und plötzlich meldet sich das Herz...

      und plötzlich meldet sich das Herz...

      Hallo zusammen!

      Gleich vorweg eine Warnung: Ich fürchte, das wird ein sehr langer Text!

      Ich weiß, ich war jetzt sehr lange nicht mehr hier, aber seit einiger Zeit beschäftigt mich ein Thema, über das ich mich absolut niemandem in meinem Umfeld sprechen kann. Ich hatte vor zwei, drei Wochen schon einmal einen Beitrag entworfen, den aber nie abgeschickt, weil ich damals noch geglaubt habe, dass ein Teil davon ohnehin nur Einbildung sei.
      Nun hat sich allerdings in eben diesen zwei, drei Wochen einiges entwickelt...
      Aber ich fange einfach mal ganz von vorne an.

      Ich bin jetzt 35 Jahre alt, seit 3,5 Jahren mit A (52) verheiratet. Geheiratet haben wir damals tatsächlich eher aus finanziellen Gründen, A wollte nach seiner Scheidung vor 9 Jahren eigentlich nicht mehr heiraten.
      Die Beziehung zu A dümpelt so leise vor sich hin. Ich weiß, dass er mich liebt. Zumindest sagt er es. Umgekehrt kann ich das nicht mehr so deutlich sagen. Ich finde ihn optisch nicht mehr ansprechend (ja, das habe ich ihm gesagt, er sieht aber keinen Grund, etwas daran zu ändern - er wirkt einfach ungepflegt). Ich komme mit seiner Art einfach manchmal nicht mehr klar (ja, es gibt Situationen, da würde ich ihm am liebsten sagen, er soll einfach die Fresse halten...).
      Seine Zuneigung zeigen kann er allerdings auch nur materiell. Obwohl er weiß, dass ich das nicht will. Aber da ändert sich nichts. Komplimente kann jeder haben, nur ich nicht. Wenn wir uns unterhalten und irgendjemand kommt dazu, unterbricht er das Gespräch mit mir, um mit der anderen Person zu reden. Teilweise lässt er mich dann einfach links liegen.
      Manchmal glaube ich, er ist sich der Sache einfach zu sicher. Wir sind schließlich verheiratet, da kann ich ihm ja ohnehin nicht mehr einfach so weglaufen. Warum sollte man sich also um irgendwas bemühen, was man doch eh sicher hat?
      Aber ich hatte die Situation einfach so akzeptiert, wie sie war. Wirklich glücklich war ich eigentlich noch nie längerfristig, aber zumindest konnte ich mir sicher sein, dass mir mit ihm nichts fehlen wird. Ich habe schließlich alles, was ich brauche. Ich bin grundsätzlich ein Mensch, der Entscheidungen mit dem Verstand trifft, nicht mit dem Herzen. Ich entscheide mich für das, was für alle Beteiligten das Beste ist. Wen interessiert schon ein unglückliches, gebrochenes Herz, wenn alle glücklich sind? Also hat das Herz einfach irgendwann aufgegeben...

      Anfang September 2016 waren wir dann auf einer Veranstaltung. Ich habe dort einige Bilder gemacht und online gestellt. Etwa 2 Wochen nach dieser Veranstaltung bekam ich eine Nachricht von I, der ebenfalls dort war, dass wir ja direkt nebeneinander gestanden haben müssen. Das war's dann vorerst auch mal wieder mit dem Kontakt, später kamen noch vereinzelte Kommentare zu anderen Bildern, Geburtstags-, Weihnachts- und Neujahrsgrüße.

