Chaos Essen-Sport und wie das weitergehen soll?

      Chaos Essen-Sport und wie das weitergehen soll?

      Hallo ihr Lieben,

      das Thema Essen ist mir sehr unangenehm und es hat mich ziemlich lange Überwindung gekostet, hier darüber zu schreiben, aber jetzt bräuchte ich wirklich mal euren Rat.

      Um meine Situation zu erklären, kurz die Vorgeschichte. Als Kind war ich fast durchgehend (leicht) übergewichtig und habe mich immer unwohl damit gefühlt. Mit zehn oder elf begann ich, Tage einzuschieben, an denen ich nichts aß, dann wieder sehr viel. Ich hatte also nie ein wirklich entspanntes Verhältnis zum Essen, aber es war erträglich und das schlechte Gefühl gehörte irgendwie dazu, hat aber nicht mein Leben bestimmt.

      Vor zwei Jahren war ich wegen dem svv einige Wochen stationär und irgendwie war es da plötzlich ganz einfach, sehr wenig zu essen. Ich war drei, vier Kilo über dem Normalgewicht als ich da ankam, also nicht unbedingt sichtbar problematisch, deshalb wurde nicht kontrolliert, ob und wie viel ich esse und wenn ich versucht habe darüber zu sprechen, kam ich mir nicht wirklich ernstgenommen vor. Ich habe da weitesgehend mit svv aufgehört und gleichzeitig auch, zu essen, bin dann recht schnell entlassen worden und wusste jetzt, wie das mit dem Abnehmen geht, was ich dann ca. ein halbes Jahr bis ins leichte Untergewicht praktiziert habe. Mein Studium hat mich aufgrund der Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten völlig überfordert.
      Dann habe ich plötzlich angefangen unkontrollierte Essanfälle zu kriegen und habe wieder zu genommen, allerdings nur bis in ein mittleres Normalgewicht. Aus Angst, wieder übergewichtig zu werden habe ich mit exzessivem Sport begonnen, teilweise war Essen und Joggen das einzige was ich den Tag über gemacht habe. Dadurch habe ich mein Normalgewicht gehalten und mich von jedem Nachdenken abgelenkt.
      Seit ca. zwei Monaten habe ich nun akut schmerzhafte Überlastungen im Fuß und in den Knien und mir ist bewusst geworden, dass es so nicht weitergeht.

      Das Problem, vor dem ich jetzt stehe ist, dass so sehr ich mich auch bemühe, ich habe kein Gefühl mehr für normales Essen. Entweder esse ich den Tag über so gut wie gar nichts und nur ganz bestimmte Lebensmittel oder ich esse völlig unkontrolliert alles, was ich sonst nie essen würde.
      Ich fühle mich unglaublich dick, obwohl ich normalgewichtig bin, was dazu führt, dass ich mich bei jedem vernünftigen Essplan, den ich mir aufstelle, selbst betrüge und doch das Dressing weglasse etc. was dann irgendwann wieder zum Essanfall führt.
      Im Kopf habe ich immer noch die Maßstäbe aus der Anorexiephase, kann sie aber nicht mehr einhalten und kann gleichzeitig mit anderen Lebensmitteln überhaupt nicht mehr umgehen.
      Hinzukommt, dass ich die körperliche Abhängigkeit vom Sport merke, und nach dem Essen unglaublich nervös werde, wenn ich nicht laufen gehe, und erst wenn ich draußen bin, wieder ruhig atmen kann.

      Ich bin in Therapie und das ist da auch Thema. Aber das Gedankenkreisen nimmt mich im Alltag völlig ein, ich kann nicht mehr lernen oder mich auf irgendwas konzentrieren und habe oft morgens schon Angst aufzustehen und irgendwann im Laufe des Tages essen zu müssen, die Kontrolle zu verlieren und wieder laufen zu müssen.

