Je schlimmer, desto schlimmer?

      Je schlimmer, desto schlimmer?

      Mich beschäftigt schon seit einer Weile diese Frage: Ist das SVV schlimmer je nach Schwere des Erlebten? Und werden Menschen mit “schlimmeren“ SVV ernster genommen?
      Diese Frage ist bei mir entstanden während ich mich mal gefragt habe, ob das was ich erlebt habe, schlimm genug ist um sich so zu fühlen, wie ich mich fühle. Meine Therapeutin aus der Tagesklinik hat mir nämlich oft das Gefühl gegeben, eigentlich nichts schlimmes erlebt zu haben und alles was mir passiert ist sei gar nicht mal so schlimm (okay man muss ihr lassen, dass sie nicht von allem wusste). So habe ich mich auch gefragt, ob das SVV auch je nach Schwere des Erlebten auch schlimmer ist. Oft hab ich auch Angst von Therapeuten und Ärzten nicht ernst genommen zu werden, weil ich mich nicht bis auf die Knochen r*tz*...

      Was meint ihr? Kennt ihr solche Ängste auch?
      “Pain demands to be felt.“

      - “The Fault in our stars“ von John Green
      Hey du!

      Ich kenne das auch..
      Als ich stationär war, hatte ich nicht das Gefühl. Mein Therapeut hat einem selbst beim kleinsten kr*tz*r nicht das Gefühl gegeben das es schwachsinn ist..

      Bei mir kam das erst etwas später.. Wenn ich mir jetzt w*h tu, dann frag ich mich ob das denn so schlimm war das ich das tun musste.. Dann ärger ich mich oftmals sogar darüber, dass ich mir nicht mehr w*h getan habe..
      Klingt jetzt irgendwie alles recht wirr, aber ich weiß aufjedenfall was du meinst. Mach mir da auch oft Gedanken drüber..

      Grüße
      “When everything seems to be going against you, remember that the airplane takes off against the wind, not with it.” ~ Henry Ford
      Hallo Scherben,

      ich bin mir nicht ganz sicher ob du da mit deiner Frage darauf hinaus willst, denn ich denke, du weißt, dass es keine lineare Beziehung zwischen schlimmen Erlebnissen und SVV gibt. Und ebenso wenig lassen sich schlimme Erlebnisse und Traumata in "Schweregrade" oder ähnliches einteilen, da man in der aktuellen Psychologie, so weit ich weiß, davon ausgeht, dass zu einem Ereignis immer die subjektive Bewertung darüber gehört und nur beides zusammen kann dich in irgendeinem Grad psychisch krank machen oder eben eher gesund lassen. Der eine reagiert auf ein bestimmtes Ereignis mit zwei Tagen Magenschmerzen, der andere entwickelt eine chronische psychische Störung, der dritte reagiert überhaupt nicht.
      Was ich sagen will, es kommt nicht darauf an, wie "objektiv" (wenn sich das messen ließe) schlimm das, was du erlebt hast, ist, sondern wie du es verarbeitest und wie sehr du darunter leidest. Und das kann von außen erst einmal niemand beurteilen.

      Trotzdem kenne ich die Angst davor, nicht ernst genommen zu werden, weil man glaubt, nicht genug erlebt zu haben, was die eigenen Symptome "rechtfertigen" würde. Ganz schlimm war das bei mir in den Wochen bevor ich in die Klinik gekommen bin, und dann war ich ganz überrascht, dass man mich da trotzdem total ernst genommen hat, obwohl ich bis zum Ende keinen genauen Grund benennen konnte, warum das eigentlich alles so geworden ist. Es hat etwas gedauert, bis ich das so akzeptieren konnte, dass Ärzte und Therapeuten mich tatsächlich ernst nehmen, aber irgendwann habe ich das ganze dann selbst etwas ernster genommen, was auch für die Therapie ziemlich wichtig war.

      Mich würde deshalb interessieren, wo durch deine Therapeutin dir diesen Eindruck vermittelt hat oder glaubst du, dass dir das eher nur so vorkam? Denn auch wenn es schwer ist, diese Unsicherheit oder Angst darüber zu überwinden, solltest du dir deine Frage ob das, was du erlebt hat, schlimm genug ist, um dich so zu fühlen, wie du dich fühlst, mit einem ja beantworten, denn sonst würdest du dich nicht so fühlen, wie du dich fühlst. Dein Gefühl dazu hast du dir ja nicht ausgesucht.


      Ich hoffe, dass du da etwas mit anfangen kannst. :)

      Liebe Grüße,
      Granul
      It is possible to commit no error and still lose. That is not a weakness... that is life. (Jean-Luc Picard)
      Hallo Granul,

      ja natürlich weiß ich das man Erlebnisse nicht in Schweregrade einteilen kann und dass jeder anders auf etwas reagiert und mir kommt meine Frage langsam auch etwas dämlich vor, aber sie ist trotzdem da. Ich bin mir auch dessen bewusst, dass es keine wirkliche Antwort auf die Frage gibt.