      Ich muss sagen, I war mir irgendwie von Anfang an sympathisch und ich hätte sehr gern mehr Kontakt zu ihm gehabt. Einfach weil wir gemeinsame Interessen haben und es meinem Englisch auch nicht geschadet hätte (er ist Engländer, lebt auch in UK). Ich hatte mich aber nie so recht getraut, ihn einfach anzuschreiben. Ich hätte ja nicht einmal einen Grund gehabt. Bis ich Anfang Februar die Idee hatte, dass ich ja nochmal meine Bilder durchschauen könnte, um zu sehen, ob er irgendwo zufällig mit drauf ist, und ihm die entsprechenden Bilder zu schicken. Als ich letzteres dann schließlich tun wollte, hatte ich eine Nachricht im Postfach. Von I. Mit der Frage, ob ich ihn zufällig fotografiert hätte :shock: Es entwickelte sich daraus ein nettes Gespräch über alles mögliche.
      Seitdem verging kein einziger Tag, an dem wir keinen Kontakt hatten. Es wurde auch relativ schnell persönlicher, er hat mir erzählt, dass er sich nach 10 Jahren grad von seiner Verlobten getrennt hatte. Er hat relativ schnell rausgefunden, dass ich nicht sonderlich glücklich bin.
      Als er knapp einen Monat nach Kontaktaufnahme für eine Woche in die USA musste, hatte ich schon damit gerechnet, dass der Kontakt einschlafen würde. Das Gegenteil war letztendlich der Fall. Vor allem diese Woche hat bei mir dazu geführt, dass mein Herz ganz langsam zu tauen begann. Wobei ich mir eingestehen musste, dass es sich bereits vorher schon ein klein wenig gemeldet hatte...
      Von seiner Seite kamen von da an immer wieder Komplimente (angefangen bei "you're cute" über "you're beautiful" bis hin zu "Jesus, you look hot!"), aber mehr auch nicht (außer scherzhafte Anmerkungen, dass er ja schnell zu mir fliegen könnte, um mich in den Arm zu nehmen). Man hätte alles problemlos noch in der freundschaftlichen Schiene sehen können. Trotzdem machte ich mein Herz immer mehr bemerkbar.

      Dann kam eine für mich schwere Zeit, eins meiner Tiere wurde krank, und ich hab mich bei I ausgeheult. Obwohl er meinte, dass ich ihm alles erzählen könne, was mich beschäftigt, er jederzeit für mich da ist, hatte ich das Gefühl, dass ich ihm furchtbar auf die Nerven gehe. Daraufhin habe ich von meiner Seite erstmal die Bremse gezogen und nur noch relativ einsilbig auf seine Nachrichten geantwortet. Das ging gute 3 Tage so, bis er mich fragte, warum ich denn so "awfully quiet" sei. Also hab ich ihm gesagt, dass ich Angst habe, ihn zu nerven (seine Antwort darauf: "Never in a million years!") Er hat gefragt, was mich sonst noch beschäftigt. In Bezug auf ihn. Ich habe ihm gesagt, dass ich darauf nicht antworten kann. Ich glaub, wenn ich ihm einfach gesagt hätte, dass ich mich verliebt hab, wär's auch nicht deutlicher gewesen... Trotzdem kam von ihm die Anmerkung, dass ich mich bloß nicht in ihn verlieben solle. Ähm, ja, ups?

      Die nächsten Tage waren dann wieder unpersönlicher. Ich habe es mir einfach so erklärt, dass er durchaus verstanden hat, was ich eigentlich nicht sagen wollte, und sich deshalb ein wenig zurückgenommen hat. Obwohl zwischendruch doch auch immer wieder Anmerkungen kamen, die die Vermutung nahelegten, dass von seiner Seite vielleivht doch ein bisschen mehr sein könnte.
      Vor drei Wochen haben wir zum ersten Mal telefoniert. Ich hatte an dem Tag einen Streit mit meinem Mann und hab mich daraufhin abends volllaufen lassen. In diesem Zustand hab ich I irgendwann geschrieben, dass ich mir wünschte, er wäre hier, und dass ich gern mal seine Stimme hören würde. Woraufhin er mich einfach anrief. Und seit diesem Telefonat ist ALLES anders zwischen uns. Würde irgendjemand die ganzen Nachrichten lesen, würde derjenige definitiv davon ausgehen, dass wir ein Paar sind... Das Schlimme ist - ich genieße es so sehr! Da ist jemand, 1800km entfernt von hier, den ich so wahnsinnig gern habe und dem es umgekehrt genauso geht! Der auch kein Problem hat, es zu zeigen. Der mir das Gefühl gibt, etwas ganz Besonderes zu sein. Der sogar in Erwägung ziehen würde, England für mich zu verlassen. Der bereit wäre, mehrere Jahre auf mich zu warten, wenn es sein müsste. Der mir vor ein paar Tagen letztendlich gestanden hat, dass er sich schon viel früher in mich verguckt hatte.
      Und ich merke, dass mein Herz doch nicht so tot ist, wie ich immer vermutet hatte. Es schreit mich förmlich an, dass ich diesen Mann einfach festhalten und nie wieder loslassen soll. Mein Herz will diesen Mann und es will sich nicht schon wieder meinem Verstand unterwerfen, der im Gegenzug brüllt, dass ich die Sache sofort beenden muss.


