Konstruktiver Welt-Hass

      Konstruktiver Welt-Hass

      Hallo ihr Leut'. ;)

      Erstmal einige Punkte vorweg:

      1.: Was das Triggern angeht, hab ich keine Sternchen gesetzt, einfach aus dem Grunde, dass ich nicht genau weiß was triggernd ist und was nicht. Wenn also jemand genau weiß, dass er leicht zu triggern ist, dann lieber nicht lesen (obwohl meiner Meinung nach nicht viel triggerndes hier stehen wird)

      2.: Ich habe nur eine ungefähre Vorstellung davon, was ich hier schreiben will und weiß noch nicht genau, wo ich am Schluß enden werde. Wenn´s also zu konfus erscheint: Sorry! ;)

      3.: Wird evtl. etwas länger, also bitte Geduld mitbringen.

      So, soviel dazu.

      Wißt ihr, ich habe bis vor ca. einem halben Jahr ein recht inniges Verhältnis zu den Dingern gehabt, mit denen man normalerweise eher seine Bartstoppeln aus dem Gesicht entfernen sollte (Nein, ich meine jetzt NICHT Frottee-Handtücher! ;) ), war eigentlich dauernd in irgendeiner Tiefphase, bin von einer Beziehung in die nächste gestolpert (manchmal weiß ich nicht mehr genau, was ich häufiger gewechselt habe, Freundinnen, Unterwäsche, Wohnung... *g*), bin quasi die ersten 18 Jahre meines Lebens auf´s übelste (psychisch!) mißbraucht worden und hatte zu guter letzt auch noch eine Therapeutin, die mit ihren 52 Jahren 27 Jahre älter ist als ich, die mich total unter Druck gesetzt hat, mir ihre komplette Lebensgeschichte und ihren Seelenmüll aufgeladen hat und dann auch noch in mich verliebt hat.
      Schrieb mir doch glatt einen 12-seitigen Liebesbrief in dem sie sich wunderte, dass ich als erster all ihre Barrieren und Schutzmechanismen ausgehebelt hätte etc. ... dabei sollte sie eigentlich wissen, dass Borderliner unter Umständen hochgradig manipulativ sind, oder?!? Wie kann so jemand bloß als staatlich geprüfte Diplompsychologin auf die Menschheit losgelassen werden?!? *argl*
      Und als wäre das nicht genug schreibt sie mir dann noch einen Brief (nachdem ich ihr gesagt habe "Nein danke, eigentlich bist Du dann ja doch nicht so wirklich mein Typ..."), der mich fast auf´s krasseste wieder hätte rückfällig (oder schlimmeres) werden lassen. Naja, ist ja zum Glück nichts passiert, außer das ich jetzt seeeeeehr skeptisch bin, was Seelenklempner angeht (aber laßt euch jetzt bitte nicht eine bestehende oder zukünftige Thera kaputtreden, denn ich hoffe einfach mal, dass diese Frau ein Einzelfall ist und bin ernsthaft am überlegen, ob ich nicht gegen sie vorgehen sollte, zumal sie auch noch ihre Schweigepflicht verletzte, als sie mir so einige Dinge über meine ehemalige Deutschlehrerin offenbarte, die zufällig eine ihrer Klienten war...)

      Hmm... im Grunde bin ich zur Zeit eigentlich recht "stabil", aber das mag auch daran liegen, dass ich gar keine andere Wahl habe, da mir sonst nur ein Ausweg zur Verfügung stünde, und den mag ich mir eigentlich eher für noch schlimmere Situationen aufheben...

      Jetzt zum konstruktiven Teil meines Beitrages hier, denn eigentlich wollte ich ja ein wenig darüber berichten, was mir hilft Stückchen für Stückchen aus meinem Tief heraus zu kommen:
      Zum einen: Ja, die Welt ist schlecht. Die Menschheit ist sowieso nicht gut (und scheinbar noch nicht einmal sonderlich vernunftbegabt). Einen wirklichen SINN macht das Leben auch nicht wenn man mal genauer drüber nachdenkt (wenn man nicht gerade einen sehr starken Glauben an irgend etwas hat, der einem Hoffnung schenkt). Aaaaaber...:

