Motivationsschreiben - Lücken im Lebenslauf erklären oder nicht?

      Motivationsschreiben - Lücken im Lebenslauf erklären oder nicht?

      Hallo zusammen,

      ich schreibe im Moment ein Motivationsschreiben für einen Masterstudiengang. Außerdem stellt sich bei mir das Problem bei jedem anderen Bewerbungsschreiben bzw. -gespräch auch, daher meine Frage: Geht ihr von euch aus auf krankheitsbedingte Lücken, die ihr im Lebenslauf habt, ein? Und falls ja bzw. falls ihr danach gefragt werdet: Wie erklärt ihr die?
      Für den Master gibt es jetzt z.B. gar keine Vorgaben. Ich wäre eigentlich nur darauf eingegangen, warum mich das Studium interessiert, was mich daran interessiert, wie das zu meinem Bachelor passt, was ich damit machen will etc. Nun habe ich aber von einigen gehört, dass sie alles, was aus der Norm fällt, erklären. Also z.B. wenn man zwischen Bachelor und Master ein Jahr irgendetwas anderes, nicht fachbezogenes gemacht hat.
      Ich habe wegen diverser Psychiatrieaufenthalte zwei Schuljahre wiederholt. Wegen der ganzen psychischen Probleme bin ich durch mein erstes Studium gefallen (ich war weder zu faul noch zu dumm!), für mein zweites habe ich dann auch etwas länger gebraucht. Natürlich habe ich keine tollen Praktika oder Zusatzkompetenzen. Wie gesagt, ich hätte mich ausschließlich auf das Fachliche bezogen. Denn darin bin ich gut bis sehr gut. Aber jetzt habe ich Angst, dass ich nicht genommen werde, wenn ich nicht erkläre, was ich die ganzen Jahre gemacht habe.Vielleicht denken die ja dann, ich war halt faul oder blöd oder habe mir nicht ernsthaft überlegt, wohin ich will und mal dies und mal das gemacht und breche dann vielleicht auch den Master wieder ab. Im Gegensatz zu anderen Masterstudiengängen wird bei diesem keine Erstauswahl durch die Note gemacht, sondern es zählt wohl sofort das Gesamtbild. Klar spielen da auch die Noten mit rein, aber da kann ich mich nicht drauf verlassen.
      Würdet ihr etwas dazu schreiben? Und wenn ja, wie? Ich will ja keinen Bonus weil ich krank war und bin, ich will nur nicht, dass das ein schlechtes Licht auf mich wirft und ich deshalb vielleicht abgelehnt werde. Naja, davon abgesehen ist Teil meiner Motivation auch meine persönliche Lebensgeschichte, die eben durch das krank sein auch stark geprägt ist. Aber ist es nicht zu intim, soetwas zu schreiben?
      Bei Bewerbungen für Jobs habe ich das bisher immer komplett ausgelassen. Aber bei einem Arbeitgeber ist das ja nochmal anders als bei einer Kommission aus Dozenten. Für die hängt da ja kein finanzielles Risiko dran.

      Wäre für ein paar Tipps oder Erfahrungsberichte dankbar.

      Leieb Grüße
      Fylgja
      huhu fylgja,

      ich würde mir da nicht allzu viele gedanken machen. vielleicht kannst du an der stelle wo es um deine persönliche motivation geht, sinngemäß so was schreiben wie "direkte erfahrung mit psychischen erkrankungen" und dann nur mit einem halbsatz erwähnen, dass du daher für bestimmte dinge auch länger gebraucht hast. das kann dann eigentlich genau so bedeuten, dass deine eltern/geschwister/verwandte krank sind und du dort in der pflege geholfen hast wie dass du selbst betroffen warst/bist (oder sogar, dass du ein sehr engagiertes ehrenamt in dem bereich gemacht hast das das studium verzögert hat...). und ich glaube, so ganz genau muss das auch keiner wissen.

      lg
      solaine
      "But isn't that life for us all? Trusting to luck?"
      "You can always try to give luck a helping hand", she said.
      //william boyd//


