Psychotherapeutin werden mit psychischen Problemen?

      Psychotherapeutin werden mit psychischen Problemen?

      Hey :)

      Ich schreibe dieses Thema für eine Freundin, der ich geraten habe, zum Schutz vor dem selbst triggern nicht selbst ins Forum zu kommen.

      Ich wollte fragen, ob es hier im Forum jemanden gibt, der Erfahrungen damit gemacht hat, ob und wie es möglich ist, mit psychischen Problemen selbst Therapeutin zu werden. Es scheint da eine "Selbsterfahrung" zu geben, in der man selbst vor der Ausbildung einige Stunden bei einem Psychologen ist zwecks Abklärung, wenn jemand Erfahrung dazu hätte, wie das abläuft oder ob es da "no-go"-Kriterien gibt und so, wäre das auch sehr nett.

      Gerne auch per PN

      Liebe Grüße
      B :)
      Hallo believe,

      also, ich bin selbst keine Therapeutin, aber kenne mehrere Leute, die die Therapeutenausbildung (nach dem Psychologiestudium) absolviert haben. Diese Selbsterfahrung, die du erwähnt hast, sagt mir leider nichts, aber ich kann mich gerne mal erkundigen.

      Für den Beruf eines/einer Therapeut/in ist es grundsätzlich wichtig, dass man selber psychisch stabil ist. Man muss sich vor Augen halten, dass man dann ja selber die Anlaufstelle für Menschen ist, denen es nicht gut geht, die z.T. sehr schlimme Dinge erlebt haben usw. und damit muss man schon "klar kommen können".
      Natürlich gibt es auch Supervisoren und man kann sich mit Kollegen austauschen. Dennoch ist es m.E. sehr wichtig, dass wenn man Psychotherapeut/in werden möchte, für die eigene seelische Stabilität sorgt, d.h. sich wenn es einem nicht gut geht, professionelle Hilfe holt.

      Wenn du bzw deine Freundin noch Fragen habt, fragt ruhig. :)

      Liebe Grüße
      Kasmodiah
      ~ Memories that touch our hearts will never fade away ~
      hej believe,

      ich hab mich jetzt noch mal bei einer freundin rückversichert, die allerdings eine weiterbildung macht in richtung systemische familienaufstellung/therapie. die mussten im rahmen der weiterbildung eine "selbsterfahrung" machen, ziel: die methode kennenlernen und eigene themen bewusst(er) präsent haben.

      nach allem was ich weiß gibt es einen haufen psychologen (sozialarbeiter etc auch), die selbst psychische probleme hatten/haben, u.a. weil dadurch natürlich die sensibilität fürs und das interesse am thema wächst. und auch: wer hat bitte gar keine psychischen themen mit sich selbst. ich finde es also kein "no go".
      wenn man allerdings so instabil ist, dass man zb hier im forum nicht selbst lesen kann, dann hätte ich zumindest zweifel, ob man den beruf *jetzt* ausüben sollte. wie kasmo schreibt: als therapeut:in ist man mit schwierigen personen und geschichten konfrontiert, und man sollte so weit stabil sein, dass man die gängigsten fallen, in die man tappen kann beim versuch, diese menschen zu unterstützen, sicher vermeidet. und eben genug stabilität hat, um auszuhalten und hilfreich zu bleiben, egal was da an einen rangetragen wird. ich lese manchmal geschichten wie "meine therapeutin musste dann auch weinen" oder "mein therapeut war so schockiert, dass wir dann gar nicht mehr weiterarbeiten konnten" - da muss ich ehrlich sagen, was soll das dann. eine therapeutische beziehung muss mMn professionelle arbeitsbeziehung sein. dafür sorgen (oder, wenn es unmöglich ist konsequenzen ziehen) muss in erster linie der/die therapeut:in. daher muss sie alles ausklammern können, was das stören könnte.

      lg
      solaine
      "But isn't that life for us all? Trusting to luck?"
      "You can always try to give luck a helping hand", she said.
      //william boyd//


      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „solaine“ ()

      Hallo,
      Ich selbst studiere klinische Psychologie und Psychotherapie im Master
      Ich weiß, dass Personen mit psychischen Problemen in der Vergangenheit nicht von vornherein "ausgeschlossen" werden (sicher ist das auch von Institut zu Institut verschieden), aber die Betonung liegt eben auf 'Vergangenheit'; wie hier ja bereits ausgeführt wurde, sollte das schon allein im Interesse des Ausbildungskandidaten liegen.
      Ich kenne sowohl einen Fall, in dem jemandem dringend geraten wurde, die Ausbildung nicht weiterzuführen, als auch einen Fall, in dem die zurückliegende Psychotherapie des Azubis als recht unproblematisch gesehen wurde. Das kommt sicher ganz auf den Einzelfall an und lässt sich nicht verallgemeinern.
      Ich denke, dass ein offener Umgang mit eigenen Schwierigkeiten (manchmal treten die ja auch irgendwann im Verlauf der Ausbildung auf) wahrscheinlich in jedem Fall ratsam ist.
      Also meine Meinung dazu - es kann keinen besseren Therapeuten / Arzt geben, als jemand der selbst an sich die Erfahrung durch die jeweilige Krankheit gemacht hat, als jemand der es nur aus einem Buch lernt. Und ja da ist ein sehr grosser Unterschied zwischen einem Knochenbruch zu heilen, oder eben eine psychische Störung.
      Denn da muß man selbst mal durchgegangen sein um das wirklich zu verstehen was da so in einem selbst abgeht. Und wie man sich da in diesen Augenblicken fühlt ( bzw Panikattacken - eigene Erfahrung). Das erste war - mein hausarzt wollte mir damals Psychopharma geben. Ich "NE" Medikamente nehme ich nicht. Die können nur die Symptome bekämpfen aber nie die Ursache.
      Und eben gerade bei psychischen Krankheiten kann man das nicht aus Büchern lernen ( meine Meinung) und man kann sicher bessere Tipps geben (helfen / heilen) wenn man selbst da durchgegangen ist. Also kann sowas sicher kein Handycap sein
      Hallo snowdog,
      das würde ich differenziert betrachten - natürlich kann man sich mit eigener Erfahrung besser in Patienten hinein versetzen, die gerade z.B. Panikattacken durch machen. Aber "nur" eigene Erfahrung reicht nicht aus, deswegen gibt es ja die Therapeutenausbildung (nach dem Psychologie-Studium).

