Im Freundeskreis "aufräumen"

      Im Freundeskreis "aufräumen"

      Jetzt überlege ich schon sehr lange, wie ich das Ganze einigermaßen formulieren könnte, wie es wohl wenigstens ein bisschen höflich klingt, aber ich glaube fast, dass man es nicht umgehen kann, dass da etwas Negatives mitschwingt. Egal.
      Es geht darum, dass ich aufgrund meiner Gesamtsituation, die zur Zeit alles andere als angenehm ist, mein Leben ein wenig "aufräume". Soll heißen, ich trenne mich von alten, unnützen Dingen, ich verändere hier und dort etwas, arbeite an mir selbst und meinen Macken, versuche mit Menschen, mit denen es sonst schwierig ist, besser klar zu kommen und zu unterscheiden, wer das wert ist und wer eben nicht. Nun gibt es da eine Person in meinem (ehemaligen) Freundeskreis, die ich schon sehr, sehr lange kenne... schon mein halbes Leben lang, wenn ich jetzt mal genauer nachdenke. Lange Zeit waren wir sowas wie "beste Freundinnen", wie man das eben als Teenager bezeugt. Wir haben manchmal ganze Tage und Nächte aufeinander gehangen, alles geteilt, jede Freude und jeden schm*rz, uns haben viele Hobbies verbunden und wir konnten eigentlich immer über alles reden. Aber irgendwann hat sich das ins krasse Gegenteil verkehrt. Wir hatten zwei sehr schwere Jahre, unsere Freundschaft ist währenddessen eigentlich fast völlig zerbröckelt, ich musste sie nur sehen und war tierisch genervt. Ständig hat sie mich mit ihrem Verhalten oder dummen Kommentaren v*rl*tzt, mich bloßgestellt oder sonst wie genervt, bis ich irgendwann angefangen habe, sie zu ignorieren. Während der Oberstufe haben wir kaum miteinander gesprochen oder irgendetwas unternommen, sie hat eh meistens abgesagt, wenn wir mit allen Freunden zusammen etwas unternehmen wollten. Ich erinnere mich noch an den Abiball, mehr als ein frostiges "Hallo" hat sie an dem Abend nicht rausbekommen, ich auch nicht, gebe ich zu, aber ich wollte mir den Abend auch nicht vermiesen. Nach einiger Zeit Funkstille nach der Schule habe ich noch mal versucht, Kontakt aufzunehmen. Nach ein paar unschönen Anläufen haben wir uns ausgesprochen, sehr ordentlich, sehr vernünftig und ehrlich... dann wieder eine Zeit lang Schweigen, eine erneute Aussprache. Ich habe mich vor ihr sprichwörtlich ausgezogen, alles erzählt, was in den letzten Jahren passiert ist, wieso ich irgendwann angefangen habe, sie zu ignorieren. Sie hat ebenfalls ausgepackt, und so stand dann nichts mehr zwischen uns. Dachte ich. Ich zog weg, um im Ausland zu studieren, uns trennen jetzt gute 600 Kilometer, und wieder ging es einige Monate gut, sporadischer, aber schöner Kontakt. Dann brach es von ihrer Seite aus ab. Ich hab ein paar Mal kurze Nachrichten oder SMS geschrieben, aber es kam nie wirklich was zustande. Ich fragte sie, warum sie sich nie von sich aus melden würde, ihre Antwort: Es gäbe nichts zu erzählen. Ich dachte mir da nur, was ist das für eine Definition von Freundschaft, wenn man einen Grund braucht, sich zu melden? Ein einfaches "Hey, wie gehts, was machst du, wie läuft es?" ist anscheinend zu viel verlangt. Seit dieser Aussage ihrerseits habe ich mich auch nicht mehr gemeldet, das ist schon eine Weile her. Jetzt bin ich seit fünf Wochen zu Hause bei meinen Eltern, nur zehn Minuten von ihr entfernt. Ich habe mir vorgenommen abzuwarten, ob von ihr etwas kommt. Sie weiß, dass ich hier bin. Aber es kommt nichts.
      Ich bin einfach stinkwütend auf sie, und enttäuscht von ihrem Verhalten. Wir hatten mal so viel, so etwas Großes. Ich weiß, dass zu einem Problem und zu einer Freundschaft immer zwei gehören, und ich bin sicher nicht unbeteiligt daran, wie es jetzt aussieht, aber ich möchte das so einfach nicht mehr. Wenn man einen Grund braucht, sich zu melden, was ist das dann für eine Beziehung? In meinen Augen eine, die ich nicht tragen muss und will. Jeder Gedanke an sie macht mich traurig, sauer, böse, jede Statusmeldung bei Facebook nervt mich. Einige in meinem Umfeld sind der Ansicht, dass sie mir nicht gönnt, dass ich meinen Traum leben kann (Psychologiestudium - ich habe immer hart an meinen Leistungen in der Schule gearbeitet und schließlich die Aufnahmeprüfung an der Uni bestanden), weil sie, anderthalb Jahre nach dem Abitur immer noch keinen Ausbildungs- oder Studienplatz gefunden hat. Ich weiß nicht, ob das so ist. Ich kann es mir einerseits schon vorstellen, aber andererseits, wieso kann sie mir das nicht gönnen? Immerhin habe ich mir 13 Jahre lang den Hintern abgearbeitet dafür. Und ich will das, ich will das so sehr, warum kann sie mir das nicht gönnen und sich für mich freuen?
      Es kommt einfach nichts mehr zustande mit ihr. Ich will es auch gar nicht mehr versuchen, ich bin es einfach Leid. Wir haben in der Uni über Psychohygiene gesprochen, und genau das möchte ich jetzt tun, mich um meine Psyche kümmern und den Kontakt zu ihr beenden. Aber wie macht man das? Wie sage ich ihr höflich, aber bestimmt, dass mich ihr Verhalten tief v*rl*tzt und irgendwann einfach nur noch genervt hat, und dass sie sich nicht mehr melden braucht und ich mich nicht mehr melden werde? Ich fürchte, wenn ich das von Angesicht zu Angesicht mache, werde ich böse. Ich kann leider manchmal sehr impulsiv sein, wenn ich wütend bin, und ich will ihr eigentlich nicht wehtun. Ich will sie nur einfach nicht mehr in meinem Leben haben. Aber sie einfach so zu ignorieren halte ich für unfair, ich will nicht so sein wie sie und mich dermaßen kindisch verhalten. Wäre schön, wenn jemand was dazu sagen könnte... und entschuldigt, falls das irgendwie nach Teenie-Quatsch klingt, ich weiß einfach nicht, wohin damit, und es belastet mich so sehr. Danke.
      He scales the mountain, because he's not afraid of it.
      - Django Unchained -
      Hej :)

