Alleine sein üben

      Alleine sein üben

      Hallo zusammen,

      nun also ein neuer Threat.
      Ich bin alleine, bzw. nein ich fühle mich alleine. Ständig. Ich fühle mich immer dann nicht alleine, wenn ich mich mit einer Freundin treffe, oder Kinderzeit habe, aber danach sehr. Aber es geht nun mal nicht, dass ich ununterbrochen nicht alleine bin (halte ich auch gar nicht aus, Menschen sind anstrengend und ätzend.).
      Und dieses alleine-Gefühl führt dazu, dass ich mich selbst abwerte und das Gefühl habe, dass ich es gar nicht wert bin. Letztlich verstehe ich auch nicht, warum mich Menschen mögen können und naja eigentlich hatte ich diese Gedanken mit 14 irgendwann mal, ich dachte mit 23 wäre ich nun schon ein Stück weiter, aber die Gedanken sind wieder da.
      Und das alles ist so nervig, es raubt mir so viel Kraft und Energie, die ich für die Uni brauche.

      Meine Frage an euch: Wie haltet ihr alleine sein aus? Wie habt ihr das geübt? Wie komme ich wieder dahin, dass ich mir alleine ausreiche? Dass ich verstehe, dass ich es wert bin gemocht zu werden?


      Danke fürs lesen,
      die yuraku
      Feminismuss!
      Was war zuerst da. Das Einsamkeitsgefühl oder die Abwertung? Seit ich selbst mit mir zurecht komme halte ich das Alleine sein gut aus. Wenn du lernst dich selbst zu akzeptieren verschwindet das Gefühl.

      Man braucht dann keine Bestätigung von Außen mehr. Die man meist sowieso nicht glaubt wenn man sich selbst ablehnt.
      Borderline ist eher nicht mein Problem, deshalb muss ich sagen: Ich bin lieber alleine, als draußen in der Gesellschaft.
      Das geht und ich halte das auch durch.
      Aber ich komme im Normalfall gut klar., wenn ich allein bin. Meine Mutter war mal auf Dienstreise und ich muss sagen: Das waren für mich die glücklichsten Stunden des Jahres. Nur meine Tiere und ich zu Hause. Ruhe und Erholung. Man sagt bis heute, ich hätte schon gern allein in der Kita gespielt.
      Irgendwie hat sich das bis heute durchgesetzt.
      Da schließe ich mich aber meiner Vorrednerin an. Kommt darauf an, ob ich mit mir im reinen bin und wo ich bin. Zu Hause ist das was anderes, als an einer U Bahnstation oder im Zug, wo alles ungewiss ist. Geübt habe ich das Allein sein von klein auf im familiären zu Hause.
      Zuerst abends. Später nachmittags.
      Ungern allein bin ich abends, weil ich dann (bitte jetzt nicht lachen) :love: Angst vor Einbrechern habe. Seitdem bei unseren Nachbarn eingebrochen wurde, bin ich da sehr sensibel. Mache mir dann meist das Licht an und höre alte Kinderhörspiele aus den 90er Jahren.Nicht zu empfehlen sind Krimis oder ähnliches.

      Ich bin vor einer Woche ans Meer gefahren. Du glaubst nicht, was man auch allein für schöne Momente haben kann, die man nur mit sich teilt.
      Meine Angst allein zu sein ist eher die Angst, dass mein allein sein (wenn ich in der Öffentlichkeit allein bin) jemand mal für sich ausnutzt. Sprich: Ich gehe allein im Park spazieren und da kommt jemand aus dem Gebüsch.

      Mir hat geholfen Dinge, die ich aus meiner Kindheit kenne und gern gemacht habe wieder allein zu machen. Lego bauen, Hörspiele hören etc-

      Back to the roots quasi. Du glaubst nicht wie entspannend das ist, nach Jahren Mal nach Zahlen zu machen.
      Ich empfehle meinen Klienten meist ergotherapeutisches.
      Hallo Yuraku,

      ich habe auch manchmal Phasen, wo ich mitten unter Menschen bin, aber mich doch irgendwie als draußen vor empfinde. Das ist dann für mich so, als wenn ich durch ein Schaufenster schaue, und alles sehen und hören etc. darf, aber eben nicht dabei sein. Die anderen agieren dann so wie in einem Film, so als wenn ich gar nicht da wäre. Manchmal muss ich mich dann richtig kneifen, um zu spüren, dass ich doch noch da bin, wenn auch im Moment hinter dieser gefühlten Glasscheibe.

