Studiumsende - tiefes Loch *t*

      Studiumsende - tiefes Loch *t*

      Vorsichtshalber Triggersternchen im unteren Teil - wenn es falsch ist, bitte verschieben.

      (Es hat sich irgendwie erst im Schreiben das echte Problem herauskristallisiert. Entschuldigung. )

      Ich habe vor kurzem meine Masterarbeit abgegeben, im Moment warte ich nur noch auf die Note. Ich muss morgen meine Scheine beim Prüfungsamt abgeben und kann jetzt wahrscheinlich die halbe Nacht nicht schlafen, weil ich Angst davor habe, dass ich doch noch irgendetwas vergessen habe und dass ich dann doch nicht fertig bin. Morgen weiß ich das dann ja, also ist das ein kurzfristiges Problem sage ich mir.

      Alles andere kommt jetzt. Ich hab keine Ahnung, wie es als nächstes weitergeht. Ich habe im Master studiert und war an der Uni - trotz Stress und vielen nicht einfachen Situationen - immer sehr zufrieden. Ich hab so gerne studiert, ich hab immer gerne gelernt und ich wusste genau, was passiert und weil ich dieses bescheuerte System irgendwann verstanden hatte. Und abgesehen vom Bürokratiewust, war die Zeit an der Uni einfach nur wunderbar.

      Was als nächstes kommt, weiß ich nicht. Mir fehlt gerade absolut die Perspektive. Letzte Woche war die letzte Prüfung und seitdem hänge ich einfach durch. Ich hab mich gefreut und dann konnte ich eigentlich nur noch heulen. Ich hab vor so vielen Sachen Angst. Ich hab Angst davor, dass ich mich falsch entscheide. Ich hab Angst davor, dass ich nicht genug aus den Möglichkeiten mache, die es (vielleicht) gibt. Ich habe jetzt schon Angst davor, immer noch finanziell abhängig zu sein, weil ich keinen Job finde. Ich habe Angst davor, zu alt zu sein und zu wenig zu können und zu wenig Praktika gemacht zu haben. Ich habe Angst aus der Stadt hier wegzugehen. Ich war hier noch nie weg. Das lähmt mich total und ich weiß gerade einfach nicht, was ich als nächstes machen soll.

      Am schlimmsten sind im Moment die Leute, die mich fragen: "Und was ist jetzt dein Plan?" Warum wird erwartet, dass ich sofort einen Plan habe? Und warum gibt es Leute, die tatsächlich einen Plan haben? Ich habe geistes/literaturwissenschaftliche Schwerpunkte gehabt und von allen Seiten schlägt mir gerade so eine Angstwelle entgegen: sei es von meinem Freund, der sagt, ich solle schnellstmöglich eine Perspektive entwickeln; von meinen Eltern, die mich am liebsten in einem sicheren Job sähen und von Mitbewohner_innen, die mich fragen, wann ich denn endlich ausziehe (hallo? Noch bin ich hier) und von Freunden, die mich dauernd fragen, ob ich mich denn schon beworben hätte (ähm - meine letzte Prüfung war letzte Woche, ich bin gerade total durch - immer noch).

      Ich hätte nicht gedacht, dass dieses krasse Tief so schnell schon da ist und ich dachte, so lange ich eingeschrieben bin, wird es noch gehen. Aber es geht nicht und ich kann damit gerade nur ganz schwer umgehen.

      Deswegen meine Frage: Wie geht ihr mit solchen Statuspassagen um? Und weil die Frage echt schwer ist und irgendwie auch bescheuert: wie seid ihr mit solchen Situationen umgegangen? Was hat geholfen? Wie habt ihr es hingekriegt, irgendwie eine Perspektive zu gewinnen, die aus mehr besteht als: ich hab jetzt keine Verpflichtungen mehr und komme einem selbstschädigenden Drang nach, denn das kann ich wenigstens...?