      Das ist doch im Grunde genommen geal, oder? Wißt ihr, wenn ich mich in der Weltgeschichte umschaue, dann bekomme ich für fast alles was ich tue oder lasse ein schlechtes Gewissen: Ich bade in Trinkwasser, während anderswo die Menschen verdursten. Ich bade in Selbstmitleid, während anderswo Menschen wegen ihres Glaubens gefoltert werden. Ich trage mit Freuden meinen Lieblings-Pulli von Goethes Erben, der von Fruit of the Loom hergestellt wurde in irgendeinem asiatischen Sweatshop, wo junge Mädchen für Pfennigsbeträge und völlig rechtlos in menschenunwürdigen Verhältnissen dahinvergetieren. Etc. pp! Man findet überall - wo man nur hinschaut - Mißverhältnisse und Beweise dafür, wie schlecht die Welt ist. Aber warum tut niemand etwas dagegen??? Sicher, es gibt soviel schlechtes in der Welt, dass man wie eine Ameise vor einem riesigen Berg steht und schon resigniert, weil man gar nicht weiß, wo man anfangen soll, dabei ist die Antwort so naheliegend: völlig egal wo!
      Ich habe damit angefangen mich im Internet mal schlau zu machen, was z.B. so hinter den riesigen Konzernen steckt, die mir meinen Schokoriegel verkaufen. Und jetzt kauf ich mir halt andere Schokoriegel. Ich habe mich über Kinderarbeit- und -mißbrauch informiert und bin darüber fast wieder in ein Loch gestolpert. Aber ich rede darüber und sehe, dass die Menschen gar nicht so gewissenlos sind, ihnen fehlt einfach oft nur Information! Und wenn ich auch nur einen Menschen in meinem Leben dazu bringen kann, über sein Kaufverhalten, über seinen Umgang mit den Menschen, über achtloses Müll-Wegwerfen, über Einschreiten-statt-Wegschauen etc. nachzudenken, dann hat sich das doch schon ein wenig gelohnt, oder?
      Wir fühlen uns immer so hilflos und unverstanden, weil sich die anderen auch immer so hilflos und unverstanden fühlen, aber wir sind es nicht, wenn wir REDEN! Reden und über Dinge etwas mehr nachdenken.
      Ich habe festgestellt, dass ich häufig so sehr mit mir selbst und meinen Inneren Problemen beschäftigt bin, dass ich mir eigentlich nur noch einbilde etwas von der Welt mitzukriegen, dabei habe ich schon völlig auf Blindbetrieb umgestellt.
      Natürlich kann man die Welt nicht aus den Angeln heben, von heute auf morgen verändern, oder die Vergangenheit so formen, wie man sie gerne hätte... Aber wir können KLEINIGKEITEN ändern, die in der Summe mit den Kleinigkeiten anderer Menschen doch einen ziemlich ansehnlichen Haufen ergeben können und unter Umständen eine recht große Eigendynamik und Macht entwickeln.

      Wißt ihr, oft beklagen wir uns darüber wie schlecht die Welt ist, aber wir tun nichts dagegen, weil wir zum Resignieren ezogen wurden. Das ist schlimm. Daran kann man auch nichts ändern, aber indem wir vielleicht jemand anderem helfen können nicht zu resignieren (auch wenn´s nur ein einziger Mensch in unserem Leben ist), dann helfen wir uns auch selbst. Mir jedenfalls hilft es ungemein mal in dieser Art anders über mich und mein Verhalten nachzudenken, auszubrechen aus der ewigen Schleife der Selbstvorwürfe und Sinnlosigkeiten, indem man versucht zu sagen "Ja, mein Leben war/ist schlimm" etc. aber auch "Was und wie kann ich an Kleinigkeiten daran ändern". Oder zu sehen, dass es anderen Menschen oft genauso oder noch schlimmer ergeht und nicht wegzuschauen, nein MUT zu machen. Vielleicht auch einfach nur aus Trotz, warum nicht? Dem Leben zu sagen "Jetzt erst recht! Du kriegst mich schon früh genug klein, aber jetzt wird trotzdem gekämpft, weil Du mir nämlcih so wie Du bist nicht gefällst!"

      Ach ich weiß nicht, ich befürchte ich kann das gar nicht so rüberbringen wie ich möchte. :( Ich würde euch gerne teilhaben lassen an diesem riesigen (aber kleinen ;) ) "Klick!", das in meinem Kopf entstanden ist. Ich schätze mal was ich eigentlich sagen wollte ist: Denkt aus euch heraus! Seht die kleinen Möglichkeiten. Seid füreinander da. Oder wenn ihr feststellt, dass ihr immer und immer wieder gegen eine Mauer rennt, die einfach nicht umfallen will, dann versucht doch mal einen anderen Weg. Vielleicht findet sich ja dann sogar eine Tür darin?

