Gedanken in den Griff kriegen

      Gedanken in den Griff kriegen

      Hei!

      Ich habe erst vor kurzem ein Thema gestartet und finde es deshalb eigentlich ein bisschen blöd, dass ich jetzt schon wieder mit einem Problem ankomme... tut mir leid! Aber irgendwie kommen bei mir in letzter Zeit Denkweisen wieder verstärkt an die Oberfläche, die ich eine Weile lang fast vergessen konnte.

      Und zwar wollte ich euch fragen, wie ihr damit umgeht, wenn ihr wisst, dass ihr euch etwas einbildet (z.B. in meinem Fall, dass ich mir einbilde "eigentlich findet mich jeder blöd, alle lügen mich nur an und tun so, als fänden sie mich nett, und mein Freund behauptet auch nur, mich zu lieben, eigentlich tut er das gar nicht" und so weiter...), ihr die Einbildung aber nicht wirklich aus eurem Kopf kriegt. Rein rational betrachtet weiss ich, dass es für die anderen, wie auch für meinen Freund, überhaupt keinen Sinn machen würde, mir etwas vorzuheucheln, das nicht stimmt - es würde ihnen nichts bringen, und meine Sorge ist komplett unbegründet. Ich weiss also, dass ich es mir nur einbilde, aber ich bin in meinem Kopf gefangen, der mir weiterhin sagt: die lügen! dein Freund lügt! und meine Gefühle spielen verrückt.

      Ich denke, dass diese Einbildung entsteht, weil ich das Gefühl habe, ich müsse mir die Zuneigung anderer Menschen verdienen, indem ich lustig, nett und hübsch bin - und da ich oft sehr unzufrieden mit mir bin, glaube ich dann auch nicht, dass mich jemand mögen könnte, weil es an mir ja nichts liebenswertes gibt. Wieder: ich weiss, dass das Blödsinn ist! Aber ich krieg die Vorstellung nicht aus meinem Kopf. Ich weiss einfach nicht, wie ich den Schritt machen kann von einem rationalen Verstehen der Situation zu einem wirklichen Verstehen, das auch meine Gefühle einschliesst. Ich fühle mich gefangen wider besseren Willen.

      Ich habe das Gefühl, dass es bei mir zum Beispiel bim SVV irgendwann klick gemacht hat, und ich wirklich verstanden habe, dass ich das eigentlich nicht will - weil ich stark sein will. Trotzdem hatte ich vor zwei Tagen einen kleinen Rückfall, weil ich einsehen musste, dass ich zwar stark sein will, es aber nicht immer bin.

      Trotzdem: dieses Verstehen ist, was ich brauche. Ich will wirklich verstehen, dass mein Freund nicht einfach lügt, wenn er mir sagt, dass er mich so liebt, wie ich bin. Das Ganze ist ja dann auch ein Teufelskreis: denn mein Gefühlschaos lässt mich weinen, und das macht mir wieder Angst, mein dummes Verhalten wird ihn abstossen. Und so weiter... :rolleyes:

      Vielleicht hat jemand von euch Erfahrung damit und ein paar Tips, wie man seine Gedanken in den Griff kriegt? Danke! :)


      Liebe Grüsse

      Cheetah
      sommerlied
      wir sind die menschen auf den wiesen
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      und werden wiesen, und werden wald
      das wird ein heiterer landaufenthalt
      ernst jandl (1925-2000)
      Hallo Cheetah,

      ich kenne dieses Gefühl sehr gut, es ist bei mir ein so großes Misstrauen verbunden mit einem starken Minderwertigkeitsgefühl, dass immer wieder dazu führt, dass ich anderen Menschen nicht glaube oder sie deutlich in Frage stelle.

