Ambulante DBT - Aufgeben der ES, kann ich das?

      Ambulante DBT - Aufgeben der ES, kann ich das?

      Hallo liebe RTler,

      ich bin gerade hin und hergerissen und brauche vielleicht nochmal ein paar Gedanken von anderen zu meinem aktuellen Thema, damit ich mich endlich mal in eine Richtung bewegen kann und nicht nur am rumeiern bin.

      Gerade habe ich meine probatorischen Sitzungen bei einer DBT-Therapeutin. Die Therapieform, mit welcher wir arbeiten würden, wäre also auch die ambulante DBT, was mir von meinem Psychiater und auch schon in der Klinik mehrfach ans Herz gelegt wurde. Nach ewiger Wartezeit habe ich nun also Termine bekommen, die Frau scheint super kompetent zu sein (mir am wichtigsten!) und hat definitiv Ahnung von BPS. Sie ist spezialisiert und arbeitet seit Jahren vor allem mit BPS-Patienten.

      Ich habe im Grunde eine tolle Chance, endlich weiter zu arbeiten, mit therapeutischer Unterstützung und vielleicht endlich mal einer Therapieform, die mir auch was bringt.

      Frau M. hat mich nun aber gebeten, dass ich mir nochmals ganz genau überlegen soll, ob ich diese Therapie machen möchte, mit allen Konsequenzen und was für Ziele für mich Priorität haben. Das war auch Thema in unserer letzten Stunde, in der klar wurde, dass Beziehungsgestaltung und die eigene Persönlichkeit den Mittelpunkt darstellen. Gleichzeitig wurde uns aber auch klar, dass bei mir in jedes Thema die scheiß Essstörung reinmischt. Ich bin bereit, jegliche destruktive Verhaltensweise zu bearbeiten und abzulegen, das wäre sogar wünschenswert, aber mein Kopf sperrt sich so, wenn's um's Essen geht.

      Ich klammer mich da so dran fest, dass ich am überlegen bin, ob ich die Therapie einfach gar nicht mache. Ich will ja eigentlich, ich mag ein wenig mehr Normalität in meinem Leben und möchte mich ja auch nicht immer vom Essen, Nichtessen oder Kotzen abhängig machen. Aber bei mir ist Essen absolut emotional, wodurch sämtlicher Kram der BPS kompensiert wird.

      Das habe ich so angesprochen, habe gesagt, dass ich so Angst habe und dieses Thema eigentlich am liebsten gar nicht bearbeiten würde. Weil ich so Angst habe, dass ich ein kleiner dicker Elefant werde, dass aufeinmal nichts mehr da ist (wie bescheuert ist das eigentlich?), dass dieser Teil fehlt, dass...

      Ich brauch irgendwelche Worte, um aus meinem Chaos zu kommen..
      Ich kann mir mein Leben ohne ES gar nicht vorstellen. Das macht zu viel Angst.
      Aber ich will doch genau das Leben haben..
      Die Glasperlen des Lachens können wieder kl*ng*n
      und wenn ich will, dann kann ich fliegen;
      fliegen über das Meer, das in mir tost..
      Hallo mondenmaedchen,

      ich setze mich gerade selber intensiv mit meinem Essverhalten auseinander, daher kann ich deine Ängste vielleicht ein klein wenig nachvollziehen. Vielleicht ziele ich daneben, vielleicht ist es aber bei dir aber auch so, dass neben der Angst, zuzunehmen (die bei mir eine untergeordnetere Rolle spielt, da ich schon übergewichtig bin), auch die Angst da ist, mit diesen ganzen Gefühlen dann alleine da zu stehen.

      mondenmaedchen schrieb:

      Aber bei mir ist Essen absolut emotional, wodurch sämtlicher Kram der BPS kompensiert wird.
      Das könnte ich so unterschreiben. Diese destruktiven Verhaltensmuster dienen u.a. ja dazu, Gefühle, die nur schwer oder gar nicht auszuhalten sind, auszuhalten. Die Vorstellung, dass die ES als Hilfsmittel, die diese Wucht an Gefühlen, den ganzen Schm*rz irgendwie erträglich macht, plötzlich weg sein soll, die macht eben Angst. Aber darin liegt auch schon ein Teil der Lösung. Denn "plötzlich" wird sie nicht weg sein, der Weg aus der ES ist ein langer. Ich versuch mir das manchmal vorzustellen, dass das destruktive Verhalten eine Tür ist, durch die ich aus einem Raum schlimmer Gefühle flüchten kann. In der Therapie wird diese Tür aber nicht einfach zugemacht. Es wird gleichzeitig daran gearbeitet, andere Türen zu öffnen, das heißt im besten Falle habe ich die "ES-Tür" gar nicht mehr nötig, weil ich andere Auswege kenne.
      Für mich ist das ein Grund, warum ich und sicher viele andere Probleme habe, destruktive Verhaltensweisen wie das Selbstverl*tz*n oder eine ES loslassen zu wollen. Gerade bei dem Selbstverl*tz*n beobachte ich auch oft, dass Leute sich bemühen, es nicht zu tun und der Druck dann immer größer und größer wird, weil sie vergessen, sich andere, gesündere Ventile für den Druck zu suchen.

      Das alles kann man jetzt so leicht daher sagen. Ich glaube, dass es Erfahrungswerte braucht, die einen davon überzeugen, dass es auch ohne ES gehen kann. Ich persönlich glaube erst, wenn ich es selbst erlebt habe, dass mir z.B. moderater Sport oder Entspannungsübungen oder ein Tagesplan etc. pp. genauso helfen kann wie die ES bzw. sogar noch mehr helfen kann, weil man merkt, dass man etwas konstruktives, gesundes tut, etwas für sein Leben und nicht dagegen.

      Vielleicht etwas wirr, aber ich wollte dir auf jeden Fall antworten.

      Liebe Grüße,
      Fylgja.
      Beim ersten Lesen hab ich es nicht ganz verstanden. Nun hilft mir die Antwort ungemein! Danke!
      Meine Therapeutin hat mir ein ähnliches Bild mit auf den Weg gegeben (von einem brennenden Haus und die Möglichkeiten, sich aus dem Haus zu retten), welches mir nun klar wird.

      Ich glaube, es ist auch die Angst, wer ich eigentlich bin. Oder ob ich bin, denn am besten kenne ich eben die "gestörteren Anteile", die ja langfristig abgelegt werden sollen oder immer weniger Raum einnehmen sollen. Ich habe vielleicht Angst, dass ich mich plötzlich auflöse oder so. Oder was zum Vorschein kommt, wenn das fehlt. Und die Frage, wie ich denn mein Leben füllen soll dann.

      Die Angst, dass ich mit Gefühlen nicht umgehen könnte, ist gar nicht so enorm. Weil ich mich gar nicht mehr richtig erinnern kann, wie sich Gefühle anfühlen. Aufgeben der gestörten Muster würde also erstmal bedeuten, dass Gefühle wieder kommen. Ich hab irgendwie mehr Angst, dass ich gar nichts fühlen kann, dass ich vielleicht.. ich finde irgendwie keine Worte. Dass ich vielleicht gar nicht richtig existiere, dass ich eine einzige Lüge bin, irgendsowas. Ich weiß nicht..
      Die Glasperlen des Lachens können wieder kl*ng*n
      und wenn ich will, dann kann ich fliegen;
      fliegen über das Meer, das in mir tost..
      Hallo mondenmaedchen,

      Ich kenne das Gefühl von wer bin ich ohne die Probleme/Krankheit?

      Ich tue mich auch ganz schwer damit an mir zu arbeiten, weil dann bleibt ja vielleicht nichts übrig?
      Ich habe dann von ein paar ganz lieben leuten zettel gekriegt mit meinen eigenschaften (also den positiven ;) )und die habe ich mir angeschaut und am anfang ging das ungefähr so:
      -Ich bin nur so einfühlsam weil ich ja krank bin und das kenne...