      Oh Mann! Das hört sich jetzt an wie eine Sonntagspredigt, dabei bin ich gar kein Gläubiger und glaube auch nicht an das Gute im Menschen. Aber ich bin nun mal trotz(!) allem irgendwo ein Trotzkopf.

      Ein letztes Beispiel: Neulich hab ich bei einem Freund im Fernsehen gehört, dass man einen Meteoriten auf Kollisionskurs den man rechtzeitig entdeckt nur um 2 (!) Zentimeter von seiner Bahn abbringen muss, um eine Katastrophe zu verhindern... ZWEI Zentimeter! Kleinigkeiten halt. Vielleicht ist das ein gutes Beispiel?

      Nein, mein Leben ist durch diese neue Denkart nicht einfacher geworden, ich muss dafür sogar noch mehr kämpfen und Rückschläge tun genauso weh, aber Junge, diese KLEINEN Erfolge tun einfach verdammt gut. Auch wenn der Erfolg nur ein klitzekleines Lächeln in dem traurigen Gesicht meines Gegenübers sind.

      So, hoffentlich hab ich euch nicht zu sehr gelangweilt oder frustriert, und hoffentlich denkt ihr jetzt nicht "So´n doofes Gefasel!", denn ich glaube es hilft und allen, wenn wir alle mal ein bisserl "aus uns heraus denken".

      Das war jetzt sozusagen mein Wort zum Sonntag. In diesem Sinne: Schönes Wochenende euch allen!

      Euer [m]

      RE: Konstruktiver Welt-Hass

      *danke*

      ich finde das schön, was du geschrieben hast.
      der glaube an den schmetterlingseffekt, und dass selbst ein kleiner hauch von liebe die welt gross verändern kann, ohne dass man davon erfährt vielleicht, ist ein kostbares gut, das einem oft kraft gibt über den eigenen horizont hinauszublicken.

      hast du mal meine "friedenserklärung" im gedichtthread (anniq) gelesen? das ist so ähnlich.. ;)

      gr. anniq
      "Dass das weiche Wasser in Bewegung mit der Zeit
      den mächtigen Stein besiegt - du verstehst, das Harte unterliegt."

      Bertolt Brecht; aus: "Die Legende von der Entstehung des Buches Tao-te-king"

      "..schnapp' dir einen dieser liebenswerten narkosemenschen.."

      RE: Konstruktiver Welt-Hass

      Ja, hab ich gelesen und die Richtung ist die gleiche. Ich hab nur versucht etwas mehr zu betonen, dass man nicht auf die "großen" Siege hoffen darf, sondern die kleinen Dinge fokussieren sollte, der Rest folgt. ;)

      Liebe Grüße.

      [m]

      RE: Konstruktiver Welt-Hass

      ja. ich denke eben, man sollte eigentlich gar nicht auf erfolge oder siege "zielen" oder "hoffen", sondern nur daran GLAUBEN. und in diesem glauben auf zehenspitzen seinen weg gehen, im kleinen und kleinsten frieden und liebe streuen.. (jaja, manchmal werde ich ein bisschen utopisch, ich weiss ;) )

      .. aber ich glaube, wir verstehen uns. und ich finde, du hast das wirklich schön formuliert! *kompliment*

      gr: anniq
      "Dass das weiche Wasser in Bewegung mit der Zeit
      den mächtigen Stein besiegt - du verstehst, das Harte unterliegt."

      Bertolt Brecht; aus: "Die Legende von der Entstehung des Buches Tao-te-king"

      "..schnapp' dir einen dieser liebenswerten narkosemenschen.."

      RE: Konstruktiver Welt-Hass

      Fein, freut mich, dass ich nicht ganz am ganzen Forum vorbeigeschossen hab. ;)
      Hab´s aber in erster Linie aus dem einfachen Grunde geschrieben, dass ich mich in meiner momentanen Fast-Euphorie nicht wieder austricksen mag. So kann ich das ganze morgen nochmal lesen und mir dann denken "Dann leb auch so, Du Trottel!" ;)

      Schönen Abend. :)

      [m]