      Vor einem Jahr saß ich mit Bekannten in der Mensa. Die eine sagte: "Und jetzt ist die Uni vorbei, danach kommt einfach nichts mehr." Ich weiß, dass das nicht stimmt. Und ich hab sie damals versucht aufzubauen. Aber im Moment finde ich das selbst gerade so schwer. Mittlerweile sind viele gute Freunde entweder noch Studierende oder in krass anderen Strukturen unterwegs: Kind, der Plan zum Eigenheim, fester Job/Promotion sind da irgendwie Standard. Und trotzdem haben diese Leute, wenn ich mal frage, krasse Zukunftsangst. Und das macht mich noch mehr Durcheinander, denn bei mir sind noch so viele Sachen eben nicht klar. Vielleicht merke ich auch einfach gerade, wie krass viele Vorstellungen von Leben so mit Ende 20 einfach total unterschiedlich sind. Und niemand ist perfekt und alle haben irgendwie Baustellen, das weiß ich auch.

      Trotzdem laufe ich gerade einfach nur mega dünnhäutig herum. Habe Probleme mich von den Sachen anderer abzugrenzen, fühle mich total verletzlich und reagiere super empfindlich, abgesehen davon waren die Situationen eh mega daneben.

      *t* (geht um eine V*rg*w*lt*g*ngsszene in einem Film und krasse Reaktionen darauf)
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      War heute im Kino. Es kam eine sehr überraschende Szene mit einer versuchten V*rg*w*lt*gung und der Typ in der Reihe neben uns, rief tatsächlich: "Ja, genau, jetzt gib's der Schlampe auch. Hat sie verdient!" Es stellte sich dann heraus, dass der Typ einfach sehr durch war und noch wahrscheinlich viele andere Probleme hatte, aber das war einfach nur ein Schlag in die Fresse. Ich bin total geplättet aus diesem Kino raus und normalerweise geht sowas irgendwie, aber heute einfach nicht.

      Danach gab es noch ein krass unsensibles Gespräch über K.O.-Tropfen mit Familienmitgliedern, was ich hier gerade gar nicht wiedergeben kann, weil es mich immer noch sprachlos macht. Und ich dachte mir halt nur: habt ihr mir irgendwann mal zugehört? In den letzten Jahren? Oder glaubt ihr jetzt, da meine Therapie schon lange vorbei ist, dass ich locker mit dem Thema umgehen kann?

      Aber wenn es eh schon alles zu viel ist, dann sind solche Situationen halt auch einfach gar nicht zu ertragen. Das ist mein Problem.
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      Und jetzt liege ich hier seit drei Stunden herum, versuche irgendwie klar zu kommen, mich abzugrenzen etc. und habe aber ttotzdem das Gefühl alles kracht über mir zusammen. Ich skill schon rum und versuche Achtsamkeitsübungen, aber es ist mir gerade einfach alles zu viel.


      Wenn ihr eh schon mit allem überfordert seid, wie geht ihr dann mit solchen Themen um? Irgendwelche Tipps oder Ideen?
      Today you are you, that is truer than true.
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      Dr. Seuss

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „atemzug“ ()

      hej atemzug,

      wenn ich mit allem überfordert und dünnhäutig bin, dann vermeide ich das meiste einfach. also ich würde dann zb nicht ins kino gehen und nicht zu meiner familie, weil ich weiß, beides sind potenzielle nervfaktoren. ich bleib dann daheim oder gehe bestenfalls alleine spazieren oder in den park, lese viel, höre musik, mache sport, aber eben alles möglichst alleine und anonym. das hilft mir meistens, nach 2, 3 tagen wieder stabiler zu sein.

      wenn ich mich mit etwas beschäftigen muss, und merke dann, oh das fängt an mich zu treffen, dann versuche ich sofort aus der situation rauszugehen. das ist schwierig, manchmal sogar sehr schwierig, aber es geht eigentlich fast immer und man kanns überleben - ích bin inzwischen ein, zweimal aus dem kino raus und auch schonmal bei meiner mutter aufgestanden und gegangen. und trotzdem wurde ich nicht gesteinigt und meine mutter liebt mich auch noch ;)

      wenn es "zu spät" ist, hilft bei mir fokussieren auf das erste wichtigste ziel und dann oft sport, um runterzukommen. mit fokussieren meine ich: solange du nun alles auf einmal im kopf hast (wie gehts weiter, ogott perspektive, die trigger, das gespräch mit deiner familie, stabil werden...) ist das auch einfach zu viel für den moment. und das wäre es für alle. stabile menschen sind nicht stabil, weil sie keine probleme und ängste haben, sondern weil sie viel besser als wir priorisieren und eins nach dem anderen normalisieren und abarbeiten können.