      Wahrscheinlich ist das eine ziemlich typische Geschichte, aber ich fühle mich im Moment völlig hilflos und allein damit.
      Hat von euch jemand Erfahrungen, Tipps, Hilfen oder Ideen, wie ich wieder zu einem normalen Umgang mit Essen finden kann? Und wie (oder ob) es möglich ist, dem Dünnsein die Bedeutung zu nehmen, die es durch essgestörtes Denken gewonnen hat.

      Ich bin inzwischen ziemlich verzweifelt und wäre über jeden Gedanken dankbar.

      Granul
      It is possible to commit no error and still lose. That is not a weakness... that is life. (Jean-Luc Picard)
      Hey

      ich leider selber (u.a.) an Magersucht und weis nicht ob ich dir helfen kann. Auch ich finde es schrecklich den ganzen Tag übers Essen nachdenken zu müssen und es gibt eigentlich nichts was mich wirklich ablenkt (also wenn ich arbeite kann ich schon auf die Arbeit konzentrien aber es läuft dann immer noch so ein Hintergrundprogramm)

      Was wäre wenn du zu einer Ernährungsbertratung gehst? Die kann dir dann einen (groben) Plan aufstellen. Ich habe selber auch einen Essensplan aber keinen selbstgemachen sondern von einen Diätassisten. Ich bin kein Freund von solchen Plänen aber sie können (übergangsweise ) helfen. Vieleicht kannst du dich an einen Essnesplan von einen Fachmensch besser halten.
      Wenn man über einen längern Zeitraum nichts isst steigt die Gefahr von Fressanfällen.

      Weis deine Thera das von deinen -ich nenn es mal-Sportzwang? Vieleicht könnt ihr ja Rituale finden was du stattdessen machen kannst. Oder schau hier mal in die Skilliste - vieleicht findest du was.
      Lass dir von deiner Therapeutin/Freunden sagen, was sie an dir mögen/schätzen bzw. gibt es etwas auf das du stolz bist/was dich auzeichent?

      probier den gesunden Anteil in dir zu stärken. Denn die Krankheit zu bekämpfen geht nicht weil man zwangläufig sich selbst bekämpft. Aber man kann den gesunden Anteil stärken und je stärker der wird desto kleiner wird der kranke Anteil

      ich hoffe es war was brauchbares dabei
      Hey Junimond,
      vielen Dank für deine Antwort!

      DIe Idee mit der Ernährungsberatung hatte ich auch schon, allerdings bin ich etwas überfordert davon, mir so etwas zu organisieren. Ich habe von einer früheren Thera mal einen groben Essplan bekommen, zur Orientierung, was normal ist, der enthielt aber zu viele Nahrungsmittel, die mir unglaubliche Angst machen und die ich dann durch weniger schlimme ersetzt habe, wodurch ich das Konzept natürlich unterlaufen habe. Zur Zeit versuche ich eine online-Ernährungsberatung über die Krankenkasse, das Konzept gefällt mir besser, da man Rezepte auswählen kann und dabei auch vorher Nahrungsmittel ausschließen kann, die man nicht mag (allerdings nur in gesundem Rahmen).
      Mein Hauptptoblem ist im Moment eigentlich, dass ich seit die Prüfungsphase wieder angefangen hat, wieder vermehrt stressbedingte Fressanfälle hatte und deshalb möglichst lange nichts gegessen habe, aus Angst, ich könnte die Kontrolle verlieren. Du hast recht, dass das zu Essattacken führt. Aber an dem Punkt habe ich den Eindruck, ich scheitere alleine an jedem Plan, weil ich so unglaubliche Angst davor habe, die Kontrolle zu verlieren, sobald ich etwas esse, dass ich es nicht schaffe, vernünftig vorher zu essen. Eigentlich habe ich bei den meisten Nahrungsmitteln, die ich in der Anorexiephase nicht als sicher bestimmt habe, das Gefühl, sie führen zum Kontrollverlust, weshalb ich es bei kontrolliertem Essen nicht schaffe, sie zu mir zu nehmen oder überhaupt nur in Erwähgung zu ziehen, sie zu essen.
      Ich sehe gerade keinen Ausweg, weil ich ohne Plan gar nicht zu recht komme, aber mir Pläne eben so große Angst machen, weil sie verlangen, dass ich esse und zwar eine normale Menge. Gibt es Möglichkeiten, diese Angst zu überwinden?

