Mit Borderline leben?

      Mit Borderline leben?

      Hallo!

      Mir ist vorhin ein Gedanke in den Kopf gekommen. Und zwar, wäre es nicht einfach viel einfacher, eine Bps zu akzeptieren und damit zu leben, ohne Therapien oder sowas? Ich bin selbst betroffen, habe aber keine Kraft eine Therapie zu machen. Muss das denn sein? Angenommen, ich akzeptiere, dass ich so bin, wie ich bin, mit der Störung, und mache keine Therapie oder so, muss mein Umfeld dann darunter leiden? Ist es denn nicht möglich auch MIT Borderline zu leben? Das es nicht weggeht ist mir klar, auch, dass man damit umgehen kann, wenn man es lernt. Ich hab nur diese ewige Leier satt, Therapie, Langzeittherapie blah. Egal wo ich hingehe, alle wollen sie, dass ich eine Therapie mache. Wie geht es euch da, was haltet ihr davon?

      Liebe Grüsse
      Hallo!

      Ich wollte zunächst auch keine Therapie machen und muss auch leider sagen, dass mir manche Therapien nichts gebracht haben. Ich ging dann doch hin, weil es eben doch zu schwierig wurde damit zu leben. Ich kam nicht zurecht, konnte damit nicht umgehen.
      Solange man damit klar kommt und Niemand darunter leidet braucht man keine Therapie. Der Leidensdruck entscheidet ja darüber, ob man eine Therapie braucht. Wieso sagen alle dir denn, dass du eine Therapie brauchst? Wegen was genau?

      Ich muss sagen, dass ich jetzt sehr froh bin Therapien gemacht zu haben. Man muss nur Therapeuten finden, mit denen man gut klar kommt oder Kliniken findet, die einen wirklich weiter bringen. Das ist leider gar nicht so einfach.. Aber wenn man dann das richtige gefunden hat, tut es sehr gut!

      Ohne Therapie würde es mir jetzt viel schlechter gehen. Ich habe dort sehr vieles gelernt, auf das ich alleine nie gekommen wäre. Klar, jeder Mensch ist da anders. Aber ich kann eine Therapie immer wieder empfehlen. Nur eben Augen auf bei der Auswahl des Therapeuten/der Klinik, denn das macht sehr, sehr viel aus!

      Ich finde eine Therapie ist wichtig. Man schafft es doch meist eher nicht mit sich selbst zu beschäftigen, Themen aufzuarbeiten, ohne das ein Therapeut einen auf dies und das hinweißt, Hinfestellung gibt etc.

      Klar kann ich auch verstehen, dass man davon genervt ist, seine Ruhe haben will.. Aber es lohnt sich, sich damit zu konfrontieren!

      Liebe Grüße

      Grottenolm
      Hm... Also ich kenne keinen Borderliner, der Bps losgeworden wäre...
      Ist es nicht viel mehr so, dass man bei Therapien lernt, sich so zu akzeptieren und zu mögen wie man ist und gut mit dem Borderline umzugehen...?
      Wir sind gefährlich, wenn wir uns der Eigenverantwortung für unser Verhalten, Denken und Fühlen nicht bewusst sind. (Marshall B. Rosenberg)
      Hallo,

      Ich kann deinen Gedankengang sehr gut nachvollziehen. Ich bin seit bald 3 Jahren nicht mehr in Therapie, weil ich schlicht und einfach keine Lust mehr hatte, wieder und wieder meine Probleme durchzukauen.

      Aber ich finde, wer denkt dass man nur selbst darunter leidet und das am Umfeld spurlos vorbeigeht, macht sich etwas vor. Es kommt natürlich auch auf die Ausprägung der Symptome an, aber gerade vor dem engeren Bekanntenkreis kann man das nicht auf Dauer verstecken. Ich weiß zum Beispiel, dass es meiner Mutter nicht gut mit dem Gedanken geht, dass ich mich noch immer selbstverletze. Ich habe einigen Menschen, die mir wichtig sind, mit meinem Verhalten sehr weh getan. Ich weiß, dass ich für meine Freunde manchmal sehr anstrengend bin.

      Trotzdem war es meine Entscheidung, eben keine Therapie zu machen. Wenn es für dich so okay ist wie es ist, dann lass dich nicht zu etwas drängen, was du noch nicht möchtest- das bringt dann nämlich gar nichts. Du musst dir dabei aber auch bewusst sein, dass du dein Umfeld bis zu einem gewissen Grad mit reinziehst.