      Kommt mir sehr bekannt vor, was du da erzählst.
      Mir ging bzw manchmal geht es mir immernoch so mit meiner ehemals besten Freundin. Wir hatten auch das was du beschreibst. Ständig zusammen, wir wussten alles von einander. Ich musste am Telefon nur sagen "Hallo ich bins", und ihne ganze Familie wusste wer da anruft, auch ohne Namen.

      Nach der Schule brach dann alles auseinander, was bestimmt auch an uns beiden lag. Wir haben immer mal wieder versucht Kontakt aufzubauen, wobei es da auch eher von mir aus ging. Ich hab sie besucht nach der Geburt ihrer Tochter, dann ca. 1 Jahr später nochmal. Seitdem wieder Funkstille.

      Ich hab diese Freundschaft nie "beendet", ich melde mich einfach auch nicht mehr...

      Allerdings hatte ich mit einer anderen Freundin die Situation dass ich sie auch einfach nicht mehr in meinem Leben haben wollte. Ich hab mich monatelang geW*nd*n und innerlich gewehrt. Sie mit kurzen Antworten abgespeist wenn sie mich anschrieb, eigentlich nie richtig zugehört weil mich alles nur noch so genervt hat.

      Persönlich stand ausser Frage, ausser am Telefon, aber bei uns lief es per Mail. Ich glaube, man kann sowas nicht wirklich nett verpacken. Man will ja auch ehrlich sein.
      Finde schon das du genau das sagen kannst was du geschrieben hast. Das dich ihr Verhalten v*rl*tzt hat usw.

      Schwere Sache :wacko: Aber ich zumindest fühle mich viel besser seitdem ichs getan hab.
      Hey Godspeed,

      Es ist ja leider nichts ungewöhnliches das man sich im Laufe der Zeit aus den Augen verliert und die Freundschaften einfach nicht mehr so wie früher sind. Ich würde an deiner Stelle aber nicht mehr so viele Gedanken und Kraft in die Situation verschwenden und es bei dieser Funkstille belassen. So geht man nicht vollkommen im Schlechten auseinander und ich denke auch nicht das es ihr gegenüber unfair ist sich einfach nicht mehr zu melden. Sie macht es ja nicht anders. Außerdem nimmt man sich so nicht die Möglichkeit vielleicht doch irgendwann wieder in Kontakt zu treten, auch wenn das für dich im Moment ja ausgeschlossen ist.
      Anders wäre es natürlich wenn sie sich ständig bei dir meldet und den Kontakt sucht, du aber keine Lust auf sie hast. Dann müsste man das schon irgendwie klären der Fairness halber.