      erste priorität: werde ruhiger und stabiler. dafür ist jetzt mal alles andere egal, es zählt nur jetzt und stabiler werden. schieb alles andere zur seite und kümmere dich um dich. wenn du dann etwas ruhiger bist, kannst du deiner familie zb eine wut-mail schreiben, sie übel beschimpfen etc (natürlich nicht absenden. erst mal liegen lassen, bis die wut verraucht ist.)

      gib dir zum stabil werden ein paar tage. zb bis dienstag machst du nichts anderes, außer dich um dich kümmern und stabil werden. nur schöne sachen, ruhige sachen, leckeres essen, nur menschen erlaubt, die dir ein gutes gefühl geben... hey, du hast gerade ne wichtige prüfung bestanden - hast du dich dafür eigentlich schon gefeiert und belohnt? glückwunsch erstmal! :) kannst echt stolz auf dich sein.

      und ab dienstag kannst du dann weiter sehen - vorausgesetzt du bist dann stabil. wenn nicht, gibst du dir eben noch ein paar tage. ich weiß zwar, dass im moment immer so ein wahnsinniges ding darum gemacht wird, dass man gar nicht schnell genug arbeiten / karriere/kind/bla haben kann. aber das ist nicht "richtig", sondern nur der trend im moment. als ich uniabschluss hatte - das war so 2005 etwa - da war es ganz normal, dass man danach erstmal ein jahr "gammelt". das hat man im übrigen nach dem abi auch schon mal gemacht, um sich erst mal zu orientieren ;) die einen haben halt nicht nur gegammelt, sondern ein bissl gereist und hier und da ein praktikum gemacht, manche haben aber auch wirklich nur rumgehangen und computer gespielt - unter der brücke lebt keiner von meinen damaligen kommilitonen.

      ich seh das alles ein bisschen fatalistisch-pragmatisch. wenn es wirklich so sein sollte, dass unsere generation irgendwann nur 100 euro rente kriegt, dann kann davon sowieso niemand von uns leben, sprich da muss dann ein anderer plan her. und vor allem müssen wir das rentenalter erst mal erleben, was nicht klappt, wenn wir uns mit 40 zum ersten herzinfarkt gestresst haben. also kann das einen schon mal nicht verrückt machen. und der rest - erstes praktikum, erster job, bla, - ergibt sich oft, wenn man die augen offen hält und kontaktfreudig bleibt (was viel besser klappt, wenn man halbwegs ruhig und stabil ist).

      also, gib dir doch mal drei, vier monate, in denen du vielleicht auch mal in die ein oder andere stadt fährst, einfach mal schaust, was es so gibt an umgebung, einrichtungen und jobs die du dir vielleicht vorstellen kannst. dann googelst du ein bisschen, schickst hier und da mal eine kurzbewerbung hin, fragst mal nach praktika, hörst dich im bekanntenkreis um, und irgendwann findet sich was. ob das dann der traumjob für immer ist (unwahrscheinlich!) oder eine erste station, aus der du zumindest lernst, was du willst oder nicht willst (sehr viel wahrscheinlicher), hinterher bist du jedenfalls schlauer und bereit für einen weiteren schritt.

      ich glaub nicht an den großen plan im leben. ich glaube, dass man über die zeit immer klarere vorstellungen entwickelt, was man als nächstes will oder nicht will, aber es kann immer was passieren, was das ganze umschmeißt. das leben ist keine versicherung, das macht es ja so schön und aufregend.

      lg und nochmal: glückwunsch zur prüfung!
      solaine

      ps: und noch ein schmankerl zum schluss: weißt du, was in meinem bekanntenkreis (anfang 30 bis ende 40) gerade ALLE machen, die endlich einen unbefristeten job/eine gute karrierestufe erreicht/ etc haben? weniger arbeiten. die fahren alle wochenstunden zurück oder orientieren sich gerade um, weil sie die letzten jahre 70 stunden pro woche gemacht haben. und da ist niemand reich geworden - die merken nur, dass sie im zweifel sonst im leben nichts außer gearbeitet haben. und wollen sich in bezug auf "die rente" jetzt nicht länger irre machen lassen.
      "But isn't that life for us all? Trusting to luck?"
      "You can always try to give luck a helping hand", she said.
      //william boyd//


      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „solaine“ ()

      Hihi das schmankerl ist herrlich.

