alma

      ich nehme das m*ss*r
      Und schn**de damit
      meine geschundene Seele
      aus meiner Brust
      tief bohrt sich die Spitze
      in mein Fleisch
      doch statt Schmerz
      spüre ich Frieden
      und Erleichterung
      ich sehe an mir hinab
      sehe das bl*t laufen
      udn bin beinahe glücklich
      wahrhaftig glücklich
      ich schöpfe neue Kraft
      in mir ist es leer
      aber in meinen bl*tigen Händen
      halte ich meine Seele
      zerbrochen und grau
      die farbgebenden Facetten
      hast du für immer zerstört
      ich stehe auf und beginne zu laufen
      weit weg vom Grab meines Seins
      vielleicht kann ich ohne Seele
      allen Gefühlen entgehen
      und normal werden
      Ich sing ein Lied, dem ich mich anvertrau'
      und ein Glück, mit diesem Trick
      glaub ich fast wieder an alles

      MIA.- Hoffnung
      Das Licht ist grell. Zu grell. Es sticht in ihren Augen und sie sehnt sich nach der Nacht vor den großen Fenstern der Bar. Wie gern würde sie aufstehen und zur Tür hinausgehen. Sich von der Nacht einhüllen lassen und in der Dunkelheit alle Gedanken ersticken. Das Kleid ist zu eng und sie spürt, wie an ihrem Rückgrat kleine Schweißperlen hinab rinnen.
      Irgendwo in der Finsternis der Stadt erklingen Rufe. Jemand brüllt Obszönitäten in die Anonymität der Nacht und ein heller Mädchensopran beginnt zu lachen. Amelie wünscht sich zu ihnen hinaus, jede Faser ihres Körpers verlangt danach, sich so jung zu fühlen, unbeschwert zu sein. Frei.
      Der Mann neben ihr räuspert sich. Es ist ein Räuspern, das aufmerksam machen soll, doch sie bewegt sich nicht. Er nimmt den Hut vom Kopf und lässt ihn zwischen seinen Fingern kreisen. Er räuspert sich wieder, öffnet den Mund und schließt ihn wieder. Amelies Augen folgen dem Kreisen des Hutes und der schm*rz in ihr windet sich, geschmeidig wie eine Schlange gleitet er durch ihren Körper, bevor sich die messerscharfen Zähne, gefüllt mich Tränen und Wut in ihr Herz bohren. Diesen Hut trug er, als sie sich das erste Mal trafen. Hier in der Bar.

      Das Licht der Neonröhren ist grell und sie fühlt sich ausgeleuchtet. Nervös streicht sie sich über die Haare, glättet instinktiv das Kleid, sieht an sich herab. Insgeheim ärgert sie sich. Das Kleid reicht ihr gerade so über die Oberschenkel, zeigt mehr, als es verdeckt und das Schwarz lässt ihre Haut so weiß leuchten, dass sie durchscheinend wirkt.
      Vorsichtig wirft sie einen Blick durch den Vorhang ihres kupferroten Haares. Links neben ihr, nur zwei Barhocker entfernt, sitzt er. Seine Hände umschlingen ein Glas bernsteinfarbener Flüssigkeit, die Eiswürfel kl*ng*n leise, als er es zum Mund führt. Seine Lippen sind voll und als sie den Rand des Glases umschließen, geht Amelies Atem schneller. Am liebsten würde sie aufstehen, zu ihm hinüber gehen und aus seinem Glas trinken. Die Stelle berühren, die auch seine Lippen berührt haben.
      Seine Stirn ist in tiefe Falten gelegt, die stahlgrauen Augen sind von Missmut erfüllt. Er stellt das Glas ab, und plötzlich sieht er sie direkt an. Das bl*t schießt ihr in die Wangen und sie senkt den Blick. Aus den Augenwinkeln nimmt sie ein Schimmern wahr und mit einem Mal kommt sie sich dumm vor. Wieso ist ihr der Ring nicht aufgefallen?


