überraschende Klinikaufnahme, Antreten trotz Stabil-Sein und Gut-Gehen?

      überraschende Klinikaufnahme, Antreten trotz Stabil-Sein und Gut-Gehen?

      Hallo liebes Forum,

      vor etwa einem Jahr hab ich mich nach einem Klinikaufenthalt "gesehnt" und dank unseres Rechtssystems (und eines unfähigen Psychiaters) erst Anfang 2015 überhaupt einen Platz auf einer Warteliste bekommen (akut wollte ich nicht). Irgendwann im Februar/März entdeckte ich eine andere Seite an mir, die zum Teil Schwierigkeiten machte, andererseits aber auch diverse SV- und ES-Schübe irgendwie erklärte. Im Juli habe ich es und mich selbst dann akzeptiert - ich bin anders. Ich bin im falschen Körper, wie man so schön sagt. Ich bin transgender (was jetzt hier wohl auch gleichzeitig Outing ist, obwohl es nur Erklärung werden sollte :whistling: ).
      Jedenfalls geht es mir seitdem deutlich besser, SV ist kein Thema mehr und ES hat einen greifbaren Grund bekommen (Brüste wegh*ng*rn), sodass ich dagegen vorgehen kann und mir selbst sagen, dass das nicht funktioniert und es dafür andere Wege gibt. So viel kurz zur "Vorgeschichte".

      Gestern hab ich sehr überraschend einen Brief von der Klinik erhalten, dass sie mich zum 7.10. aufnehmen könnten und ich mich bis Montag melden soll mit einer Zu- oder Absage. Meine erste Reaktion war ein "Was will/soll ich da jetzt noch?"... woraufhin ich meiner Thera geschrieben habe - inkl. Outing, was ich lieber persönlich gemacht hätte, aber zur Erklärung notwendig war - sie meinte, ich solle mir überlegen, wieso ich in einen Klinik wollte und wieso der Klinikaufenthalt auch jetzt noch Bedeutung für mich ganz persönlich haben könnte.
      Nunja, ich wollte in die Klinik, um vom SV loszukommen, um aus der rasenden Spirale Richtung Abgrund rauszukommen, um wieder aus dem Bett zu kommen, um wieder Licht zu sehen, etc.... Das alles hat sich aber gerade quasi "von selbst" geregelt. SV kann ich mir grad überhaupt nicht mal mehr vorstellen (da gibt's nichts "verlockendes" mehr), ich genieße die Tage, freue mich auf das neue Semester und den Weg den ich persönlich einschl*gen möchte, bin zuversichtlich, dass die Outings soweit klappen,... Und selbst Tiefs sind kein halber Weltuntergang mehr, dürfen mal sein und dauern höchstens Mal einen halben Tag. Klar, wie das in bspw. einem halben Jahr aussehen wird, kann keiner Wissen.
      Ich weiß, Klinik könnte mir helfen, dauerhaft stabil zu bleiben und mir noch ein paar Möglichkeiten zeigen, wie ich mit Problemen umgehen kann. Es könnte nützlich sein für alles weitere. (Skills lernen "brauch" ich nicht mehr, da hab ich mittlerweile genügend auf Lager, die funktionieren.)
      Genauso gut aber kann es gar nichts bringen - was mich dann furchtbar ärgern würde, weil ich für quasi nichts ein weiteres Semester in den Sand gesetzt habe (bin eh schon eines hintendran) und ein Konzert, auf das ich mich schon seit Monaten freue, saußen habe lassen.
      Oder der Aufenthalt zieht mich gar runter, weil irgendwas ist. Weil Ärzt Fehldiagnosen stellen, weil mein "ich stecke im falschen Körper" als Persönlichkeitsstörung gesehen wird, weil weil weil... (Ich hab schon von so vielen gelesen/gehört, dass deren Klinikaufenthalt alles nur verschlimmert hat.)

      Ich weiß, von euch hier kann keiner mir meine Entscheidung abnehmen, dennoch vlt eine eigene Meinung abgeben:
      Renn ich blindlings ins "Verderben", wenn ich absage?
      Seh ich die Welt gerade zu bunt und hell?
      Hat vlt sogar jemand ähnliche Erfahrungen (bezogen auf Klinikzusage, wenn's einem schon seit längerem gut/besser geht)?

