Nachricht aus der Vergangenheit......

      Nachricht aus der Vergangenheit......

      Hallo.

      Ich weiß nicht, was ich mir von diesem Thread erhoffe, aber vielleicht war jemand schonmal in einer ähnlichen Lage und kann mir sagen, was ich tun soll...... Denn ich bin mit der Situation überfordert .......

      Meine Vergangenheit hat mich heute eingeholt, eine Vergangenheit, an die ich sehr sehr ungern zurück denke. Und jetzt bin ich dazu gezwungen.........

      Als ich heute auf Arbeit gekommen bin, rief mich eine Arbeitskollegin an und hat mir berichtet, dass mein Großvater wahrscheinlich bald st*rb*n würde (er hat Krebs) und er mich vor seinem t*d gerne noch einmal sehen würde.......

      Ich habe seit 14 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt. Das begann damals alles, als mein Vater gestorben ist. Er ist betrunken gegen einen Baum gefahren. Mein Vater hatte eine hohe Lebensversicherung, die an mich, sein einziges Kind, ausgezahlt wurde. Meine Großeltern väterlicher Seits wollten nicht, dass ich das Geld bekomme. Hätte meine Mutti nicht für mich gekämpft (ich war damals erst 7 Jahre), hätte ich das Geld an sie verloren. Nachdem sie das Geld nicht bekommen haben, haben sie angefangen, Gerüchte herumzuerzählen. Und das waren üble.... Meine Mutti hätte meinen Vater in den t*d getrieben durch die Trennung, sie hätte ihn ausgenommen wie eine Weihnachtsgans bei der Scheidung usw. usw. Nichts davon stimmt meiner Meinung nach. Und das ging so weit, dass viele Leute, mit denen meine Mutti guten Kontakt hatte, niemanden aus meiner Familie mehr gegrüßt hatten. Den Kontakt zu mir brachen meine Großeltern damals komplett ab.
      Ein paar Jahre später ist dann meine Oma gestorben und mein Großvater hat neu geheiratet.
      Als ich 18 wurde, hat er sich einmal kurz gemeldet, damit ich die Grabpflege für meinen Vater übernehme. Mehr hab ich all die 14 Jahre nicht von ihm gehört.

      ich weiß einfach nicht, ob ich seinem Wunsch nachkommen soll, dass er mich nochmal sehen soll. Eigentlich will ich das garnicht, weil das würde viel wieder aufwirbeln. Gefühle und Gedanken, an die ich nicht erinnert werden will. Aber gleichzeitig sag ich mir die ganze Zeit: das ist nur ein alter, schwerkranker Mann. Soll ich ihm seinen letzten Wunsch an mich abschlagen?
      Ich weiß es einfach nicht.
      Meine Eltern (also Mutti + Stiefvati) sind strikt dagegen, dass ich mich mit ihm treffen soll. Sie können ihn nicht leiden wegen den ganzen Problemen, die er damals verursacht hat. Und es war ja auch gemein, was er getan hat und ist meiner meinung nach mit NICHTS zu entschuldigen.
      Aber ich will ihn selber fragen: Warum hast du dich 14 Jahre nicht gemeldet? Warum muss du erst fast t*t sein, damit du mich wieder sehen willst? WARUM?

      Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Ich habe Angst.... ich habe jedes Mal, wenn ich zum Grab meines Vaters gehe Angst, ihm dort zu begnen, denn ich würde ihn nicht erkennen. Ich habe kein einziges Bild von meinem Großvater und keine einzige Erinnerung. Ich weiß nur das, was mir meine Eltern gesagt haben.... und.... ich weiß nicht. Ich weiß es einfach nicht. Ich weiß nicht, was ich tun soll, was ich denken soll, was ich fühlen soll.
      Es geht grad wieder einigermaßen bergauf und dann kommt sowas.......