      Soviel mal meine Meinung zu dem Thema ;)

      LG
      wild_angel
      If everything seems to be going against you,
      remember that the aeroplane takes off against the wind,
      not with it...
      (Henry Ford)

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      Ich versuche nach den Sternen zu greifen, doch das Universum expandiert....
      Ich weiß seit ca 14 Jahren von meiner BPS und habe seit ich 15 war, also über 10 Jahre, jegliche Therapie verweigert, einfach weil ich eine schlechte Erfahrung gemacht habe und würde heute rückblickend sagen, das war die falsche Entscheidung.

      Ich hab mich durch einige Höhen und Tiefen geschlagen, manche mehr und manche weniger gut weg gesteckt, aber letztendlich habe ich immer nur weiter verdrängt und nach hinten geschoben, wollte mich nicht damit beschäftigen und das hat dann letztes Jahr zu einem richtig großen Knall geführt. Ich war hoch su*z*d*l und eine Gefahr für mich selbst. Ich war wie in einem Strudel gefangen und kam da nicht mehr raus.
      Ich hab den kompletten Sommer in einer Klinik verbracht, hab mich fast jeden Tag dort s*lbst v*rl*tzt und hab mich durch die Therapie gequält. Im Endeffekt war es aber definitiv die richtige Entscheidung für mich, da ich dort, zwar nur sehr langsam, gelernt habe, mit dieser Krankheit und meinen Zuständen umzugehen. Ich habe gelernt, die Anspannungszustände zu regulieren und Skills anzuwenden, klappt natürlich nicht immer, aber ich lerne ja noch (hab ja einiges nachzuholen), erkenne Gefühle und Emotionen viel früher als sonst, weiß besser mit Flashbacks und dissoziativen Zuständen umzugehen und arbeite echt hart an mir.

      Auch für mein Umfeld ist es viel besser, dass ich jetzt eine Therapie mache und an mir arbeite. Ich hab oft unkontrolliert meine Gefühle, vor allem Wut, an ihnen ausgelassen, ohne es zu merken. Ich war extrem impulsiv, bin ich manchmal immer noch, aber wie gesagt, ich arbeite an mir, und konnte mich kaum kontrollieren, die Gefühle haben meist die Überhand übernommen und ich konnte nichts tun, außer abwarten, bis sie sich abgeschwächt haben.

      Im Nachhinein bin ich froh, dass ich zu einer Therapie gezwungen wurde, denn ich wüsste sonst nicht, wo ich heute wäre oder ob es mich noch geben würde.

      Das ist jetzt natürlich eine absolut subjektive Erfahrung, das ist bei jedem anders und kommt natürlich auch auf die Schwere der Störung an.
      Ich kann hier nur für mich sprechen, aber wenn ich so zurück blicke auf die letzten 10 Jahre, erkenne ich, dass in vielen Situationen meine BPS mich daran gehindert hat, in meinem Leben weiter zu kommen. Wäre ich früher in Behandlung gegangen, hätte ich vielleicht vieles abwenden können oder anderes durchziehen können. Aber zu dem Zeitpunkt war mir das einfach nicht möglich.

      Mein Rat ist einfach, such dir eine/n Therapeuten/in, mit der du gut klar kommst, die dir sympathisch ist und der du vertraust. Ich weiß, eine Therapie ist anstrengend und zermürbend, aber im Nachhinein ist man meistens froh, es durchgezogen zu haben. Ich auf jeden Fall.

      Okay, an dieser Stelle mache ich mal einen Cut.
      Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig weiterhelfen. Wenn nicht, sorry :))

      LG, beast
      Danke für eure Antworten.