      Ich bin auch aus Erfahrung gegen zu viel Zukunftsangst. Irgendwie haben die alle, ein unbefristeter job ist ja auch schwer zu kriegen u auch den kann man verlieren.
      Und das beste aus seinem potential machen? In welcher Hinsicht denn? Finanziell o Punkt Arbeitszufriedenheit.. ?

      Mir hilft immer das worst case szenario. Das heisst in meinem Fall demnächst alg1 oder ein mieserer job als bisher. Aber das ist worst case und trotzdem erträglich u auf Dauer wieder aenderbar.

      Abgesehen davon: auch von mir herzlichen Glückwunsch.

      Ich hab mehr als ein Jahr vertroedelt. Musste mich zwar immer selbst finanzieren, also ohne kleinen job ging es nicht, aber diese Zeit war sehr hilfreich. Hab durch die Jobs u durch die Freiheit viel gelernt.
      Liebe Solaine,

      vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Das hat schon so viel geholfen, dass kann ich wahrscheinlich gerade gar nicht richtig ausdrücken. Vielen, vielen Dank. Besonders Geschichten aus dem Bekanntenkreis helfen mir zumindest dann doch. Du hast Recht, so richtig gefeiert habe ich mich auch noch nicht. Das ist irgendwie gar nicht in meinem Kopf gewesen, sondern nur ganz viel Angst und Durcheinander.

      "Stabile Menschen sind nicht stabil, weil sie keine Ängste oder Probleme haben [...]." - Danke, das hat mir auch geholfen. Ich finde es gerade sehr schwer, dieses Perspektiven finden und weiterwissen müssen und das kann ich ja auch gar nicht an einem Tag entwickeln, sondern es braucht eben gerade alles Zeit. Und ich versuche zu verstehen, dass das okay ist.

      Ich wollte gerne früher antworten, aber ich habe es einfach nicht geschafft. Es ist mir einfach gerade alles ganz zu viel und ich versuche jetzt wieder stabil zu werden und mir auch einfach mal eine Pause zu gönnen.

      Auch die Idee mit den Menschen, mit denen man gut klar kommt um sich herum Zeit zu verbringen, ist ziemlich gut. Und alle anderen einfach mal auf sich zukommen lassen. Das ist gerade irgendwie schon schwer genug.

      Ab Montag kann ich zum Ferientraining, das war mir eigentlich auch alles zu viel, aber gerade freue ich mich darauf. Und nach Hause fahre ich gerade auch nicht mehr, geht gerade einfach nicht. Und das ist okay. Hoffe ich.

      Liebe Swollen,

      das beste, na ja - wie immer, oder nicht? Keine Möglichkeiten verstreichen lassen, am besten in der Nähe der großen Liebe einen Job finden, etc. In meinem Bekanntenkreis sind hauptsächlich Menschen, die promovieren (die haben zumindest die nächsten drei Jahre sicher) oder Lehrer_innen (well...) - da sieht das mit unbefristetem Job dann doch etwas anders aus und da sind die Sachen, die man sich so anhört, eben auch andere.
      Danke trotzdem! :)
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      Dr. Seuss
      Hey du,


      eigentlich wurde bereits alles gesagt, aber ich wollte trotzdem meinen Senf als kleines Topping dazugeben. ;)


      Ich kann verstehen, dass dir gerade alles zu viel ist, Veränderungen sind keine einfache Angelegenheit - obendrein, wenn das Umfeld einen dezent unter Druck setzt, Ergebnisse sehen möchte oder auch einfach nur furchtbar neugierig ist.
      Es geht etwas zu Ende, es fängt etwas Neues an, aber nichts ist endgültig, das ganze Leben ist Veränderung, rein lineare Vorgänge entspringen lediglich einer Idee, der Idee und der Hoffnung der Menschen, dass alles kontrollierbar wäre. Aber eigentlich stellen alle fest, dass dem nicht so ist, sonst würde sich nicht jeder so sehr mit der Frage stressen: Was wird nur aus mir - und wann wird es das?!
      Wir rennen einem Ideal hinterher, das es so nicht gibt und vergessen, dass nur das sicher ist, was tatsächlich gerade im Moment geschieht. Und sicher ist momentan, dass du einen Grund zum Feiern hast! Gratuliere, du hast die Masterarbeit abgegeben! :)