      Das wäre meine Meinung dazu. Falls du es aber wirklich unbedingt mit ihr besprechen willst.. da kann ich mich meinem Vorposter nur anschließen. Sowas geht nie auf eine nette Art und Weise.

      Denk nochmal über die ganze Sache nach und stell dir dann die Frage ob es wirklich wichtig ist ihr nochmal alles zu sagen was dich bedrückt um dann die Freundschaft endgültig zu beenden oder es eben einfach im friedlichen Stillen auseinandergehen lässt.

      Gruß,

      Ich nu wieder
      If I could start from scratch I wouldn't change shit
      hey,

      beim lesen ist mir folgendes aufgefallen:
      du machst dir gedanken darum, wie du ihr deinen entschluss möglichst sanft und schonend beibringst. das setzt ja aber die tatsache voraus, dass sie die freundschaft weiterführen wollen würde und ihr viel an dir liegt. ich hoffe, dir tut das folgende nicht weh, das will ich nicht, aber: es scheint nicht so.
      denn wenn sämtliche kontaktversuche scheitern, sie dir sagt, dass sie (dir) nichts zu erzählen hat, sich nicht meldet, obwohl sie weiß, dass du in der nähe bist - dann hat sie offenbar kein interesse daran, auch in diese freundschaft zu investieren und sie aufrecht zu erhalten. das wäre meine interpretation.
      und ganz ehrlich: ich bin nicht asozial oder habe freude daran, anderen in den arsch zu treten, aber selbst _wenn_ es ihr weh tut (wovon ich nicht ausgehe), so what? das kannst du nicht vermeiden, außer du ziehst weiter diese einseitigen bemühungen durch. und anscheinend hat sie auch kein interesse daran, v*rl*tzungen bei dir zu vermeiden. ich will damit nicht sagen, benimm dich wie die axt im wald und hau unzensiert raus, was du sagen willst. aber ich finde, man muss nicht immer und bei jedem die samthandschuhe und die rücksicht auspacken. insbesondere nicht dann, wenn die andere seite (wie es den anschein macht) schon eine relativ große distanz zu mir hat.

      du musst entscheiden, ob du diesen offenen abschluss brauchst. wenn das grade zu deinem gefühl, deine welt aufzuräumen passt, dann tu es. vielleicht per email/brief, um alles geordnet loszuwerden und nicht in die gefahr zu kommen, impulsiv zu reagieren. du wirst die richtigen worte finden. so wie ich dich kennengelernt habe, bist du niemand, der mit beleidigungen um sich wirft, vielleicht musst du dir da ein bisschen vertrauen und mehr bei dir sein. denn wichtig ist in erster linie, dass es dir was bringt und nicht, dass es für sie möglichst angenehm wird, finde ich.

      ich hatte mal ein ähnliches erlebnis (allerdings ging es da um meinen kompletten ex-freundeskreis) und habe für mich einen schlussstrich gezogen, den ich ihnen nicht offiziell mitgeteilt habe. für mich war der weg richtig, weil ich mich nicht nochmal offenbaren musste. nicht nochmal sagen musste, dass sie mich v*rl*tzt und enttäuscht haben und ihnen somit keine weitere angriffsfläche geboten habe (das war damals eine meiner größten sorgen). und außerdem habe ich mich im nachhinein bei zufälligen begegnungen o.ä. deutlich souveräner gefühlt. das ist aber wirklich sehr subjektiv.

      ich hoffe, da war was passendes dabei und du fühlst dich insbesondere vom ersten absatz nicht getroffen. das wäre nicht meine absicht.

      alles liebe, pass auf dich auf!
      pacem.cordium
      Hallo.

      pacem.cordium schrieb:


      du musst entscheiden, ob du diesen offenen abschluss brauchst. wenn das grade zu deinem gefühl, deine welt aufzuräumen passt, dann tu es. vielleicht per email/brief, um alles geordnet loszuwerden und nicht in die gefahr zu kommen, impulsiv zu reagieren. du wirst die richtigen worte finden. so wie ich dich kennengelernt habe, bist du niemand, der mit beleidigungen um sich wirft, vielleicht musst du dir da ein bisschen vertrauen und mehr bei dir sein. denn wichtig ist in erster linie, dass es dir was bringt und nicht, dass es für sie möglichst angenehm wird, finde ich.

      Dem kann ich mich nur anschließen.