      @Grottenolm, du hast gefragt, warum ich eine Therapie machen soll, bzw. warum mir das alle sagen. Naja, das ist so, wirklich gut geht es mir mit der ganzen Sache ja auch nicht. Ich war im Dezember und im Januar zur Krisenintervention in der Klinik, die möchten mir dort gerne helfen, aber sagen, dass ich dann eben eine Langzeittherapie machen soll. Dafür hab ich die Kraft nicht, ausserdem bekomme ich dann Existenzängste, wohne zurzeit in einer Art Notunterkunft, die ist immer auf ein halbes Jahr befristet. Also muss ich das alle halbe Jahr neu beantragen, dass ich dort bleiben kann. Ansonsten sitze ich wieder auf der Strasse. Wenn ich jetzt eine stationäre Therapie mache, ambulant wird mich wohl keiner nehmen, zumindest hier in der Umgebung nicht, wegen meiner Suchterkrankung, deswegen soll ich ja auch noch eine Therapie machen *augenroll*, dann habe ich keinen Anspruch mehr auf die Unterkunft, ich bin ja dann nicht da.
      Zurzeit versuche ich mein Verhalten zu verstehen, warum ich gewisse Dinge mache, z.b. ohne Grund gereizt reagieren, dieses ewige manipulieren von anderen, die abartigen Stimmungsschwankungen, damit ich besser damit umgehen kann und mein Umfeld nicht so viel davon abbekommt.
      Dann gibt es einfach diese Momente der Leere, da erscheint mir alles sinnlos, dann kommen Gedanken auf, wie "wozu kämpfen? hat doch sowieso keinen Zweck, es wird ja auch nicht einfacher dadurch."
      Vielleicht sollte ich doch mal darüber nachdenken, nochmal eine Therapie zu machen. Aber nicht jetzt. Da fehlt einfach die Kraft für.
      Kann man sich nicht auch selbst, ohne Therapie irgendwie helfen? Ich weis nicht, tut mir Leid, bin heute ein wenig durcheinander, mein Kopf ist wie leergepustet. Vielleicht krieg ich später einen gescheiten Beitrag zusammen, aufjedenfall danke für eure Antworten!
      Hallo,

      also ich denke auch, dass der erste Schritt immer ist, dass man erstmal akzeptiert, wie es ist. Aber da darf es nicht aufhören. Man kann nicht einfach sagen "So, ich lebe jetzt mit meiner Krankheit und höre auf an mir zu arbeiten". Die Frage ist daher nicht, ob man entweder mit Borderline leben lernt oder eine Therapie macht, sondern was man selber will, wohin man möchte, was man erreichen will und ob man das mit oder ohne externe Hilfe schafft. Viele schaffen das nicht, andere schon. Was der bessere Weg ist, muss jeder für sich selbst herausfinden. Mir hat eine Therapie als Anstoß sehr geholfen. Aber eine langfristige Therapie entspricht nicht dem, was ich brauche. Stattdessen arbeite ich aber selbst an mir. Ich habe mich nie darauf ausgeruht "das zu akzeptieren und damit leben zu lernen", weil mir das nicht ausgereicht hat. Ich wollte nicht, dass verschiedene Symptome meinen Alltag und mein Leben dominieren und es mir schwer machen bei mir selbst anzukommen. Also musste ich den Hintern hoch bekommen und dafür ackern. Ob mit oder ohne Therapie so etwas braucht viel, viel Zeit und enorm viel Kraftaufwendung. Wenn man was erreichen will, ist das Leben für niemanden ein Spaziergang. Manche akzeptieren z.B. Arbeitslosigkeit als Lebensweg, andere versuchen eine neue Anstellung zu bekommen. Letzteres ist der anstrengende Weg, aber vermutlich auch der, der einen am Ende etweas glücklicher macht. Was ich sagen will: Der Weg des geringeren Widerstands ist nicht zwangsläufig der, der einen langfristig glücklich macht. Aber, was ganz wichtig ist, es gibt immer verschiedene Optionen um sein Ziel zu erreichen. Da muss Therapie nicht immer das Zaubermittel sein. Nur sollte man sich darüber sehr viele und vor allem sich selbst gegenüber auch ehrlich Gedanken machen: Schaffe ich das allein? Und das muss man immer wieder hinterfragen, sonst verpasst man den Punkt, an dem man sich Hilfe holen sollte sehr leicht.

      Im übrigen glaube ich nicht daran, dass einem für die Therapie wirklich die Kraft fehlen kann, denn meistens wird eine Therapie auf die aktuellen Bedürfnisse abgestimmt. Ich glaube es raubt einem viel viel mehr Kraft, wenn man einfach weitermacht und abwartet, ob es auch so besser wird. Therapie kann einem auch die nötige Stärke geben den Alltag in den griff zu kriegen, denn bei einer Therapie muss es nicht immer daran gehen, dass man an schlimmen Dingen arbeitet, Therapie kann auch die Grundlage dafür sein, dass man den Alltag auf Reihe kriegt und _dann_ mit der "richtigen" Therapie anfängt, wenn man genau dafür auch ausreichend Kraft hat. Therapie ist nie eine gradlinige Bewegung, sondern immer ein auspendeln von Kraft sammeln und Kraft aufwenden. Damit das funktioniert, muss man in einer Therapie aber auch ehrlich sein und auch die Dinge auf den Tisch legen (ohne sie zwingend sofort zu bearbeiten), die einen belasten, damit die Grundlage geschaffen wird.

