15 Jahre später

      15 Jahre später

      Liebes Forum,

      Nach vielen Jahren hat mich eine Tour durch meine Vergangenheit mich wieder an das Forum hier erinnern lassen. Und ich weiß auch nicht, wie aktiv man hier noch ist oder wie auch immer, finde ich es nur irgendwie wichtig, hier nach 15 Jahren nochmal meinen Senf abzugeben und damit in meinem Kopf mit diesem Kapitel abzuschließen. Unerledigte Sachen sind unbefriedigend.

      Und wie es so oft bei vermeintlichen Problemen ist, die man sich selbst gern einredet aus den unterschiedlichsten Gründen, wirken meine Texte von damals doch sehr unverständlich und befremdlich.
      Wobei ich damals erst 15 Jahre alt war. Ich schätze bei mir hat sich die Pubertät nicht durch rebellisches Verhalten den Eltern über gezeigt, sondern durch das lange Streben danach, nach außen jemand anderes zu sein, als ich eigentlich bin, wenn ich allein bin.
      Denn das bin ich gern. Immernoch. Man kann mich meinetwegen einen Monat zuhause einschließen, sofern man mir genug Essen und Trinken vorbeibringt. Ich muss auch heutzutage nicht ständig Leute sehen oder Kontakte pflegen.
      Mein Hauptproblem war damals ganz einfach, dass ich kein Ego hatte. Also null. Jedes dumme Grinsen, jeder Kommentar so einiger Mitschüler von damals hat mich so arg verunsichert, dass ich lieber allein oder mit einer Freundin war. Einen echten und stabilen Freundeskreis hatte ich nie. Ich hatte und habe eher Bekanntschaften, bis auf 2-3 Ausnahmen.
      Daher auch diese dumme Unsicherheit mit den Schulnoten. Da wurde nicht gesagt "Hey eine 2, gut gemacht", sondern es kam ein "Warum keine 1?". Hilft auch nicht grad.
      Mein wirkliches "Aufwachen" sollte erst 2012 kommen, 8 Jahre nach meinem letzten, doch sehr jugendlichen Post. Aber vorher...
      Ich habe meinen Abschluss am Gymnasium gemacht mit 2,7 und habe angefangen zu studieren, nachdem die "Wunschbewerbungen" meiner Eltern á la Offizier bei der Bundeswehr, Fluglotse etc nicht übers Auswahlverfahren hinweg kamen. Es folgte ein Informatikstudium. 1 Semester war ich motiviert, das zweite fast dauerhaft zuhause. Ich hasste es einfach. Aber die Erwartungshaltung der Eltern war noch da.
      Dann fand man heraus, dass ich nur zuhause war und war... sagen wir enttäuscht. Aber gut, meine Eltern, jeweils mit neuem Partner, sind ebenso gereift. Problem erkannt, Ausbildungen gesucht, gefunden, beworben, angenommen.
      Wieder 3 Jahre Schule im Klassenbetrieb und die ersten beiden Wochen dort waren so, wie das Abi aufhörte. Einzelgänger. Schon wieder. Die Ausbildung bestand aus 3 Wochen im Betrieb und 1 Woche in der Schule.
      Und dann, es muss in der zweiten Schulwoche gewesen sein, da kam mir der Gedanke, der mir noch so bewusst im Kopf ist, als wäre der Moment gerade passiert. In meinem Leben betrachte ich das als Wendepunkt. Ich dachte "Verdammte Sche*ße, du warst 13 Jahre in der Schule der Dreck, 2 Semester im Studium der Typ, der alleine da sitzt und keinen Anschluss findest und jetzt soll das so weitergehen? 3 Jahre? Mit 20? Auf gar keinen Fall"
      Und dann, an diesem Tag in 2012, bin ich einfach so, warum auch immer, rausgegangen zu den Rauchern (ich bin, war und bleibe immer Nichtraucher) und hab mich dazugestellt und habe die zum Glück noch in dieser "Kennenlernphase" erwischt, bevor sich diese klassischen Grüppchen bilden.
      Ab diesem Tag, also wirklich praktisch direkt ab diesem und jedem weiteren Tag kam mein Ego, das Selbstbewusstsein nach oben. Jenes, was ich hatte, wenn ich allein bin. Kein Verstellen, kein Ducken und Ähnlichen Rotz mehr. Ich habe mich so gefreut auf jede einzelne Schulwoche, habe gute Bekanntschaften gefunden, habe meine erste kleine 1-Raum-Wohnung bezogen, mein erstes Auto (von vielen, die bis heute folgten) gekauft und hatte einfach Spaß. Zumindest an der Schule. Die Ausbildung an sich bestand zu 90% aus Zeit absitzen und so tun, als würde man arbeiten. Die Kunst, beschäftigt auszusehen, während man die Minuten zum Feierabend zählt.
      Und so kam es, dass ich dann, 2015 meine Ausbildung mit 1,1 abschloss und direkt nahtlos in eine gute und ruhige Arbeit gegangen bin, in der ich heute noch sitze.

