"Du musst mit irgendetwas aufhören" - Burnout-Gefährdung?!

      "Du musst mit irgendetwas aufhören" - Burnout-Gefährdung?!

      Hallo,

      nach nunt etwas längerer Zeit melde ich mich auch mal wieder.
      Momentan merke ich, dass meine Therapie, die ich im Februar angefangen hab, Früchte trägt. Ich gebe mir seltener die Schuld und bin allgemein etwas selbstbewusster geworden. Das ist gut. Was nicht gut ist, ist was anderes: Ich habe mir vorher schon immer sehr viel vorgenommen, jetzt wird es noch mehr. Meine Ansprüche an mich sind extrem hoch. Ich bin ungnädig mit mir selbst. Schaffe ich etwas nicht, generalisiere ich - und bin direkt ein vollkommen schlechter Mensch. Aber ich kann nicht aufhören, mir mehr und mehr vorzunehmen. Ich gehe noch zur Schule und mache dieses Jahr mein Abitur. Dafür muss bzw. müsste ich schon mal viel lernen. Nebenbei gebe ich Nachhilfe, ich habe momentan vier Nachhilfeschüler regelmäßig, während der Klausurphasen können auch mal fünf oder sogar sechs daraus werden, für die ich dann mindestens sechs Stunden in der Woche opfere. Ich singe in einem Chor, habe Klavierunterricht, mache einmal die Woche Sport, bin stellvertretende Stufensprecherin und inzuge dessen auch mit verantwortlich für das Abiballfinanzierungskomitee, das Abizeitungskomitee steht unter meiner Leitung. Jetzt muss ich mich außerdem auch um meine Bewerbungen kümmern, was auch einiges an Zeit beansprucht. Ich nehme Fahrstunden. Dazu noch die Therapie. Man sieht: Mein Terminplan ist ziemlich voll. Für Freunde habe ich unter der Woche gar keine bis sehr wenig Zeit, Hausaufgaben mache ich wenn überhaupt morgens im Bus auf dem Weg zur Schule. Stress ist quasi ein Riesenthema, das mir leider auch physische Schmerzen zufügt.
      Nun meinte meine Therapeutin letztens zu mir: "Du schaffst das nicht mehr lange. Du musst mit irgendwas aufhören." Mir ist von mehrren Leuten (inklusive der Thera) gesagt worden, dass ich einem Burnout nahe stände. Es ist Zeit, zu handeln. Aber wie? Ich weiß absolut nicht, womit ich aufhören soll. Klar, Nachhilfe wäre vermutlich die erste Wahl. Aber ich mache das gerne. So kann ich mich mehrmals die Woche mit Kindern und meiner Lieblingssprache beschäftigen, kann sie vermitteln, Planung und Durchführung von Unterrichtsstunden üben und letztendlich auch für mich die Grammatik wiederholen. Der Klavierunterricht läuft quasi nur noch auf Sparflamme. Ich übe gar nicht mehr, nur noch in den im zweiwöchigen Rhythmus stattfindenden Stunden, mein Klavierlehrer ist davon auch nicht begeistert. Aber auch das mache ich gerne. Das Instrument ist einfach toll. Musik bedeutet generell sehr viel für mich. Deshalb möchte ich auch den Chor auf keinen Fall aufgeben. Was bleibt? Der Sport. Aber ich muss Sport machen, brauche Bewegung. Die Komitees? Machen zu viel Spaß, um sie aufzugeben, oder ich trage zu viel Verantwortung, die ich auch nicht abgeben kann. Letztendlich habe ich mich ja selbst in die Scheiße reingeritten.
      Habt ihr Tipps, wie ich mit dem Stress umgehen kann? Ich versuche, bewusste Entspannungspausen einzulegen, aber leider habe ich auch dabei immer die to do-Liste vor Augen. Es ist unglaublich anstrengend und längerfristig schaffe ich es wahrscheinlich tatsächlich nicht. Aber ich will/kann erst mal nicht aufhören. Ich kann sagen, dass ich ja nicht alles davon bis an mein Lebensende machen muss. Aber momentan scheint mir "bis April" (dann hört zumindest der Stress mit der Abizeitung entgültig auf) schon wie eine halbe Ewigkeit.

