Mein Job muss die Welt retten - aber welcher könnte das sein? Und ist doch sowieso bedeutungslos...

      Mein Job muss die Welt retten - aber welcher könnte das sein? Und ist doch sowieso bedeutungslos...

      Hallo,

      hmm, wie fang ich an?
      Die Situation gerade ist die, dass ich mit meinem jetzigen Job wohl nicht mehr weitermachen werde, ich bin derzeit krankgeschrieben, wahrscheinlich auch noch länger. Ich merke, dass es mir _derzeit_ gut tut, Zuhause zu sein und nur das zu machen was mir gut tut und mit mir und der Erkrankung klarzukommen. Ich merke aber auch, dass es auf Dauer nicht für mich ist, "nichts" zu machen. Ich möchte nochmal eine neue Ausbildung beginnen oder ein Studium, einfach was Neues. Und da ist das Problem, ich weiß nicht wieso das so stark ist: Ich weiß einfach nicht was ich möchte bzw. habe ich den Anspruch, dass es die Welt verändern muss. Am liebsten Meeresbiologie studieren und "das Meer retten".
      Ich weiß was mir wichtig ist: Nachhaltigkeit, Natur, Umwelt, Gesellschaft, Soziales. Ich möchte etwas machen, das meine Werte widerspiegelt. Eine Zeit lang wollte ich unbedingt in die S**z*dprävention gehen, inzwischen glaube ich, dass ich dieses Thema jeden Tag nicht gut aushalten würde. Dann bin ich mir wieder sicher, dass ich Landschaftsarchitektur studieren möchte, in der nächsten Woche weiß ich, dass ich Naturschutz am Meer machen möchte, Wattwanderungen und die Meeresvögel schützen und dass Landschaftsarchitektur doch falsch ist, dann wieder denk ich mir: Ach, ich werd Erzieherin, oder doch was anderes. Dieses Hin und Her kennen sicher viele - nach der Schule. Ich bin jetzt 29 und denke seit Jahren drüber nach und komme auf keinen Nenner.
      Dazu eben der Anspruch, dass mein Job etwas bewirken muss, zu 150% sinnvoll sein muss, was verändern muss.
      Und dazu kommt obendrauf das Gefühl, dass ich als einzelner Mensch doch sowieso nichts bewirken kann.

      Manchmal, oder eher oft, denk ich an all die Menschen, die auf dieser Erde leben und wie klein der einzelne Mensch ist und wie sinnlos eigentlich somit das Dasein, dann denk ich mir z.B., es gibt viel zu viel Plastik, ich muss da was ändern, aber wie kriegt man da ne Veränderung in die Gesellschaft, wenn ich als einzelner Mensch so wenig bewirken kann? Irgendwie werden meine Gedanken da so "groß", ich kann es nicht genau beschreiben. Ich bin dann einfach so hilflos, weil ich nicht weiß was für eine Aufgabe ich hier haben kann. Ich möchte irgendwie was hinterlassen, nicht nur bei/für mir/mich und Freunden und Familie, sondern für die Gesellschaft und ich krieg nicht raus was das sein kann und das macht mich irgendwie fertig. Das klingt wahrscheinlich für viele nach einem Luxusproblem, es belastet mich trotzdem.

      Letzte Woche hatte ich mit jemandem darüber gesprochen wie ich die Zeit bis Februar (da ist Klinik angedacht) sinnvoll nutzen kann. Und da hatte ich die Idee, durch verschiedene Ehrenämter sozusagen zu schauen was mir gefallen könnte und gleichzeitig könnte ich somit was helfen und dann war die Idee, dass ich sonst auch Bundesfreiwilligendienst machen könnte nächstes Jahr (ist ja auch nicht klar, dass man einen Ausbildungsplatz bekommt usw.), da ging es mir gleich viel besser mit und ich dachte: Das macht auch voll Sinn. Und dann dauert es wieder nicht lange, dass ich doch wieder alles anzweifle, mir das nicht zutraue, Angst habe, eine falsche Entscheidung zu treffen und wieder in dieses Denken komme wie sinnlos das doch alles ist, wie kurz mein Leben und das aller Menschen und wie klein.
      Und wenn ich dann noch dazu Nachrichten sehe und jetzt auch aktuell die Situation der Flüchtlinge, die Brandanschläge, die Anfeindungen usw., mich überkommt einfach so eine Hilflosigkeit und Verzweiflung und ich möchte etwas tun und weiß einfach nicht was ich tun kann, was ich bewirken kann. Es ist als würde ich das alles ohne Filter aufnehmen. So geht es mir auch jedes Mal, wenn wieder ein Terroranschlag ist. Dann seh ich eine Reportage über Konsum und denke mir, ich kauf nix mehr, ich kann das nicht mehr unterstützen. Ich denk mir, ich muss aufhören zu rauchen, weil die Kinder sterben, die auf den Tabakplantagen arbeiten. Ich darf kein Plastik mehr kaufen, weil die Fische davon sterben, und das Meer verdreckt ohne Ende. Keine Eier mehr essen, weil die Hühner ohne Ende leiden, auch die mit Bio-Zertifikat. Kein Flugzeug mehr fliegen, tötet die Erde auf Dauer auch. Es nimmt in meinem Kopf dann einfach kein Ende, es ist wie eine Art Gedankenketten-Zwang und hilft natürlich nichts, weil es viel zu viel auf einmal ist.

