Angst vor Lehrperson

      Angst vor Lehrperson

      Hey ihr Lieben !

      Diese Sache began vor ungefähr einem Jahr, nachdem ich aus der Klinik entlassen wurde und nach den Sommerferien die Klasse wechselte.
      Neue Mitschüler, neue Lehrer, neuer Start. Doch es fiel mir sehr schwer in die Schule zugehen wegen dauerhafter Übelkeit und meiner Emetophobie, die das ganze enorm verschlimmerte. Ich bekam Angstzustände und konnte nur 4-5 Stunden zur Schule gehen. Da gab es eine Lehrerin, die sich als sehr unfreundlich erwies. Doch an einem Tag, als ich nicht in die Klasse gehen, sondern raus gehen wollte und zu zittern began kam mir diese Fr. X entgegen. Ich kehrte ihr natürlich sofort den Rücken zu, fing an zu weinen und lief zurück in Richtung Klasse. Aber sie merkte, dass etwas nicht stimmte, umsorgte mich sogar, fragte was los sei. Irgendwie bewegte mich diese Fürsorge und das Verständnis in ihren Augen. Am nächsten Tag vor der Deutschstunde fragte sie mich ein paar Dinge über die Klinik und erzählte, dass ihre Tochter dort gerade sei, wegen Magersucht. Erst ein paar Wochen später verstand ich, was sie mir da gesagt hatte. Das erklärte das gereizte Verhalten und das sie uns letztes Mal Unterrichtsstoff der Oberstufe erklären wollte, obwohl wir Mittelstufe sind. Dieses Verarbeiten von Stress erinnerte mich an meine Mum, die auch so besorgt war/ist, wegen mir. Ich machte mir plötzlich Sorgen um Fr. X. Ich hatte das Gefühl, ich sei an ihrem Leid Schuld. Ich wollte ihr helfen. Aber jeder weiß, dass ein Schüler seinem Lehrer bei privaten Dingen nicht helfen kann/darf. Deshalb wurde die Sorge immer größer und entwickelte sich zu einer unbegründeten, starken Angst gegenüber ihr. Wenn sie krankgeschrieben war, war ich mit den Nerven am Ende. Was wenn etwas Schlimmes passiert war ? Aber auch wenn sie da war, wurde Deutsch oft zur Qual. Ich ging oft raus ohne Bescheid zu sagen. Einmal fand sie mich völlig außer Kontrolle in irgendeinem Flur und ich sagte ihr sowas wie "Gehen Sie weg, bitte gehen Sie einfach weg hier, gehen Sie schon !" Es tat mir später Leid, denn sie hatte nur helfen wollen, also entschuldigte ich mich bei ihr und erfuhr, dass ihre Tochter wieder Zuhause war. Es erleichterte mich, aber die Sorge und Angst blieb so stark wie wie vorher. Es wurde noch schlimmer. Ich bekam deswegen 2 Panikattacken. Mein Klassenlehrer wurde aufmerksam durch mein häufiges Weglaufen vor dem Unterricht. Ich wollte nie etwas sagen, weil Fr. X dann ja noch ein Problem mehr hat, aber vor 4 Wochen schrieb ich einen Brief an sie. Darin beschrieb ich meine Sorge und Angst um sie und bat sie sich keine Sorgen zu machen und sich keinen Kopf darüber zu machen. Ihre Reaktion war, die Klasse für einen Tag aufzuteilen, sodass ich sie nicht im Unterricht hatte. Außerdem müsse ich die ganze Woche nicht zu Deutsch kommen und sie sagte, dass sie sich Sorgen mache. Das traf mich. Des Weiteren sollte ein Gespräch zur Lösung des "Problems" helfen. Dies wurde jedoch 3mal verschoben und immer eine Stunde bevor es hätte stattfinden sollen. Bei dem dritten Termin sagte ich ab, da meine Therapeutin meinte, es wäre der falsche Rahmen. Denn nicht nur Fr.X sollte dabei sein sondern auch eine mir unbekannte Lehrerin. Ich hätte mir ein Feedback gewünscht, ein paar Worte als "Antwort" auf meinen Brief. Ein Gespräch hätte es nicht sein müssen. Aber jetzt ist nichts passiert und ich fühle mich noch viel schrecklicher als vorher. Ich habe noch mehr Angst vor Deutsch als sonst. Das mache ich auch an den psyschomatischen Schmerzen fest. Sie hat nichts mehr dazu gesagt. Ich kann das nicht aushalten. Sie sieht mich so an als hätte ich sie verraten, als hätte ich etwas ganz gewaltig falsch gemacht. Aber ich möchte doch eigentlich nur, dass es ihr gut geht. Ich bin so am Ende deswegen. Hatte jetzt auch schon wieder Rückfälle und habe mich selbst v*rl*tzt. Ich kann einfach nicht mit ihr abschließen. So blöd das kl*ng*n mag, ich möchte sie nicht fallen lassen. Ich habe Angst das sie fällt.

