Beziehung --> Chaos/Verzweiflung

      Beziehung --> Chaos/Verzweiflung

      Hallo Ihr alle..

      ich bin im Moment wirklich sehr aufgewühlt und planlos. Könnte mir vorstellen, dass einige hier ähnliches kennen oder erlebt haben…deswegen dachte ich, dass ich mal hier schreibe - vielleicht kann und will ja jemand was dazu schreiben…

      Also…ich hab seit einigen Wochen einen Freund, die ganze Sache läuft schon länger, es hat nur sehr lange gebraucht bis ich mich mal dazu durchringen konnte, eine feste Beziehung einzugehen. Dazu muss ich sagen, dass ich sowas schon ziemlich lang nicht mehr probiert habe, und alle Versuche bisher auch kläglich gescheitert sind. Ich hatte quasi noch nie eine ernsthafte, längere Beziehung (bin 22 Jahre alt), in den letzten Jahren eigentlich nur Affären und One-Night-Stands. Diese meist mit viel älteren Typen, die mich teilweise auch extrem scheiße behandelt haben. Damit geht es mir schon sehr lange ziemlich schlecht, es ist mehr so eine Selbstzerstörungssache als dass ich da Spaß dran hätte – bisher habe ich es nicht geschafft, das langfristig bleiben zu lassen.

      Jetzt ist es so, dass ich es ja bleiben lassen MUSS, nicht nur für mich, sondern auch für meinen Freund, schließlich erwartet er ja von mir, dass ich ihm treu bin, zumindest gehe ich jetzt mal davon aus, wir haben da nichts anderes besprochen. Ich will das auch, ich mag ihn gerne und will ihn nicht v*rl*tz*n. Außerdem weiß ich, dass ich mich damit selbst auch verletze. Jetzt habe ich es leider schon wieder nicht geschafft das durchzuziehen, und ihn betrogen. Ich habe ein wahnsinnig schlechtes Gewissen und es ging mir furchtbar danach…ich hatte vor, mit ihm drüber zu reden, habe es irgendwie aber einfach nicht geschafft. Andererseits weiß ich auch, dass es mir nichts bedeutet und denke mir, wenn ich es schaffe, das jetzt bleiben zu lassen, sage ich es ihm vielleicht lieber nicht...ich weiß, dass es ihm wahnsinnig w*h tun würde.

      Die andere Sache ist, dass ich einfach überhaupt nicht mit der Situation umgehen kann. Ich kenne es einfach nicht, dass da jemand ist, der es ernst mit mir meint, dem es wichtig ist, wie es mir geht. Er ist wirklich wahnsinnig lieb, und will seine Zuneigung auch immer ausdrücken, sei es körperlich oder verbal. Nur mich überfordert das total. Ich kann es weder verstehen, noch kann ich es annehmen oder sonst irgendwas…eigentlich setzt es mich irgendwie wahnsinnig unter Druck. Er weiß das auch und ist wirklich sehr vorsichtig mit dem was er sagt und tut, aber naja…es fällt mir trotzdem so schwer. Ich brauche auch viel länger bei ihm mit allem, also bis ich etwas zulasse, was ja eigentlich angesichts der anderen „Männergeschichten“ schon ziemlich absurd ist. Ich glaube, ich habe einfach wirklich überhaupt kein gesundes Gefühl mehr für das alles, wie das eben "richtig" funkntioniert, und wie es sich eigentlich anfühlen sollte...weil ich es einfach noch nie gehabt habe.

      Gleichzeitig wühlt die Beziehung und alles was damit einhergeht ziemlich viel Vergangenes in mir auf…mir wird jetzt erst so richtig klar, was da so passiert ist, was mir angetan wurde und was ich mir letztendlich auch teilweise selbst angetan habe. Seit einiger Zeit habe ich jede Nacht Albträume von Dingen die passiert sind, oder damit zu tun haben…oder ähnliches. Es ist dann so, dass ich nachts total nassgeschwitzt aufwache und auch oft nicht mehr einschlafen kann, weil ich Angst davor habe, wieder so etwas zu träumen. Es ist auch tatsächlich so, dass ich wenn ich dann einschlafe wieder sowas träume. Das Ganze ist so anstrengend und es geht mir auch tagsüber oft sehr schlecht. Es ist so, dass ich mir überlege, ob ich nicht diese Beziehung beende, weil es so viel Negatives in mir aufwühlt. Außerdem habe ich das Gefühl, dass ich ihm nicht gut tue, er weiß das eben nur noch nicht. Ich kann ihm weder das geben was er braucht, noch kann ich wirklich sicher sagen, dass ich ihn nicht nochmal betrügen werde…ich bin ziemlich kaputt einfach und kann auch sehr gemein werden, wenn mich etwas überfordert/mir zu nahe geht…das alles will ich nicht, das hat er nicht verdient.

      Nach diesem ganzen Wirrwarr – ich hoffe, man kann es einigermaßen lesen und ich habe niemanden getriggert …
      Kennt das wer, fällt irgendjemandem was dazu ein, egal was? Wie kann ich es schaffen, das anzunehmen, obwohl und bestenfalls sogar weil es mir eigentlich gut tut, weil er gut zu mir ist? Wie kann ich dieser so lange errichteten Mauer vielleicht ein paar Steinchen nehmen…ihn wirklich, auch emotional an mich ranlassen? Und wie komme ich mit diesem ganzen Chaos in meinem Kopf klar?
      So viele komplizierte Fragen, auf die Ihr gar nicht unbedingt speziell antworten müsst, das kam mir grade nur spontan in den Kopf…ich bin einfach dankbar über jede Antwort…

      Eine gute Nacht und lieben Gruß,
      feder_vogel
      "Ich glaube [...] nicht allein nicht an die Existenz eines Gottes in, über oder jenseits dieser Welt,
      ich glaube oft nicht einmal an diese Welt."
      Wolfgang Herrndorf
      Hi,

      ich habe/hatte ähnliche Probleme und fast das einzige, was ich dir dazu sagen kann ist: Es braucht Zeit. Ein paar Wochen sind gar nichts, erst recht nicht, um deine Erfahrungen mit Männern zu negieren.