      Was ist denn jetzt die eigentliche Frage? Ich weiß gerad gar nicht genau. Wie findet man raus was man möchte und ... was mach ich mit diesem übergroßen "Es muss unbedingt 150% Bedeutung haben und alles verändern"? Es soll ja Bedeutung haben und auch was bewirken, was ich tue, nur wären da 70% irgendwie einfacher als 150% (in Bezug auf die Arbeit und auch so auf mein Leben). Dann wäre es vielleicht auch nicht so dramatisch, wenn es sich plötzlich anfühlt, dass ich als einzelne Miniperson ja eh nichts ändern kann.

      Liebe Grüße,
      disarming
      For this is rock n roll, I’ve got a rock n roll soul
      And we are freedom fighters. For now...
      (The Tunics)


      ToWriteLoveOnHerArms

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von „disarming“ ()

      ich hab mir deinen beitrag zweimal durchgelesen, und möchte dir zuallererst mal sagen, dass du ein sehr sehr lieber, sensibler, gefühlvoller mensch bist und es schön ist dass es dich gibt, so wie du bist.
      ich denke nicht dass ich dir wirklich einen ratschlag geben kann, zumindest fällt mir gerade keiner ein. :(
      auf jeden fall kannst du aber stolz auf dich sein, dass du dir so viele Gedanken um die welt, die menschen machst und auch wirklich darüber was dein platz in dieser welt sein soll. ich habe zwar auch immer den Anspruch an mich, dass ich alles was ich mache perfekt machen muss... aber ich hatte immer zu viel angst wirklich nach meinem weg zu suchen. ich hab irgendeine Richtung eingeschlagen, von der ich annahm, dass sie von mir erwartet wird oder weil ich keinen alternativ-weg wusste... und dann hatte ich viel zu viel angst auch nur darüber nachzudenken vll die Richtung wieder zu ändern. mein leben ist so festgefahren - in allen bereichen. und ich weiß jetzt mit ebenfalls 29 genau, dass sich auch nie etwas ändern wird. nur ... irgendwie wusste ich das vor 10-15 jahren schon genauso.
      was ich sagen möchte: auch wenn ich leider keine antwort auf deine frage habe, möchte ich dir vll mit auf den weg geben, dass du dich und deine vielen Gedanken mehr schätzt und stolz auf dich bist. vll bewirkt das ja auch eine kleine Veränderung und diese Gedanken und fragen belasten dich dann etwas weniger. weil du die suche nach dem richtigen weg wertschätzen kannst?
      du scheinst wirklich jemand zu sein, der dem Planeten und den Lebewesen eine große Wertschätzung entgegenbringt. vll kannst du das auf dich auch übertragen?
      hm... tut mir leid, wenn ich völlig am Thema vorbeigeredet habe.
      liebe grüße
      hej disarming,

      also ich verstehe deine gedankenwelt zwar, aber ehrlich gesagt habe ich gerade die umgekehrte erfahrung gemacht: jeder mensch kann etwas bewirken, und viele kleine schritte machen den großen unterschied.

      jedes mal, wenn du einer oma die tür aufhälst, gibst du freundlichkeit mit, die dann vielleicht der nächste bettler oder ein kind von ihr weiter gegeben kriegt; jedes mal, wenn du hilfst, obwohl du nicht müsstest, zeigst du einem anderen, wie gut es ist ungefragt hilfe zu bekommen, und er tut das dann vielleicht auch mal, und immer wenn du dich für jemand anderen einsetzt, berührst du ein herz und bewirkst eine veränderung im gegenüber und in seinem weltbild und verhalten.

      und das ist so gegenüber kollegen, freunden, fremden im bus oder auf der straße. und oft reicht schon ein lächeln, oder ein kurzes den weg erklären oder...