      Sorry, dass es so lang geworden ist :/ Habt ihr vielleicht eine Idee, was ich gegen diese Angst tun kann und was ich tun kann um ein wenig Abstand zu dem ganzen zu bekommen ? Oder kennt ihr sowas ähnliches ? Gibt es vielleicht jemanden der mit mir darüber kann, ohne dass er mich für durchgeknallt abstempelt ? <3
      Danke fürs Lesen !

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Running Girl“ ()

      Hallo du,

      ist das Problem denn noch aktuell? Wie hat es sich entwickelt? Ich bin mir zwar nicht sicher, ob ich dir eine große Hilfe bin, aber ich würde dich ganz sicher nicht als durchgeknallt abstempeln.

      Du fragst, ob jemand etwas Ähnliches kennt...also, ich hatte in der 9ten Klasse einen Lehrer, den ich sehr nett fand, allerdings brachte er mich gleichzeitig furchtbar aus der Fassung, ich bekam in seinem Unterricht jedes Mal Panikanfälle, was mir sehr leid tat. Er dachte, ich würde ihn nicht mögen, ich beteuerte, dass es nicht so wäre, aber er hielt mich dennoch für merkwürdig, blabla, usw.
      Man weiß selbst nicht so genau, was mit einem los ist, die Nerven liegen blank, man will das alles nicht, strengt sich an, möchte etwas ändern, fühlt sich verantwortlich - natürlich auch für den erwachsenen Lehrer, der davon gar nichts weiß - aber manchmal verstrickt man sich immer tiefer in eine Sache, die einen von Anfang bis Ende überfordert. So habe ich es zumindest erlebt. Aber du siehst, solche Probleme kommen durchaus vor, im Endeffekt ist alles menschlich und verständlich.

      Ich hoffe jedenfalls, dass sich zwischenzeitlich ein paar positive Entwicklungen ergeben haben.
      Menschen, die v*rl*tzt wurden, sind gefährlich, denn sie wissen, dass sie überleben
      Ja das Problem ist immer noch da. Ich weiß einfach nicht mehr wie ich damit umgehen soll. Ich kann das nicht mehr überspielen. Ich kann sie nicht mehr sehen und hören. Das macht mich so verrückt. Abends bekomme ich schon so komische Kontrollverluste, weil ich sie am nächsten Tag wieder eine Stunde habe. Es ist nicht auszuhalten. :(

      Aber wir haben zum Glück Wochenende :) Konntest du damals mit deinem Lehrer mal offen drüber reden oder wie hast du das geschafft da 'wieder raus zu kommen' ?

      Danke, dass du geantwortet hast :))
      Hey du,


      okay...also, ich habe das richtig verstanden, es hat sich bis jetzt nichts verändert, keiner der Erwachsenen hat etwas unternommen? Im Juni schriebst du von einem Treffen, hat sich denn diesbezüglich irgendetwas ergeben oder ging da auch nichts mehr?
      Ich meine, dir geht es ja nun offensichtlich absolut nicht gut und das bereits seit einiger Zeit, außerdem fällt mir auf, dass...wie soll ich sagen...du bist anscheinend sehr sensibel und manchmal zerfließen die Grenzen, man fühlt sich für Dinge verantwortlich und zieht sich "Schuhe" an, die nicht für einen gemacht wurden.
      Bei mir war es auch so, dass ich gerade diesen speziellen Lehrer immer irgendwo in Schutz nahm, für ihn mitdachte und einfach irrsinnig viel grübelte. Ich war damals immer etwas wütend, weil er bestimmte Dinge nicht ansprach, was ich allerdings von einer erwachsenen Lehrperson erwartete, wodurch sich meine Gefühle noch mehr verstärkten. Man übernimmt auf merkwürdige Art und Weise den Part des Erwachsenen und das zu allem Überfluss in Zeiten, in denen man diese Aufgabe definitiv nicht stemmen kann.
      Was ich nicht besonders schön finde, ist die Situation, dass sie um deine Gedankengänge weiß, aber allem Anschein nach bisher nichts unternahm, um auch nur ein bisschen Klärungsarbeit zu betreiben, du denkst zwischenzeitlich ja sogar, sie könnte meinen, du hättest sie verraten.
      Was meint denn deine Therapeutin aktuell dazu?


