Ein Freund und ich

      Ein Freund und ich

      Länger ist es schon her, dass ich hier etwas gepostet habe, und inzwischen bereits das Stadium erreicht, in dem ich meine alten Beiträge mit einer gewissen Distanz lese, als seien sie mir fremd. Ich bin gefallen, aufgestanden, habe weitergemacht und bin an einem Punkt angekommen, an dem es mir zwar nicht gut geht, sich mein Zustand sogar verschlechtert, ich aber genug Hoffnung habe, um auf Ziele hinzuarbeiten.

      Nun muss man wissen, dass ich aktiv in Onlineforen bin, einige moderiere und viele neue Leute kennengelernt habe. Mit einigen habe ich mich bereits getroffen, so unter anderem mit einem Jungen, der ungefähr ein Jahr älter ist als ich. Zwischen uns lief eigentlich nie viel mehr als eine Freundschaft, wenn auch zwischen uns eine gewisse Intimität herrschte. Vielleicht als "Freundschaft mit gewissen Vorzügen" definierbar. Praktisch passierte allerdings nichts, wir scherzten nur gerne über seine Nachhilfetätigkeit und seine Schwäche für Shades of Grey.
      Zu der Zeit war ich in einen anderen Jungen verknallt. Ich grenze leicht die Begriffe lieben und verliebt sein ab, ebenso wie ich verknallt nochmal auf eine ganz andere Stufe stelle. In diesem Falle schwärmte ich sehr für ihn, aber ich kannte ihn (noch) nicht real - was sich tatsächlich übernächstes Wochenende aber ändern wird. Für mich ist er nämlich tatsächlich so ein Fall, bei dem Liebe wachsen kann und bei dem sich mein anfängliches nur spaßeshalber gemeintes Fangirling bereits ziemlich gewandelt hat. Er ist ein Hamburger Student und wir sind ziemlich auf einer Höhe, allerdings ist er der Ansicht, dass ich Besseres verdient hätte als ihn und dass die Distanz zu groß ist. Es ist vernünftig, jedoch ist er sehr wankelmütig, ich weiß nie woran ich bin. Ab und an macht er mir Hoffnungen, möchte mit mir skypen oder sagt, wie sehr er sich auf die Buchmesse freut, wo sich unsere Clique das erste Mal seit der Gründung vor 5 Jahren (Ich bin erst seit 1-2 Jahren dabei) real sieht.

      Ein andernmal hingegen wendet er sich vollkommen ab, liest meine Nachrichten, aber antwortet nicht. Ist tagelang offline oder nur in unserem IRC-Channel on. Mich ignoriert er jedoch auch dort, wenn ich ihn anschreibe oder sagt, er könne von mir kein Verständnis für seine Situation erwarten. Ich weiß, dass er momentan hin und hergerissen ist, aber mich stört sein großer Pessimismus, in dem er beispielsweise annimmt, niemals jemanden kennenzulernen. Er wurde in der Vergangenheit v*rl*tzt, ich jedoch auch. Und genau deshalb reagiere ich empfindlich, wenn sich in mir Befürchtungen äußern, nur ausgenutzt oder verarscht zu werden, was er wiederum nicht versteht oder ihn nicht weiter zu tangieren scheint. Ist ihm zu tiefgehend und psycho um es ihm zu sagen, habe ich manchmal das Gefühl. Und nehmt es ihm nicht übel, er kann ziemlich zärtlich und gefühlvoll sein, hat jedoch unter anderem schlechte Erfahrungen mit einer relativ gefühlskalten Psychopathin gemacht, seinen Aussagen nach. Seitdem geht er allem Psychischen aus dem Wege.

      Nun ist es so, dass er durch Zufall auf meinen Youtube-Account stieß, wo unter anderem Helios' To write Love on her Arms unter meinen letzten Likes war. Zuvor war eigentlich eine Art Hoch zwischen uns, wir schrieben stundenlang täglich, doch nachdem er diesen Verlauf sah, distanzierte er sich immer mehr. Er meinte es würde ihm nichts ausmachen und seine beste Freundin hätte sich sebstv*rl*tzt, aber ich glaube ihm nicht so wirklich, will jedoch auch nicht wirklich darauf herumreiten. Habe eigentlich keine Lust, diese Seite an mir so sehr in den Vordergrund zu rücken, da sie zwar dazugehört aber mich auch nicht definiert.

      Wiegesagt ist diese Situation ziemlich schwierig und ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll, aber warte wohl bis zur Buchmesse ab.