      Ich habe so etwas - nicht nur so etwas, sondern das - auch durch. Ich habe es offen gelassen, weil für mich erkannt habe, dass von ihr nichts kommen wird und dass es ihr wahrscheinlich weder gutes noch schlechtes bringt, wenn ich das mit Worten nochmal besiegeln würde.
      Manchmal glaube ich, dass ich einfach nur zu sehr v*rl*tzt war (bin), um zu erkennen, dass das der Lauf der Dinge sein kann, der keiner weiteren Worte bedarf. (Aber das kann bei dir/ihr ja auch anders aussehen.) Das ist schwer für mich zu akzeptieren, gerade wenn man so viel investiert hat und weiß, dass es mal etwas sehr besonderes war.

      Ich würde dir empfehlen, dass du einen Brief an sie richtest. Nichts am PC, wo man so schnell alles raustippt, was einem durch den Kopf geht, sondern auf dem Papier. Den dann nochmal abschreiben (sozusagen in Reinschrift bringen) und in sich hinein horchen: Hat sich schon etwas gelöst? Oder will/muss ich ihn abschicken?
      In einer anderen Situation hat mir das sehr geholfen - ich habe den Brief schließlich verbrannt und das war für mich die richtige Entscheidung, denn es war mein Abschied an diese Sache und der ging diese Person in dem Moment nicht mehr an, da war es nur noch eine Sache für mich.


      Lieber Gruß
      Ich habe jetzt die drei Tage sehr intensiv nachgedacht, über das, was ihr geschrieben habt.

      Eigentlich habt ihr alle Recht. Ihr liegt offensichtlich wirklich nichts mehr an dieser Freundschaft, die wir mal hatten, sonst würde sie sich nicht so verhalten. Warum ich ihr nicht wehtun will... schwer zu sagen, ich vermute, ich will nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, sprich: nur weil sie mir wehgetan hat, muss ich mich nicht auf ihr Niveau begeben und sie ebenso v*rl*tz*n. Und außerdem ist das einfach nicht meine Art, fürchte ich. Ich bin von Natur aus höflich und nett zu so gut wie jedem, manchmal vielleicht sogar zu nett. Aber es stimmt, ich muss hier wirklich mal die Samthandschuhe wegpacken und einfach sagen, was ich denke und empfinde. Denn ja, ich brauche diesenen offenen, ausgesprochenen Abschluss, damit ich das auch wirklich "weglegen" kann, und damit ich mich nicht noch mal erweichen lasse. Ich bin mir fast sicher, dass sie es noch mal versuchen würde, jetzt, wo sich so viele von ihr abwenden und sie alleine auf der Stelle tritt. Sie hat mir mal erzählt, sie habe niemanden mehr außer ihrem Bruder und seiner Freundin. Aber diesmal nicht, diesmal werde ich nicht darauf eingehen.

      Ich werde ihr am Wochenende einen Brief schreiben, oder zumindest erstmal alles halbwegs geordnet aufs Papier bringen, was mir im Kopf rumspukt. Ich hoffe, dass ich die richtigen Worte finden werde. Sie hat es ebenfalls nicht so mit direkten Gesprächen, schon immer wollte sie Unangenehmes lieber per ICQ klären... sie neigt dazu, Situationen überzubewerten und ein Drama daraus zu machen, das käme gepaart mit meiner Impulsivität sicher zu keinem guten Abschluss, also ist dieser Brief wahrscheinlich die beste Lösung. Antworten wird sie mir auf diesem Wege eh nicht können, denn sie wollte meine neue Adresse nicht mal haben. ... mir wird irgendwie jetzt erst klar, wie enttäuscht ich von ihr bin, wie sie sich nur so verhalten kann. Es tut weh. Aber ich muss da jetzt durch, das ist wichtig für mich... und ihr habt Recht, es geht um mich dabei, nicht um sie und ihre Gefühle.

      Danke euch, ihr habt mir diesmal wirklich sehr weiter geholfen. :)
      He scales the mountain, because he's not afraid of it.
      - Django Unchained -
      Mal so als kleine Rückmeldung: Ich habe ihr einen Brief geschrieben, den ich Sonntag verschickt habe. Spätestens gestern oder heute müsste sie ihn also erhalten haben. Es hat sehr gut getan, das alles aufzuschreiben, und ich denke, ich habe genau die richtigen Worte gefunden - mit eurer Hilfe. Vielen Dank noch mal, ich bin jetzt doch erleichtert, wo mir das nicht mehr im Kopf rumgehen muss! :)
      He scales the mountain, because he's not afraid of it.
      - Django Unchained -