      Weißt du, ich bin in deinem Alter und wenn ich eines über die Jahre gelernt habe, dann dass es immer weiter geht und zwar völlig unabhängig davon, wie sehr ich mich habe stressen lassen.
      Das Leben macht einfach, völlig gleich, ob ich mich fertig mache oder es genieße. Seit meinem 17ten Lebensjahr rennen mir Leute hinterher, die wissen wollen, was ich mache, was ich plane, welchen Abschluss ich anstrebe. Ja und wenn sie die Antwort bekommen, fällt ihnen alles aus dem Gesicht, denn oh Himmel, ich habe keinen perfekten Plan. Nichts Sicheres. Wie furchtbar!
      Abitur, Psychologie studieren und dann mal sehen. So klingt das bei mir bestenfalls, denn krankheitsbedingt bin ich einige Male auf die Nase gefallen, rasselte durch Prüfungen, musste Härtefallanträge stellen und im Hintergrund immer die bangen Gesichter, die mir vorrechneten, dass ich so und so alt sein werde, wenn ich dann richtig arbeite und das ginge doch nicht.
      Doch, das geht. Das geht sogar sehr gut.
      Es ist nicht das gesellschaftlich anerkannte Optimum, da muss alles ganz schnell gehen, so ist das wohl aktuell in Mode, man sollte sofort zur vollausgereiften und funktionstüchtigen Arbeitskraft mutieren - aber da bin ich ja ohnehin schon raus, ich bin einfach nicht voll funktionstüchtig und finde das auch völlig okay so. Es lässt sich auch nicht ändern, also, was solls? Ob ich mir die Hölle heiß mache oder nicht, es ändert nichts.

      Ich denke mir das so: Ich werde mir einen Beruf aneignen, der mir Spaß macht, in dem ich gut bin, der mich erfüllt und dann ist es sowieso gleich, wie lange ich in diesem Beruf arbeiten werde, denn das mit der Rente - wie solaine bereits schrieb - ist so eine Sache für sich.
      Angenommen ich stresse mich jetzt wie bekloppt, vergesse das Studium, nehme irgendeinen Job, damit ich berufstechnisch "unter der Haube" bin, schleppe mich Tag für Tag und Jahr für Jahr durch das Leben, um am Ende festzustellen: "Wtf?! Von wegen Sicherheit, ich bekomme gar keine Rente!!! Und muss diesen Mist daher noch sehr viel länger ertragen - was für ein Leeeheben!"
      Das kann nicht die Antwort sein. Das geht völlig am Leben vorbei.
      Ich möchte damit sagen, dass überhastete und vermeintlich vernünftige Überlegungen wesentlich schädlicher als Ruhe und das eigene Tempo sein können. Nicht umsonst liegt bekanntlich in der Ruhe die Kraft.
      Vor zwei Jahren habe ich mich total überfordert und fertig mit der Welt zu Prüfungen angemeldet, für die ich überhaupt nicht bereit war. Das Ergebnis: Durchgefallen. Durchgefallen UND gesperrt. Es hat ein Jahr gedauert, die Sperre aufzuheben, dass es überhaupt klappte, war ein Wunder. Die Eile hat mich also sehr viel Zeit gekostet.
      Aber ich habe daraus gelernt, wirklich viel daraus gelernt.
      Schau dir an, was dir guttut, was dir gefällt, denn es ist dein Leben, niemand wird dir einen Orden verleihen, wenn du dich qu*lst, das kümmert keinen.