      Danke für Antworten!
      Viele Grüße,
      unhappy
      We will get better
      Hey
      ich wollte deinen Beitrag nicht umkommentiert lassen auch wenn mir wenig einfällt bzw. ich es schwer finde dir einen Tipp zu geben. Einerseits weisst du dein enormes Pensum nicht mehr lange durchhalten wirst auf der anderen Seite findest du für jeden Punkt etwas wertvolles warum du diesen gerade nicht aufgeben willst/kannst.

      du schreibst du nimmst Fahrstunden? Könntest du nicht mit der Fahrschule reden zumindest diese auf eis zu legen?
      dasselbe würde mir zum Chor oder Klavirstunden einfallen. Also es erstmal nicht machen und nach dem Abi wieder einsteigen?
      du sagt du gibst Nachhilfe wäre es nicht eine Möglichkeit diese zu reduzieren? Also nicht mehr 6h die Woche sondern z.b. nur noch 3h?

      ich selber kann auch nur durch völlige Erschöpfung entspannen und kann dir in dem Punkt auch keinen tipp geben. Allerdings hilft bei solchen "powertypen" (wie du wahrscheinlich bist) eher aktive Entspannen (also z.b. progressive muskelentspannund statt autogehen Training)

      Es sind jetzt alles nur Vorschläge von mir ich weis jetzt nicht ob du etwas davon umsetzten kannst/willst. vieleicht hilft auch der Gedanke wenn du jetzt nicht auf die Notbremse steigt du irgendwann "ausbrennst" und dann gar nicht mehr geht (also du z.b. das Schuljahr wiederholen müsstes oder so was in der Art) also so eine Art "worst case szenario" was dich dazu bringt etwas kürzer zu treten.
      Hi Junimond,

      danke für deine Antwort.

      Die Fahrstunden auf Eis zu legen, ist eigentlich eine gute Idee. Demnächst will ich die Theorie-Prüfung machen, dann hab ich zumindest das schon mal hinter mir, und dann kann ich es mit den Fahrstunden glaube ich auch irgendwie entspannter angehen. Ganz aufgeben möchte ich sie nicht, schließlich hätte ich gerne noch etwas Fahrerfahrung bevor ich 18 werde (was ungefhär zeitgleich mit dem Abi sein wird), aber reduzieren wäre eine Möglichkeit.

      Den Chor möchte ich auf keinen Fall verlassen. Er tut mir unglaublich gut, das Singen ist mir echt wichtig. Aber du hast recht, es wäre wirklich eine Möglichkeit, das KLavierspielen auf Eis zu legen. Ich spiele im Unterricht ja sowieso nie das, was ich wirklich spielen will. Ich werde mir mal mehr Gedanken dazu machen.

      Der Vorschlag, mir ein worst case scenario zu überlegen, ist glaube ich nicht so sinnvoll. Momemtan finde ich diese Idee nämlich eher reizend... Ich würde so lange arbeiten, bis ich nicht mehr kann und alle Verantwortungen abgeben muss. Quasi die totale Zwangsentspannung. Eigentlich angenehm. Ich kann nichts machen, aber das ist nicht schlimm, weil ich es auch nicht muss. Verstehst du?

      Danke nochmal für die Antwort,
      unhappy
      We will get better
      Hallo du,

      ich weiß nicht, ob das für dich noch aktuell ist, aber ich würde gern hiezu etwas sagen:

      unhappy schrieb:

      Der Vorschlag, mir ein worst case scenario zu überlegen, ist glaube ich nicht so sinnvoll. Momemtan finde ich diese Idee nämlich eher reizend... Ich würde so lange arbeiten, bis ich nicht mehr kann und alle Verantwortungen abgeben muss. Quasi die totale Zwangsentspannung. Eigentlich angenehm. Ich kann nichts machen, aber das ist nicht schlimm, weil ich es auch nicht muss.
      Ich kann das total gut nachempfinden. Ich habe das früher mehrmals so gemacht und oft ist auch heute noch der Gedanke verlockend. Nur: Man muss darüber hinausdenken. Was passiert nach dem Zusammenruch, was passiert, wenn man die Verantwortung abgegeben hat? Irgendwann muss man sie wieder übernehmen, irgendwann muss man z.B. die Klinik wieder verlassen, sich wieder in den Alltag einfinden. Und dann hat man sich oft schon einiges verbaut bzw. es ist einfach schwerer, dann weiterzumachen. Ich will auf keinen Fall dagegen sprechen, dass sich jemand Hilfe holt oder die Verantwortung abgibt. Aber wenn es möglich ist, zu verhindern, dass es so weit kommt, dann ist das definitiv die bessere Lösung. Es ist scheinbar die unbequemere, aber wie gesagt: Auch nach einem Zusammenbruch muss es irgendwann irgendwie weitergehen und das ist meiner Erfahrung nach nicht super einfach.
      Deswegen: Kein Alles oder Nichts, d.h. nicht total viel arbeiten und dann irgendwann gar nichts, weil man zusammengebrochen ist. Übernimm jetzt für dich und dein Leben die Verantwortung, indem du dich schonst. Die Idee, Fahr- und Klavierstunden auf Eis zu legen finde ich gut.

