst, wenn du nichts zu tun hast, dann verkriechst du dich. Wo ist die Zeit nur für dich? Sowas wie malen oder entspannen oder kreativ sein - aber nicht für eine Gruppe oder für den Poetry Slam, sondern nur für dich. Weißt du was ich meine? Da hast du bestimmt auch einiges aus der Klinik mitgenommen oder?


      Alles Liebe,
      disarming
      For this is rock n roll, I’ve got a rock n roll soul
      And we are freedom fighters. For now...
      (The Tunics)


      ToWriteLoveOnHerArms