      mag sein, dass ich das "glück" habe, dass ich mich immer irgendwie engagiert habe, ich hatte die letzten zehn jahre ein recht zeitintensives ehrenamt, hab das letztes jahr aufgegeben, weil ich was anderes machen wollte und schaue mich jetzt beim thema bewährungshilfe um. aber ich erlebe das auch im job, auch wenn ich da grundsätzlich schon etwas habe, wo ich ethisch voll dahinter stehen kann, wie einfach es ist, zb mit kollegen was für flüchtlinge zu sammeln und abzugeben oder einer kollegin im kampf mit den ämtern beizuspringen oder oder...

      ich glaube, dass man sich von diesem bild der goldenen helden, die immer gleich unter einsatz ihres lebens glorreich und werbewirksam irgendwo rumtauchen/sich anketten/durchs kriegsgebiet wandern oä losmachen muss. engagement fängt viel weiter unten an und ohne das würde auch weiter oben nichts gehen. mal platt gesagt, wie soll die spektakuläre walrettungsaktion von greenpeace bezahlt werden, wenn nicht irgendwelche leute auch kuchen fürs sommerfest backen und verkaufen, damit geld reinkommt?

      klar, der held wäre jeder von uns gern. aber mit dem phantasieren darüber verstellt man sich den blick dafür, dass man mit relativ geringem aufwand der held des alltags im bekanntenkreis sein kann (allerdings: etwas aufwand braucht es schon, um den man sich natürlich auch "drückt", wenn man für sich festlegt, dass man es unter irgendwelchen rettungsaktionen mit kletterhaken nd medienaufmerksamkeit gar nicht machen will.) vielleicht hilft es deiner nachbarin,wrnn du einmal die woche für sie mit einkaufst. und sie strickt dafür pullis für die flüchtlinge. und dann sag nochmal, das bewirkt nichts ;)

      lg solaine
      "But isn't that life for us all? Trusting to luck?"
      "You can always try to give luck a helping hand", she said.
      //william boyd//


      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „solaine“ ()

      Huhu,

      dein Job muss vielleicht nicht die Welt verändern. Das wirst du wohl auch kaum schaffen. Aber es könnte dich verändern oder einfach nur Kleinigkeiten im Leben eines anderen (was manchmal auch schon sehr viel wert ist). Ich mache momentan eine Ausbildung zur Erzieherin und ich finde es großartig, wenn ich etwas im Leben eines Kindes oder eines Jugendlichen ändern kann. Es müssen nicht immer die großen, weltbewegenden Schritte sein. Mir geben auch die kleinen Schritte ein gutes Gefühl. Und sei es nur, dass ich einem Kind bei den Hausaufgaben helfe oder seine Stärken stärke oder ihm etwas Neues ermögliche oder, oder, oder.
      Es gibt auch so viele tolle Ehrenämter. Du kannst mit einfachen Gesten ein Lächeln auf die Gesichter anderer zaubern oder auch ein Tier glücklich machen. Suche nicht nach dem Großen. Glaube mir, wenn mich ein Kind anlacht, ist das für mich ein wunderbares Gefühl. Es zeigt mir, dass ich etwas bewirke. Es zeigt mir, dass ich doch etwas im Leben schaffen kann und das ich gut bin indem was ich tue.

      Und wie man den richtigen Weg findet? Du musst es einfach ausprobieren. Durch Praktika beispielsweise. Nimm dir Zeit und schaue dir die Dinge einmal an, die dich interessieren. Gleiches gilt für ein Ehrenamt. Versuche es. Ich habe unglaublich lange gebraucht, bis ich mich entschieden habe. Aber diese Zeit habe ich mir auch genommen. Schließlich ist es mein Leben und da war es mir auch egal, wenn meine Eltern bspw. genervt von mir waren oder sauer oder sonst was. Nimm dir die Zeit.

      Liebe Grüße
      Teetied
      "I don't feel miserable or angry. I don't feel good or bad. I feel... nothing. Which feels great."
      - Gregory House.
      Erst einmal muss ich feststellen, dass ich mich in vielen deiner Gedanken wieder erkenne.
      Ich traue mir ebenfalls grundsätzlich nichts zu, habe nach langer Suche endlich einen Nebenjob ergattert und bekomme allein Schweißausbrüche beim Gedanken daran dort hinzugehen weil ich Angst habe den Anforderungen nicht gerecht zu werden.

      Ich finde die Idee mit den Ehrenämtern sehr gut, da man mitunter auch gute Aussicht auf Erfolg haben wird und die Arbeit mit Menschen viel zurück gibt.
      Ich wünsche dir alles Gute
      Hallo,

      ich habe mich 6 Jahre auch ausprobiert bin nun Erzieherin und werde demnächst mein Stdium beginnen. Es ist so wie manche hier shcon schrieben: Du kannst nicht die Welt verändern Aber du kannst vr Ort etwas tun. Wenn ich an die Kids denke aus verwahrlosten familien: Nein ich kann sie nicht retten. Aber ich kann die 6 Stunden die sie in der Schule sind rocken und ihnen da ne gute Zeit gestalten. (und im Zweifel das Jugendamt mal wieder verständigen).
      Oder in der Dr*g*n und Wohnungslosenhilfe: ich kann kein Leben umkrmeplen. Aber ich kann da sein, zuhören, ihnen Menschlichkeit in diesem Ehrenamt entgegenbringen.