      Ich bin jetzt auch ein komplettes Jahr aus der Situation herausgegangen, habe mich gesammelt, Dinge getan, die gut für mich waren, was ich ehrlich gesagt noch immer tue, und ab September gehts dann wieder ganz langsam los. Allerdings wirklich langsam und in meinem Tempo. Ansonsten gehe ich viel spazieren, sortiere meine Gedanken, versuche mir klar zu machen, dass Berufe und Co. letztendlich nichts als Konstrukte sind und ich diesem erdachten Phantom (so richtig greifbar und endgültig ist da ja nichts) nicht mehr Macht über mich und mein Leben einräumen möchte als unbedingt nötig. Ich bin hier der Mensch, ich bin lebendig, das Konstrukt ist es nicht.


      Ich wünsche dir alles Gute und lass dir von anderen keinen Stress machen.
      Menschen, die v*rl*tzt wurden, sind gefährlich, denn sie wissen, dass sie überleben

      SinRatziel schrieb:


      Es ist nicht das gesellschaftlich anerkannte Optimum, da muss alles ganz schnell gehen, so ist das wohl aktuell in Mode, man sollte sofort zur vollausgereiften und funktionstüchtigen Arbeitskraft mutieren - aber da bin ich ja ohnehin schon raus, ich bin einfach nicht voll funktionstüchtig und finde das auch völlig okay so. Es lässt sich auch nicht ändern, also, was solls? Ob ich mir die Hölle heiß mache oder nicht, es ändert nichts.


      Danke.

      SinRatziel schrieb:

      Ich möchte damit sagen, dass überhastete und vermeintlich vernünftige Überlegungen wesentlich schädlicher als Ruhe und das eigene Tempo sein können. Nicht umsonst liegt bekanntlich in der Ruhe die Kraft.


      Nochmal danke.

      Ich kann gerade gar nicht richtig irgendetwas schreiben, weil mir auch hier etwas zu schreiben gerade einfach zu viel ist. Es geht gerade nicht. Es geht um Moment sowieso nicht viel, bin froh, dass ich es geschafft habe, mir irgendwie Essen einzukaufen und es sogar geschafft habe, zu kochen. Mehr geht gerad nicht.

      Aber ich habe deine Gedanken gelesen und finde deine Einstellung gegenüber den Dingen sehr abgeklärt. Das kriege ich gerade nicht hin. Vielleicht kommt das noch, ich weiß es nicht.
      Today you are you, that is truer than true.
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      Dr. Seuss
      du stabilisierst dich gerade, das ist doch genau das richtige. in einer akutphase war niemand von uns je so abgeklärt, wie wir im moment hier schreiben können ;)
      bleib bei dir und mach immer nur einen schritt auf einmal.

      alles gute!
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      //william boyd//


      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „solaine“ ()

      Eben, ich kann mich solaine nur anschließen, ich war ganz bestimmt nicht immer so abgeklärt, das musste sich langsam und über einen längeren Zeitraum hinweg entwickeln; alles zu seiner Zeit.
      Es wäre doch einigermaßen schräg, wenn du urplötzlich flummilike rumhüpfend "Yeah, alles gechillt", qietschen würdest, denn das geht leider nicht - oder vielleicht auch Gott sei Dank, ein stabiles Fundament bekommt man nämlich so eher nicht zustande. Wir können dir diese Gedanken an die Hand geben, du bekommst einen Einstieg/eine Starthilfe, aber der Rest muss sich entwickeln.
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      Hi, ich wollte einfach mal ein Update machen, keine Ahnung, warum. Es hat sich nichts geändert. Das Loch ist nach wie vor riesig und eigentlich bin ich schon reingefallen.

