Krisenstimmung

      Krisenstimmung

      Hallo,

      ich tu mich ja meist etwas schwer mit eigenen Themen, aber gerade ist doch so ein Punkt, an dem ich einfach schreiben muss.
      Im Moment ist viel Stress, was Leben und so angeht, all die normalen Dinge, die ich früher nicht konnte, jetzt aber mache. So weit bin ich schon gekommen, ich arbeite viel für mein Studium, es sieht endlich so aus, als würde ich es nicht nur irgendwie sondern recht gut packen.
      Aber diese Diskrepanz zwischen dem alten Leben (nichts packen und krank sein) und dem jetzigen Leben (fit sein müssen und konstant Leistung bringen) bricht immer wieder ein in den Tag.
      Es fühlt sich an, als müsste man wahnsinnig werden, weil diese beiden Leben nicht zusammenpassen, aber nebeneinander existieren.

      Das Problem, was ich aktuell damit habe:
      Ich stehe morgens auf und sobald ich allein bin, ist der erste Gedanke: Verletzen. Ich komme von der Uni, setze mich aufs Sofa und der erste Gedanke ist: Verletzen. Ich brauche gefühlte Ewigkeiten (bis zu zwei Stunden, je nach Tag) um mich wieder zu bewegen oder überhaupt mal die Jacke auszuziehen. Auch jetzt tendiert mein Körper wieder dazu abzuschalten, ich fühle mich in mir schwerelos. Ich weiß, dass ich mich so fühle, weil ich sonst aufstehen und mich verletzen würde. Es ist das einzige, was mich derzeit wirklich davon abhält.

      Skills sind auch dabei, die werden mehr oder minder bewusst (ja, so gesund, Skills müssen nicht immer bewusst eingesetzt werden) auch benutzt. Aber langsam schwindet der Wille das noch weiter durchzuziehen.

      Es kommen auch Gedanken durch, die ich so gar nicht akzeptieren möchte, aber sie sind da und sie sind echt. Die kennen hier (konnte man ja auch lesen) viele... das nicht gesund sein wollen. Aber ich bin es doch schon. Ich will aber zurück, zurück zu dem Punkt, an dem kaputt-sein der Tag war.
      Und eigentlich will ich weit, weit weg davon.

      Ich weiß, man muss eben einfach weiter machen und Stück für Stück zu der einen Seite gehen, von der anderen weiter weg, sodass sie viel leiser ist. Aber im Moment kann ich das nicht immer sehen. Nicht in solchen Momenten wie jetzt. Jetzt will ich einfach nur nachgeben. (Und eben doch wieder nicht, sonst würde ich es nicht schreiben. Das ist mein letzter Versuch es zu lassen, denn wenn ich es aufschreibe, fällt es mir vllt leichter.)

      Nunja, was soll das? Wie gesagt, ich musste es aufschreiben. Mich selbst wahrnehmen und das Gefühl haben auch wahrgenommen zu werden, von etwas außerhalb meines eigenen Kopfes. Etwas mehr Realität im Tag haben. Es ist real, man kanns nachlesen. Vielleicht weiß ja auch jemand etwas zu sagen. Ein paar Worte. Viel kann es nicht sein, man muss ja eben weitermachen.

      Danke fürs Lesen,
      klirr
      Hallo klirr,
      kann es sein, daß es Dir irgendwie Angst macht gesund zu sein, weil dein Leben lange durch die Krankheit bestimmt wurde ?? Ich lese aus deinen Zeilen, daß Du zwar froh bist, alte verhaltensmuster hinter Dir zu lassen, aber irgendwie fällt es Dir auch schwer, weil dieser "neue" Zustand ( durchpowern )...ja eben "neu" ist..ungewohnt...es fehlt was ( SV ? ).
      Ich kann Dich gut verstehen, denn mir geht es ähnlich. Habe mich lange nicht verletzt, reisse mich zusammen, bekomme Feedback, daß ich das alles "prima" mache....aber in letzter Zeit geht es mir wie Dir : denke immer mehr ans Verletzen. Hört sich vielleicht blöd an, aber es fehlt mir...anstatt mich durch's Verletzen zu flüchten muss ich mich jetzt meinen Gefühlen stellen. Und das ist ungewohnt und das macht auch Angst.

      Ich weiss nicht ob ich jetzt Unsinn geschrieben habe, aber vielleicht liege ich ja auch richtig ?!

      Grüsse...