      Deine Reaktionen auf seine Annäherung sind ziemlich normal, weil sie dein bisheriges Weltbild durcheinanderbringen. Ich bin schon ein paar Jahre mit meinem Freund zusammen und verfalle immer noch in alte Verhaltensmuster, bin versucht, mich auf destruktive Affären einzulassen etc. Ist ist schon weniger geworden mit der Zeit, aber es kommt immer mal wieder.

      Ich habe auch am Anfang der Beziehung meinen Freund betrogen und es ihm nie gesagt. Ich glaube, dass das gut war, kann es aber natürlich nicht so verallgemeinern. Jetzt würde ich das auch anders handeln, aber damals war ich eben emotional noch nicht so richtig in der Beziehung drin, das hat bei mir sehr lange gedauert, und deshalb habe ich es mir selbst auch verzeihen können.

      Die Beziehung zu beenden wird dein Leben nicht verbessern. Die Probleme werden immer wieder kommen, mit jeder neuen Beziehung, und willst du dann jedes Mal weglaufen? Besser wäre es, sich mit den Problemen zu befassen und damit umgehen zu lernen. Wir sind vielleicht schwierig, aber es gibt eben auch sehr viele liebenswerte Seiten an uns, die manche sehen und sehr schätzen. Vielleicht ist dein Freund ja auch jemand, der deine liebenswerten Seiten sehr schätzt, mehr als du. Meinst du nicht, dass du es der liebenswerten feder_vogel schuldig bist, ihr eine wohltuende Beziehung zu ermöglichen? Einen Menschen, der sich um sie kümmert und sorgt? Und dass es an der Zeit ist, dass die andere, die destruktive feder_vogel mal ein bisschen zurücksteckt?

      LG Puppenspielerin.
      Hej...

      Vielen Dank für die Antworten, hat mich ein wenig erleichtert.

      @ Puppenspielerin.
      Ja, ich bin mir sicher, dass Du damit Recht hast, dass es Zeit braucht. Klar ist das noch keine lange Zeit gewesen im Vergleich zu den letzten Jahren und der Zahl der "anderen" Begegnungen. Zumal wir uns auch nicht so oft sehen, weil es mir schnell zu viel wird. Glücklicherweise spüre ich sowas inzwischen schon besser und bin bisher in der Lage, mich da so zu "kontrollieren", dass ich nicht irgendwie total aggressiv ihm gegenüber bin.

      Puppenspielerin. schrieb:

      Ich bin schon ein paar Jahre mit meinem Freund zusammen und verfalle immer noch in alte Verhaltensmuster, bin versucht, mich auf destruktive Affären einzulassen etc.
      Erstmal freut es mich für Dich und beruhigt mich zugleich, dass Du schon so lange mit ihm zusammen bist. Es macht irgendwie Mut, dass es für andere, die vielleicht in gewisser Weise ähnlich ticken wie ich, schon möglich ist. Oft denke ich einfach, dass ich das wahrscheinlich nie hinkriegen werde, weil ich einfach nicht fähig dazu bin.
      Kannst/willst Du denn sagen, wie Du der "Versuchung" oder dem Impuls z.B. fremdzugehen entgegenwirkst?

      Puppenspielerin. schrieb:

      Jetzt würde ich das auch anders handeln, aber damals war ich eben emotional noch nicht so richtig in der Beziehung drin, das hat bei mir sehr lange gedauert, und deshalb habe ich es mir selbst auch verzeihen können.

      Das beschreibst Du sehr gut finde ich, ich fühle mich irgendwie oft auch "emotional noch nicht richtig drin". Ich denke dieses Bewusstsein über die Beziehung muss man irgendwie auch erstmal bekommen... Ich habe teilweise einfach nicht daran gedacht, dass ich ja jetzt nen Freund hab und was das alles bedeutet, was damit alles einhergeht. Glaube auch, dass ich ihm das was passiert ist nicht sagen werde. Vielleicht versuche ich ihm aber zumindest mal zu erklären, was bei mir vor ihm so passiert ist, weil das für ihn bzw. die Beziehung ja eigentlich schon von großer Bedeutung ist. Auch wenn ich Angst habe, dass ihn das völlig befremdet und er damit nicht umgehen kann.

      Eben weil ich weiß, dass es beim nächsten Versuch genauso sein wird und ich letztendlich wenn ich jetzt Schluss mache nur weglaufe will ich es auch nicht beenden. Nur kommt halt immer wieder dieser Impuls, das zu tun.
      Gerade die Tatsache, dass er offensichtlich irgendwas an mir liebenswert findet, so lieb zu mir ist und sich Gedanken und Sorgen macht - das überfordert mich wahnsinnig. Es ist ja eigentlich was, das jeder "normale" Mensch total gern hört und das ihm gut tut. Ich wüsste halt gerne, wie ich das irgendwie annehmen, akzeptieren und vielleicht auch als für mich gut/wohltuend empfinden kann...mein Selbstbewusstsein könnte auch durchaus bisschen wachsen noch...und an der Zeit für nen "Umschwung" ist es allemal.

      Mariamueller schrieb:

      Der Junge liebt dich
      Keine Angst, ich werd das bestimmt nicht sofort an mich reißen und zu meiner Überzeugung machen - gehört nebenbei auch eher in die Schublade "Will ich nicht hören..." ;)

      Danke und lieben Gruß,
      feder_vogel
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