      Sorry, ist jetzt doch noch länger geworden, als ich geglaubt hatte. Aber ich musste das alles einfach mal irgendwie loswerden, bevor mein Kopf platzt. Ich weiß auch nicht so recht, was ich mir jetzt erhoffe, ob ich mir überhaupt etwas von diesem Thread erhoffe. Immerhin ist mir selbst auch klar, dass ich letztendlich jetzt zwei Möglichkeiten habe. Entweder ich entscheide mich für meine Ehe und beende die Sache mit I oder ich entscheide mich eindeutig für I. Viel mehr bleibt mir nicht, Verstand gegen Herz.
      Und es fühlt sich gerade furchtbar an, dass ich jetzt schon weiß, dass letztendlich einer von beiden vermutlich ziemlich verletzt werden wird.
      Hey du,

      letztlich ist es so wie du schreibst, es gibt nur A oder B und nur du kannst entscheiden.

      Ich kann daher nur ein paar Gedanken dalassen, gefärbt von meinem Erlebten.

      Ich war einmal gelangweilt und frustriert in einer guten Beziehung. Das übliche Gemisch aus frustrierenden äußeren (u.a. finanziellen, sozialen) Umständen, fehlender Kommunikation und was so zusammenkommt bis zu dem Punkt “ich glaub ich will nicht mehr“.
      Just traf ich jemand Neues, flirty, nicht richtig greifbar, unverbindlich, kulturell unterschiedlich, attraktiv und dann noch das Englisch.. ich saß mal mit ihm zusammen und er sagte auf Englisch ich sei wie die Blume vor uns. Ich weiß nicht mehr, ob sie nicht voll erblüht war, von anderen Blüten verdeckt wurde.. aber englisch klang das viel poetischer.
      Das verknallt sein war meist toll und spannend, ewiger Aufruhr, Adrenalin, sich offenbahren..
      Aber eine neue gar räumlich kaum erreichbare Verbindung kann ja kaum anders als spannend sein.
      Die Spannung bleibt in der Regel nicht ewig. Ob danach eine tiefe Verbundenheit entsteht, muss sich zeigen. Kann, muss aber nicht ;)
      Das sozusagen zu I.

      Ich glaube, wenn man für jemand Respekt und Zuneigung verliert ist es unrettbar.
      Mir ging es in einer Beziehung so. Er nahm deutlich zu, er zog mich generell nicht mehr an, er war mir optisch und vom Verhalten her unangenehm, ich fand seine Entscheidungen unmoralisch.. Ich glaube selbst mit Mühe gabs da nichts zu retten.
      Vielleicht hilft es in dich hineinzuhören wieviel tiefer Respekt und Zuneigung da ist.
      Du schreibst du hast ihm deine Kritik gesagt, wie schonungslos?
      Unabhängig von I, hast du auch gesagt, dass da eine Kluft entsteht, dass du grundsätzlich hinterfragst, dass es ernst ist?
      Menschen sehen gern das offensichtliche nicht, wenn es einfacher ist.
      Das wären meine Gedanken zu A.

      So oder so. Was du durch machst, kennen glaube ich viele.
      Vielleicht wird I im Rückblick sich nur als Fluchtweg weg von A zeigen, um nicht ganz allein zu sein, oder I als Symptom einer Langzeitbeziehung am Übergang von Verliebtheit zu Alltag und Liebe oder A wird der komische Ex bevor du die große Liebe trafst.
      Leider können wir die ganze Geschichte immer erst am Ende erzählen ;)
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