      Kiana
      hey.
      so richtig was konstruktives kann ich auch nicht sagen, aber so wollte ich es auch nicht stehen lassen:
      Ich kenne das. Mir geht es auch so. Vielen geht es so. Das wissen auch viele, aber trotzdem hilft es dir wahrscheinlich jetzt auch nicht weiter.
      Ja, man muss da "einfach" durch, einfach weiter kämpfen.

      Was könnte dir denn helfen weiter zu machen?
      Ich denke den "bösen" Gedanken platz einzuräumen ist wichtig. Sie nicht einfach wegdrücken, dann kommen sie irgendwann mit Wucht.
      Sie haben ihre Berechtigung.
      Mir hilft es sie aufzuchreiben, einfach um sie "loszusein" und dann erstmal solange wegzupacken, wie die Alltagsbewältigung dran ist.
      Natürlich wäre es jetzt im Moment einfacher, sich zurückfallen zu lassen und zu alten Mustern zu greifen, aber du hast dich ja nicht ohne Grund bewusst gegen diese Muster entschieden. Denn tief in dir drin weißt du wahrscheinlich, dass es eben nicht "einfacher" ist.

      Diese Leben existieren nicht nebeneinander. Es ist beides dein Leben. Und um zu einer Seite übergehen zu können, muss man wahrscheinlich akzeptieren das eine als Vergangenheit und Teil seines Lebens anzusehen, dem man jetzt nciht mehr soviel Macht einräumen möchte.

      Hoffe ich bin jetzt damit nicht völlig an dem vorbei, was du meinst.
      Liebe Grüße und viel Kraft.
      Feuerkind
      Mit dem Zustand "durchpowern" hast du absolut recht. Es fällt mir schwer, es fällt mir sogar ungemein schwer. Ich weiß, dass ich inzwischen so vieles besser kann, das habe ich schon oft bewiesen und ich bekomme auch von unterschiedlichen Seiten die Rückmeldung, dass es toll ist, wie ich mich entwickelt habe. Es bezieht sich bei mir vor allem eben auf das Studium. Vor einer Weile habe ich gerade mal 4 Sachen pro Semester gepackt. Inzwischen bin ich aber besser, viel besser, ich arbeite sogar an der Uni, trage mehr Verantwortung als nur für mich.
      Das SvV/SsV "fehlt" nicht wirklich, denn es kam immer mal wieder vor, die Abstände haben sich eingependelt, alle paar Wochen ein Aussetzer, wo alles egal ist. "Weg" war es also nicht wirklich. Aber das "Gesamtpaket" fehlt vielleicht.

      Ich habe eben mit jemandem PNs geschrieben, da kam es zu einem Satz, der doch plötzlich alles (für den Moment) getroffen hat: Man kann nicht mehr zurück. Wenn man einmal so weit war, gehts nicht wieder zurück. Die eigene Erwartung ist wohl größer, als die andere. Jetzt keine Fehler mehr erlauben, jetzt _muss_ man weitergehen. Man hat so viel erreicht, dass man sich niemals mehr so weit fallen lassen darf, man _muss_ in Zukunft immer aufstehen.
      Und damit auch das, was du geschrieben hast. Das trifft sogar auch sehr...
      anstatt mich durch's v*rl*tz*n zu flüchten muss ich mich jetzt meinen Gefühlen stellen. Und das ist ungewohnt und das macht auch Angst.

      anstatt gefühle zu beschreiben, umschreibe ich sie, anstatt zu fühlen was ist, schaltet mein körper ab (angesprochener zustand weiter oben, er wird taub). wann immer ich zu formulieren versuche, blockiert der kopf, aber IRGENDWO müssen die gefühle ja hin. und der alte weg ist nicht mehr der erlaubte, eigentlich.
      aber anders kann ich es noch nicht.


      Jetzt erst gesehen, daher Nachtrag.
      Original von Feuerkind
      Diese Leben existieren nicht nebeneinander. Es ist beides dein Leben. Und um zu einer Seite übergehen zu können, muss man wahrscheinlich akzeptieren das eine als Vergangenheit und Teil seines Lebens anzusehen, dem man jetzt nciht mehr soviel Macht einräumen möchte.