      Es kann natürlich sein, dass ich mir das auch nur eingebildet habe, aber es kam mir vor als würde sie mich und meine Probleme nicht ernst nehmen und es als Lapalie abtun. Als wäre das ganze gar nicht schlimm. Ich kann nicht genau sagen, wie ich zu der Annahme komme. Aber das ganze hat mich mal so verrückt gemacht bzw. macht mich manchmal noch so verrückt, dass ich das Gefühl bekam mich nicht so fühlen zu dürfen, wie ich mich fühle, weil es für gewisse Menschen dafür keinen Grund gab, dass ich mich dadurch noch schlechter gefühlt habe.

      Ich hoffe du verstehst was ich meine,..
      “Pain demands to be felt.“

      - “The Fault in our stars“ von John Green
      Hallo Scherben

      Wer sich v*rl*tzt hat nicht immer schlimmes erlebt (aber doch meistens, meiner Erfahrung nach), und nicht jeder der schlimmes erlebt hat, v*rl*tzt sich. Das steht nicht zwingend im Zusammenhang. Aber ich denke schon, dass Menschen die sich schlimmere v*rl*tz*ngen zufügen, ernster genommen werden. Auch wenn das idiotisch ist, da der Grad der v*rl*tz*ng nicht unbedingt der Schwere des inneren Leidens entspricht. Ich für meinen Teil würde zwar schon sagen, umso schlechter es mir geht, desto schlimmer sind die entstehenden v*rl*tz*ngen; aber das ist sicher bei jedem anders. Es gibt ja auch Leute mit sehr schlimmen Erlebnissen, die sich trotzdem "nur" kr*tz*n.
      Aber ich muss gestehen, auch ich neige dazu einen kr*tz*r weniger ernst zu nehmen, als eine frisch vernähte Schnittwunde.
      Ich kenne es unterschiedlich.
      Ich kenne Theras die echt jeden kr*tz*r ernst nehmen und hinterfragen und so finde ich es auch richtig.
      Alles andere ist krass!
      Das darf nicht sein.

      Also... ich nehme auch alles ernst wenn ich es sehe und stutze.

      Und ganz klar:
      Viele haben Schlimmes erlebt und v*rl*tz*n sich nicht.
      Andere die sich v*rl*tz*n haben z.B. vllt kein Trauma.
      Wie auch immer.
      Man kann es nicht pauschalisieren.

      Niemand sollte anfangen müssen sich NOCH schlimmer zu v*rl*tz*n!
      Wenn das im Raum steht läuft was gründlich schief.
      Man kann den Wind nicht ändern, aber die Segel neu setzen.
      Hey Scherben,

      du brauchst dir wegen deiner Frage nicht dämlich vorkommen, denn wie du siehst, beschäftigt das auch andere. Und auf eine Art ist SVV immer irgendwie eine Kommunikation von Innen mit Außen, denke ich, und dann spielt es doch irgendwie eine Rolle, inwiefern das ganze von anderen ernst genommen wird.

      Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ob ich das richtig verstanden habe, aber du hast jetzt nichts mehr mit dieser Therapeutin zu tun, oder? Weil wenn doch, dann würde ich vielleicht mal versuchen, irgendwie anzusprechen, dass du dich nicht ernst genommen fühlst, auch wenn es schwer ist.
      Ansonsten kann ich dir leider keinen Tipp geben, wie du das Gefühl los wirst, nicht so fühlen zu dürfen, aber ich denke, ich verstehe, wie du es meinst. Vielleicht kommt das einfach irgendwann, wenn du versuchst, dich damit abzufinden, dass du es eben tust. ?( Also erst einmal zu dem Gedanken "es ist eben so" kommen und von da aus dann zu "es ist okay so"...

      Lg
      It is possible to commit no error and still lose. That is not a weakness... that is life. (Jean-Luc Picard)
      Hallo Scherben,

      ich kenne bzw. eher kannte das Gefühl auch, dass man sich bei "kleineren" Kratzern manchmal weniger ernst genommen fühlt als bei tiefen Wunden.. total dämlich, mich hat dieses Gefühl leider dazu gebracht, mich schlimmer zu v*rl*tz*n. bei meiner Kinder-und Jugendpsychologin, bei der ich damals wegen Essstörung war, hatte ich das Gefühl, dass es hauptsächlich darum ging, dass das Essverhalten passt (so nach dem Motto -> sie nimmt zu, also gehts ihr gut; sie nimmt ab, also gehts ihr schlecht). Dass es mir schlecht ging obwohl mein Gewicht gepasst hat, hat sie nicht ernst genommen. folge: ich nahm wieder ab. so ähnlich auch später mit dem Selbstv*rl*tz*n. Wahrscheinlich wissen einige Menschen (und leider manchmal auch Therapeuten) gar nicht, was sie damit auslösen.

      außerdem muss man nichts offensichtlich schlimmes erlebt haben, damit es einem schlecht gehen darf oder um sich selbst zu v*rl*tz*n. [.....]





