Rückfall // Fehldiagnose // Vertrauensverlust - was tun mit meiner Hausarzt-Praxis?

      Rückfall // Fehldiagnose // Vertrauensverlust - was tun mit meiner Hausarzt-Praxis?

      Hallo zusammen,

      ...eigentlich hatte ich gerade einen sehr ausführlichen Beitrag getippt, aber wegen eines Seitenladefehlers ist nun alles weg =/ Also ein etwas abgewandelter Blogbeitrag, leider nicht so detailreich - weil mich das Ganze immer noch sehr aufwühlt.

      Kurz zu meiner Hausarzt-Praxis: 3 Ärzte, Dr. Z. senior (früher mein HA, bis ich Ende 2016 wechselte, weil er desinteressiert wirkte und ich mich nicht mehr ernstgenommen fühlte), Dr. Z. junior und Dr. P. (jetzt mein HA, aber gerade im Urlaub).

      In meiner Patientenakte gibt es eine Diagnose, die mich schon immer gestört hat. Weil sie vor etwas über 4 Jahren von einer Psychiaterin gestellt wurde, die mich genau einmal gesehen hat, und weil sie falsch ist. Dr. Z. senior schickte mich damals dort hin, als ich Hilfe und eine Therapiemöglichkeit suchte. Ich füllte zig Fragebögen aus, wartete eine Stunde oder zwei, beantwortete Fragen (u.a., und die ist mir bis heute wortwörtlich im Gedächtnis geblieben, ob meine Selbstverletzung eher ein Zwang oder ein Impuls sei und ich mich für “Impuls“ entschied, weil ich ja nur diese zwei Möglichkeiten hatte) und hatte anschließend die Diagnose “Borderline“ und “Impulskontrollstörung“ nicht nur auf meiner Stirn, sondern auch in ihrem Arztbrief an meine HA-Praxis stehen.

      Damals fing ich eine tiefenpsychologische Therapie an (bei einer anderen Psychologin, die Psychiaterin hatte keinen Platz), die ich nach etwas über einem Jahr beendete, weil sie mir zwar half, Dinge besser zu verstehen, mich aber trotzdem nicht weiterbrachte. Ich stellte sie (wie meine aktuelle Thera) von der Berichtspflicht ggü. meinem HA frei. Eine eindeutige Diagnose erhielt ich von ihr auch auf Nachfrage nicht.

      Ende 2016 ging es mir wieder ziemlich schlecht (da wechselte ich dann auch den HA - Dr. Z. junior war damals bei dem 2 oder 3 Terminen mit Dr. P. dabei, weil er gerade erst als HA angefangen hatte), ich wurde einmal einige Tage krankgeschrieben (Belastungsstörung stand auf der Krankmeldung) und bekam was zum Schlafen verschrieben (einmalig).
      In Eigenregie suchte ich mir dann im 2. Quartal 2017 eine Verhaltenstherapeutin, bei der ich bis heute bin, und die mir schon sehr geholfen hat. Im Frühjahr 2017 hatte ich mich zum letzten Mal verletzt.

      Als ich in den letzten Tagen aufgrund einer akut sehr belastenden Situation nicht schlafen, geschweige denn Arbeiten konnte, bat ich bei Dr. Z. senior also nicht nur um eine Krankmeldung, sondern auch um Schlaftabletten. Ich bekam sie, aber mir wurde mir nicht nur von Dr. Z. senior, sondern bei einem weiteren Besuch aufgrund krasser Nebenwirkungen der ersten Schlaftabletten (massiver Blutdruckabfall, ich wurde fast ohnmächtig, als ich Nachts zur Toilette wollte), von Dr. Z. junior ein höchst anmaßender und anschuldigender Vortrag gehalten. Ich ging aufrecht (wenn auch müde) in die Praxis rein, und kam als zitterndes Häufchen Elend heraus.