      Hallo Fylgja,
      die Fragen die du hier stellst stelle ich mir auch immer wieder aufs neue, bei jeder Bewerbung. Ich habe es bis jetzt so gemacht, dass ich das im Lebenslauf erwähnt habe. Ich hab nicht geschrieben dass bzw warum ich ein Jahr wiederholt habe oder so, aber habe Praktika/Arbeitsversuche und Schulbesuche während der Klinikzeiten aufgeführt. Also: "von August bis Dezember 2012 Besuch der Schule xy im Rahmen eines Klinikaufenthaltes", so in die Richtung. Aus den Anschreiben habe ich das dann aber raus gelassen, auch dass die Motivation für das Praktikum/ den Bildungsgang/ whatever eventuell in der Lebens-/Krankheitsgeschichte begründet ist hab ich nicht geschrieben. Das fand ich für mich persönlich immer am sinnvollsten, es wirkt eben nicht so als ob man einen "Krankheitsbonus" haben will, aber es treten auch keine tatsächlichen Lücken auf. Und warum du nun zwei Jahre länger für die Schule gebraucht hast beziehungsweise das erste Studium nicht beendet hast gehört da finde ich nicht rein. Wenn das jemand wissen will kann er immernoch fragen, aber das schon im Schreiben zu begründen würde doch den Focus noch eher darauf lenken. Sind denn die "Lücken" bei dir tatsächlich Lücken oder geht es dir eher darum dass du Schuljahre wiederholt hast?
      Wie gesagt, das ist nur meine "Methode", aber ich bin damit bis jetzt recht gut gefahren. Teilweise wurde ich dann später in persönlichen Gesprächen drauf angesprochen, aber es war bis jetzt nie ein Grund mich abzulehnen. Grade bei Schulen (da ist ja die Situation ähnlich wie bei einem Studium) hat man mir dann oft gesagt es ist gut dass ich damit offen umgegangen bin und die über die Situation Bescheid wissen aber solange ich stabil bin bzw weiß wo ich Hilfe bekommen kann ist das für die kein Problem.
      Ich hoffe ich konnte dir irgendwie weiterhelfen.
      Liebe Grüße,
      N**dle
      Wenn einer, der mit Mühe kaum,
      gekrochen ist auf einen Baum
      schon meint, dass er ein Vogel wär,
      so irrt sich der.
      [Wilhelm Busch]
      Vielen Dank euch beiden für eure Antworten.

      @solaine
      Naja, dass man sich da viele Gedanken macht liegt wohl in der Natur der Sache beziehungsweise eher in meiner etwas kopflastigen Natur :rolleyes2:
      Das mit den psychischen Krankheiten kann ich so nicht schreiben, weil das nicht direkt mit dem Studiengang zu tun hat. Für das Motivationsschreiben selber habe ich mittlerweile viele Tipps bekommen und habe da durch meine Kerninteressen wohl auch genügend Material. In den erfolgreichen Texten (d.h. die zu einem Masterplatz verholfen haben) anderer Leute habe ich halt bisher immer Begründungen gelesen, warum jemand länger für die Schule oder den ersten Studiengang etc. gebraucht hat. Aber da müsste ich ja dann wirklich schreiben "Ich war krank" und ich merke immer mehr, dass sich das nicht richtig anfühlt. Etwas anderes ist es, dass die Erfahrungen des Krankseins mich einfach zu gewissen Themen, die mit dem Studium zusammenhängen, gebracht haben. Vielleicht kann man dann zwischen den Zeilen lesen, dass da was war/ist. Aber dann ist das eben so. Vielleicht ist es wirklich am Besten, wenn ich mir da, wie du ja auch schreibst, nicht so viele Gedanken mache.

      @N**dle
      Ich finde deine Herangehensweise ziemlich interessant. Du weist einerseits nicht überdeutlich darauf hin, begründest aber andrerseits. Bei mir ist es eben so, dass ich irgendwie klar machen muss/will, dass eine Exmatrikulation von Amts wegen im ersten Studiengang weder an meiner Arbeitseinstellung noch an meinen Kompetenzen lag, sondern ihre Ursache in gesundheitlichen Problemen bzw. vor allem in von mir getroffenen Fehlentscheidungen, mich nicht bzw. nicht rechtzeitig krank schreiben zu lassen. Vielleicht kann ich das auch so umschiffen, dass ich schreibe, dass ich aufgrund falscher Entscheidungen den ersten Studiengang vergeigt habe und dass ich daraus aber diese und jene Dinge gelernt habe und daran gereift bin? Denn dass ich einen Studiengang abgebrochen habe (bzw. eben rausgeflogen bin) wird ja im tabellarischen Lebenslauf deutlich. Also für mich gehört das halt insofern da rein, weil ich Angst habe, dass ich genau deshalb den Platz nicht bekomme, weil sie denken, ich nehme das Studium nicht ernst genug und breche dann den Master vielleicht auch nach ein paar Semestern ab.