      Ich denke das hat etwas mit der Sichtweise zu tun. Man denkt ja immer das nichts gutes passiert, grade so in Krisenzeiten wie jetzt. Umso wichtiger ist es, sich die kleinen Dinge anzusehen, die gut sind. Das können so Sachen sein wie Solaine sie beschrieben hat.

      Ich finde die Idee mit Bufdi und längeren Praktikas gut, ich hab das auch so gemacht, bei mir weil cih nie wusste ob ich in die Pflege oder in die Pädagogik möchte.
      Und dazu noch etwas: "DEN" Beruf gibts glaube ich nicht. Man sollte etwas finden was einem Spaß macht und wo man sagen kann, das kann ich mir für längere Zeit vorstellen. Aber es hindert dich ja nicht daran r späteneben dem Beruf noch Weiterbildungen zu machen, oder eine eigene Firma als Nebenjob zu gründen oder ein Ehrenamt auszuüben. Ich finde da muss man sich auch den Druck rausnehmen, denn es gibt so viele Nebenwege !

      Alles Gute, Pinsel
      Mir ist auch noch was eingefallen.
      Ich finde gerade mit dem sozialen Bereich kann man sich da am ehesten verwirklichen, wenn man wirkliche Ergebnisse sehen will. Also Menschen helfen.


      Vielleicht wäre ja Soziale Arbeit was für dich? Oder Krankenschwester?
      Trotzdem denke ich, dass es keinen Beruf geben wird, in dem du als Mensch immer zu 100 Prozent happy und zufrieden bist.
      Ich glaube auch, die Zeiten sind vorbei, in denen man bis zur Rente an einem Arbeitsplatz sitzt.
      Meine Mutter und meine Familie vertreten da auch noch die Denkweise von früher, dass Arbeitsplatzwechsel oder Berufswechsel grundsätzlich negativ behaftet sind.

      Ich werde ab Oktober auch noch ein völlig anderes Studium drauf satteln.

      Deine Frage, also irgendwo auch diese Sinnfrage beschäftigt mich derzeit aber auch noch.
      Ich fange mittlerweile an, alles temporär zu sehen. Hauptsache Arbeit und was dann in 5 Jahren ist, ob ich dann dieses oder jenes mache, da setze ich mich nicht unter Druck.
      Mir geht es ein bisschen wie dir. Ich habe manchmal nicht das Gefühl, dass es überhaupt einen Beruf gibt für den ich geeignet bin und dann schwankt mein Berufswunsch extrem.
      Hallo disarming,

      zuerst mal möchte ich unterstreichen, was hier schon einige geschrieben haben: Dass man die Welt durch viele kleine Dinge besser macht.
      Was ich sehr gut verstehe, ist die Verzweiflung, die du angesichts des ganzen Unglücks beschreibst. Ich glaube, früher war das etwas einfacher. Da war dein Nächster, dem dein Mitgefühl galt dein Nachbar oder vielleicht noch das Kind aus dem Ort nebenan. Durch die modernen Medien werden uns die Schicksale der ganzen Welt direkt an den Frühstückstisch gebracht. Und durch unser Werteverständnis (Globalisierung, Alle Menschen werden brüder etc.) fühlen wir mit jedem leidenden Menschen, egal an welchem Ort und aus welcher Kultur, mit. Oder wir empfinden tiefe Schuldgefühle, wenn wir das nicht tun können. Und weil das Leid der ganzen Welt für einen Einzelnen viel zu viel ist, resignieren wir dann. Meiner Meinung nach ist das zu tiefst menschlich. Wir stellen uns mit unserer Ethik an uns Anforderungen, die wir nicht erreichen können. Und mir das stehts bewusst zu machen, hilft mir, gegen diese Ohnmacht anzukommen. Ich mache mir klar, dass ich einem Ideal hinterher renne, das ich nicht erfüllen kann. Und dennoch ist es mein Ideal, dennoch sind das Werte und Ziele, für die ich einstehen und arbeiten will, auch wenn ich weiß, dass ich sie niemals erreichen kann (und behaupte, dass das keiner kann). Ich glaube, dass das Leben ganz oft genau darin besteht: Im Aushalten dieser Spannung. In einem und trotzdem. Ich weiß, dass meine 5€ Spende nicht verhindern wird, dass weiterhin jeden Tag Menschen auf der Flucht st*rben. Und trotzdem spende ich das, weil es meinen Werten entspricht. Verstehst du, was ich sagen will?
      Ich finde es auch immer ganz wichtig, zu schauen, woher diese tiefen Gefühle kommen. Warum ist das Gefühl, helfen zu müssen, bei dir so stark, dass sich in deinem Eröffnungspost für mich eine ganz große Not heraus liest? Ich will deinen Wunsch zu helfen nicht hinterfragen oder dir eine falsche Motivation o.Ä. unterstellen. Ich denke aber, dass es gut sein kann, zu schauen, warum das so ist. Nicht mit dem Ziel, das zu ändern oder deine tolle Einstellung zu minimieren. Sondern vielleicht eher mit dem Ziel, dass du dich besser verstehst und dann auch besser eine Entscheidung treffen kannst, die nicht nur für die Welt gut ist, sondern zuerst einmal vor allem auch für dich. Ich will da jetzt nicht raten oder spekulieren, ich denke, du kennst dich da selber viel besser. Und soweit ich weiß, machst du ja auch Therapie. Da darf sows ja auch mal Thema sein, weil es ja mit deiner Zukunft unmittelbar zusammen hängt.