      snowdog schrieb:

      (...)
      Denn da muß man selbst mal durchgegangen sein um das wirklich zu verstehen was da so in einem selbst abgeht. Und wie man sich da in diesen Augenblicken fühlt ( bzw Panikattacken - eigene Erfahrung).


      Gut, aber es ist ja nun nicht so, dass die eigene Erfahrung maßgeblich dafür ist, jemandem helfen zu können.


      Das erste war - mein hausarzt wollte mir damals Psychopharma geben. Ich "NE" Medikamente nehme ich nicht. Die können nur die Symptome bekämpfen aber nie die Ursache.


      1. Das wage ich zu bezweifeln... und 2. auch eine Symptombekämpfung kann schon weiter helfen, damit es mir besser geht und ich ein Stück handlungsfähig werde.


      Und eben gerade bei psychischen Krankheiten kann man das nicht aus Büchern lernen ( meine Meinung) und man kann sicher bessere Tipps geben (helfen / heilen) wenn man selbst da durchgegangen ist. Also kann sowas sicher kein Handycap sein


      Ein Handycap per se würde ich darin auch nicht sehen, aber es kommt drauf an, wie man selber damit umgeht. Und wie gesagt, die eigene Stabilität ist dabei äußerst wichtig, dass man z.B. durch Schilderungen traumatischer Inhalte nicht aus der Bahn geworfen wird, wenn sie eigenen Erlebnissen ähneln.

      Liebe Grüße
      Kasmodiah
      ~ Memories that touch our hearts will never fade away ~

      snowdog schrieb:

      Denn da muß man selbst mal durchgegangen sein um das wirklich zu verstehen was da so in einem selbst abgeht. Und wie man sich da in diesen Augenblicken fühlt ( bzw Panikattacken - eigene Erfahrung).


      Was ich dazu gerne hinzufügen möchte ist die Gefahr, dass jemand, der sich nicht ausreichend mit der Theorie und den statistischen Hintergründen zu der Erkrankung auseinandersetzt, dazu neigen könnte, seine Erfahrungen zu schnell in die des Patienten hineinzulesen. Aber auch jede Panikattacke ist individuell unterschiedlich, es geht ja darum, wie der Patient es vor dem Hintergrund seiner Erlebnisse erlebt. Eine Psychotherapie sollte im Idealfall meist ja mehr sein als "Hey, probier das mal aus (Das hat mir auch geholfen)". Darin liegt auch ein Unterschied zwischen Psychotherapie und Selbsthilfegruppe.

      Ich ziehe es aktuell auch in Erwägung, Psychiaterin zu werden (wenn auch eher in der Forschung als als Therapeutin). Was ich glaube durch meine persönlichen Erfahrungen mit psychischen Erkrankungen, aber auch durch die vielen Gespräche mit Mitpatienten und anderen Betroffenen, die ich im Laufe meiner "Therapiekarriere" geführt habe, gelernt zu haben, ist zum einen, das Verlieren von "Berührungsängsten" mit persönlichen Geschichten und psychiatrischen Symptomen anderer und zum anderen das aufmerksam Zuzuhören und statt schnell zu urteilen, zu versuchen die Motivation eines Menschen zu verstehen. Auch im Kontakt mit somatischen Patienten merke ich, dass ich im Vergleich zu Kollegen eher bereit bin, Verständnis für das individuelle Befinden der Patienten aufzubringen, auch wenn es vom erwarteten Verhalten abweicht. (Zum Beispiel ein Patient in der Notaufnahme, der sich trotz dringender Notwendigkeit nicht operieren lassen will, und bei dem manche schnell ungeduldig werden, weil es eben aus chirurgischer Sicht keine Alternative zur OP gibt, der aber vielleicht Angst vor dem Kontrollverlust während der Narkose hat oder Probleme mit anderen Leuten in einem Zimmer zu schlafen.)
      Das heißt aber noch lange nicht, dass ich weiß wie es sich für den Patienten wirklich anfühlt oder was ihm individuell sicher helfen wird.
      It is possible to commit no error and still lose. That is not a weakness... that is life. (Jean-Luc Picard)