      Also, um deine Frage bezüglich meines Lehrers zu beantworten: Nein, es kam zu keiner Aussprache, ich rannte konsequent aus dem Unterricht und das zwei Jahre lang. Jedes Mal, wenn er auftauchte, bekam ich Bauchschmerzen und damit verbundenes Bauchgrummeln (was mich bis heute in Panik versetzt, deswegen rannte ich auch aus dem Unterricht). Nur ein einziges Mal wollte ich ein Gespräch führen, aber eröffnete dieses so sensationell idiotisch (er hatte eine N*rb* hinter dem Ohr und ich schalmeite ihm betont gelassen entgegen: "Hallo - sind Sie etwa geliftet?!" -,- ...das habe ich leider wirklich gesagt), dass alles nur noch schlimmer wurde. Also...ja, das lief sehr suboptimal.


      Viele liebe Grüße
      Menschen, die v*rl*tzt wurden, sind gefährlich, denn sie wissen, dass sie überleben
      Hey, ich habe ziemlich lange nichts mehr von mir hören lassen, aber irgendwie hatte ich eine Antwort geschrieben, die dann irgendwie weg war. Mmh also es ist wieder so viel passiert und die Angst ist immer noch da, manchmal sehr stark, dann wieder mäßig.
      Das Schlimmste, das noch passiert ist zwischen ihr und mir war folgende Situation: Ich war aus dem Unterricht weggelaufen, schon eine Stunde vor Deutsch, weil ich so Schmerzen (kommend von der Angst) hatte. Ich weiß nicht wie ich drauf kam, aber ich hatte mir irgendwie mal vorgenommen in die Kirche zu gehen um für Fr.X zu beten, hört sich idiotisch an, ich weiß. Jedenfalls entschied ich mich absurder Weise dafür in die Kirche des Dorfes zu gehen, in dem Fr.X wohnt. Ich lief also 12km bis zu diesem Dorf, obwohl ich Unterricht gehabt hätte. Als ich kurz vor meinem Ziel war, hielt ein Auto vor mir an. Ich suchte wie jedes Auto auch dieses panisch nach möglichen Personen, die mich suchen könnten ab. Als die Autotür aufging fing ich an zu laufen, denn sie war es und ich hab so sehr gezittert. Ich weiß noch so genau, wie sie meinen Namen gerufen hat und mir nach gelaufen ist, bis sie mich festhalten konnte. Ich wollte mich losreißen, aber sie hatte mich im Griff. Sie rief sofort bei der Schule an, dass ich gefunden wurde und fing als ich mich langsam beruhigte an zu fragen, wie ich hergekommen sei und so.. dann setzte sie mich zu ihrer Tochter ins Auto und fuhr in die entgegengesetzte Richtung. Sie nahm mich mit zu ihrem Haus. Ich hätte sogar fast mit Mittag gegessen. Am nächsten Tag musste ich eine Deutscharbeit bei ihr schreiben, es war so seltsam.
      Dieses Ereignis lässt mich nicht los, dieses Festhalten, als ich versucht habe mich loszureißen spüre ich jedes Mal, wenn ich sie sehe und ich weiß gar nicht, ob ich ihr dafür dankbar bin, oder sie deshalb noch mehr fürchte.
      Mittlerweile gehe ich einmal im Monat dort in diese, zünde eine Kerze an und lasse mir all diese Situationen mit ihr durch den Kopf gehen. Meistens geht es mir danach etwas besser. Trotzdem muss ich das immer heimlich tun und das ist nie so einfach, weil diese Dorf 24km weit weg von daheim ist.
      Bisher haben wir auch immer noch nicht geredet, ich habe das Gefühl dazu wird es nicht kommen.
      Danke, dass du mir bisher immer geantwortet hast. Ich weiß bloß nicht, was ich noch versuchen kann.
      Alles Liebe. :)
      Hey,

      ich könnte mir vorstellen, dass du, nachdem du den Text geschrieben hattest, auf "Antworten" geklickt und damit das große Antwortfenster aktiviert hast, womit der Text für die Schnellantwort futsch war. Passiert. ;)