      Und noch etwas zum Thema Ehrenamt bzw. Beruf. Ich finde den Vorschlag von einigen hier sehr gut, Praktika zu machen oder auch deine Idee, einen BuFDi zu machen. Denn es ist nicht nur wichtig, sich zu überlegen, was man für wichtig hält und wo man gerne helfen möchte. Sondern vor allem auch, wo man helfen kann, sprich: Wo die eigenen Fähigkeiten liegen. Um zwei Beispiele von dir aufzugreifen: Zwischen Meeresbiologie und Sozialpädagogik liegen Welten. Vielleicht bist du ja auch für beides gemacht, das will ich nicht in Frage stellen. Aber es kann dir ja ein bisschen bei der Entscheidung helfen. Praktika, Gespräche mit Freunden, Berufsberatungen etc. können da oft aufdecken, wo die eigenen Fähigkeiten liegen - und wo nicht. Was das Studium angeht, hatten wir es glaube ich schonmal davon, dass du dich ja als Gasthörer irgendwo reinsetzen kannst. Du kannst auch an der Hochschule Gespräche mit den Fachberatern führen, um einen Eindruck zu bekommen, im Internet gibt es mittlerweile sehr gute Tests zum Thema Berufs- oder Studienwahl etc. Denn dann stürzt du dich nicht Hals über Kopf in einen Bereich, den du zwar für wichtig hälst, für den du aber vielleicht nicht geeignet bist. Und später kann es dann auch befriedigend sein und eine Rechtfertigung für sich selbst, wenn der innere Kritiker mal wieder fragt, warum man nicht dies und jenes tut. Ich arbeite zum Beispiel im Gegensatz zu meiner besten Freundin nicht an einem wichtigen Medikament, aber ich habe damit kein Problem, weil ich in Chemie einfach nicht gut bin. Dafür studiere ich etwas, worin ich gut bin und was ebenso wertvoll für die Gesellschaft ist oder zumindest sein kann.
      Ich hoffe, dass ich mich verständlich machen konnte, ich kann mich zur Zeit schlecht konzentrieren, aber es war mir wichtig, dir zu antworten.

      Alles Liebe,
      Fylgja.
      Hallo ihr,

      vielen lieben Dank für eue Worte, ich versuche das mal nach und nach zu beantworten (merke gerad beim Schreiben, dass das nicht so klappt, also antworte ich jetzt mal in einem Text)

      just_me86, deine Worte haben mich berührt. Das ist eine schöne Sichtweise und ein schöner Gedanke, meine Gedanken und die Suche wertzuschätzen. Ja, es ist wohl auch so. Und oftmals ist es ja auch die innere Einstellung, die Situationen aushaltbarer machen und/oder verändern.