      [edit: 3 Sätze rausgenommen. Bitte die Löschkriterien beachten. Free]

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      Hey,

      ich bin nicht der Meinung, dass man die Schwere des SVV an der Schwere des Erlebten messen, oder es zumindest damit vergleichen sollte. SVV ist und bleibt eine ernstzunehmende Krankheit, natürlich ist schweres SVV schwerwiegender, vorallem wegen Selbstm...gefahr /-absicht etc. Allerdings ist bei jeder Form des SVVs die natürliche Barriere des Körpers überschritten, die einen daran hindert, sich selbst etwas zuzufügen. Allein diese Überwindung, die jeder Betroffene dabei geleistet hat, oder immer noch leistet, ist ein Indiz dafür, dass etwas gewaltig schiefläuft oder schief gelaufen ist und deshalb sollte jede Form ernstgenommen werden.

      Und zu deiner Therapeutin... nun ja, meines Erachtens sollte ein Therapeut, das Gefühl vermitteln, dass man "beschützt" ist vor sich selbst, vor dem Umfeld etc und dass es OK ist, darüber zu sprechen, schließlich ist es ja ihre Profession.

      Also du solltest dich nicht fragen, ob das Erlebte schlimm genug ist, oder nicht, denn in beiden Fällen würdest du dich miserabel fühlen: Ist es berechtigt, so führst du dir vor Augen, wie schlimm das Erlebte war/ist und du versinkst in negative Gedanken. Ist es deiner Meinung nach nicht berechtigt, so versinkst du eventuell in Selbsthass, da du dich schämst, dich trotz allem so gefühlt zu haben. Also wie schon gesagt, ist beides eher kontraproduktiv. Denn letztendlich fühlst du dich doch, so wie du dich fühlst und etwas war ja der Auslöser, also egal ob gerechtfertigt oder nicht, das ist doch schlimm genug.




      Ich hoffe es ist einigermaßen verständlich, was ich meine.

      Alles Gute
      xoxo

      Übrigens wer mich vollquatschen möchte, nur zu, hab'n Öhrchen frei


      kokolinausecke.wordpress.com/ Vorbeischauen kann nicht schaden :)
      Hallo Scherben,

      ja, ich kenne solche Ängste auch von früher, und ich bin mittlerweile der Meinung, dass Schwere des Erlebten (was ja ohnehin immer subjektiv ist) und SVV in keiner Relation stehen.
      Was mir allerdings in vielen Fällen aufgefallen ist, ist die Korrelation, dass sich das SVV im Laufe der Zeit verschlimmert.. allerdings muss das nicht unbedingt immer der Fall sein (ich kenne auch Leute, bei denen das Ausmaß sozusagen gleich geblieben ist). Ist nur meine Beobachtung ohne Allgemeingültigkeitsanspruch.

      Scherben schrieb:

      (...) Meine Therapeutin aus der Tagesklinik hat mir nämlich oft das Gefühl gegeben, eigentlich nichts schlimmes erlebt zu haben und alles was mir passiert ist sei gar nicht mal so schlimm (okay man muss ihr lassen, dass sie nicht von allem wusste). (...) Oft hab ich auch Angst von Therapeuten und Ärzten nicht ernst genommen zu werden, weil ich mich nicht bis auf die Knochen r*tz*...
      (...)



      Hmmm :huh: das sollte aber nicht der Fall sein.

      Wie die anderen vor mir schon gesagt haben, SVV ist immer ein Anzeichen, dass was nicht stimmt. Sonst würde man's nicht machen.

      Das Problem beim SVV sind weniger die körperlichen Auswirkungen (wobei die natürlich zu einem Problem werden können) als der Akt an sich (man verl*tzt sich selbst, weil man sich schlecht fühlt).

      Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen: selbst wenn du dich noch nie krankenhausreif ge***** wasauchimmer hast, kann das SVV dich noch Jahre später verfolgen, auch wenn du schon einige Jahre clean bist. Also, das sage ich nur, um das zu unterstreichen: es muss nicht extrem schlimm aussehen, damit es ein gravierendes Problem ist.

      (...) dass ich das Gefühl bekam mich nicht so fühlen zu dürfen, wie ich mich fühle, weil es für gewisse Menschen dafür keinen Grund gab, dass ich mich dadurch noch schlechter gefühlt habe.(...)


      Aber du darfst es! Gefühle brauchen nicht unbedingt einen äußeren "rationalen" Anlass, um zu existieren, und keine Legitimation. Was ist, ist.

      Liebe Grüße, Kasmodiah
      ~ Memories that touch our hearts will never fade away ~

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