      Der Sportzwang war die letzten Jahre in den kontrolllosen Phase eigentlich die einzige Möglichkeit irgendwie zu essen, weil ich den Kontrollverlust wegen des Laufens in Kauf nehmen konnte. An was für Rituale hast du zB. gedacht? Manchmal schaffe ich es, mich mit Musikmachen abzulenken, aber nur, wenn ich weiß, dass es nicht allzu viel war, bzw. ich es am nächsten Tag durch Hungern wieder ausgleichen kann. Ansonsten würde kein Sport machen ja zum unkontrollierten Zunehmen führen- jedenfalls in meinem Kopf.
      Ich bin mir nicht sicher, ob ich erst die Essanfälle oder erst den Sport aufgeben sollte? Meist entscheide ich mich in der jeweiligen Situation für das jeweils andere, weil alles neue so große Angst macht, aus der ich nicht raus komme.

      Doch, du hast mir geholfen. Als ich das gelesen habe, musste ich dran denken, was mir zwei Freundinnen vor kurzem unabhängig von einander positives gesagt haben, vielleicht sollte ich mir das aufschreiben, denn das hat mir tatsächlich für einen Moment das Gefühl gegeben, dass es mehr an mir gibt als die ES und ich nicht nur gemocht werde, wenn ich schlanker wäre.

      Junimond schrieb:

      Denn die Krankheit zu bekämpfen geht nicht weil man zwangläufig sich selbst bekämpft.


      Das hat mir zu denken gegeben. Zu einem Ergebnis bin ich noch nicht gekommen, aber ich glaube, der Gedanke kann mir helfen.
      It is possible to commit no error and still lose. That is not a weakness... that is life. (Jean-Luc Picard)
      Guten Morgen
      ich habe leider gerade nicht viel Zeit, aber ich bin über den Satz gestolpert:


      Denn die Krankheit zu bekämpfen geht nicht weil man zwangläufig sich selbst bekämpft.


      Denn dem kann ich persönlich nicht zustimmen, ich finde man ist nicht die Krankheit, sondern sie ist allerhöchstens ein Teil. Das Wort "kämpfen" ist vielleicht tatsächlich etwas hart, aber man kannn sie ändern. In der Achtsamkeit heißt es ja immer so schön: Ich bin mehr als.... früher hat mich das total aggressiv gemacht, mittlerweile sehe ich die Wahrheit da drin. Man ist mehr als alle Teile.
      Und gegen die Krankheit kämpfen kann man meiner Meinugn nach schon (gut das ist jetzt vielleicht zu doll aufgehängt an einem Wort.)

      Wollte das trotzdem noch schreiben.
      In manchen Phasen ist man vielleicht so identifiziert mit der Krankheit das nichts anderes mehr zählt, aber das finde ich eher gefährlich, auch wenn man sich das nicht ausgesucht hat das weiß ich wohl.

      soll kein Angriff sein, nur einen Gedanken, den ich gesagt haben wollte :)
      Herzliche Grüße und schönen Sonntag!
      Guten Morgen

      ich habe das jetzt auch nicht als Angriff verstanden. Denn Satz habe ich mir aber auch nicht selber ausgedacht sondern er ist mir in einer Klinik vermittelt worden- vielleicht aber zu sehr aus dem Kontext gerissen.

      angenommen 70% in einem sind gesund werden und 30% sind krank. Uns wurde halt gesagt wir sollen den gesunden Anteil stärken denn wenn wir irgendwann zu 90% gesund sind, dann sind "nur" noch 10% von uns krank.

      aber natürlich hast du recht wenn man mehr ist als die Krankheit/Diagnose
      Hallo,

      ich wollte jetzt nicht extra einen neuen Thread aufmachen, deshalb schreibe ich mal hier, wie es mir im Moment ergeht.

