Beste Freunde helfen sich doch, oder?

      Beste Freunde helfen sich doch, oder?

      Guten Morgen!
      Bin absolut neu hier und ist auch mein erster Post, kam aus gegebenem Anlass zu der Seite.. Ich hoffe, hier finde ich den ein oder anderen Ratschlag, wie ich meinem besten Freund helfen kann, beistehen kann oder ihm einen kleinen Schubser in die richtige Richtung geben kann. Aber der Reihe nach:

      Er ist nun 19, ich 17. Wir waren jahrelang die wirklich besten Freunde, haben den jeweils anderen gebraucht, geschätzt und zum Spaß haben dabei gehabt. Immer.
      Durch seine Ausbildung in einer nahegelegenen größeren Stadt ging der Kontakt ein wenig ein, nicht dramatisch aber doch spürbar. Hatten vielleicht noch alle 14 Tage Kontakt.

      Nun hat seine Freundin, mit der er fast 2 Jahre zusammen verbracht hat, aus fadenscheinigen und undurchsichtigen Gründen die Beziehung mit ihm beendet. Es waren keine Gründe, es war bloßes Rausreden. Ich vermute mal frei, dass sie einen Anderen hatte. Er auch, und ich denke das spielt viel zu seinem jetzigen Zustand mit.

      Seine Ausbildung ist die zum Krankenpfleger, allerdings zu etwas mehr als der Hälfte der Zeit in einer psychiatrischen- bzw. Sucht-Klinik. Für diesen Job, für dieses Umfeld braucht man irgendwo ein dickes Fell. Hatte er auch über die ersten anderthalb Jahre, bis zu der Trennung. Ich denke das ist der entscheidende Punkt. Sein innerer Schild, der diesen teilweise bizarren Dingen in der Klinik bisher gut entgegentrat, hat dadurch einen heftigen Schlag genommen. Und es war ein großer Fehler von ihm, anzunehmen er könnte mit der Doppelbelastung leben.

      Nun hat er kurze Zeit später eine neue Freundin gefunden. Sie ist definitiv großartig, aber er ist längst nicht über seine vergangene Beziehung hinweg.

      Begonnen hat es nun seit ein paar Monaten dass er sich regelmäßig am Arm herumschneidet. Anfangs kleine Schnitten, nun wurden sie immer größer.
      Es passiert eigentlich immer dann, wenn er an seine alte Freundin denkt. Er kannte diese intensive Art der Beziehung nicht, so eine enge Bindung ging er nie ein. Es ist Neuland, aber er schafft es nicht alleine. Das zeigt sein (SV)Verhalten..

      Nun nahm das eine noch drastischere Entwicklung:

      Er trank am Abend mit seiner neuen Freundin und ein paar Anderen ein Wenig, und lief mit dieser dann nach Hause. Auf dem Heimweg sprachen sie über die vergangene Beziehung, weil es die neue Freundin natürlich interessiert, was in ihm vorgeht, da sie natürlich kein gesteigertes Interesse daran hat, mit jemandem zusammenzusein dem das Vergangene noch viel Wichtiger ist und dies eben genau wissen will..

      Zuhause dann war sie kurz in einem anderen Raum, als er schwankend, wirre Dinge stammelnd in den Zimmer kam. Rollte dauernd die Augen in alle möglichen Richtungen und hatte am Arm eine Wunde, die nun nicht mehr alleine zu behandeln war. Sie fuhren in die UniKlinik, dort wurde der Schnitt mit mehreren Stichen genäht.

      Am nächsten Tag, das war der vergangene Donnerstag, wurde er dann selbst in die geschlossene psychiatrische Anstalt verwiesen, wo er sich zum Zeitpunkt immernoch befindet.

      Morgen, Sonntag, fahre ich hin.
      Ich habe keine Angst davor ihm zu begegnen beziehungsweise ihn dort zu sehen, aber trotz dessen dass ich in meinem Umfeld eigentlich selbst als Psychiater gelte (;)) habe ich absolut keine Ahnung, wie und ob ich ihm helfen kann. Er meinte, ich sei die wichtigste Person für Ihn. Dies überstellt mir ja irgendwo eine gewisse Aufgabe, und ich halte mich auch nicht für unfähig, diese im Rahmen meiner Möglichkeiten zu meistern. Ich habe nur keine Ansätze, wie.
      Alles den Psychiatern überlassen kann aber auch kaum der richtige Weg sein, zumindest halte ich es nicht für diesen.

      Also, was kann ich tun um ihm zu helfen? Was haltet Ihr, RoteTränen-Gemeinde, für den richtigen Weg den Dingen zu begegnen? Sie aufzulösen?