      Ich befürchte momentan, dass ich es hinterher bereuen werde, egal wie ich mich entscheide - so Schmetterlingseffekt-mäßig.
      Oder soll ich da auf mein Bauchgefühl hören, das mir sagt, dass der Aufenthalt momentan umsonst wäre?

      Weiß vlt jemand, wie das in Heiligenfeld (Bad Kissingen) ist, ob ich da, wenn ich absage, auf der Warteliste bleiben kann und notfalls dann in ein paar Monaten (wenn halt was frei ist) doch aufgenommen werden kann (was ich nicht hoffe, dass ich das noch mal brauche/will)?


      Danke schonmal für Antworten jeglicher Art!

      Viele Grüße und noch einen schönen Freitag,
      Nightquest
      Sometimes the people around you
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      They don’t need to, it’s not for them.
      (Joubert Botha)
      hej nightquest,

      ich denke, dass ein aufenthalt dir etwas bringen kann, wenn du es zulässt - ob du das derzeit kannst musst du selbst herausfinden. ich würde die klinik anrufen und deine fragen bzgl warteliste direkt stellen. vlt auch fragen, ob sie mit transgender erfahrungen haben, denn gerade dafür und für ein bevorstehendes outing kann das denke ich sehr hilfreich und unterstützend, aber eben auch sehr schädlich sein, wenn es dort blöd läuft.

      ist das so "geschlossen", dass du da auch keinen ausgang hast? sonst könntest du wenigstens das konzert mitnehmen?

      ich hab leider auch nicht DIE meinung, dafür kenne ich deine situation viel zu wenig. letztlich sollte man eine chance nicht leichtfertig aus der hand geben, aber wenn das gefühl und der kopf gute argumente haben, warum es jetzt nicht passt, dann passt es jetzt eben nicht. einen aufenthalt kann man auch abbrechen und eine weitere chance gibt es meistens auch, d.h. keine entscheidung nagelt sich "für immer" oder auch zwangsweise "für monate" fest.

      lg
      solaine
      "But isn't that life for us all? Trusting to luck?"
      "You can always try to give luck a helping hand", she said.
      //william boyd//


      Hallo Nightquest,

      also erstmal möchte ich dir sagen, dass ich es echt klasse finde, dass du den Mut zu dem Outing gefunden hast. Ich wünsche dir sehr, dass du weiterhin mehr zu dir selbst findest - die Tatsache, dass du so viel besser mit dir selbst umgehst, spricht ja dafür - und dass du auch in deinem Umfeld Rückhalt und Stärkung erfährst. Wirklich, Hut ab vor deiner Entscheidung das zu sagen und wirklich schön zu lesen, dass du für dich erkannt hast, wer du ist.

      Bezüglich der Klinik würde ich dir etwas ähnliches raten wie solaine das getan hat: Informieren. Bei meinen bisherigen Klinikaufenthalten war auch immer ein Vorgespräch möglich bzw. Pflicht. Einfach, um zu sehen, ob das Programm passt, ob es in der Klinik die richtigen Angebote gibt und ob die Therapeuten dort der Meinung sind, dass sie einem helfen können. Vielleicht kannst du dich mal erkundigen, ob das in dieser Klinik möglich oder sogar üblich ist. Dort könntest du auch das Thema Transgender ansprechen.
      Ich persönlich habe gute Erfahrungen damit gemacht, relativ stabil in eine Klinik zu gehen. Ich wollte ein Jahr vor dem Abitur einfach meine Stabilität vertiefen, weil ich nach zwei mal Wiederholen unbedingt fit für das Abi sein wollte. Ich wollte einfach auch noch lernen mit gewissen Dingen umzugehen und mir mehr Fähigkeiten aneignen. Damit meine ich jetzt gar nicht mal so sehr konkrete Skills gegen Selbstverl*tzung, die kennst du ja. Sondern andere Dinge wie beispielsweise mit Kritik umgehen, Auftreten und Verhalten in einer Gruppe etc. Also Sachen, die in einer Klinik besser geübt werden können als in einer ambulanten Einzeltherapie. Ich könnte mir gut vorstellen, dass für dich in Zukunft die Reaktion anderer Leute auf dich zum Thema wird. Das wäre so ein Feld, was man - sofern die Therapeuten dort geeignet sind - da gut üben könnte.