      Naja, was die fachlichen Motivationen angeht bin ich mittlerweile sehr viel weiter. Aber wenn ich diesen Platz vergeben müsste, dann würden fachliche Qualifikationen für mich schnell in den Hintergrund treten, wenn ich an der Ernsthaftigkeit des Bewerbers zweifle.

      Liebe Grüße,
      Fylgja.
      Huhu
      ich schreibe immer nur das Jahr und was ich in diesem Jahr getan hab. Ich schreibe nie die genauen Daten oder so sonder nur das Jahr. In den Anhängen stehen dann ja die genauen Daten. Und wer sich das dann wirklich ausrechnet und mich fragt der bekommt eine sachliche und klare Antwort: Aus privaten Gründen konnte ich in dieser Zeit nicht weiter arbeiten. Die müssen ja nicht alles wissen.

      Soweit von mir =)

      Alles Gute Dir !
      Hallo Pinsel,

      die Idee ist grundsätzlich gut, weil ja viele Leute sicherlich auch nicht extra ausrechnen, wie lange wer wofür gebraucht hat und wie alt er jeweils war. Es ist bei mir aber so, dass ich im tabellarischen Lebenslauf schreiben muss: Ab Semester soundso Studienfach a, ab Semester soundso Studienfach b. Den Studienfachwechsel kann ich also nicht verheimlichen und es ist offensichtlich, dass ich nicht beide Studiengänge abgeschlossen habe. Die Gründe kennen sie nicht. Aber ich glaube, das nicht zu erklären und im Motivationsschreiben einfach nicht anzusprechen ist auch nicht gut. Ich muss ja nicht nur meine Motivation für den Studiengang, auf den ich mich bewerbe, beschreiben. Ich muss auch erklären, warum ich die dafür notwendigen Kompetenzen habe und dies u.a. anhand meiner bisherigen (hoch)schulischen Laufbahn erklären. So ein bisschen die persönlich-fachliche Entwicklung beschreiben.
      Ich werde auch nicht die Chance haben, mich in einem persönlichen Gespräch zu erklären. Ich reiche das Motivationsschreiben, den tabellarischen Lebenslauf und diverse Formalia ein und bekomme dann eine Zu- oder Absage. In den Schreiben anderer Leute habe ich soetwas gelesen, wie "persönliche Probleme und falsche Entsheidungen getroffen, aber daraus gelernt und daran gewachsen und gereift". Vielleicht sollte ich auch soetwas in die Art schreiben, möglichst kurz und sachlich und gut ist. Hm.

      Liebe Grüße,
      Fylgja
      Hallo Fylgia,

      Ich schreibe das immer so, dass ich die Daten hin schreibe, wann ich was gemacht habe und wenn Lücken sind oder ich etwas abgebrochen habe, dann schreibe ich in Klammer dahinter warum. Also zum Beispiel:
      2005-2011 Realschule ( 1 Jahr Wiederholung aus gesundheitlichen Gründen)
      Dann wissen sie, das ich nicht sitzen geblieben bin, weil ich nicht gelernt habe, sondern weil es mir in der Zeit nicht gut ging. Das psychische schreibe ich hier nicht dazu.

      Wenn ich mich bewerbe bei psychiatrischen Einrichtungen, dann schreibe ich für meine Motivationsgründe, dass ich privat mit Menschen mit psychischer Erkrankung zu tun habe, damit Erfahrung habe und mich dieses Thema beschäftigt und interessiert. Naja, ich habe ja mit mir selbst zu tun :D das ich es bin, die da Probleme hat, erwähne ich nicht weil ich mir nicht sicher bin, in das eher ein Ausschlusskriterium ist. Da ist vielleicht für die das Risiko zu groß, dass ich oft krank sein könnte und die Arbeit nicht schaffe oder viel Unterstützung brauche. Außer du sagst, dass du sehr gut therapiert bist und es dir mittlerweile ganz toll geht und du meine Probleme mehr hast...?