      Dagegen habe ich für mich es sogar als angenehm empfunden, wenn ich der lauten und grellen Welt ab und an entfliehen konnte. Dann habe ich ganz bewußt meine Wahrnehmungen auf die Dinge um mich herum geschaltet. habe z.B. bewußt versucht, das Wandern der Wolken zu beobachten, die Stimmen verschiedener Vögel wahrzunehmen etc. Das habe ich dann nicht als Alleinsein empfunden, sondern als ein Geschenk, was in diesem Moment nur mir gemacht wurde. Von wem? Weiß ich nicht - aber ein schöner Gedanke, findest du nicht?

      Könntest du für dich auch so versuchen, zu denken, die Dinge als Geschenk zu sehen, nur für dich?

      lg Elfenspiegel
      Hallo,
      vielen Dank an eure Antworten und entschuldigt meine lange Stille, gar nicht so einfach das alles.

      Vielleicht habe ich schlecht beschrieben, was ich meine: Ich kann zeitweise sehr gut alleine sein, immer dann wenn ich diese 'Ach die Welt nervt mich'-Stimmung habe oder wütend bin oder ähnliches, ich brauche auch Ruhe. Ich komme eben aber auch sehr schnell in diese 'niemand liebt mich, ich bin alleine, ersetzbar, keiner will mich, usw'-Gedankengänge und da komme ich immer einfach nicht raus. Da macht mich alleine sein nahezu wahnsinnig und ich hab bisher einfach noch keinen Auslöser gefunden. Also ich kann nur schwer den Punkt ausmachen, wo es von der einen Stimmung in die andere kippt, um da ansetzen zu können und unter Menschen, die mir gut tun, zu kommen.
      Bin ich erstmal in dieser Einsamkeit - alles ist schlimm-Stimmung, dann glaub ich den Menschen auch einfach nicht mehr, dass ich ihnen wichtig bin oder ähnliches, sehen möchte ich sie erst recht nicht.
      Deswegen meine Frage, wie ich das üben kann, dass ich alleine sein dann besser aushalte, bzw da besser rauskomme? Ich versuche es dann mit Lieblingsserien oder Musik oder irgendwas, aber die meiste Zeit kann ich dann irgendwie nur stumpfsinnig rumliegen und kriege gar nichts mehr hin....

      Liebe Grüße,
      die yuraku
      Feminismuss!
      Hallo Juraku,
      möcht noch mal ein bisschen nachschieben.

      Für mich tritt so ein Umkippen immer nach einer Phase größerer Beanspruchung (auch emotional) ein. Das ist dann für mich wie ein Zurückschwingen des Pendels in die andere Richtung. Letztendlich bei mir eine Rückkehr in meinen Ruhezustand, leider nicht so positiv.

      Wenn du dir die Frage stellst: „was ist dein Grundzustand?“, dann bleibt eigentlich eher die Frage: „was kann mir helfen, diesen Grundzustand zu verbessern?“ Denn irgendwie bewegen wir uns ja immer auf irgendeinem Level, bezogen auf einen Grundzustand. Und der scheint mir verbesserungswürdig. Woraus leitest du für dich deine Wertigkeit ab? Durch Rückmeldungen von außen? Dies kann im positiven Fall sehr angenehm sein (wenn man die Ehrlichkeit bei den anderen nicht anzweifelt). Im kritischen Fall kann es aber auch verletzen und bestehende Selbstzweifel verstärken. Das heißt: man hört nur das oder nimmt nur das als Rückmeldung wahr, was man in diesem Moment hören will.

      Ich hab mal eine Zeit lang Folgendes versucht: ich hab mal die beiden Stimmungen wie zwei Figuren betrachtet und mir überlegt, was die eine und die andere von mir vielleicht wollen. (Hab da mal so ne Übung gelernt, nennt sich Verhandlungs-Reframing oder so) Dann hab ich mal die beiden Parteien einen Dialog führen lassen, um ihre Absichten für mich zu erkennen. Hab dabei unterstellt, dass auch die scheinbar negative Figur vielleicht was Positives für mich will. Dann hab ich versucht, diese positiven Absichten in anderen Situationen einzuordnen, nach dem Motto: da darfst du bestimmen, was gut für mich ist, in der anderen Situation die andere „Figur“. Wenn ich am Abrutschen bin, hol ich mir dieses Bild raus und versuch mir klar zu machen, was da gerade passiert und warum. Was wurde vielleicht überbeansprucht? Wo habe ich überzogen und falle damit wie in einem Pendel in die andere Richtung?