      Damit hast du völlig recht, es ist auch der logischste Gedanken, es ist ja eben beides eins. aber das hat sich seit längerem nicht mehr so angefühlt. Das war gut das so zu lesen.


      danke für eure antworten
      klirr

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „klirr“ ()

      hey -

      weiß nicht, ob was ich jetzt schreibe es in etwa trifft und ob die andren es nicht doch schon so (oder so ähnlich) gesagt haben bzw. dir das eh klar ist, aber da es mir da sehr ähnlich geht wie dir, sag ich doch noch was -

      dieses hier
      Man kann nicht mehr zurück. Wenn man einmal so weit war, gehts nicht wieder zurück. Die eigene Erwartung ist wohl größer, als die andere. Jetzt keine Fehler mehr erlauben, jetzt _muss_ man weitergehen. Man hat so viel erreicht, dass man sich niemals mehr so weit fallen lassen darf, man _muss_ in Zukunft immer aufstehen.

      ist so ein gedanke, den ich auch sehr oft/eigentlich durchgängig habe. und ich glaube, dass es besser ist, diesem gedanken (es ist ja mehr ein gefühl, eigentlich, bei mir zumindest) etwas andres entgegen zu setzen, nämlich dass man sehr wohl wieder zurück kann. (vielleicht klingt das jetzt blöd und "provokativ" und als sollte man sowas nicht denken.)
      man kann immer wieder dahin zurück, eigentlich kann einen nichts daran hindern - wenn ich mich wieder kaputt machen will, wieder trinken und jammern will und resignieren, dann _kann_ ich das. Ich male mir aus, wie ich langsam, schritt für schritt, mich wieder in diesen zustand von "davor" verfrachten kann, immer ein klein bisschen weiter runter in den strudel, bis ich wieder ganz unten bin (bei mir ist der endpunkt die klinik, einfach eine persönliche assoziation mit meinem tiefsten "unten", vielleicht hast du so etwas auch). und dann ist (mir zumindest) ziemlich klar, dass ich das eben doch kann, dass es doch zurück geht, dass ich mich quasi immer wieder umentscheiden kann, wenn ich das möchte.
      und dann ist zumindest dieser druck weg, diese angst, nienienienie mehr "versagen" zu dürfen, weiter funktionieren zu müssen, weil ich immer eine andre option habe. und wenn ich mir das so ausmale, wie ich wieder zurück gehe, alles rückwärts und wieder sehr krank, dann ist diese entscheidung wieder da, dass ich das nicht will. dass ich mein studium hinbekommen mag und dass ich weitermachen will und gesund sein will, weil es so viel schöner ist (für mich), im vergleich zu diesem "früher".
      ich denke, dass diese "entscheidung für den neuen weg" (kennst du bestimmt aus dem dbt) etwas ist, was man in solchen situationen immer wieder treffen sollte. vor augen führen, welchen weg man gehen könnte, und dann schauen, was man wirklich will, und dann wieder neu entscheiden.

      damit man sich wieder bewusst wird, dass man diesen neuen weg nicht gehen _muss_, sondern dass es die eigene entscheidung war und immer noch ist, weil man es _will_.

      hoffe es war nicht zu wirr (trivial), ich kann mich heute irgendwie nicht so gut ausdrücken.

      liebe grüße
      - wirf den Helden in deiner Seele nicht weg -

      [F. Nietzsche - Also sprach Zarathustra]
      Ich danke dir, wirklich.
      das war weder wirr noch trivial, sondern sehr treffend und auch etwas, was ich vorher noch nicht gesehen hatte. Das will ich festhalten. Es passt im Moment sehr gut und stärkt einfach die Seite, die weiterkommen möchte.
      Im Moment, durch meine neuen Aufgaben und meinen Job, schnupper ich ein wenig an dem, was ich gerne später machen möchte und ich merke auch, wenn ich jemandem davon erzähle, dass es _wirklich_ schön ist und ich _wirklich_ so weit kommen möchte, aber das werde ich nicht, wenn ich wieder zurückgehe.

      Ich denke auch, dass ich inzwischen so weit bin mit diesem Gedanken umgehen zu können, was du schreibst. Wenn ich mir selbst sagen "Ja und, dann mach es doch, dann lass dich fallen", wird es schon das richtige auslösen und eben nicht "gefährlich" werden. Zumindest kann ich inzwischen so etwas recht gut einschätzen. Rückschläge wie Freitag haben auch trotz Autoaggression nicht mehr diesen unumstößlichen Charakter. Auch das sehe ich als Fortschritt.
      Immerhin stimmt einfach mein "Umfeld" in Form eines Menschen, da kann ich mich besonders an den Wochenenden immer sehr gut sammeln und seit Freitag Abend wird es auch konstant besser. Gestern war es noch sehr schwankend, aber heute ist es schon sehr viel besser, sodass ich auch in die Woche ("kritische Phase", da mehr Alleinzeit) besser gehen kann.

      lieben Gruß auch an dich,
      i.