Schau mich nicht an!!

      Schau mich nicht an!!

      Sie tuts schon wieder.

      Sie ist enttschäuscht von mir, das spüre ich. ich sehe es in ihrem Blick.
      Der Blick der ins herz sticht wenn die Hose etwas enger sitzt.
      Die Art wie sie mich anschaut wenn ich in die Küche laufe.
      Ich möchte sie nicht enttäuschen. Sie soll doch stolz sein.
      Aber sie ist nur stolz auf sich selbst. Sie wiegt weniger als ich. und sie
      sagt mir jeden tag wieviel sie wieder abgenommen hat. Das tut so weh.
      Ich hasse mich doch schon genug.. warum tut sie das? Wahrscheinlich
      macht sie das gar nicht bewusst.. vielleicht kann ich ihr ja nichtmal was vorwerfen.
      Wer wäre nicht von mir als Tochter enttäuscht? Ich kann sie ja verstehen.
      Sie war früher so schön dünn. Mag sein das sie Magersüchtig war, aber sie war wunderschön.
      Und was bin ich? Ich weine schon wieder..w eil es so weh tut zu enttäuschen.
      Ich war heute so stolz auf mich. Hab normal gegessen und dann kommen
      diese Blicke. Ich möchte schlank sein. Sie stolz machen.
      Ich will das sie sagt, schaut her das ist meine Tochter...

      Sie möchte wissen warum mich mein thera zum Psychater schickt.
      Aber was soll ich denn sagen? Das ich Bulimie habe und nervlich völlig am Ende?
      Ich kann es niemandem zeigen, aber ich bin fertig. Kraftlos.
      Essen. Kotzen. Hungern. Übelkeit. Das ist zuviel. Und dann beklagt sie sich
      weil ich das Rauchen angefangen habe.
      Ich kann nicht mit ihr über das Essen reden. Das geht nicht. Brief geht auch nicht.
      Sie würde mich kontrollieren und Kontrolle ist das letzte was mir helfen würde.

      Ich fühle mich schon so schrecklich fett.. und ihr Blicke bestätigen einfach alles.
      Sie schmerzen. Sie reißen tiefe Wunden ins Herz.
      Ich weis nicht weiter. Weis einfach nciht mehr weiter..


      Mama.. bitte.. lass mich allein.. aber geh nicht weg..
      Mama.. bitte.. halt mich fest.. aber fass mich nicht an..
      Mama.. es tut mir so schrekclich leid. Du hast kein krankes, kaputtes Kind verdient.
      Ich wollte so viel besser machen...


      Liebe Grüße
      eine verheulte Bloody
      Du aber gehst. Gehst einsam und allein
      und weißt nicht, sollst du lachen oder weinen.
      Und hier und da sind Sonnenstrahlen , die scheinen,
      als ginge sie der Regen gar nichts an.

      [Regen - Selma Meerbaum-Eisinger]
      Hallo meine Liebe,

      das was da geschrieben wurde, das klingt nicht gut. Ja, das weißt du selbst sicher auch, denn es fühlt sich auch nicht gut an, hm?

      Ich glaube die Wünsche und Träume von der kleinen Hannah zu verstehen. Aber da gibt es eben diesen Punkt, der deine Träume ungesund macht.

      Die Hannah, die ich kenne, lebt in einer anderen Dimension, so kann man das sagen. Sie sieht nicht das, was ich sehe. Ihr Blick ziegt eine ganz andere Hannah, die ich sehe. Und vielleicht sieht sie ja auch die Blicke ihrer Mutter nicht so, wie andere sie sehen. Vielleicht ist sie stolz und du kannst das nicht spüren?

      Besteht denn die Möglichkeit, dass dein Therapeut mit deiner Mama spricht? Der kann ihr sicher auch sagen, wie sie dir helfen kann und eben genau wie sie eben nicht reagieren sollte - mit dieser extremen Kontrolle. Deine Mama weiß doch auch ein Bisschen davon, dass das Essen dir Probleme macht, oder? Das hast du einmal gesagt.
      Vielleicht kann sie dein Problem ja verstehen, weiß nur nicht, wie sie dir helfen kann oder überhaupt an dich heran kommt. Und vielleicht sieht sie dein Problem auch nicht, weil die Hannah eine Maske trägt und nicht den Mut hat, die fallen zu lassen. Weil sie glaubt, dass sie nicht die Kraft hat für das, was ihr dann bevor stehen könnte. Aber irgendwo hat ein Mensch immer eine letzte Kraftreserve und du bist auch nicht allein. Du hast deinen Therapeuten, der dich unterstützen kann, einen Schritt auf deine Mama zu zugehen und du hast Freunde, die ebenso hinter dir stehen und dir helfen würden.

      Du kannst stolz darauf sein, dass du heute z.B. normal gegessen hast. Und auch, dass du gestern etwas gegessen hast, als wir in Stuttgart waeen. Das hat mich zum Beispiel stolz gemacht und mich richtig gefreut.

      ..und vielleicht musst du auch gar nicht immer weiter wissen. Manchmal darf man auch das Ziel aus den Augen verlieren - solange man es wieder findet. Und das wirst du, da bin ich mir ganz sicher.

      Darüber ob du fett bist, da könnten wir wohl Stunden drüber disskutieren und am Ende doch zu keinem Ergebnis kommen. Ich weiß ja selbst, wie schwer das ist. Ich kann es nachempfinden. Mach dir deinen Körper bewusst und lerne zu akzeptieren. Er schenkt dir schöne Momente, lässt sie erleben, lässt dich hin und wieder ein kleines Stückchen Glück erleben. Mache ihn deswegen nicht kaputt, nicht dich. Denk an die letzten Zeilen meines Briefes. Denn du bist unheimlich wichtig.

      Vielleicht helfen dir diese Worte ein wenig.
      In Liebe, Nadine.
      Die Glasperlen des Lachens können wieder kl*ng*n
      und wenn ich will, dann kann ich fliegen;
      fliegen über das Meer, das in mir tost..