      Wünsche dir auf jedenfa!l alles Gute und hoffe, du findest die passenden Formulierungen für dein Schreiben :)
      Angst, Verzweiflung, Einsamkeit alles versteckt hinter großen Mauern. Für niemanden ersichtlich, für mich unerträglich. Ich möchte weglaufen, flüchten vor meinem Inneren. Ich möchte reden und das Schweigen brechen. Ich verstecke mich hinter der Fassade und leide im Stillen.
      Ich habe Angst, für immer mit diesen Gefühlen und Erinnerungen leben zu müssen.
      Hallo worthless,

      auch dir vielen lieben Dank für deine Antwort. Das direkt hinzuschreiben ist auch eine Möglichkeit, wobei ich für mich vermutlich eher vermeiden werde wollen, direkt darauf hinzuweisen. Ich kann mir vorstellen, dass die zusätzlichen Schuljahre vielleicht gar nicht direkt auffallen.

      Dass ich psychisch krank bin, will ich überaupt nicht erwähnen. Es ist auch für das Studium nicht relevant, was ich habe. Es geht mir nur darum, zu erklären, warum ich länger gebraucht habe bzw. Lücken habe, ohne Gefahr zu laufen, dass es so wirkt, als wolle ich einen Bonus. Ich dachte, ich kann das Thema "Krankheit" vielleicht ganz rauslassen, das wird vielleicht nicht funktionieren. Ich denke, ich nehme wirklich diese Art Standardsatz "persönliche und gesundheitliche Probleme blablubb und daran gereift".
      Mal sehen, so gut sind meine Chancen sowieso nicht. Und wenn ich abgelehnt werde kann es ja auch an der fachlichen Kompetenz liegen und muss nicht zwingend auf die Lücken durch die Klinikaufenthalte etc. zurückzuführen sein. Das wäre lediglich die bequemere Erklärung, aber ich denke, dem sollte man nicht automatisch verfallen, sondern die Ursache auch mal ganz direkt in der eigenen Qualifikation suchen. Na, warten wir es ab. Ich lass das jetzt noch ein, zwei Leute lesen und dann schicke ich es weg.

      Danke nochmal an alle
      Fylgja
      Ich wünsche dir ganz viel Glück und drücke dir die Daumen!
      Angst, Verzweiflung, Einsamkeit alles versteckt hinter großen Mauern. Für niemanden ersichtlich, für mich unerträglich. Ich möchte weglaufen, flüchten vor meinem Inneren. Ich möchte reden und das Schweigen brechen. Ich verstecke mich hinter der Fassade und leide im Stillen.
      Ich habe Angst, für immer mit diesen Gefühlen und Erinnerungen leben zu müssen.
      Hallo ihr,

      nochmals Danke für eure Antwort. Vielleicht interessiert es ja: Ich habe den Platz bekommen. =)
      Falls jemand in einer ähnlichen Situation sein sollte: Ich habe am Ende meines Motivationsschreibens geschrieben, dass ich aufgrund meiner damaligen gesundheitlichen Situation die Schulzeit verlängern und mein erstes Studium abbrechen musste, dass aber sowohl meine Noten seitdem mich für ein weiteres Studium qualifizieren, als auch die Erfahrung, wie es ist, nicht leistungsfähig zu sein. Und dass ich dadurch diszipliniert und ernsthaft studiere.
      Ich weiß nicht, ob ich trotzdem genommen wurde oder gerade deswegen (letzteres hoffe ich nicht). Ich denke, dass der Rest des Schreibens überzeugend war. Aber was auch immer die Kommission bewogen hat, mich zu nehmen: Ich möchte allen, die in einer vergleichbaren Situation sind, Mut machen, offen zu den eigenen biographischen Unregelmäßigkeiten zu stehen. Ich glaube nun, dass in solchen Fällen wirklich mehr zählt, warum man dieses Studium machen will und warum man dafür geeignet ist, als die Tatsache, dass man krankheitsbedingt einige Umwege gemacht hat.

      Viele Grüße
      Fylgja