Gedanken zum Thema Perfektionismus.

      Gedanken zum Thema Perfektionismus.

      Bonsoir,

      kein hilfesuchender Thread, mehr eine Notiz an mich selber, ein Ausformulieren von Überlegungen, wenn auch eher ungeordnet - mh, wie auch immer.

      Was macht den Wert eines Menschen aus?
      - Sein Wesen, antwortet man. Was er sagt, was er denkt, wie er lächelt, reagiert, wie er weint, was er empfindet, ... und so weiter und so fort. Alles Eigenschaften, die nicht messbar sind. Auf andere Menschen trifft das zu - und beim Blick auf sich selbst?

      Ich brauche etwas Messbares, um mich einschätzen und bewerten zu können. Die Selbstwahrnehmung ist zu krank, zu verzerrt, nicht nur in Hinsicht auf meinen Körper. Zahlen. Fakten. Etwas, das nicht von Gefühlen abhängig ist, denen ich nicht trauen kann, nichts wischi-waschi-Mäßiges-

      Leistung. It's all about that.
      Um mich selbst annehmen zu können, um mit mr zufrieden sein, muss ich Leistung erbringen - egal in welcher Richtung. Das Gewicht runterkriegen. Fehlerfrei programmieren. Gute Noten erzielen. Fotos aufnehmen, die Beachtung finden, etwas Besonderes sind. Die Wohnung sauber halten. Erfolgreiche Projekte aufziehen. ...diese Liste ließe sich noch beliebig fortführen - ich mache miraus einer mehr oder minder alltäglichen Sache immer eine Art Disziplin. Aus dem Unkrautjäten, aus der Uni, aus dem Mitschriften-ordentlich-abschreiben, aus dem Webdesign, aus wasauch immer. Und ich muss gut darin sein, nein, mehr noch, ich muss die Beste sein. Sonst bin ich nichts wert.
      Es ist nicht einmal, dass ich dann _stolz auf mich wäre. Das Dilemma ist, dass ich in die altbekannte Spirale aus Selbsthass und -verachtung falle, sobald ich nicht zu den Besten gehöre-

      Das Ganze wird dadurch nicht eben einfacher, dass ich mich nur schwer zum Lernen für etwas motivieren kann. In der Schule habe ich jahrelang nichts gelernt und war Klassenbeste, habe trotz Psychiatrie und Fehlstunden im dreistelligen Bereich ein Einserabi hingelegt. Ja und? Vermutlich sollte ich mich darüber freuen. Ich kann es nicht. Um es in Schulnoten auszudrücken - ich brauche eine Eins um zu sagen, 'mh, okay' und bei allem, was darunter liegt, stürze ich in Verachtung mir selbst gegenüber, die in wie auch immer gearteter Autoaggression endet.
      Letze Woche habe ich die Note einer meiner Semesterabschlussklausuren erfahren. 2,7. Ein Schlag ins Gesicht - Himmel, damit gehöre ich eigentlich sogar noch zu den Besseren, aber-

      Ich bin Perfektionistin. Und ja, im Grunde genommen bin ich es gerne. Wäre ich es nicht, würde ich wahrscheinlich nicht einmal die Hälfte von dem auf die Reihe bekommen, was ich jetzt tue. Und das ist noch nicht einmal viel, wenn ich mir ansehe, was andere in meinem Alter tun. Eigentlich müsste ich längst ein Buch rausgebracht haben, eine Goldmedaille gewonnen haben oder zumindest ein erfolgreiches Unternehmen gegründet haben. :rolleyes:

      'Du schaffst doch soviel', sagt meine Therapeutin, und ich kann es nicht mehr hören, es kommt mir zu den Ohren raus. Soll ich diese ganzen blöden Krankheiten mein Leben lang als Alibi vorschieben, mich dahinter verstecken? Herrgott nochmal.


      ... Ende Gelände, ich geh ne Runde Sport machen. Abreagieren, runterkommen. [SIZE=6][abnehmen, besser werden.][/SIZE]


      Danke für's Lesen.


      A.