      Da hast du ja was erlebt.
      Aber sie scheint wirklich zugewandt zu sein, man rennt nicht einfach so jemandem nach, sie hätte genauso gut schlichtweg der Schule vermelden können, dass sie dich gesehen hat - peng, aus. Also ich könnte keinen früheren Lehrer benennen, dem ich das zugetraut hätte.
      Vor allem macht man so etwas nicht, wenn es sich um jemanden handelt, der einem schadet, nicht gut bekommt, der Schuldgefühle haben müsste. Sie hat sich freiwillig dafür entschieden, dir um deinetwillen nachzulaufen.
      Es ist sicher sehr heftig, wenn jemand hinter einem her ist und einen festhält, aber in diesem Kontext ist das wirklich nichts Schlechtes.


      Ich habe deinen Anfangspost noch einmal durchgelesen und habe das Ganze so verstanden, dass du eigentlich nicht direkt sie, sondern das, was sie in dir auslöst, fürchtest, also diese Schuldgefühle.
      Wie war es denn, bei ihr zuhause zu sein? So ganz privat. Zusammen mit der Tochter. War das entspannter? War sie entspannter?


      Übrigens: Dass du für sie beten möchtest und dafür den Weg auf dich nimmst, ist eine sehr schöne Sache. Das ist ganz sicher nicht idiotisch, im Gegenteil. Viele Menschen suchen in schwierigen Zeiten oder in Bezug auf schwierige Themen die Kirche auf. Aus unterschiedlichsten Gründen. Man ist bei sich, seinen Gedanken, kann den ein oder anderen davon vielleicht auch einfach los lassen...


      Viele liebe Grüße!
      Menschen, die v*rl*tzt wurden, sind gefährlich, denn sie wissen, dass sie überleben
      Hey, ohje ich hab gar nicht damit gerechnet, dass du mir zurückschreibst, weil ich so lang nicht online war.
      Also das mit der Antwort kann sehr gut sein, dass es so passiert ist.
      Ich weiß nicht, ich glaube sie hätte bei jedem ihrer Schüler so gehandelt, wenn es um seelische Dinge geht ist sie plötzlich ganz anders. Aber es tut mir so Leid, dass ich sie in so eine Situation gebracht habe. Und dieses festhalten, das geht mir jetzt noch so nah, das ist komisch. Und ich denke es ist Zufall, aber fast immer, wenn irgendwas ist, ist sie plötzlich da, wie als ich mit einer Klassenkameradin raus bin und total 'komisch' drauf war. Da haben wir sie aufder Treppe getroffen und ich hab voll laut "scheiße" gerufen und bin weggelaufen. Ich konnte das gar nicbt kontrollieren. Mein Gesichtsaussdruck entgleitet mir immer so refelxartig und ich muss dann meistens ganz schnell weg, was ziemlich auffällt, wenn ich die Treppe mit Freunden nicht gehen kann, wenn ich gesehen hab, dass sie dort ist.
      Bei ihr Zuhause war es irgendwie ganz gut. Sie hat einen Hund und noch einen kleineren Sohn und ist einfach wie meine Mum. Deshalb hab ich mich eigentlich seltsam wohl gefühlt und mit ihrer Tochter habe ich ein wenig gesprochen, sie ist sehr lieb, finde ich. Sie hat versucht entspannt zu wirken, allerdings hat sie danach meine Therapeutin angerufen und die hat mir dann erzählt, dass sie echt besorgt war und meinte, sie wisse nicht was sie tun kann, wenn es mir so geht.
      Naja Gott ist halt einfach überall mit meiner Oma und hört mir zu, wenn keiner es tut oder ich es einfach niemanden erzählen kann.
      Danke, dass du mir schreibst.
      Hey,
      ganz so wie dir ging es mir bisher noch nicht bei einem lehrer, aber vorstellen kann ich es mir schon, ich hatte auch immer mal wieder schwierigkeiten mit Nähe/Distanz zu Erwachsenen. Was ich gut kenne ist es, sich viel zu viel Gedanken um diese eine Person zu machen und der/demjenigen irgendwie mehr mentale "Aufmerksamkeit" oder Kraft zu geben, als vielleicht "angebracht" oder notwendig. Ich habe bei einer bestimmten Person irgendwann gelernt, diejenigen können nicht wirklich darauf reagieren, denn sie können (meistens) gar nicht ahnen, welche Rolle sie für mich gespielt haben. Ähnlich wird es, wahrscheinlich, auch Frau X. gehen. Du hast ihr zwar einen Brief geschrieben und es kam mal fast zu einem Gespräch, aber im Moment sieht sie nur, dass du leidest und dich in ihrer Gegenwart anders verhältst, als deine Mitschüler es tun. Vllt. machst du irgendein Hobby oder so, wo du eine Leiterfunktion hast? Teamer oder Trainer oder so? Stell dir mal vor, ein Kind würde sich solche Sorgen um dich machen - so viel, dass es dich vermeiden muss, Panikattacken bekommt, in seiner Freizeit 24km ins nächste Dorf fährt, um für dich eine Kerze anzuzünden... könntest du dir das vorstellen? Ich könnte es mir überhaupt nicht vorstellen, und diejenigen, die für mich früher so "unnormal" viel Raum in meinem Leben hatten, hatten eben auch keine Ahnung. Deswegen kommt es vielleicht zu keinem Gespräch, bzw. du musst leider immer weiter leiden und nichts passiert von ihrer Seite aus.
      Ich frag mich, wie stellst du dir vor, dass es sein müsste, dass du dir nicht mehr so viel Sorgen um sie machst und nicht mehr so viel Angst hast? Egal ob es realistisch ist oder nicht.
      Mal so ein paar Gedanken von mir.
      Lg