      Ich bin vor 2 Wochen zusammengeklappt und habe mich verletzt - aber sogar meine Therapeutin hält das in der aktuellen Situation für verständlich, und ich selbst bewerte es als genau das: einen Rückfall, eine Ausnahme(-situation). Aber daraus schließen beide Vertretungsärzte in ihren nicht weniger als 15 Minuten dauernden Vorträgen, dass ich mein Problem (nämlich Borderline - was ich nicht habe, sondern eine rezidivierende depressive Störung, und das seit 15 Jahren) offensichtlich weder erkannt noch in den letzten Jahren daran gearbeitet habe. Dass ich nun Tabletten nehmen will, statt mich damit auseinanderzusetzen, und keinen ärztlichen Rat annehme. Dass ich mich auf meiner Therapie ausruhe und die Therapeutin demnach nichts taugt. Und dass mir einfach mal der Spiegel vorgehalten werden muss, auch wenn ich es nicht hören will.

      Ich weiß noch nicht, ob ich mit Dr. P. darüber reden soll, wenn er wieder aus dem Urlaub zurück ist, oder gleich die Praxis wechsle. Im Nachhinein bin ich froh, so stabil zu sein, dass es mich nur einen heftigen Heulkrampf daheim gekostet hat - das hätte auch anders ausgehen können.
      Früher wünschte ich mir eine Diagnose. Irgendeine, damit ich Orientierung habe. Jetzt merke ich, was eine falsche Diagnose kaputt machen kann. Wenn sie dazu dient, jemanden als faul und nicht therapiewillig einzustufen, ihm nicht mehr zu glauben und das entgegengebrachte Vertrauen mit Füßen zu treten.

      ...hat jemand eine Idee, ob ich was tun kann? Ich wohne auf dem Land, und ich werde allein wegen der Nähe zur Praxis sicher, und sei es nur im Notfall, wieder mal dorthin gehen müssen. Wenn mir dort aber unterstellt wird, zu lügen, und auch mein Vertrauen mehr als beschädigt ist? Soll ich mit Dr. P. reden, bringt es was, meine Krankenakte einzusehen?

      lg Nunki
      Flügelwesen
      ...komm nicht auf Scherben zum stehn...
      Andreas Bourani

      Hallo,
      ich versuche mal ganz kurz zu antworten, weil ich das Gefühl habe, dass Du ein paar mitfühlende Worte grade sehr brauchen kannst.

      Ich verstehe Dein Aufgewühltsein, ich hatte früher, so lange ich meinen jetzigen Psychiater nicht hatte, einige ähnliche Erlebnisse. Damals war ich jedes Mal völlig am Boden, ein Häuflein Elend, wie Du es beschreibst, noch mehr, als ohnehin schon, denn wenn es nicht wirklich nötig gewesen wäre, hätte ich niemals Medikamente genommen oder wäre zum Arzt gegangen, wo ich ohnehin schon Angst davor hatte. Frage: Wie machst Du das mit Antidepressiva, oder nimmst du gar keine, hast du keine regelmäßige Medikation?

      Wie wäre es, wenn Du Dich mit Deiner Therapeutin besprichst, vielleicht könnt ihr ein klärendes Gespräch zu Dritt führen oder Sie mal mit deinem Ex-Hausarzt sprechen, wenn Du nicht dabei sein magst? Du sagst, Du wohnst am Land und mit Ärzten ist es da nicht einfach. Ich überlege mal nur so, ich mache es jetzt zB schon lange so, dass ich einen Psychiater habe, mittlerweile gehe ich aber nur 1-2 Mal im Jahr zu ihm zur Kontrolle oder wenn etwas Besonderes ist. Weil er Wahlarzt ist, habe ich ihn gebeten, mir was für den HA zu schreiben, damit ich mir die Rezepte unkompliziert vom HA verschreiben lassen kann. In diesem Schreiben steht kurz , dass er eigentlich mein Facharzt ist, Diagnose und Medikation , bei Rückfragen seine Kontaktadresse.
      Somit hat die HA Sicherheit, dass sie mir nicht mangels Wissen einfach auf Verlangen was verschreiben soll und ich habe kein Problem, mich ständig erklären und rechtfertigen zu müssen. Die hat sich den Wisch kopiert und ich hatte seitdem nie Probleme. Ich finde schon, dass sich der HA da etwas viel herausnimmt, wie will er denn das beurteilen können? Ich würde mir einen Facharzt suchen, wenn Du nicht so häufig Medikamente umstellen musst kann der ja auch etwas weiter weg sein und mit ihm auch eine Bedarfsmedikation besprechen. Dann würde ich drum bitten so ein Schreiben zu kriegen für den HA bzw. etwaige Vertretungsärzte. Vielleicht kann Dir da deine Therapeutin auch helfen, geeignete Ärzte zu finden. Dann brauchst Du Dir sowas in Zukunft nicht mehr anzutun und auch wenn etwas akutes auftritt, genügt ein kurzer Anruf beim Facharzt auch, um sich abzusichern und dieses unprofessionelle Theater bleibt Dir in einer Krise erspart. Mein Psychiater hat jetzt sogar so ein supermodernes Onlinesystem, da kann man sogar online seine Rezepte bestellen, wenn die schon im System erfasst sind. Da muss man noch nichtmal irgendwo hin oder anrufen. Das wird zwar eher eine große Ausnahme sein, aber mit einem Schreiben vom Facharzt könnte es auch für dich leichter sein , denke ich.