      Ja, es stimmt auch was ihr schreibt. Dass es die kleinen Dinge sind im Alltag. So versuche ich das zu sehen. Eigentlich doof, dass man .. dass ich immer denke, ich muss die Heldin sein, am besten noch Märtyrerin. Meine Therapeutin hat sich da mal drüber lustig gemacht und nur noch gesagt "Frau X rettet die Welt" und Superman nachgemacht ^^
      Ich glaube, es sind die Erfolge, die ich schnell sehen möchte. Zum Beispiel sage ich mir mit meinem jetzigen Job immer, dass ich ja auch was tue, das meinen Werten entspricht: Ich erhalte das Kulturgut Buch und sorge dafür, dass Menschen Zugang zur Literatur bekommen. Aber es hilft mir nicht genug, mir das zu sagen. Wahrscheinlich hat man das (abgesehen von sozialen Berufen, wo man zum Beispiel in einer Therapie direkt mitbekommt wie es dem Patienten nach und nach besser geht - im Idealfall jedenfalls) in nicht so vielen Berufen bzw. weiß ich das gar nicht so genau, glaube ich. Ich wünsche mir einfach diesen direkten Erfolg zu sehen und den sieht man in kleinen Dingen ja eigentlich schon sehr. Mein Bruder hat letztens zum Beispiel Flüchtlinge zum Essen eingeladen. Was für eine direktere Rückmeldung als die Freude kann man bekommen? Wahrscheinlich sollte ich mich einrfach von diesem "Weltrettungsgedanken" lösen. Wenn man sich an das hält was im Alltag vor einem ist, ist es ja auch greifbarer. Vielleicht verflüchtigt sich dann auch etwas das Gefühl davon, dass eh alles sinnlos ist.
      Am Wochenende erzählte ich von Naturschutz und mein Cousin meinte "Unsere Erde ist eh verloren" und da dachte ich auch wieder "Ja, wieso will ich da eigentlich was in die Richtung machen? Ist doch eh sinnlos". Ich weiß nicht genau wie ich dieses Denken verändern kann.
      In manchen Momenten fühle ich mich auch ganz anders, dann entscheide ich mich bewusst gegen neue Klamotten zum Beispiel und kaufe Second-Hand und hab in dem Moment total das gute Gefühl, weil ich weiß: Das sind meine Werte. Und dann halt wieder so das komplette Gegenteil. Wahrscheinlich hilft es auch, sich mit Menschen zu umgeben, die die gleichen Werte haben und danach leben.

      Eure Worte machen mir aber schon Mut. Dass es sozusagen "normal" ist, niemanden retten zu können, sondern dass man nur bis zu einem gewissen Grad etwas tun kann. Und ja, ich weiß ziemlich genau wo dieses Retten-Wollen herkommt, weshalb ich auch immer 100 Mal hinterfrage, ob ich wirkliche einen sozialen Beruf ergreifen sollte. Und da bin ich mir immer sehr sehr unsicher. Vor allem da ich glaube, dass man für diesen Bereich eine gute Stabilität mitbringen muss und sein eigenes Zeug in den Hintergrund schieben muss, um professionell und gegenüber den Menschen, mit denen man dann arbeitet, verantwortungsbewusst handeln zu können. Und da bin ich schon noch von entfernt. Ziemlich... weit. ; )
      Ich weiß ja nicht mal, ob ich ein Studium schaffen würde, aber trotzdem möchte ich mir ja Ziele erhalten und Sachen ausprobieren.
      Die Idee auch zu schauen was ich _kann_, nicht nur was ich _möchte_, ist auch gut. Nach Studiengängen hier in der Nähe suche ich schon und im Grunde genommen hätte ich dann ja bis nächsten Sommer Zeit, mich zu entscheiden. Bei Praktika weiß ich nicht wie ich das finanziell machen soll. Ich fahre diese Woche erstmal ein paar Tage raus ans Meer, und dann fange ich nächste Woche mal damit an, das alles zu planen, auch was du schreibst, Fylgia (alles verständlich übrigens : ) ), Studienberatung etc., also was ich wo machen kann usw. Muss zugeben, dass ich da gerade noch etwas alles wegschiebe, weil es mir irgendwie Angst macht. Dabei hab ich am Wochenende nen Studiengang entdeckt, den ich total gut finde und da war ich dann auch wieder ganz begeistert und zuversichtlich. Das alles dann wirklich anzugehen, da bin ich oft noch ein zu großer "Schisser".

      Ich glaube, ich fang auch gerade erst an zu merken was mir eigentlich wichtig ist im Leben und vor allem fange ich gerade erst an mir zu erlauben so zu leben wie _ich_ es für richtig halte. Sonst war alles immer so ein Überlebenskampf und das wird aber weniger und deshalb kann ich mich jetzt auch damit beschäftigen wie ich mein Leben eigentlich gestalten möchte.

      Liebe Grüße,
      disarming
      For this is rock n roll, I’ve got a rock n roll soul
      And we are freedom fighters. For now...
      (The Tunics)


      ToWriteLoveOnHerArms

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „disarming“ ()

      Hallo disarming,

      ich kann mich sehr gut in deinem Beitrag wiederfinden. Ich wollte auch immer helfen und beschützen. Am liebsten alles gleichzeitig: Menschen, Tiere, Natur. Drum würde ich gern noch ein paar Gedanken zu dem Thema schreiben. :)

      Ich finde es toll, dass du so bewusst durch's Leben gehst, dass du helfen willst (und am liebsten die Welt retten willst). Bewahr dir das!
      Und streich diesen Gedanken, dass der Einzelne nichts bewirken kann aus deinem Kopf. Jeder kann etwas bewirken. Jeden Tag.