      War jemand hier schonmal in einer ähnlichen Lage? Was soll ich tun? Ich weiß es einfach nicht...... ;(

      ...
      Ich bin so, wie ich nie sein wollte. Aber zum Glück nicht so, wie ihr mich haben wollt!
      Hallo Schattengirl :)

      Ich hab mir mal durchgelesen, was du so geschrieben hast und muss sagen, ich bin ein wenig geschockt darüber, wie deine Großeltern sich verhalten haben. Ich denke aber trotzdem, dass es sinnvoll sein könnte ihm seinen Wunsch zu erfüllen. Nicht nur, um ihm die Möglichkeit zu geben, sich eventuell zu entschuldigen (klar, man kann diese ganze Zeit des Schweigens etc nicht einfach mit einem bloßen "sorry" wegreden aber er sollte zumindest die Möglichkeit haben sich zu erklären) sondern auch weil ich denke, dass mal ein Gespräch mit ihm dir helfen könnte das Thema abzuschließen und es als "schlechten" (mit fält grad kein anderes Wort ein) Teil deiner Vergangenheit zu akzeptieren. Natürlich könnte auch genau das Gegenteil passieren, also dass es alles wieder aufwühlt, wovor du ja Angst zu haben scheinst, aber irgendwie glaube ich eher, dass ein "letztes" Gespräch und sein t*d es einfacher machen würden damit klar zu kommen. Ich kenne natürlich deine persönliche Geschichte nicht ganz und ich kenne ihn als Person ja auch nicht, also kann ich nur vermuten, aber ich an deiner Stelle würde mich auf das Gespräch einlassen denke ich. Aufgewühlt ist die ganze Sache ja im Moment ohnehin schon also hast du nicht all zu viel zu verlieren, oder? Ich wünsch dir auf jeden Fall, dass du das richtige tust und viel Kraft für das Gespräch, wenn du dich denn dafür entscheiden solltest.

      glG N**dle
      Wenn einer, der mit Mühe kaum,
      gekrochen ist auf einen Baum
      schon meint, dass er ein Vogel wär,
      so irrt sich der.
      [Wilhelm Busch]
      Hallo
      es tut mir leid, dass du in einer solch schwierigen Situation bist. Ich hoffe, du wirst das entscheiden, was für dich schlussendlich stimmt. Ich kann dir einfach sagen, dass es für mich wahnsinnig schlimm war, dass ich mich von einer bekannten Person nicht verabschiedet habe. Ich bereue es so sehr und es hat mich eine lange Zeit sehr beschäftigt. Ich denke, du musst es nicht tun, weil dein Grossvater das will, sondern, weil es für dich gut ist.
      Vielleicht konnte ich dir helfen. Ich hoffe nicht, dass ich dich noch mehr durcheinander gebracht habe.
      Ich wünsche dir alles, alles Gute und ganz viel Kraft
      Lg Why?!
      Hallo ihr beiden und danke für eure Antworten.

      Ich habe in der Zwischenzeit eine Entscheidung getroffen. Ich werde mich nicht bei meinem Großvater melden.
      Der eine Grund dafür ist, dass meine Mutti, die damals unter alldem am meisten leiden musste, tottraurig ist, wenn ich mich für ein Teffen entscheide. Und meine Beziehung zu den Verwandten, mit denen ich ein gutes Verhältnis habe, nunmal wichtiger ist als zu denen, mit denen ich 14 Jahre keinen Kontakt hatte, werde ich ihn nicht besuchen.
      Der zweite Grund ist: Mein Großvater hat meine Telefonnummer, er weiß, wo ich wohne und hätte sich auch bei MIR melden können, nicht bei meiner Arbeitskollegin.
      Und ich stehe nicht auf Abruf. Wenn er mich wirklich sehen will, wenn er sich vielleicht sogar versöhnen will, soll er mich direkt ansprechen, nicht über dritte. Ich stehe nicht auf Abruf und ich schulde ihm nichts.
      Das alles ist mir in den letzten Tagen klar geworden. Und ich denke, ich bin mit meiner Entscheidung sehr zufrieden.

      Danke euch beiden nochmal :)
      liebe Grüße
      Ich bin so, wie ich nie sein wollte. Aber zum Glück nicht so, wie ihr mich haben wollt!
      Ich kann deine Entscheidung verstehen, möchte dir dennoch auch meine Sicht der Dinge erzählen.

      Mein Großvater starb im März diesen Jahres. Meine Oma rief uns vorher an und meinte, wenn ihr ihn noch mal sehen wollt - dann schnell.
      Zu diesem Zeitpunkt hatten wir seit 2 Jahren keinen Kontakt mehr mit ihm, da er meine Schwester M*ssbr**cht hat.
      Ich war auch unsicher ob ich ihn nochmal besuchen sollte, meine Mama war ebenfalls alles andere als dafür. Sagte aber auch, ich werde es möglich machen, wenn ihr es wollt.