      Die Müdigkeit kriecht ihr unverhofft in die Glieder. Sie fühlt sich plötzlich wahnsinnig schwach und das Verlangen nach tiefem, traumlosem Schlaf überfällt sie. Die Müdigkeit wird schwerer, bleiern und sie hat Mühe, sich auf dem kippeligen Barhocker zu halten.
      " Amelie…" Seine Stimme dringt durch den Vorhang der Müdigkeit, reißt ihn herab und zerrt sie in die kalte, unwirkliche Realität zurück. "Es liegt nicht an dir." Ein Lachen entschlüpft ihrer Kehle, es klingt freudlos und zynisch. Etwas Besseres hat er nicht auf Lager? Sie blickt ihn an und muss daran denken, wie sie immer an seinen Lippen gehangen hat und ihr alles, was er sagte, so weise erschien. Jetzt wirkt sein Gesicht eingefallen, ein dunkler Bartschatten liegt auf seinen Wangen. Die Hände, für deren Berührung sie einmal alles gegeben hätte, wirken aufgedunsen und der schmale, goldene Ring sitzt wie ein Insekt an seinem Ringfinger. Ein Anflug von Abneigung und Mitleid überkommt sie, als sie den Blick auf das Glas zwischen ihren Fingern senkt.

      Sein Blick brennt auf ihr und die Hitze schießt in Wellen durch ihren Körper. Auf ihrer Oberlippe sammeln sich kleine Schweißperlen. Ihr archaischer Fluchtinstinkt scheint mit ihr durchzugehen, sie springt auf und verlässt im Stechschritt die Bar. Die kühle Abendluft tut ihrem erhitzten Gesicht gut. Sie schlingt ihren Mantel enger um sich und greift nach der Handtasche. Plötzlich bleibt sie wie angewurzelt auf dem Bürgersteig stehen. Die Handtasche. Sie sieht sie vor ihrem geistigen Auge. Neben dem Hocker in der Bar. Unschlüssig steht sie in der Nacht. Alles in ihr sträubt sich gegen den Gedanken, noch einmal in die Bar gehen zu müssen. Resigniert seufzend dreht sie sich um und kramt in ihrer Manteltasche nach ein paar Münzen für die nächste Telefonzelle. Vielleicht kann sie bei einer Freundin schlafen. Eine Stimme hinter ihr ruft ihren Namen. Er hat ihre Tasche in der Hand und auf seinen Lippen liegt ein Lächeln, das ihren Atem stocken lässt.

      Der Kühlschrank brummt vor sich hin und die Buntglasflaschen klirren leise, wenn sich der Mann hinter der Theke bewegt. Er trägt ein weißes Hemd mit steifem Kragen und eine ebenso weiße Schürze, auf der kein einziger Fleck zu erkennen ist. Sie spürt eine Hand auf ihrer Schulter und langsam, immer noch unendlich müde, dreht sie den Kopf. Er blickt sie an, nickt einmal. Dann erhebt er sich elegant vom Hocker und geht. Seine Schuhe quietschen leise auf dem Linoleumboden. Sie blinzelt überrascht. Früher schien er immer über den Boden geschwebt zu sein.



      das bild 'nighthawkes' von edward hopper hat mich zu dieser kleinen geschichte inspiriert, wer das bild nicht kennt: echn-aton.de/Hopper/hopper_ima…cenes/nighthawks-1942.jpg
      Ich sing ein Lied, dem ich mich anvertrau'
      und ein Glück, mit diesem Trick
      glaub ich fast wieder an alles