      Es ist der Fluch und Segen zugleich, dass wir durch die Medien wahnsinnig gut informiert sind. Und zwar haben es Leute, die mit einer "Ist mir alles scheißegal - Einstellung" durch's Leben wandern leichter. Trotzdem finde ich es wichtig und gut, sich für die Probleme dieser Welt zu interessieren, sich damit auseinanderzusetzen und helfen zu wollen. Aber es ist genauso wichtig, Wege zu finden, mit all diesem Leid, Zerstörung, Ausbeutung usw. klarzukommen. weil wenn man ständig nur noch verzweifelt deswegen ist, ist weder der Welt, noch einem selbst geholfen.


      Wie du ja schon gemerkt hast, ist es einfach unmöglich, an allen Fronten gleichzeitig zu kämpfen. Und das ist ein Fakt, den man so akzeptieren muss. Jeder hat nur begrenzte Zeit und Energie zur Verfügung. Und es gibt leider zu viele Missstände, als dass man sich aktiv um alle Probleme dieser Welt kümmern könnte. (Bei mir hat's auch einige Zeit gedauert, bis ich das für mich akzeptieren konnte.) Aber auch wenn man nicht in allen Bereichen aktiv sein kann: Vieles kann man auch "passiv" unterstützen, durch die Art, wie man lebt, durch das eigene Konsumverhalten, den Umgang mit anderen Menschen etc.

      Auch ein Fakt ist, dass man die Welt nicht retten kann. Aber man kann die Welt ein Stück weit besser machen. :)
      Wie solaine schon geschrieben hat... Die Welt verbessern fängt damit an, freundlich zu sein. Zur Welt, zu anderen und - vielleicht sogar in ganz besonderer Hinsicht - zu sich selbst. Wenn man sich selbst und das Leben gern hat, ist schon vieles erreicht. Ich hab irgendwo mal gelesen: "Die Welt möchte nicht gerettet werden, sie will geliebt werden. Dadurch wird sie gerettet" Und dem stimm ich zu.

      Wir können in vielerlei Hinsicht "Gutes Tun" (bzw. "Schaden gering halten") durch unser Konsumverhalten. Wichtig ist, dass man auch verinnerlicht, dass das wohl ein (lebens-) langer Lernprozess ist. Keiner kann sich von heute auf morgen nur noch vegan, bio, fair, sasional und regional ernähren, kein Plastik mehr verwenden, kein Auto mehr fahren, auf alle Genussmittel verzichten, selbst Strom produzieren, nur noch natürliche Waschmittel benutzen, alles selbstherstellen usw. usf. Vieles ist schwierig, weil man aus diesem System nur sehr schwer rauskommt und man viele Gewohnheiten jahrelang anerzogen bekommen hat. In dieser Hinsicht "perfekt" zu sein ist meiner Meinung nach unmöglich und wohl die wenigsten Menschen haben die Möglichkeit, völlig autark auf einem Selbstversorgerhof zu leben. ;) Trotzdem ist es Fakt, dass wir viele Dinge, die die Industrie uns vorgaukelt zu brauchen, nicht wirklich brauchen. Aber da gibt es wahnsinnig viele "Baustellen" und ich denke, es ist gut, sich da nach und nach ranzuwagen. Weil wenn man alles gleichzeitig in Angriff nimmt und dann auch noch in allem perfekt sein möchte, ist die Chance zu scheitern, den Kopf in den Sand zu stecken und gar nichts mehr zu machen enorm.


      Ich denke, es ist wichtig, dass du dir ein Fachgebiet suchst, für was du dich besonders (bzw. beruflich) einsetzen kannst.
      Die anderen haben da ja schon viele Tipps gegeben. Was interessiert dich am meisten? Was ist dein Thema? Wofür "brennst" du? Welche Fähigkeiten hast du? Wo könntest du die am sinnvollsten einsetzen?

      Noch ein Tipp: Manchmal hilft es auch "zurückzuschauen".
      Was hast du als Kind gerne gemacht? Womit hast du dich da beschäftigt?
      Was wolltest du werden als du noch klein warst?
      Als Kind ist man häufig doch noch nicht so beeinflusst von all den äußeren Einflüssen und gesellschaftlichen Zwängen.

      Ich wollte z. B. immer Tierärztin werden. Grundgedanke dabei war: Ich wollte Tieren helfen. Ich hab Tiere schon immer geliebt.
      Im Endeffekt habe ich nach mehreren Umwegen (auch in den sozialen Bereich) nun mein Leben darauf ausgerichtet, mich für Tiere und Tierrechte einzusetzen. Und es ist genau das, was ich immer wollte.