      zum Thema Diagnose: ich war ja immer schon skeptisch diesen Kategorien gegenüber eingestellt, sie sind bloß ein mehr oder weniger ungenügender Versuch, das was ist, zu beschreiben. Dazwischen liegen so viele Möglichkeiten, die keine Diagnose der Welt erfassen kann. Und leider führen sie oft dazu, dass Ärzte sich blind auf die wenigen Kriterien verlassen und den Menschen dem sie begegnen , nur noch in diese Schubladen stecken, ohne genauer zu schauen. Deshalb pfeif ich auf Diagnosen, mein Arzt meinte schon relativ am Anfang zu mir, dass er mich "diagnostisch nicht wirklich einordnen könne", aber das ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass Du für Dich die geeigneten Mittel findest, die dir helfen können, völlig egal, welche Diagnose da oben drüber steht. Leider braucht man meist eine, um überhaupt Zugang zu diesen Möglichkeiten zu bekommen. Aber ansonsten sind sie meiner meinen nach nicht das allerwichtigste, sie geben nur eine Orientierung, die mehr oder weniger gut auf das passt, was da ist.

      Was kannst Du dir jetzt noch gutes tun? Gibt es etwas, was Dir hilft, dich wieder zu beruhigen und sicherer zu fühlen? Kannst Du mit jemandem sprechen, schreiben oder telefonieren? Ich glaube es ist gut, das irgendwie mitteilen und loswerden zu können. Hast du bald wieder einen Termin bei deiner Therapeutin oder kannst Du ihr mailen oder sie anrufen? Ich würde mir ihre Unterstützung holen, auch wie Du das in Zukunft so regeln kannst, dass Du nicht mehr so oft solchen Situationen ausgesetzt bist, vor allem, wenn es Dir eh schon sehr schlecht geht.

      Alles Liebe für Dich
      Vielleicht ist alles Schreckliche im tiefsten Grunde das Hilflose, das von uns Hilfe will."
      ..."vielleicht würden wir dann unsere Traurigkeiten mit größerem Vertrauen ertragen als unsere Freuden. Denn sie sind die Augenblicke, da etwas Neues in uns eingetreten ist...." (Rilke)
      Die Ursache bin ich selbst! (Thomas Bernhard) :thumbsup:

      DER KRIEG IST VORBEI! (meine exsupervisorin)
      Hallo ares,

      ares schrieb:

      Hallo,
      ich versuche mal ganz kurz zu antworten, weil ich das Gefühl habe, dass Du ein paar mitfühlende Worte grade sehr brauchen kannst.


      Danke =)

      Frage: Wie machst Du das mit Antidepressiva, oder nimmst du gar keine, hast du keine regelmäßige Medikation?


      Nein, Medis nehme ich keine, auch wenn ich aktuell darüber nachdenke, ob es nicht doch mal sinnvoll wäre.

      Wie wäre es, wenn Du Dich mit Deiner Therapeutin besprichst, vielleicht könnt ihr ein klärendes Gespräch zu Dritt führen oder Sie mal mit deinem Ex-Hausarzt sprechen, wenn Du nicht dabei sein magst?