      Komplizierter macht diese Situation nun mein anderer Freund, der mich zur Zeit ziemlich aus meinem Tief geholt hat, nachdem sich einige Freundschaften im Sand verlaufen haben. Ich kenne inzwischen seine intimsten Geheimnisse und er tut mir gut. Von mir weiß er nichts, auch wenn es mir auf der Zunge lag, als er meinte, ich sei seiner Exfreundin so ähnlich, und diese habe Depressionen gehabt (Nicht in einem Satz, aber in einer Unterhaltung, da er mich heute erst als Sonnenschein bezeichnete, sollte er nichts ahnen, hat auch auf keinem Treffen etwas gesehen).
      Als ich ihm erzählt hatte, dass ich Speak angesehen habe und ihm den ungefähren Inhalt zusammengefasst habe, meinte er nur "Okay ... Also ziemlich viel kranke Scheiße?". Ich versuche, nicht mehr sensibel zu sein, aber manchmal sticht soetwas durchaus noch.

      Nun ist es so, dass er die ganze Zeit Single war und wir uns gegenseitig aufgemuntert haben. Rumgealbert, und so weiter. Doch nun hat sich seine Exfreundin, die er noch immer über alles liebt zurückgemeldet, da sie sich von ihrem Freund getrennt hat. Ich kann es noch nicht ganz glauben, vor allem weil sie ihn sitzen ließ und er nun zu ihr zurückgehen würde. Ich habe Angst, dass sie alles kaputt macht, bin mir auf einmal auch nicht mehr sicher, ob von meiner Seite aus nur Freundschaft im Spiel ist und möchte ihm zugleich helfen. Andererseits sehe ich mich selbst immer als die winkende, müde lächelnde Person, wenn ein Freund mit jemand anderem Hand in Hand weggeht. Insgesamt fühle ich mich in letzter Zeit deshalb einfach nur kraftlos und melancholisch, werde wieder depressiver. Ich weiß nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll, da er meinte, ich sei in der letzten Zeit komisch. Ich weiß nicht, was ich ihm sagen soll und wie ich ihm helfen soll, wenn ich solche Angst habe, dass es schon wieder nicht mehr daselbe sein wird. Dass alle mich nur als kleine Schwester ansehen, die sie früher oder später im Nest zurücklassen. Ich möchte nicht mehr, dass alles an mir vorbeiläuft und ich zusehe, aber ich habe keine Kraft mehr für Eigeninitiative. Ich merke schon jetzt, wie wir zwar zwei Stunden telefonieren, aber doch nur 3 Wörter gewechselt haben.

      Ehrlich gesagt bin ich mir unsicher, was ich mir von diesem Beitrag erhoffe, aber es tat gut, alles einmal etwas zu ordnen und aufzuschreiben. Vielleicht geht es einigen genauso oder jemand kann helfen, auch wenn ich mir bei dieser Thematik keine Hoffnungen machen möchte.
      So don't turn away now...
      I am turning in revolution.
      These are the scars that silence carved
      on me.
      Hallo Sparkling Teardrop,
      eine Sache sticht fuer mich aus deinem detaillierten Beitrag hervor: Du musst dir ueber deine eigenen Gefuehle im Klaren werden, um Entscheidungen treffen zu koennen.

      Zu deiner Beschreibung des ersten Jungen moechte ich behaupten, dass bei dieser Beziehung viel von deiner Stabilitaet abhaengt. Er ist wankelmuetig und damit unberechenbar. Selbst wenn er dich hinhaelt oder du sein Interesse wecken kannst, steht dennoch nicht fest, ob er dir tatsaechlich gut tun wird.

      Was eine Ueberleitung zu dem zweiten Jungen ist. Du sagst, er haette dich aus aus deinem Tief geholt. Was genau hat das vollbracht? Denn er scheint keinen Schimmer von dir und deiner Vergangenheit zu haben (was ja erstmal kein Problem darstellt). Aber vielleicht hilft es dir, wenn du nachvollziehen kannst, 'was' an den Gespraechen mit ihm dir geholfen hat.

      Denn wenn du anfaengst, dich ihm etwas zu offenbaren, ihm etwas von deinem Leben und auch deinen Gefuehlen zu erzaehlen, koenntest du dieses 'was' moeglicherweise verlieren. Ich will dir keine Angst machen, es ist nur eine Moeglichkeit.

      Beide Situationen setzen aber voraus, dass du dir darueber im Klaren wirst, was genau du eigentlich moechtest. Dann kannst du dich darauf konzentrieren!


      Dein Satz vom Fallen, Aufstehen, Weitermachen und der 'trotz-Allem-Hoffnung' hat mich irgendwie sehr beruehrt ... das nur am Rande.
      Lieben Gruss
      Waiting To Be Born