Wie kann man einem Alkoholiker aus seiner Sucht helfen?

      Wie kann man einem Alkoholiker aus seiner Sucht helfen?

      Hallo,

      meine Frage steht im ja schon im Titel.
      Es geht um meinen Vater, der seit etwa 10 Jahren (mein halbes Leben lang) Alkoholiker ist, was im Klartext heißt, dass er schon morgens mit dem Trinken anfängt und dass ich mich nicht erinnern kann, wann ich ihn das letzte Mal nüchtern erlebt habe.

      Vor einem halben Jahr bin ich aus meinem Elternhaus ausgezogen und der Abstand, den ich dadurch zu meinem Vater habe, ist eine Erleichterung, weil ich nicht mehr tagtäglich mit seiner Sucht und ihren Folgen konfrontiert bin. Umso mehr bedrückt es mich aber, wenn ich bei meinen Eltern zu Besuch bin, auch weil mein Vater nichts auf die Reihe kriegt- das Haus verdreckt, unbezahlte Rechnungen fliegen rum, die Tiere werden schlecht versorgt...

      Ich will mich eigentlich nicht mehr dafür verantwortlich fühlen müssen, auf meinen Vater aufzupassen, allerdings kümmert sich auch sonst niemand um ihn, was für mich eine enorme Belastung bedeutet.
      Meine Mutter (die Vollzeit arbeitet) ist überfordert. Sie schimpft vielleicht ab und zu mit ihm, aber insgesamt toleriert und unterstützt sie sein Trinkverhalten, weil es ihr zu unangenehm oder anstrengend ist, ernsthaft etwas gegen seine Sucht zu unternehmen.
      Und bei allen anderen (Freunden von ihm, Verwandten, Kollegen) verhält es sich denke ich ähnlich.

      Ich habe in den letzten Jahren immer wieder versucht mit meinem Vater zu reden, in jeder Form, an seine Gefühle, Vernunft appelliert, ihm Hilfe angeboten, ihm gedroht (und bin ja schließlich als Konsequenz auch ausgezogen) - aber er hat mich nie ernst genommen und je nach Laune ignoriert, angeschrien oder auf persönlicher Ebene angegriffen...und danach weiter getrunken. Der Alkohol scheint ihm das Wichtigste zu sein. Ist das möglich? Ich verstehe das nicht und das macht mich wütend und vielleicht auch unfair ihm gegenüber...
      Sein ganzen Wesen ist total eigenartig (geworden). Er erträgt keinerlei Kritik, bildet sich Dinge ein, lechzt nach Anerkennung, ist unberechenbar, mal rührselig, mal aggressiv, oft fast komatös oder ohnmächtig irgendwo am rumliegen...
      Außerdem hat er in Bezug auf mich "Grenzen überschritten", was ich dem Alkohol zuschreibe (n möchte).

      Mein Vater scheint nicht im geringsten die Absicht zu haben das Trinken aufzugeben.
      Obwohl er körperliche Probleme hat und immer wieder Unfälle. Ich habe große Angst, dass ich ihn dadurch endgültig verliere...
      Auch wenn das Verhältnis zwischen ihm und mir schwierig ist, möchte ich mich nicht damit abfinden, dass er sich zu T*de trinkt.
      Er müsste in eine Entzugsklinik, aber dazu fehlt die Bereitschaft und ich bin ohnehin nicht berechtigt ihn zwangseinweisen zu lassen.

      Was kann ich tun? Kann ich überhaupt noch etwas tun? Wie kann ich andere überzeugen, ihm zu helfen? Oder wo bekomme ich Hilfe für ihn, an wen kann ich mich wenden?
      Ich fühle mich verdammt ohnmächtig und wäre dankbar für Antworten!
      Hallo,

      ich kann dein Problem sehr gut nachvollziehen, mein Vater hat einige Jahre lang getrunken (ich war da allerdings noch sehr klein, aber die Veränderungen bekommt man ja auch als Kind mit)

      Aber ich glaube, solange er nicht aufhören will, kannst du nicht viel machen. Das ist ja beim Selbstverletzen ähnlich, solange man nicht selbst damit aufhören will rennen Angehörige und Freunde gegen Wände.

      In vielen größeren Städten gibt es Selbsthilfegruppen für Angehörige von Alkoholikern. Vielleicht kannst du ja mal schauen, ob es bei dir in der Nähe so eine Gruppe gibt? Eventuell hat dort jemand den einen oder anderen Tipp wie man doch noch Überzeugungsarbeit leisten kann.