      Ich habe mich in unbezahlten und scheiße bezahlten Praktika ausbeuten lassen. In Bewerbungsgesprächen werde ich zwar eingeladen, aber alles, was ich bisher gemacht habe, wird irgendwie niedlich gefunden. Einstellen will man mich nicht. Ich werde dieses Jahr 30 und bin verheiratet - wie ich von einer Personalerin informell erfahren habe, wurde meine Bewerbung eh gleich auf den Stapel "die kriegt eh bald Kinder" gelegt. Damit war ich raus. Und ich denke, es wird nicht das erste Mal gewesen sein, dass es so läuft. Bei der Anzahl meiner bisher beschriebenen Bewerbungen ist das sehr wahrscheinlich. Ich habe meine Bewerbungen optimiert und sogar Geld bezahlt, um sie optimieren zu lassen. Ich habe professionelle Fotos, ich habe eine Homepage auf der ich mich präsentiere, aber nichts. Ich habe Bewerbungstrainings gemacht und Sachen erfahren wie "Benutzen Sie ein Deo, bevor Sie ins Vorstellungsgespräch gehen" und könnte eigentlich nur noch lachen, wenn es nicht alles so scheiße wäre. Ich war bei fünf Jobs unter den letzten drei Kandidaten. Aber das ist ja auch scheißegal. Und ich bewerbe mich nicht auf Stellen, die ich nicht erfüllen kann. Ich bewerbe mich auf Berufseinsteigerstellen, auf Volontariate, auf Praktika, auf Traineestellen, auf Promotionsstellen.

      Ich war bei selbstbezahlten Coachings und habe mit zwei JobCoaches gesprochen, die mir versicherten, ich würde schon alles machen, was nur geht. Aber was nützt diese Erkenntnis? Ich kann ja jetzt nicht weniger machen, dann ändert sich ja gar nichts. Ich habe Fortbildungen bezahlt und mache im Moment noch ein Zertifikat im Bereich Management und habe im Bereich meines Studienfachs mittlerweile zwei Aufsätze in zwei Publikationen draußen. Geld oder richtiger Job? Fehlanzeige. Ich habe einen Mini-Job, in dem ich zwischen 12 und 30 Stunden im Monat arbeite und mache alles andere nebenher. Bei allem, was ich gerade mache, war mein Studium ein Scheiß Spaziergang. Ach so, ich bewerbe mich übrigens deutschlandweit. Mit zwei Masterabschlüssen (gut und sehr gut). Aber das ist egal.

      Es war trotzdem sehr lieb, was ihr mir geschrieben habt damals. Für den Moment hat es auch geholfen. Danach ist eigentlich alles so eingetreten, wie ich gedacht habe. Nein, tatsächlich war/ist es noch schlimmer geworden. Eigentlich ist Worst Case Szenario jetzt. Denn es ändert sich nichts. Wahrscheinlich geht das so, bis ich einen Job habe. Oder bis ich zusammenbreche. Momentan ist für mich beides gleich wahrscheinlich.
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      Ich habe schon an ganz viel gedacht. Es fällt mir nur sehr schwer gerade alles, wie es ohnehin ist, unter einen Hut zu bringen und wenn es schlimm ist, kriege ich so viel Angst vor der Zukunft, dass ich tagelang nur im Bett liege und heule, besonders dannm wenn wieder eine Absage kommt.

      ​Bei meinem Jobcoaching wurde mir auch schon die Frage gestellt, aber mein Ziel ist nicht die Selbstständigkeit. Ich habe da auch schon sehr lange und sehr intensiv drüber nachgedacht, weil eine Bekannte sich auch gerade selbstständig macht, aber das kriege ich einfach nicht hin. Ich will dass die Situation , wie sie im Moment ist, aufhört. Aber ich weiß nicht wie und das ist alles nur sehr schwer zu ertragen.
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      Liebe atemzug,

      mir ist eben etwas eingefallen, auch wenn ich nicht weiß, ob es dir hilft oder überhaupt sinnvoll ist.

      Arbeitgeber dürfen ja eigentlich nicht fragen, ob man verheiratet ist oder welcher Konfession man angehört (kirchliche Träger nehmen sich dieses Recht leider raus,aber das ist ein anderes Thema).
      Daher meine Idee: Wenn die das nicht fragen dürfen, muss man das doch auch nicht im Lebenslauf angeben, oder?
      Und zum Bewerbungsgespräch kann man einen Ehering auch ablegen, wenn man den Abdruck nicht trotzdem erkennt, oder?

      Und wenn sie dich ablehnen, obwohl du schon eine Zusage hast, jetzt aber den Personalbogen ausgefüllt hast und wg Steuerklasse etc deinen Familienstand eingetragen hast, dann ist Diskriminierung offensichtlich und schwer sich da rauszureden.

      Leider macht mich das Thema etwas wütend, da Frauen gerne wegen eventuelle künftiger oder vergangener Famileinplanung benachteiligt werden und Männer fein raus sind, aber das ändert leider nichts. Vielleicht muss man (frau) anfangen das System zu überlisten?!