      Du kannst nicht immer in den höchsten euphorischen Sphären schweben, aber das willst du ja auch nicht. Deswegen ist es wichtig, die Rückkehr in einen „ruhigeren“ Zustand zu steuern und dir bewusst positive Sätze vorzuhalten. Es gibt Menschen oder z.B. auch Tiere, die dich lieben, denen du was bedeutest. Denen du was bedeutest, auch wenn du gerade nicht auf Wolke 7 schwebst. Dieser Zustand, den du gerade zurückkehrend ansteuerst, ist nur eine emotionale Ruhepause, die du dir verdient hast. Ausruhen ist erlaubt und wichtig.

      Einer Freundin habe ich mal als „Rausholer“ einen ganz fürchterlich dicken Smiley geschenkt. Als sie ihn das erste Mal sah, musste sie schallend lachen. Das hab ich dann für sie mit dem Hinweis „verbunden“: immer wenn du einen Tröster oder einen Rettungsanker bauchst, an dem du dich mal festhalten willst, dann drück diesen Smiley und denk an mich.

      Ich schenk dir auch einen ganz dicken, dicken Smiley, der in diesen Momenten nur für dich lächelt.

      Mit liebem Gruß
      die Elfe
      hej,
      wichtig finde ich auch, dass du das alleinsein mal grundsätzlich neu bewertest. du schilderst überwiegend das "menschen nerven" und dagegen eben das "keiner will mich"-gefühl. die sind für mich aber beide negativ.

      für mich ist alleinsein zuallererst mal wertvolle zeit für mich, die ich im alltag sehr selten so exklusiv habe. dabei geht es überhaupt nicht darum, dass ich mich so toll fände und mich so spektakulär freue, wenn ich mit meinem tollen ich alleine sein kann. sondern viel eher darum, dass ich immer viel zum denken brauche und viele dinge auch lieber mit mir alleine ausmache. und damit, dass ich mit anderen oft eher das gefühl habe, meinen verschiedenen rollen gerecht werden zu "müssen"/wollen und das für mich auch immer mit anspannung, anstrengung (oder jedenfalls nicht mit "einfach da sein") zu tun hat. das ist sicherlich auch ein stückweit eine besonderheit von mir, dass ich eben immer krass hohe ansprüche an mich selbst habe, auch was das auftreten gegenüber anderen angeht.

      so ist das alleinsein für mich also nicht zeit, in der ich mich daran erfreue, wie toll ich bin, sondern vor allem zeit, in der ich mal in mich reinhören kann, was ich eigentlich brauche, in der ich mal durch die wohnung tanzen und musik aufdrehen, aber auch mal heulend auf dem balkon sitzen und in den himmel schauen kann. eben all das, was ich mit anderen lieber nicht will. und wo ich sachen machen kann, die ich mit anderen vllt auch nicht (oder noch nicht) teilen will - ein seltsames neues hobby ausprobieren, einem spleen folgen, der im freundeskreis wenig unterstützung findet oder eben einfach nur sport machen, stundenlang lesen oder serien schauen. ich gehe auch gerne alleine zb ins kino, das fühlt sich für mich an wie woanders neu anfangen, wo mich niemand kennt, ich finde das ganz toll als gedankenspiel und gegenpol zu meinem recht fordernden alltag.

      ich würde dir raten, dir positiv-sätze für das alleinsein aufzuschreiben. also SCHÖNE dinge, die du alleine machen kannst/willst. warum du das alleinsein brauchst. was dir daran gefällt. was du lieber alleine machst. aber auch, dass du dich dafür selbst entscheidest und auch selbst wieder entscheiden kannst, es aufzuheben und unter leute zu gehen. wenn du dann meinst, dass die stimmung kippt (und diesen punkt zu erkennen ist natürlich GANZ wichtig!), kannst du dir diese sätze vorlesen.

      denn allein sein hat ja nichts damit zu tun, ob andere dich wollen/mögen, sondern damit, dass DU gerade entschieden hast allein sein zu wollen, weil es für dich eben auch vorteile hat und wichtig ist. das dann plötzlich aus einer umkippenden stimmung raus zu verdrehen und zu sagen "mich will ja keiner" ist sicher nicht hilfreich. DU bist handlungsfähig, wenn du nicht allein sein willst, kannst du das ändern. und wenn du es willst, gönn es dir, als wertvolle zeit für dich, die wichtig ist und über deinen wert für andere nichts aussagt.

      lg
      solaine
      "But isn't that life for us all? Trusting to luck?"
      "You can always try to give luck a helping hand", she said.
      //william boyd//


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