      Das Thema Essen und Gewicht beschäftigt mich nach wie vor fast ununterbrochen. Bis vor ein paar Wochen habe ich auch weiter sehr viel Sport gemacht, um das Gewicht unter Kontrolle zu halten, und weil ich nicht anders konnte. Da hat sich sehr wenig getan, weil ich völlig gefangen darin war. Dann hatte ich so was wie ein Schlüsselerlebnis in der Therapie und ich habe entschieden, jetzt sofort radikal was zu ändern, und dabei das Risiko in Kauf zu nehmen, zuzunehmen, mit dem Gedanken, dass es ja nicht für immer sein muss und ich das, wenn ich wieder normal essen kann, gesund etwas abnehmen kann.
      Ich habe von da an wirklich versucht, regelmäßig zu essen und vorerst keinen Sport zu machen, und es hat tatsächlich während der Semesterferien von ein paar rückfälligen Tagen abgesehen, geklappt, dass ich auch nach zu viel keine Mahlzeit habe ausfallen lassen, um nicht den nächsten Essanfall zu provozieren. Insgesamt merke ich, dass ich mich wieder besser konzentrieren und auch Freude und Interesse an Dingen haben kann. Jetzt hat das Semester wieder angefangen, ich bin wieder zu Hause, habe wieder meine Waage und sehe, dass ich tatsächlich ziemlich zu genommen habe. Und auf einmal kriege ich Panik, dass das so bleibt. Ich fühle mich dick und schäme mich, traue mich kaum noch aus dem Haus, mag mich selbst nicht mehr ansehen, anfassen oder bewegen, weil ich dabei merke, das ich weniger Kondition habe. Essen klappt leider auch nicht, wo ich mich jetzt wieder ganz alleine drum kümmern muss, ob wann und wie viel ich esse, da ich wieder nur im Kopf habe, ich muss wieder das ganz dringend wieder abnehmen. Das Problem ist, ich habe einfach keine Lust mehr, zu joggen. Manchmal tu ich es, aber nicht mehr so lange und oft denke ich "Nö, eigentlich habe ich gerade mehr Lust zu lesen/fernzusehen/was auch immer" und mache das dann auch, was mir seit das mit dem Sportzwang angefangen hat, quasi gar nicht mehr möglich war.

      Ich denke schon, dass es gut ist, weniger Sport zu machen, eben weil ich mal wieder Zeit für andere wichtige Dinge habe. Ein wenig zunehmen, dachte ich zwar am Anfang zwar, würde ich überleben, aber jetzt frage ich mich, wie das weiter gehen soll.
      Normales Essen klappt nach wie vor überhaupt nicht und ich habe Angst, deshalb immer weiter zu zu nehmen, was im Moment auch passiert. Außerdem ist mir bewusst geworden, dass ich gar nicht weiß, wie man gesund abnimmt, also weiß ich auch nicht, was ich tun soll, wenn ich wieder ins Übergewicht rutsche.
      Im Moment bin ich noch an der oberen Grenze im Normalgewicht und fühle mich sehr unwohl damit. Ich muss nicht extrem dünn werden, die Anorexiegedanken habe ich glaube ich weitesgehend abgelegt.
      Ich will einfach normal essen können und wieder in das mittlere Normalgewicht kommen. Aber beides kommt mir unerreichbar vor.
      Svv ist wieder deutlich häufiger geworden, weil ich meinen Körper nicht mehr aushalten kann.

      Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht oder weiß, wie ich damit umgehen kann?
      Eine stationäre Therapie war schon mal Thema, habe mich aber damals dagegen entschieden gehabt. Jetzt frage ich mich schon, ob es überhaupt andere Möglichkeiten gibt, aber natürlich ist es nun bei mir überhaupt nicht mehr bedrohlich, da ich nicht mal das mit dem Sport in gesundheitsgefährdendem Ausmaß mache und auch mein Gewicht nicht mehr zu niedrig und auch (noch) nicht massiv zu hoch ist...
      Bin wirklich am Verzweifeln.
      It is possible to commit no error and still lose. That is not a weakness... that is life. (Jean-Luc Picard)