      Zu der Sache, dass man Borderline ja nicht einfach so wegbekommt: Man kann so sehr an sich selbst arbeiten, dass die Symptome, die Bedingungen für die Diagnose also, so sehr abklingen können, dass eine Diagnose nicht erneut gestellt werden würde. In dem Sinne: Ja, man kann Borderline loswerden. Das heisst nicht, dass man danach ein völlig einfaches Leben hat, nein, es hat immer seine Anforderungen. Aber die Diagnose an sich muss nicht zwingend Bestand haben. Hier ist es vor allem auch wichtig, dass man sich Therapeuten, Psychiater oder Ärzte sucht, die eben genau hinschauen wollen und einen nicht aburteilen oder auf irgendwelchen Diagnosen rumreiten. Die sind nicht unbedingt leicht zu finden, aber es gibt solche.

      Das sind so meine Erfahrungen damit. Klingt jetzt vielleicht etwas dogmatisch, ist aber nicht so gemeint, es ist einfach nur meine Meinung.
      Grüße
      klirr
      Hi,

      klirr hat meine Gedanken ziemlich gut zusammengefasst.

      Darüber hinaus kann ich nur von meinem Weg berichten.
      Ich hab mit 16, 17 ein halbes Jahr Therapie gemacht. Die Thera wollte mich 2-3 Mal die Woche sehen, anfangs war es nur einmal die Woche. Ich fand mich ehrlich gesagt nicht so krank für eine solche Intensiv-Behandlung. Bin trotzdem öfters hin, auch wenn es mit der Schule nicht so einfach war.
      Im Nachhinein weiß ich nicht ob mir die Thera geholfen hat oder ob es mehr das Älter werden an sich war.

      Für eine Therapie spricht meist sehr viel. Dagegen hat für mich gesprochen, dass ich nicht wollte, dass jemand an meinem Leben mit herumdoktert und mich beeinflusst.
      Ich habe in der Thera Entscheidungen getroffen und Entwicklungen durchgemacht die völlig richtig waren. Aber vielleicht hätte ich ansonsten mir dafür mehr Zeit genommen. Es wäre vielleicht dann leichter gewesen. Vielleicht wäre diese Entwicklung aber auch gar nicht in dem Maße eingetroffen, was ich nicht gutheißen würde. Es ging damals zB darum Beziehungen die nicht für mich gut waren zu durchleuchten und auch zu beenden.

      Heute würde ich gerne eine Thera machen. Die Abwägung von Leidensdruck und beruflichem Zeitmangel lässt es aber (aus meiner Perspektive) nicht so recht zu. Daher würde ich aus meiner Perspektive sagen versuch es solange du kannst.

      Ich kenne dich ja nicht. Ich kenne nur die paar Zeilen von dir. Aber das was du schreibst klingt nach einer turbulenten Zeit. Grade dann würde ich es versuchen. Wenn der/die Thera dir nicht sympathisch bist kannst du immernoch wechseln oder es ganz lassen. Was kannst du verlieren? In den ersten Stunden wird kein Thera sonderlich tief graben.

      Ich hätte mich sicher mehr austherapieren können. Letztlich bin ich eher den von dir beschriebenen Weg gegangen. Ich hab gelernt mich zu akzeptieren und auf die ein oder andere Art selbst an mir gearbeitet. Letztlich ging das aber einzig und allein dadurch, dass sich meine Lebensumstände enorm beruhigt haben. Was ist wenn dein Leben noch eine Weile turbulent bleibt, kannst du dann wirklich - zusätzlich - noch auf eigene Faust lernen mit dir zurecht zu kommen?

      Ob eine "untherapierte bps" für das Umfeld schwer ist? bestimmt. eine therapierte wahrscheinlich aber auch immernoch.
      ich glaube das kann man nicht so pauschal beantworten.
      wer ist denn nicht (manchmal) für sein umfeld anstrengend. und hängt das nicht auch vom Umfeld ab?

      Ich kann dir leider keine klare Meinung geben, aber vielleicht hilft es ja irgendwie

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