      Liebe Grüße,
      Fylgja.
      Hallo Fylgia,

      danke für deine Antwort. Aktuell ist das Thema für mich noch - aber eher im negativen Sinne. Mir gehts momentan ziemlich schlecht, ich bin auf der Selbstzerstörungs-Schiene, habe einen Rückfall nach dem anderen und versuche irgendwie alles noch zu schaffen. Sonst bin ich zu wenig wert. Ich habe gestern in einen Whatsapp-Gruppenchat geschrieben (nachdem irgendwer meinte, dass das aber ziemlich viel Arbeit wäre) "Ich opfere mein Leben für diese Stufe. Da macht das auch keinen Unterschied mehr." Seine Antwort darauf war dann nur: "Mach dir doch nicht so viel Mühe für die Stufe, das lohnt sich nicht und wird leider auch nicht gewürdigt". Letzteress ist unter anderem mein Problem. Ich will Anerkennung. Ich will, dass mir mal jemand sagt "Das ist gut, was du da machst. Danke schön." Was ich stattdessen höre, ist "Du bist ja verrückt, dass du das alleine machst" oder "Lohnt sich doch eh nicht". Ich mache jetzt so lange weiter und mehr bis alle zufrieden sind und sich vielleicht sogar bedanken.
      Ich bin wohl momentan, tut mir leid, ein bisschen beratungsresistent.

      Viele Grüße,
      unhappy
      We will get better
      Hallo du,

      es tut mir Leid, dass es dir gerade so schlecht geht. Ich bin mir auch nicht sicher, ob du hierzu noch etwas hören willst, da du meintest, du seist gerade etwas beratungsresistent. Aber ich würde gern zu deinem letzten Post etwas sagen, du kannst es auch gern dann einfach so stehen lassen.

      unhappy schrieb:

      Letzteress ist unter anderem mein Problem. Ich will Anerkennung. Ich will, dass mir mal jemand sagt "Das ist gut, was du da machst. Danke schön."
      Das kommt mir sehr, sehr bekannt vor. Auch wenn ich weiß, dass sich etwas eigentlich nicht lohnt - wie der Stress vor dem Abi, die Noten interessieren keine Sau mehr, sobald du eingeschrieben bist oder mit einer Ausbildung anfängst. Ich arbeite oft unheimlich viel für mein Studium, übertreibe es bei schriftlichen Arbeiten, was den Aufwand angeht, regelmäßig. Nur, um ab und zu Anerkennung zu bekommen. Dann bin ich der glücklichste Mensch auf Erden. Für zwei bis drei Stunden, manchmal auch für einen Tag oder zwei. Und jedes Mal, wenn die Euphorie nachlässt, frage ich mich, ob es das wert war, dafür regelmäßig weit über die eigenen Grenzen hinauszugehen. Dennoch kann ich das nicht loslassen, ich habe das Gefühl, ohne diese Anerkennung nicht leben zu können. Andrerseits merke ich immer mehr: Diese Anerkennung bringt mir kaum etwas, wenn ich mich nicht zuerst selbst anerkenne. Ich glaube, ich klammere mich so an mein Verhaltensmuster, weil ich hoffe, durch die Anerkennung von außen irgendwann auch selber zu schätzen, was ich tue. Das funktioniert nur leider nicht. Zumindest bei mir nicht. Und ich mache mich emotional verdammt abhängig von Menschen, die mich bewerten, d.h. zur Zeit von Dozenten. Ich weiß nicht, was du nach dem Abitur los hast, aber falls du studieren willst, kann ich dir nur sagen: Da wird es verdammt hart mit dem Streben nach Anerkennung. Natürlich ist das vom Fach, von der Hochschule und dem Dozenten abhängig. Aber wegen der Hohen Anzahl an Studierenden haben die meisten Dozenten gar nicht die Zeit, ihre Anerkennung auszudrücken. Oder sie merken gar nicht, wie sehr man sich anstrengt, weil die Art der Prüfung das vielleicht nicht zulässt oder weil da dann im Seminar 30 andere hocken, die sich genauso anstrengen, wie du.
      Eine Lösung kann ich dir leider nicht anbieten. Ich merke bei mir selbst, wie mich dieses Streben nach Anerkennung immer abhängiger und immer kaputter macht. Aber wie dein Freund schon sagte: Das wird nicht gewürdigt, dieses Opfer wird nicht geschätzt. Und letztlich ist die Frage, ob das nicht auch gut so ist. Denn sollte man wirklich ein Verhalten würdigen, das so destruktiv ist?

      Liebe Grüße,
      Fylgja.

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