      MIA.- Hoffnung
      Angst ist das stärkste Gefühl. Wer weiß, wie sich echte, nackte Angst anfühlt, der weiß, dass es nichts Stärkeres gibt. Die Angst hat die Kraft, alles zu zerstören. Und dann wird dir bewusst, wie illusorisch das Gefühl der Sicherheit war, in das du dich gehüllt hast. Plötzlich ist dir bewusst, wie zerbrechlich alles ist und die Angst schlägt mit der Kraft eines Vorschlaghammers in deine Welt ein. Sicher, sie wird wieder nachlassen, aber du wirst niemals dieses Gefühl vergessen. Dieser schale Geschmack im Mund. Die trockenen Lippen und die schwitzigen Hände, die zu schwach sind, um irgendetwas festzuhalten.
      Wenn du liebst, wirst du verletzlich und die Verletzlichkeit öffnet der Angst Tür und Tor. Deine Liebe macht dich nicht stark, sie macht dich angreifbar. Alles, was vorher in geordneten Bahnen verlief, wird plötzlich unscharf und deine Gedanken sind nicht länger damit beschäftigt, alles zu kontrollieren, sondern damit, an die Menschen zu denken, die dir am Herzen liegen. Und dabei verlernt dein Kopf, sich gegen Angriffe zu schützen. Deswegen kann sich die Angst einschleichen und zuerst wirst du sie gar nicht merken. Du denkst, die Sorgen, die du dir machen wirst, sind normal und kein Problem für dich. Aber das, was du fühlst, wenn er nachts ins dunkle Auto steigt und du weißt, dass sein Handyakku leer ist, das sind keine Sorgen. Du wirst im Bett liegen und diese 20min, bevor die erlösende Nachricht kommt, werden dir endlos erscheinen. Du wirst nicht mehr ohne dein Handy neben dem Bett schlafen können, um immer erreichbar zu sein. Die nackte Angst wird dich quälen und bis es unter deinem Kopfkissen vibriert, wirst du alle Worst-Case-Szenarien bereits durchlebt haben,
      Aber diese Art von Angst wird nicht die einzige bleiben, die du erfährst, wenn du liebst. Genauso wie die Angst vorm t*d wirst du die Angst vor dem Verlassen werden spüren. Wenn sie von einem Abend erzählen, den sie ohne dich verbracht haben. Wenn abends 2h lang besetzt ist, weil die beiden miteinander telefonieren und wenn sie Insider haben, die du nicht verstehst, weil du zu oft nicht dabei warst. Dann wirst du die Eifersucht kennenlernen, eine gute Freundin deiner Angst. Plötzlich ertappst du dich dabei, wie du nur mal kurz ihr Handy nimmst, um zu schauen, was in seiner letzten SMS stand. Es ist dir mit einem Mal wichtig, die beiden voneinander fernzuhalten und dich besonders gut darzustellen. Und wenn all diese Bemühungen nicht fruchten, wenn du die Gewissheit nicht los wirst, dass da jemand ist, der ihm wichtiger ist, als du selbst, setzt sich die Angst in deinem Bauch fest und flüstert dir ein, was du längst weißt: dass du nicht gut genug bist. Nicht schön oder klug oder witzig genug, um ihn auf Dauer halten zu können. Und du siehst sie an und die Angst lässt dich für einen winzigen Moment wünschen, sie wäre t*t, damit du nicht teilen musst und dir sicher sein kannst, dass du die Einzige bist, die ihn zum Lachen bringen kann.
      Und ganz plötzlich tauchst du auf aus dem Meer der Angst, schnappst verzweifelt nach Luft und blickst dich hektisch um. Langsam gewöhnen sich deine empfindlichen Augen an die Farben und Formen um dich herum. Du stehst auf, stößt dich an Ecken und Kanten, die sich scharf in dein Fleisch bohren und dich schm*rz fühlen lassen. Dieser schm*rz ist real, du bildest ihn dir nicht ein. Aber er muss nicht schlecht sein. Er zeigt, genauso wie die Angst, dass du liebst, wie niemand vor dir. Liebe bringt Angst, aber sie bringt dir noch so viel mehr, dass du weißt, dass sie die Angst wert ist. Du wirst die Liebe nicht von der Angst trennen können, sie gehören zusammen. Aber wenn du seine Nummer auf dem Display siehst oder mit ihr Tränen lachst, dann hast du den ekelhaften Geschmack und das Blei im Magen fast vergessen. Fast.
      Ich sing ein Lied, dem ich mich anvertrau'
      und ein Glück, mit diesem Trick
      glaub ich fast wieder an alles

      MIA.- Hoffnung