      Wenn du dann irgendwann eine Entscheidung triffst, mach dir bewusst, dass es in dem Fall keine perfekte Entscheidungen gibt. Jede Entscheidung hat ihre indivduellen positiven Seiten und negativen Seiten. Eine Entscheidung bedeutet immer auch, auf etwas zu verzichten. Man gewinnt aber auch immer etwas dabei. Und nur weil du dich für A entscheidest und nicht für B, heißt das nicht, dass du nie wieder was in deinem Leben für B machen kannst. Weiß nicht ob man das jetzt verstehen kann, aber mir hat dieser Gedanke immer irgendwie geholfen. ;)


      Ich wünsch dir, dass du deinen Weg findest, viel bewirken kannst und vor allem glücklich bist!

      Liebe Grüße,
      das Gewächs
      hej nochmal,

      ich hab grad in einem buch ein sehr nettes bild gefunden und wollte dir das nicht vorenthalten. das ist so etwa das was ich meinte, auch wenn ich kein sufi bin und es so schön nicht ausdrücken kann ;)

      "Wusstest du, dass Schams die Welt mit einem riesigen Kessel vergleicht, in dem etwas sehr Großes kocht? Was das ist, wissen wir noch nicht. Alles, was wir tun, fühlen und denken, ist Bestandteil dieser Mixtur. Jeder muss sich fragen, was er diesem Kessel hinzufügt. Geben wir Groll, Feindseligkeit, Wut und Gewalt hinein? Oder setzen wir Liebe und Harmonie zu?"

      (aus: "Die vierzig Geheimnisse der Liebe" von Elif Shafak)
      "But isn't that life for us all? Trusting to luck?"
      "You can always try to give luck a helping hand", she said.
      //william boyd//


      Hallo Nachtschattengewächs,

      da ist Vieles, das ich aus deinen Worten für mich mitnehmen kann. Genau das: Natur, Tier, Mensch. Und wofür einsetzen?
      Am Wochenende habe ich viel nachgedacht, habe mir aufgeschrieben was ich gut kann, was ich nicht kann, was ich möchte und was ich nicht möchte. War gar nicht so einfach ist. Da können auf verschiedenen Seiten genau die gleichen Dinge stehen.

      Auf dem Weg zum Meer waren auch Flüchtlinge im Zug. Neben mir saß ein Mädchen, das mir Schokolade angeboten hat, wir haben uns ein bisschen per Hand und Fuß unterhalten und ich habe ihr ein Bilderbuch mitgegeben, das ich dabei hatte. Als wir uns im Bahnhof getrennt haben, haben wir uns noch zig Mal zugewunken und angelächelt und das war so ein Moment, der mich so tief berührt hat. Und als ich wandern war und am Meer saß, da rückte alles irgendwie in weite Ferne. Als würde auf einmal die Welt anhalten, wenn man sieht wie groß und schön und erhaben die Natur ist.
      An solchen Momenten merke ich vielleicht wofür ich "brenne", wie du es schreibst.

      Ich glaube, mir ist auch klar geworden, dass die Sinnlosigkeit eines Berufs mir überall begegnen würde. Wäre ich Psychotherapeutin würde ich wahrscheinlich das Gefühl haben, nie gegen das ganze Leid anzukommen und mich fragen was da schon ein Mensch zählt, dem ich helfen kann. Würde ich vom Aussterben bedrohte Tiere retten, würde ich mich fragen wozu auch das, denn es gibt zu viele Menschen, die Natur und Tiere zerstören, da kommt niemand gegen an. Außerdem ist die Erde so alt und das alles ist so unbegreifbar, der Mensch ist so klein und das Leben so kurz, 70, 80 Jahre sind nichts gegen diese Zeit und Größe des Universums. Wieso denkt man immer, man sei so wichtig? Wenn man doch eigentlich "nichts" ist. So viele Menschen und... ich weiß auch nicht, das ist alles so unbegreifbar und ich merk, ich kling irgendwie komisch.
      Aber andersrum sollte das Denken sein: Es lohnt sich: Für diesen einen Menschen, für dieses eine Tier, für diesen Quadratkilometer Wald usw. Ganz große Veränderungen, die geschehen, die kriegt wahrscheinlich keiner so richtig von uns mit, weil diese oft zig Jahre dauern.

      Danke für das Bild, solaine, das nehm ich mit. : )
      For this is rock n roll, I’ve got a rock n roll soul
      And we are freedom fighters. For now...
      (The Tunics)


      ToWriteLoveOnHerArms
    • Benutzer online 1

      1 Besucher