      Ich kann deine Zweifel verstehen. Man kann ja nie sagen, ob man halt eben jetzt im Moment eine gute Phase hat bzw. manche Probleme sich erledigt haben oder ob man nun grundsätzlich sehr stabil geworden ist und das auch anhalten wird. Meine persönliche Erfahrung hat mir gezeigt, die Hilfe, die ich kriegen kann, trotzdem mitzunehmen. Ist vielleicht ein bisschen wie bei Antidepressiva, die man ja in der Regel auch nicht sofort absetzen soll, wenn es einem besser geht. Es ist toll, dass es dir so gut geht - und genau das wäre für mich sogar ein Argument für eine Klinik: Du bist stabil und kannst an w*nd*n Punkten nun sicherlich viel besser arbeiten als in einer Phase, in der man erstmal zum Beispiel die Selbstverl*tzung in den Griff bekommen muss. Verstehst du, wie ich das meine?
      Ich fände es aber auch absolut legitim, den Klinikaufenthalt nicht zu machen. Wenn du das Gefühl hast, jetzt nicht an Themen arbeiten zu können bzw. keine Themen hast und es daher für sinnlos hälst, dann hat das auch seine Berechtigung. Ich persönlich bin da ja Fan der guten alten Pro-Kontra-Liste. Und was mir auch immer hilft: Sprich mit den Menschen in deiner Umgebung, die dich gut kennen. Manchmal hilft es, wenn einem Freunde oder Verwandte beschreiben, wie sie die Situation und dich wahrnehmen, denn der Blick auf sich selbst ist ja wie jede Perspektive nie vollständig.

      Viele Grüße,
      Fylgja
      Hallo Ihr beiden,

      danke für eure Antworten!
      Ich denke, ich werde auf mein Bauchgefühl hören und der Klinik absagen, aber trotzdem noch auf der Warteliste bleiben (was scheinbar möglich ist). Ich telefoniere morgen noch mit meiner Thera und frage sie, was sie von meiner Entscheidung hält, bevor ich in der Klinik anrufe.
      Im Moment ist ein Aufenthalt nicht wirklich vorstellbar für mich, weil er mich in zu vielen Bereichen "ausbremsen" würde, auch wenn ich vielleicht einige hilfreiche Sachen dann wieder mit heim nehmen könnte, möchte ich gerade in Studium und v.a. auch Outing etc weiterkommen. Ich hoffe jetzt einfach mal, ich bereue die Absage nicht hinterher gleich wieder.
      Danke euch jedenfalls für eure Sichtweise und das Mut-Machen im Sinne von 'es ist nicht total verrückt, der Klinik abzusagen'

      Viele Grüße und einen schönen restlichen Sonntag!
      Nightquest
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      (Joubert Botha)
      Hei du,
      Also bei der Entscheidung zum Thema Klinik denke ich auch, dass du da auf dein Inneres hören solltest.
      Eine Andere Sache ist das mit der TS-Frage. Es kommt nämlich auch oft vor, dass Kliniken oder auch Therapeuten mangels Erfahrung eine menge Mist diagnostizieren. (Vielleicht noch fürs Verständnis, bin auch selbst betroffen MzF) Bei mir meinte zum Beispiel in einer Klinik einer mal, dass ich nicht Essgestört sei, sondern mich nur geirrt hätte und doch männlich sei. Ich kann dir daher nur den Rat geben, rede mit anderen Betroffenen und schau mal nach einem Psychologen, der auf dem Gebiet spezialisiert ist.
      Ich weiß ja nicht woher du kommst, aber wenn du mit wem reden willst, kannst mich gerne anschreiben.

      Liebe Grüße
      Nevalein
      Bis an den Rand des Wahnsinns und noch viel weiter...
      Hallo Nevalein,

      vielen Dank für deine Antwort!
      Ich habe auf mein Inneres gehört und der Klinik abgesagt - denke, dass ist momentan der bessere Weg. Und da ich noch auf der Warteliste stehe, kann ich beim nächsten Mal notfalls immer noch zusagen.
      Bzgl Transgender: Ich hab gar nichts diagnostiziert bekommen... Bin mit meiner Thera in der Übereinkunft, dass sie mir sehr wichtige Diagnosen sagt und alle anderen kann ich erfragen, wenn ich möchte - hab ich bisher noch nicht. Auf das Thema bin ich mehr oder wenige selbst gekommen auf der Suche danach, was nicht "passt" und habe dann erst meine Vermutung/ Gefühl desbzgl. in Therapie gesagt. Bin mittlerweile einem TS-Forum angemeldet und lese da fleißig mit.

      Viele Grüße,
      Nightquest
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      (Joubert Botha)
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