      Ein Ereignis, was ich allerdings über die Jahre mit mir rumschleppe und mich wohl nie loslassen wird, ist eine Beziehung, die ich von 2009 bis Silvester 2011/2012 führen durfte. Das war, das kann ich jetzt, 10 Jahre später bewusst sagen, die Liebe meines Lebens. Aber ich war ihr nicht würdig genug damals. Man ist jung, man ist dumm, man weiß nicht, was man hat. Ich habe diese Frau verlassen auf der Suche nach etwas besserem, was es so nicht gibt. Ich will nicht sagen, ich trauere ihr hinterher, das habe ich viele Jahre getan. Aber dieser Moment. Diese Unterhaltung damals. Diese Antwort von mir, dass ich sie verlasse. DAS ist der einzige Moment meines Lebens bisher, den ich aktiv wirklich bereue. Alle paar Wochen träume ich immernoch von ihr. Und egal, wie sehr ich meine Freundin/Verlobte jetzt auch liebe, das wäre es damals gewesen, die eine Person. Es ist jetzt 10 Jahre her und ich hasse mein damaliges Ich dafür, diese Entscheidung so bewusst und absichtlich getroffen zu haben. Aber gut, 10 Jahre her, der Rest lief ja gut.

      Stand heute wohne ich seit einem 3/4 Jahr mit meiner Verlobten zusammen.
      Und auch, wenn ich feststelle, dass ich gern mit ihr bin, denke ich mir ab und zu: "Allein ist auch schön" :)

      Ich weiß nicht, wer wirklich die Muße hat, diesen Text bewusst zu lesen. Aber das ist mir auch egal. Ich finde es schön, hier nochmal zu schreiben, so viele Jahre später.
      Wer weiß, wann ich mal wieder hier lese oder ergänze.

      Und da ich auch weiß, in welcher Art Forum ich hier schreibe, fühle ich mich dazu ermutigt, noch was als Fazit zu schreiben für eventuelle Leser.
      Mir geht so viel auf den Sack. Wirklich. Menschen an sich finde ich mitunter wirklich abstoßend, dieses Heucheln von Interesse. Und ich will gar nicht erst anfangen von Politik, Gesellschaft, Geld und was nicht alles.
      Ich für mich habe immer meinen Frieden damit gefunden, die Wohnungstür nach dem Betreten der Wohnung zu schließen und die Welt auszusperren. In meiner Wohnung gibt es immer gute Laune. Denn ich kann sie mir machen. Man sagt immer, man kann sich Krankheiten einreden. Joa das geht. Man kann sich aber ebenso auch gute Laune einreden oder sich machen. Zumindest kann ich das. Das gleiche Lied 20x hintereinander, Bilder anschauen, alte PC Spiele spielen oder einfach ganz schlicht dumme Selbstgespräche führen. Und ich setze mich immer an erster Stelle. Denn wenn ich zufrieden bin, kann ich das Ausstrahlen und anderen mitgeben. Die Kassiererin bei Edeka freut sich auch mal über ein "Hallo guten Tag" und ein "Danke" und ein Lächeln.
      Ich begreife es auch nicht, wie Leute leben, die ungern allein sind. Ich mag mir das nicht vorstellen.
      Und jetzt verrenne ich mich wieder und ich habe doch schon Feierabend ...
      Naja nun. Genug von mir. Fürs erste.

      Bis in 15 Jahren :thumbsup: (oder evtl. früher, wenn ich hier ergänze demnächst, weil irgendwie machts Spaß)

      Hallo Blood Breakout,

      es freut mich wirklich sehr zu hören, dass es dir jetzt um einiges besser geht als früher. Deinem Beitrag merkt man die positive Entwicklung an. Ich finde es sehr schön, dass du deinen eigenen Weg gefunden hast. :)
      Bei den meisten ehemaligen Usern kann man mangels Informationen nur hoffen, dass es ihnen gut geht. ich schätze, so ist halt der Lauf der Dinge. Umso mehr freut es mich, von dir zu lesen! =)

      Wünsche dir weiterhin alles Gute & evtl bis bald :)

      Alles Liebe,
      Kasmo
      ~ Memories that touch our hearts will never fade away ~
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