      Im voraus Dankeschön, und Ich entschuldige mich schonmal für den doch etwas ausführlich geratenen Text - habe versucht, alle relevanten Dinge zu dieser Entwicklung aufzuschreiben..

      Sid

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „SidMcNasty“ ()

      Hallo!

      Du machst dir sehr viele Gedanken um deinen besten Freund, das ist echt schön. Sowas ist nicht gerade selbstverständlich!

      Was du für ihn tun kannst, ist eigentlich "nur" für ihn dazusein, ihm zuhören und zu ihm zu stehen. Die Arbeit eines Therapeuten kannst du nicht übernehmen, das wäre viel zu viel. Wenn er dich als wichtigste Person bezeichnet, vertraut er dir und damit ist schon sehr viel gewonnen. Aber mehr als Reden und Zuhören kannst du meiner Meinung nach nicht tun. Das hilft - zumindest mir - aber manchmal am meisten :)

      LG
      hallo...

      find das auch ganz toll, dass du für ihn da bist/zu sein versuchst. sehr wichtig & wertvoll, dass du ihn nicht allein lässt in der situation. vllt auch nicht als "krank" oder grossartig anders behandeltst als sonst.
      die aufgabe eines therapeuten, denk ich, lässt sich nicht ohne weiteres übernehmen. fehlt auch die fachliche kompetenz - nicht übel nehmen, ist nicht gegen dich persönllich gerichtet.


      lg secondary
      Original von secondary
      die aufgabe eines therapeuten, denk ich, lässt sich nicht ohne weiteres übernehmen. fehlt auch die fachliche kompetenz - nicht übel nehmen, ist nicht gegen dich persönllich gerichtet.


      Quatsch, wieso sollte ich das auch so verstehen. Mein Gedanke war auch nicht, da irgendwen zu ersetzen..

      Meine Überlegung ging ja nur in die Richtung, dass ich eben so gut als möglich meinen Teil, der mir möglich ist, dazu beisteuern will. Mal schauen wie's wird, in gut 7 Stunden ist's soweit..

      Sid
      hej sid,

      vielleicht wäre es ja möglich, dass du dich mit seinem therapeuten zusammensetzt und den fragst, was du tun kannst und vor allem: was du _nicht tun kannst - freundschaft hin oder her, in einer solchen situation übernehmen sich die meisten menschen eben doch sehr schnell. ganz wichtig aber ist natürlich, dass du direkt _ihn fragst, was du für ihn tun kannst - er weiß es vielleicht noch nicht so genau, aber allein deine präsenz und hilfsbereitschaft wird ihm sicherlich bei der genesung zugute kommen.

      liebe grüße,
      kontra.

      Torah! Torah! Torah!

      Schlachtruf der Kamikaze-Rabbis


      don't tell me what i can't do.
      because to live boldly is the proof that you're living life to its full extent.
      Hey.

      Jau, dass ich mich damit übernehmen könnte ist ein berechtigter Einwand, ich kann mich darin nun eben auch nicht definitiv einschätzen.
      Würde diese Selbstüberschätzung nur mir Schaden wäre es mir egal, aber das wäre für ihn eben auch nicht hilfreich..

      Habe ihn nun während seinem 2-Stündigen Ausgang erlebt, erlebt wie toll seine neue Freundin ist, die bisher wirklich täglich von Mittags bis Abends bei Ihm war, aber eben auch gesehen, dass er das noch viel zu locker nimmt.

      Er redet schon wieder davon, in den gebräuchlichen Alltag rein zu wollen und mal wieder ins Stadion zu gehen. Bin nun eben stark zwiegespalten..

      Einerseits verstehe ich ihn, dass er da auf keinen Fall drinbleiben will. Wird mit Beruhigungsmitteln stillgelegt und kommt dann Mitte der Woche in die halb-offen halb-geschlossene Borderline-Station, wo er endlich zielgerichtete Therapie erfahren wird. Verständlich eben, dass er trotzdem die schönen Dinge erleben will.

      Andererseits kann ich nicht nachvollziehen, dass er das so auf die Lockere nimmt. Er hat die Krankheit, die er definitiv hat, nicht akzeptiert, und ebensowenig akzeptiert dass er sich damit nunmal aktiv auseinandersetzen muss. Er kann seine ganzen Gefühle zwar unterdrücken, aber wie lange würde das denn gut gehen? Die stabilste Persönlichkeit ist's nunmal nicht. Nie gewesen.
      Frage wäre auch, wie würde er auf die großen Menschenmassen reagieren, und wie ihn in der Menge kontrollieren wenn er austicken sollte, usw usw.. Viele Einwände, und trotzdem würde ich es ihm gönnen.

