Schm*rz*n bei Komplimenten

      Schm*rz*n bei Komplimenten

      Huhu ihr,

      derzeit hänge ich ohnehin ein wenig in den Seilen, aber dennoch ist dieses Thema ein ganz Spezifisches; dieser innere Schmerz, irgendwo zwischen Herzstechen und Magendreher, wenn ich ein Kompliment bekomme, das mir wirklich etwas bedeuten würde, das ich jedoch anzweifle. Damit besitzt der Thread durchaus auch ein wenig "Kennt ihr das???"-Charakter, geht aber natürlich darüber hinaus. Normalerweise habe ich gelernt Komplimente anzunehmen, auch wenn ich vielleicht anders denke. Doch je mehr Gespräche in wirklich tiefere Ebenen driften und den Kern einer Freundschaft, oder auch zumindest teilweise mein Inneres berühren, tun mir Aussagen wie gerade eben "Du besitzt Relevanz. Listen and repeat. Du besitzt Relevanz." weh, wirklich körperlich. Ich spüre, wie sich bei jedem Lesen etwas in mir zusammenzieht, aufkommende Übelkeit, gepaart mit Magen- und Herzschmerz und leichtem Schwindel. Und vor allem weiß ich beim besten Willen nicht, wie ich auf Komplimente dieser Art reagieren soll. Denn sie geben mir ja auch kein gutes Gefühl, aber das kann ich nicht sagen, auch nicht, wenn die Person vor mir steht (Was bisher erst selten der Fall war, meist geschieht dergleichen wie soeben über Skype oder Whatsapp) und sieht, dass etwas nicht stimmen kann. Habt ihr Ideen, was man gegen den Schmerz tun kann? Derzeit kann ich nur versuchen zunächst das Fenster wegzuklicken, durchzuatmen und dann den Satz immer und immer wieder zu lesen, bis der Schmerz nachlässt. Aber meist dauert es schon Minuten, bis ich mich traue, Skype wieder zu öffnen. Und vor allem, wie kann ich reagieren, gerade wenn Komplimente derart allgemein sind? In mir schreit alles nein und selbst wenn ich das sagen würde, klänge das auf mich eher wie Fishing for Compliments, eher erzwungen als echt, obwohl ich es wirklich so denke.

      Ich würde mich sehr über eure Antworten freuen ...
      ~Sparkz





      [edit: Titel gesternt. Free]
      So don't turn away now...
      I am turning in revolution.
      These are the scars that silence carved
      on me.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Freeclimber“ ()

      Hallo du,

      ich konnte früher auch nicht mit Komplimenten umgehen, durch die Therapie hat sich das dann in vielen Bereichen gebessert. Bei mir ist es so, dass ich weniger körperlich reagiere als du, aber manchmal furchtbar aggressiv werde. Ich finde es wichtig, mal zu überlegen, woher dieses Gefühl kommt. Das ist nicht immer so einfach, aber wenn man sich eine Weile beobachtet, kann man das herausfinden. Ich sag mal, wie es bei mir ist: Ich reagiere so, weil ich bei einem Kompliment denke, dass derjenige mich besser sieht, als ich bin. Das baut bei mir Druck auf, weil ich dann denke, dass ich die Person nicht enttäuschen darf, obwohl sie ja in meinen Augen nicht recht hat. Ich habe dann Angst, dass die Person mich irgendwann "entlarvt" und ich als Betrüger dastehe - obwohl ja nicht ich mir das Kompliment gemacht habe, sondern mein Gegenüber. Dann ist es auch manchmal so, dass ich der Person, egal wie sehr ich sie mag, böse Absichten unterstelle. Das heißt ich glaube, die Person will mich in falscher Sicherheit wiegen, um sich irgendwann über mich lustig machen zu können.
      Das muss bei dir alles nicht so sein, aber ich wollte damit zeigen, in welche Richtungen man mal denken kann. Meine Therapeutin hat mir mal eine Verhaltensanalyse beigebracht, das ist auch für solche Situationen gut. Das geht so (in Klammern mal Beispiele zur Verstädnlichkeit):
      Das Gefühl anerkennen:
      Im Augenblick fühle ich (Schmerz, Wut, Angst...) weil (mich Person xy gelobt hat). Ich weiß, dass ich vermutlich nach Schema xy reagiere (z.B. unerbittliche Ansprüche, Selbstabwertung...etc. es gibt da Schematatabellen, an die habe ich mich aber nie gehalten sondern meine persönlichen wiederkehrenden Verhaltensmuster eingetragen). Deswegen reagiere ich, indem ich (Schmerzen habe, mich verl*tz*n will...).
      Realitätsprüfung:
      Obwohl ich glaube, dass (ich das Kompliment nicht verdient habe)
      ist die Realität, dass (dieses Kompliment zutreffend ist).
      Beweis: (hier spezifischen Beweis anführen)
      Verhaltensanweisung:
      Obwohl mir danach ist (mich zu verl*tz*n, passt wohl hier nicht so gut, weil du die Schm*rzen ja nicht bewusst herbeiführst, aber das Folgende ist trotzdem gut)
      könnte ich auch (Skillen, ein Buch lesen...)

      Keine Ahnung, ob dir das hilft, aber dieses analytische Durchdenken mindert bei mir manchmal diese Wucht der Gefühle.

      Wie du gegenüber anderen reagieren kannst? Ich sage oft "Danke" und wechsle das Thema. Man muss dieses "Danke" ja nicht unbedingt selbst fühlen, aber damit hakt man das Thema am schnellsten ab und manchmal verinnerlicht sich das dann doch irgendwie, durch das formale Annehmen nimmt man es vielleicht auch innerlich irgendwann an. Nur bei Leuten, die mich gut kennen, bei denen ich weiß, dass ich darüber reden kann, gehe ich manchmal darauf ein, dass ich nicht so empfinde. Allerdings ist es auch so: Dein Gegenüber hat m.E. ein Recht darauf, dich mit seinen Augen zu sehen. Wenn er findet, dass du, um dein Beispiel aufzugreifen, Relevanz besitzt, dann ist das für ihn so. Es ist seine Meinung, seine Wahheit. Und ich denke, man darf nicht immer glauben, dass die eigene Meinung oder Wahrheit die richtige oder richtigere ist. Gerade wenn man sich durch den Zerrspiegel des Selbsthasses wahrnimmt. Verstehst du, was ich meine?

      So, ich hoffe, das war nicht zu kompliziert und wirr. :smile:
      Liebe Grüße,
      Fylgja.