      Ich dachte, dass sie vielleicht eher ein Schreiben aufsetzt, also quasi doch einen einmaligen Bericht an die HA-Praxis schicken könnte. Das muss ich aber noch mit ihr besprechen. Da sie sehr jung ist (jünger als ich), könnte ich mir vorstellen, dass die beiden Vertreter sie garnicht richtig ernst nehmen, wenn sie mit denen direkt sprechen würde...

      ... Ich finde schon, dass sich der HA da etwas viel herausnimmt, wie will er denn das beurteilen können? Ich würde mir einen Facharzt suchen, wenn Du nicht so häufig Medikamente umstellen musst kann der ja auch etwas weiter weg sein und mit ihm auch eine Bedarfsmedikation besprechen. Dann würde ich drum bitten so ein Schreiben zu kriegen für den HA bzw. etwaige Vertretungsärzte. ...


      Das klingt nicht schlecht. Das hatte auch meine Thera schon vorgeschlagen, aber ich muss zugeben, ich hatte es wieder vergessen - sehr viel los zur Zeit, vieles fällt gerade hinten runter. Hier werde ich mich mal drum kümmern müssen.

      zum Thema Diagnose: ich war ja immer schon skeptisch diesen Kategorien gegenüber eingestellt, sie sind bloß ein mehr oder weniger ungenügender Versuch, das was ist, zu beschreiben. Dazwischen liegen so viele Möglichkeiten, die keine Diagnose der Welt erfassen kann. Und leider führen sie oft dazu, dass Ärzte sich blind auf die wenigen Kriterien verlassen und den Menschen dem sie begegnen , nur noch in diese Schubladen stecken, ohne genauer zu schauen. Deshalb pfeif ich auf Diagnosen, mein Arzt meinte schon relativ am Anfang zu mir, dass er mich "diagnostisch nicht wirklich einordnen könne", aber das ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass Du für Dich die geeigneten Mittel findest, die dir helfen können, völlig egal, welche Diagnose da oben drüber steht. Leider braucht man meist eine, um überhaupt Zugang zu diesen Möglichkeiten zu bekommen. Aber ansonsten sind sie meiner meinen nach nicht das allerwichtigste, sie geben nur eine Orientierung, die mehr oder weniger gut auf das passt, was da ist.


      Ich stimme dir zu, dass Diagnosen nur Stempel sind und den einzelnen Menschen nur unzureichend beschreiben können. Das sehe ich auch an mir selbst, weil mein SV ja z.B. nirgends "richtig" beschrieben werden kann. Aber für mich ist es trotzdem eine Art Gerüst, an dem ich mich auch ein Stück weit orientieren kann, und an dem sich Ärzte orientieren (müssen).
      Aber mit einer offensichtlich falschen Diagnose stehe ich nun echt blöd da.

      Was kannst Du dir jetzt noch gutes tun? Gibt es etwas, was Dir hilft, dich wieder zu beruhigen und sicherer zu fühlen? Kannst Du mit jemandem sprechen, schreiben oder telefonieren? Ich glaube es ist gut, das irgendwie mitteilen und loswerden zu können. Hast du bald wieder einen Termin bei deiner Therapeutin oder kannst Du ihr mailen oder sie anrufen? Ich würde mir ihre Unterstützung holen, auch wie Du das in Zukunft so regeln kannst, dass Du nicht mehr so oft solchen Situationen ausgesetzt bist, vor allem, wenn es Dir eh schon sehr schlecht geht.


      Ein erstes Mal habe ich vergangene Woche schon mit meiner Thera drüber gesprochen, aber ich habe jetzt am WE gemerkt, wie sehr mich das Thema doch noch belastet. Ich werde kommende Woche nochmal mit ihr darüber sprechen. Sonst habe ich leider nicht viele Menschen, mit denen ich da drüber sprechen kann, auch wenn ich es gerne würde. Vielleicht bietet sich die aktuelle Situation aber an, dass ich die ein oder andere Beziehung etwas vertiefen kann, mal sehen.
      Ich versuche, einfach nicht zu sehr darüber nachzudenken, denn aktuell kann ich schließlich nichts tun. Mal sehen, was die kommenden Tage/Wochen so bringen...

      lg Nunki
      Flügelwesen
      ...komm nicht auf Scherben zum stehn...
      Andreas Bourani

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