      Letzte Entscheidung haben momentan ja sowieso noch die Therapeuten, aber sobald er in der Halb-Offenen liegt ja auch nicht mehr... :/

      Werde sehen dass ich baldigst Geld für ein paar Zugfahrten zur Klinik auftreibe,
      bis dahin,
      Sid.
      Sou.

      Ist ja nun schon wieder etwas an Zeit vergangen..

      Zeit, die wunderbare Fortschritte gebracht hat, aber eben auch
      Zeit, die mal wieder einiges an Fragen aufwirft.

      90% meiner Onlinezeit verbring ich momentan sowieso hier, aber alles nachlesen bringt manchmal eben trotzdem nicht die Antworten, die man für sich sucht. Die ganze Thematik hat mir am Anfang so zu schaffen gemacht, jetzt hab ich das gute Gefühl, annähernd zu wissen worum es geht - wovon ich spreche.


      Ein paar Fragen wollte ich jedoch an wiedermal an euch richten. An alle.

      Z.b. war es vor Kurzem so, dass er bei meinem Besuch total gut drauf war, im Prinzip war er vor seiner Einlieferung auch nicht sonderlich normaler. Aber plötzlich der Umschwung in den Minusbereich. Meinte danach knapp erklärend und mit wenig Interesse daran es mir näher zu erläutern, dass er das Gefühl hatte es wäre ihm ZU gut gegangen. Hö? Zu viel auf einmal? Gönnt er sichs nicht? Oder ein Grund, den ich mir nicht erdenken kann?


      Und, während einer Zwangphase. Habe das ja nun schon einige Male erlebt, daraus aber nicht schlüssig geworden. Normalerweise lenkt er sich während dem 2 stündigen Ausgang dann immer so davon ab, dass er die Hand seiner Freundin oder mir so fest drückt, dass diese blau werden. Versucht sich aber im selben Moment mit einer Zigarette zu verbrennen.
      Inwieweit hat man in diesen Situationen die Kontrolle über sich?
      Inwiefern ist man in diesen Phasen noch fähig, allzu klare Gedanken zu fassen?

      Sorry, falls es allzu doofe Fragen sein sollten, aber ich stelle sie einfach mal blauäugig..

      Sid

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „SidMcNasty“ ()

      ich möchte mal versuchen deine Fragen zu beantworten

      von vornherein will ich dir sagen, dass es von mensch zu mensch sehr unterschiedlich sein kann also kann ich dir nur aus MEINER Erfahrung berichten...

      Z.b. war es vor Kurzem so, dass er bei meinem Besuch total gut drauf war, im Prinzip war er vor seiner Einlieferung auch nicht sonderlich normaler. Aber plötzlich der Umschwung in den Minusbereich. Meinte danach knapp erklärend und mit wenig Interesse daran es mir näher zu erläutern, dass er das Gefühl hatte es wäre ihm ZU gut gegangen. Hö? Zu viel auf einmal? Gönnt er sichs nicht? Oder ein Grund, den ich mir nicht erdenken kann?


      da Gefühl kenne ich. Bei mir zumindestens gab es öfters ben genau die Situation, dass es mir meiner mienung nach ZU GUT ging.
      Ich hatte es nicht verdient, dass es mir so gut geht. Zum einen hat das eine Selbstverletzende Wirkung und zum anderen hatte es bei mir immer etwas mit meinem schlachten Gewissen zu tun
      ich war es nicht wert, dass es mir gut geht


      Inwieweit hat man in diesen Situationen die Kontrolle über sich?Inwiefern ist man in diesen Phasen noch fähig, allzu klare Gedanken zu fassen?


      das ist ebenfalls von mensch zu mensch unterschiedlich aber auch dazu versuche ich dir etwas zu sagen. Solche Situationen kommen mir eben auch bekannt vor. Er versucht ja sich dagegen zu wehren und zu kämpfen indem er sich eben "ablenkt" aber der Drang scheint nunmal so groß zu sein, dass es fast automatisch passiert bzw unbewusst
      bei mir war es so, dass es eben auch so war, dass ich mich versucht habe abzulenken und nicht wirklich mitbekommen habe, dass ich mir grad wieder weh getan habe.
      für mich schlimmer war es dann wenn ich mich in so einer situation absichtlich von anderen verletzen ließ...
      ABER es kam eben auch vor dass ich es wirklich BEWUSST getan habe. also kann man nicht pauschal sagen ob man noch klare Gedanken fassen kann ode nicht...

      ich hoffe ich konnte ein bisschen helfen

      wenn du mehr fragen hast oder es zu unklar war sag einfach besheid oder einfach ne pn schreiben

      glg majay

      ps.: ich finds toll dass du dich so um deinen besten freund sorgst soetwas is verdammt wichtig und kann wirklich verammt helfen