      Erst einmal: Entschuldige, ich war eine Weile nicht hier, daher so spät die Antwort.


      Ich finde den Aspekt von Kudos ganz interessant: Man kommt einfach nicht darauf, dass das Gegenüber so extreme Gefühle für einen entwickelt haben könnte. Sie sieht: Du machst auf der Treppe kehrt, aber ich denke nicht, dass sie darauf kommt, mit welchen inneren Vorgängen das zusammenhängen könnte. Na gut, es sei denn, sie tickt ähnlich, dann könnte sie es eventuell noch erahnen, aber selbst dann wird sie es als absurd abtun, da man sich selbst meistens einfach nicht so wichtig nimmt. An dem Punkt geht eure Kommunikation verständlicherweise - denn beide Seiten sind irgendwo in sich gefangen - einfach aneinander vorbei.

      Und weißt du, gerade, wenn man so empfindlich auf jemanden reagiert, dann nimmt man alles wie durch eine Lupe wahr, es ist wichtig, was derjenige denkt, man möchte alles richtig machen, bewegt sich wie auf Eiern, möchte leicht sein, unsichtbar werden, macht sich unendlich viele Gedanken, aber letztendlich nimmt es die andere Person ganz anders wahr, meistens sehr viel harmloser.
      Sie ist dir nachgelaufen, aber es war ihre Entscheidung, sie hätte es nicht tun müssen. Und selbst wenn sie es bei jedem macht, sie tut es dennoch aus sich heraus - und nach wie vor denke ich nicht, dass man das wirklich bei jemandem bringen würde, mit dem man ein Problem hat.


      Ich halte es für einen guten Ansatz, dass du erleben konntest: Ja, ich kann mich in ihrer Gegenwart auch einigermaßen wohl und entspannt fühlen.
      Das sind ausbaufähige Erfahrungen. Immer dann, wenn ich bei einer Person besonders aufgeregt bin, rufe ich mir solche Situationen in Zusammenhang mit ihr ins Gedächtnis, ich hole sie sozusagen von ihrem Podest herunter auf eine menschliche Ebene.
      Du machst dir Sorgen um sie und sie ruft diese extremen Gefühle in dir hervor, aber es ist keine andere Person als die, in deren Nähe du dich okay fühlen konntest. Du warst bei ihr daheim, warst ihr dadurch näher als sonst, warst mit ihr in einem Auto, da konntest du nicht so einfach davonlaufen, aber du hast es überstanden, gut überstanden und es war okay.
      Menschen, die v*rl*tzt wurden, sind gefährlich, denn sie wissen, dass sie überleben