      Ich wünsch dir alles Gute

      wild_angel
      If everything seems to be going against you,
      remember that the aeroplane takes off against the wind,
      not with it...
      (Henry Ford)

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      Ich versuche nach den Sternen zu greifen, doch das Universum expandiert....
      Hallo,

      der wichtigste Schritt ist, das er aus dieser Sucht kommen will. Dafür kannst du ihm Adressen geben zB von Selbsthilfegruppen. Oder aber du kannst dich an Beratungsstellen wenden wo du professionelle Tips bekommen kannst, die Beratungsstellen sind meist von Diakonie oder Caritas.

      Du kannst deinen Vater auch einen Brief mit deinen Gefühlen schreiben, wenn du das nicht schon getan hast. Was auch eine Möglichkeit ist: in zu filmen wenn er sehr betrunken ist und ihm dann wenn er nüchtern ist das Video zu zeigen. Manchmal kann sowas einen "wecken", es kann aber auch sein das er es ignoriert oder sogar aggressiv, daher solltest du nicht allein sein, wenn du sowas tust.
      Menschen auf ihre Sucht anzusprechen kann bei den Betroffenen nämlich einen ganzen Cocktail an Emotionen hochholen, daher würde ich dir empfehlen dich wirklich an eine Beratungsstelle zu wenden, denn dort wirst du fachlich begleitet und hast zudem auch eine Ansprechstelle für deine Sorgen, Ängste und Nöte.

      Denn so ehrenwert es auch ist, das du deinem Vater helfen magst: an erster Stelle kommst du und dein Leben. Ich weiß das hört sich hart, vielleicht auch unbarmherzig an. Aber: wenn es dir nicht gut geht und du nicht die Kraft, die Ausgeglichenheit und die innere Basis für dich hast, kannst du auch deinem Vater nicht helfen. Deshalb ist es ganz wichtig das auch du eine Stelle findest wo du dich beraten und austauschen kannst und so auch Stütze erfährst.

      Alles Gute dir,
      Pinsel
      Vielen Dank für eure Antworten und Ideen.

      Ihr habt sicher Recht damit, dass ich leider nicht viel ausrichten kann, solange er nicht aus eigenem Antrieb aufhören will...

      In meiner Stadt gibt es eine Beratungsstelle der Diakonie, ich schaue mal, dass ich dort einen Beratungstermin bekomme. Eine Gruppe für Angehörige gibt es auch.
      Ich weiß nur nicht, ob ich es schaffe, dort frei zu reden, das kostet mich viel Kraft bzw. bringt mich in extreme Gefühlszustände.

      Einen Brief habe ich noch nicht geschrieben, dazu hat mir der Mut gefehlt: alles schwarz auf weiß und endgültig niederzuschreiben, dauerhaft, anders als gesprochene Worte, die verklingen, die man revidieren und vergessen kann...
      Ich denke ich werde es demnächst versuchen und Adressen von Selbsthilfegruppen dazu tun.

      Ich weiß auch, dass ich auf mich selbst achten muss, wie du sagst Pinsel, allerdings war es so, dass sich die Sucht meines Vaters negativ auf mich und mein Leben ausgewirkt hat und das auch heute noch tut. Mich damit auseinander zu setzen ist schmerzhaft und wenn es geht, verdränge ich es, denn ich habe genug eigene Probleme und muss im Alltag funktionieren, kann es mir nicht erlauben, dadurch (wieder) aus der Bahn zu geraten, zumal ich im Moment einigermaßen mit mir und meinem Leben klar komme. Andererseits bleiben die Probleme mit/ von meinem Vater immer ein wunder Punkt und ihm zu helfen gesund zu werden würde gleichzeitig auch mir helfen...

      Ach, es ist wortwörtlich zum verrückt werden. Hoffentlich kann mir die Beratungsstelle helfen.
      Hallo littlekitty,

      die anderen haben schon einige wichtige Dinge gesagt und auch ich möchte dich nochmal bestärken, auf dich zu achten. Es ist gut, dass du ausgezogen bist - das ist ein Faß ohne Boden.

      Hast du schonmal darüber nachgedacht, deinen Vater "aufzugeben"? Den Gedanken, dass er irgendwann am Alkohol stirbt und du es einfach nicht verhindern kannst, zuzulassen?
      Ich weiß, dass es schmerzhaft ist.
      Aber du kannst ihn nicht retten.
      Und so ein "aufgeben" kann wahnsinnig selbstschützend sein.

      Alles Liebe und viel Kraft!
      N