      Ich entschied mich dafür ihn zu sehen, aus dem einfachen Grund weil er eben mein Opa ist. Trotz allem.
      Und das war genau das Richtige um irgendwie damit Abschluss zu finden. Und ich bin froh, dass wir so schnell wie möglich dort hingefahren sind, er starb wenige Stunden später.

      Natürlich ist jede Situation anders und du hast mit Sicherheit deine Entscheidung gut überdacht. Aber vielleicht solltest du auch drüber nachdenken, was danach ist wenn er gestorben ist. Ich stimme da also meinen Vorrednern voll zu. Mein Bruder wollte ihn nicht sehen und aus bestimmten Gesprächen heraus, kann man schon entnehmen, dass er es irgendwo bereut.

      In meinem Fall war es eben wie gesagt richtig, mich von ihm zu verabschieden auch wenn er zu diesem Zeitpunkt schon im Koma lag. Für mich war es halt wichtig einen vernünftigen Abschluss zu finden, trotz dem was er vor vielen Jahren verbrochen hat.

      Lieben Gruß.
      Ich bin dieses kleine verrückte Mädchen,
      das losrennt, um das Leben zu umarmen.
      Das hinfällt, wieder aufsteht und mit zerrissenen Knien weiterläuft.
      Ich möchte nicht viel dazu sagen aber...

      Verwandte kann man sich nicht aussuchen, auch wenn das auf eine Art und Weise verbindet, bedeutet das noch lange nicht, das man mit ihnen klarkommen muss oder sogar mögen.
      14 Jahre kein Kontakt, du würdest ihn nicht mehr erkennen und verknüpfst wahrscheinlich nur überwiegend Negatives mit ihm.
      Und nur weil er mit an deiner DNA verantwortlich ist, sollst du alles stehen und liegen lassen?! Alles vergessen?
      Ich weiß das klingt hart, aber so ist das Leben und manchmal muss man sich selber schützen.
      Und wie du schon selber sagst, er hätte sich vorher melden können...auch wenn es für ihn nun ein harter Weg ist.
      Die Musik drückt das aus,
      was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.

      Victor Hugo
      Hallo Schattengirl.

      Hm, meine frühere Therapeutin hat sich schon öfter so geäußert, wie -Sad Soul-. Sie meinte, dass man von diesem "Bl*t ist dicker als Wasser"-Quatsch runterkommen soll, wenn man sich genötigt fühlt, mit jemandem klarzukommen, mit dem man eben nicht klarkommt oder eben wie in deiner Situation deinen Opa zu besuchen, nur weil er dein Opa ist.
      Ich lehne mich damit vermutlich sehr, sher weit aus dem Fenster, aber ich habe so den Verdacht, dass er ganz einfach Angst vor dem st*rb*n hat, so wie jeder andere auch. Mein Vater hat durch seinen Beruf in den letzten jahrzehnten schon hunderte Leute in den letzten Stunden begleitet und es kommt relativ häufig vor, dass sie wieder etwas gut machen wollen oder etwas erzählen wollen, was sie getan haben.

      Ich denke, du musst tun, womit du dich am besten fühlst. Natürlich kann es sein, dass du dich hinterher schlecht fühlst. Aber sowas kann man voerher nicht wissen. Und wenn es so ist: Er st*rbt, wie es jeder Mensch einmal tun muss. Der T*d ändert nichts an dir. Er macht dich nicht zu einem besseren Menschen, er versetzt dich nicht in den Stand des Unangreifbaren und vorallem hebt er nicht die Fehler auf, die man in seinem Leben begangen hat.
      Es kann natürlich vorkommen, dass jemand, evtl. seine jetztige Frau, rumerzählt, dass die Enkelin nichtmal ans St*rb*bett gekommen wäre und so weiter. Aber dann lass sie reden. Du weißt, dass du nicht die böse, eiskalte bist, du weißt, wie es damals gelaufen ist und wie er sich verhalten hat.
      Und wie du schon sagst: Wenn er sich versöhnen will, dann muss er dich direkt ansprechen. Natürlich ist sowas schwierig, aber jemand, der Fehler begangen hat muss da durch.

      Alles Gute dir und viel Kraft,
      Fylgja