      also ich habe mich nur über meine probleme definiert. ich habe mir das vorgestellt wie ein luftbalon voller probleme, wenn man die probleme weg lässt ist nur noch eine leere hülle übrig. und dann sollte ich aufschreiben was ich auch so kann, da kamen dann ein paar hobbys ins spiel und so weiter. und es war erstaunlich viel, ich habe zwar ein paar tage überlegen müssen aber trotzdem ;)
      Und ich habe mir überlegt ob ich andere nur über ihre probleme identifiziere und mir fest vorgenommen bei mir drauf zu achten das nicht zu tun. Mit Zetteln auf meinem schreibtisch, da steht dann etwas drauf wie: "Ich darf auch ohne xy traurig sein" und "Ich darf glücklich sein" "Mich gibt es unabhängig von meinen Problemen"

      Ich hoffe das hilft dir ein wenig! Und es war verständlich, wenn nicht frag ruhig nochmal nach!
      Alles Liebe,
      wolfsmond
      Aus den Trümmern meines Lebens bastl ich mir eine eigne Welt,
      Sie wird nicht bunt, sie wird nicht leuchtend, sie wird wie sie MIR gefällt!
      Liebe Wolfsmond,

      die Übung kenne ich und manch einem mag das helfen. Für mich ist das leider nichts, da ich hierfür zu wenig Vertrauen in andere habe und gleichzeitig ja auch viele positive Eigenschaften erkennen kann. Nur bringt mir das trotzdem so gar nichts.

      Deine Antwort habe ich eben schon in der Bahn gelesen und mir Gedanken gemacht. Es ging um den Luftballon, was übrig bleiben würde. Dabei musste ich an meine vergangene Therapie denken, in der wir jahrelang versucht haben, Dinge zu finden, die mir Spaß machen und mich erfüllen und irgendwie nie wirklich Erfolg hatten. Ich kenne mich bestens mit sämtlichen psychischen Krankheiten aus, das interessiert mich, ich kenne mich mit meinem Arbeitsfeld aus, ich verstehe den Menschen als solches. Anderes interessiert mich herzlich wenig. Das ist irgendwie ein bisschen doof..

      Ich werde mir aber weitere Gedanken machen, vielleicht fällt mir etwas auf. Danke für deine Antwort!
      Die Glasperlen des Lachens können wieder kl*ng*n
      und wenn ich will, dann kann ich fliegen;
      fliegen über das Meer, das in mir tost..
      Hallo mondenmaedchen,

      das ist jetzt nur so ein Gedanke, vielleicht habe ich dich da auch missverstanden, aber kann es sein, dass es (zum Teil) genau da:

      mondenmaedchen schrieb:

      Dabei musste ich an meine vergangene Therapie denken, in der wir jahrelang versucht haben, Dinge zu finden, die mir Spaß machen und mich erfüllen und irgendwie nie wirklich Erfolg hatten. Ich kenne mich bestens mit sämtlichen psychischen Krankheiten aus, das interessiert mich, ich kenne mich mit meinem Arbeitsfeld aus, ich verstehe den Menschen als solches. Anderes interessiert mich herzlich wenig. Das ist irgendwie ein bisschen doof..

      hakt? Denn wenn da nun mal dein Hauptinteresse liegt, ist das doch völlig okay. Betroffen zu sein ist dabei doch ein ganz anderer Punkt und beides hängt nicht zwangsweise zusammen. Gesund(er) zu werden und Destruktives loszulassen bedeutet ja nicht, dass man alles loslassen muss, was dieser Weg einem gebracht hat. Du bist Betroffene und hast dadurch - vermute ich jetzt einfach mal - mit der Zeit dein Interesse für psychische Krankheiten und dafür, wie der Mensch funktioniert, entdeckt. Und dieses Interesse kannst du doch behalten, auch wenn du die ES loslässt. Dann bist du eben nicht mondenmaedchen mit Essstörung, das sich für psychische Krankheiten interessiert, sondern mondenmaedchen mit normalem Essverhalten, das sich für psychische Krankheiten interessiert. Warum solltest du das bei deiner Suche nach Dingen, die dir Spaß machen ausblenden? Wenn das nun mal eine echte Interesse ist, würdest du damit ja auch etwas von dir selbst ausblenden.

      Ich hoffe, das war jetzt nicht zu verheddert und wie gesagt, vielleicht habe ich dich da falsch verstanden, aber das hat mich gerade etwas gewundert.

      Lieber Gruß
      Paula