      Ein anderer Gedanke wäre, ob es für dich denkbar/möglich/sinnvoll ist in einem anderen Bereich als Quereinsteigerin durchzustarten?
      (Ich denke gerade an eine entfernte Bekannte, die nach einem Literaturstudium als Sekretärin des Vorstandsvorsitzenden eines Topdaxunternehmens einen interessanten Job hat und nebenbei einen Haufen Geld verdient, was nicht der klassischen Biografie entspricht)

      Und ganz banale Frage, die du sicher schon geklärt hast: kannst du Vitamin B nutzen? Hast du deinen kompletten Freundes und Bekanntenkreis angehauen, ob die jemanden kennen, der dich mit deinen Fähigkeiten brauchen kann?

      Wie auch immer bei dir gerade der Stand der Dinge ist: Ich wünsche dir eine große Portion Mut, Zuversicht und Glück, dass du etwas passendes findest!

      Liebe Grüße
      Hi ihr Lieben, danke für eure Antworten.

      @avicienna: Das stimmt, die dürfen nicht fragen. Aber ich bin meinem Mann hinterher einmal quer durch Deutschland gezogen. Ich habe in einer ganz anderen Gegend vorher gelebt und studiert. Da kommt schon die Frage, warum es mich in diese Stadt verschlagen hat, das ist immer das erste. Klar, kann ich irgendwas erzählen. Aber mein gesamtes Leben (bis auf meine Praktika) spielte vorher in X und jetzt bin ich in Z. Nun ja, ich kann auch immer meinen Ring abnehmen und sagen, weil die Stadt so schön ist. Ich habe auch nicht in meinem Lebenslauf stehen, das ich verheiratet bin. Aber warum lügen? Wenn die wissen, dass mein Mann hier eine feste Stelle hat, kann es wiederum auch positiv ausgelegt werden - ich will nämlich etwas finden und am besten in der Gegend. Es ist ja immer Interpretationssache, was die Leute mit meinen Antworten anfangen.

      Trotzdem erfahre ich dann, dass es wohl auch daran liegt, aber natürlich nur so hintenherum. Und wenn es nicht das ist, dann passt eben etwas anderes nicht. Natürlich erfahre ich so etwas dann nach dem Gespräch, wenn ich mich noch einmal erkundige, wie gesagt - informell - aber nicht, wenn ich einen Vertrag ausgefüllt habe. Das wäre ja eben sonst doch zu offensichtlich. ;)
      Als Quereinsteigerin wurde mir auch schon etwas angeboten, zum Beispiel in der Schule. Das ist für mich auch der nächste Schritt um überhaupt irgendwie Geld zu verdienen. In andere Bereiche scheine ich nicht hereinzukommen, das versuche ich jetzt seit mittlerweile zwei Jahren und da scheitere ich regelmäßig.Eine andere Option ist eben einfach nochmal alles auf Null zu fahren und einfach noch einmal neu zu studieren. Hier werden gerade Sozial- und Sonderpädagogen gebraucht oder quereinsteigende Lehrer. Ich weiß gerade nicht, ob ich noch einmal ein Studium schaffe, aber es ist eine Überlegung.
      Danke für die lieben Wünsche. Das hilft auch gerade ein bisschen.

      @PersonY: Wenn dass dann passt, dann passt ihnen etwas anderes nicht. Es ist eben gemein, aber so funktioniert die Welt, dass allein die Möglichkeit, dass ich in naher Zukunft wegen Kindern ausfallen könnte, gegen mich spricht. Das kann ja auch jetzt nur in diesem Fall so gewesen sein, vielleicht bei anderen auch - Begründungen kriege ich ja nicht, es war ja schon ein Glück, dass die eine Frau überhaupt noch mit mir gesprochen hat. Im Normalfall wird man nämlich abgewimmelt. Ich verstehe nicht, was diese Frage mit meinen Fähigkeiten in einem Job zu tun hat und ich bin mir selbst noch nicht darüber im Klaren, ob ich ein Kind will. Als erstes will ich einen Job, aber das scheint nicht so leicht zu sein.
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