      Was mir definitiv nicht hilft, ist, mich ständig mit diesem Gefühl zu beschäftigen und darauf zu horchen, was es wohl gerade wieder sagt und wie ich wohl diese oder jene Situation deuten könnte.
      Am meisten hilft mir einerseits, Zweifel anzusprechen, wenn es eine zweideutige Situation gegeben hat. Jemand hat genervt geguckt oder geantwortet, und es könnte mit mir zu tun haben oder auch nicht. Dann frage ich nach.
      Andererseits ist es so, dass, wenn mir jemand sagt, dass er mich mag, ich rein rational beschliesse, dass ich ihm glauben will. Ich möchte dem Anderen gegenüber nicht ungerecht sein. Wenn ich versuche, mir die Situation aus der umgekehrten Sicht vorzustellen, dann wäre ich wahrscheinlich v*rl*tzt, wenn mir jemand ständig nicht glauben würde. Daher versuche ich, besonders wenn ich rational keine Zweifel habe, dem Anderen zu glauben, es ist ein Willensakt.
      Machst Du Therapie? Hast Du schon an Deinem Selbstwert gearbeitet? Das ist ja auch ein Teil des DBT. Ich habe diesen Teil als sehr wertvoll erlebt, besonders als es um Glaubenssätze ging. Kann man bestimmt im Internet nachlesen und sich auch so mit beschäftigen. Ich erkenne immer mehr, wenn ich wieder in so eine Denk- und Fühl-Falle trete und mich in alten Bahnen bewege. Ich hoffe, dass Du verstehst, was ich meine.

      Mehr fällt mir leider gerade nicht ein,
      lg
      Rubi
      Schlägt Dir die Hoffnung fehl, nie fehle Dir das Hoffen. Ein Tor ist zugetan, doch 1000 stehn noch offen. (Friedrich Rückert)
      Liebe Rubi,

      Danke für deine Antwort! Ich glaube, dass du mir schon einige Anstösse geben konntest, wie ich gegen diese Gefühle ankommen kann. Besonders den Anspruch, dem anderen gegenüber nicht ungerecht zu sein indem man ihn ständig anzweifelt, finde ich sehr überzeugend.

      Das mit dem beschliessen, zu glauben finde ich eher schwierig, da ich mir zwar sagen kann "ich glaube ihm jetzt", es aber doch nicht fühle oder aber immer wieder zurückfalle ins Zweifeln.

      Du hast auch recht damit, dass es einen nicht weiterbringt, sich ständig mit diesen Gefühlen zu beschäftigen. Ich muss halt immer versuchen, irgendwie den "Ausstieg" aus meinen wilden Gedanken zu finden. Normalerweise finde ich das sehr schwierig und ich kann nicht wirklich gegen die Gefühle ankämpfen. Aber zu versuchen, die Situation aus den Augen der anderen Person anzusehen, kann mir dabei vielleicht helfen.

      Ich mache im Moment keine Therapie. Ich bin nicht besonders ausdauernd und breche die Therapie meistens nach einigen Malen ab, da ich dann das Gefühl bekomme, dass ich sie doch eigentlich gar nicht brauche bzw. dass das Geld meiner Eltern verschwendet wird. Aber ich denke auch, dass das Arbeiten an meinem Selbstwertgefühl sehr wichtig ist, um das Problem in den Griff zu bekommen. Es ist halt ein sehr langer Prozess, es hat sich allerdings auch schon sehr gebessert :)


      Liebe Grüsse

      Cheetah
      sommerlied
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      ernst jandl (1925-2000)
      Meine Gedanken spielen gerade mal wieder verrückt... ich hab gerade mit meinem Freund telefoniert und er geht jetzt mit ein paar Leuten in die Stadt. Ich kann nicht mit, weil ich im Moment super viel arbeiten muss fürs Studium, es geht einfach nicht.

      Ich weiss nicht, was mit mir los ist... eigentlich wäre das eine ganz normale Situation, aber jetzt löst es in mir sofort aus - "er will etwas mit anderen machen, nicht mit mir - er mag mich nicht - er wird mir bestimmt fremdgehen..." warum plötzlich diese Gedanken? Ich war nie übermässig eifersüchtig und mein Freund gibt mir auch objektiv gesehen jetzt nicht plötzlich mehr Grund dafür, eifersüchtig zu werden. Er bestätigt mir auch geduldig immer wieder, dass er mich liebt (kennt ja mittlerweile ziemlich viele meiner Macken, lässt sich davon also nicht mehr aus der Ruhe bringen), aber mein Gefühl wächst, dass ich nicht liebenswert bin und ihn mit der Zeit sicher damit nerven werde, dass ich mich ständig fertigmache... aber ich kann nicht fliehen aus meinem Kopf, ich fühle mich elend, hässlich und uninteressant, wieso sollte er gerade mit mir zusammen sein wollen?

      Es ist nicht mal so, dass ich ihm einfach nicht glaube, sondern mehr, dass ich erwarte, er könnte jeden Moment seine Meinung ändern und mich nicht mehr lieben. Was ist, wenn ihm diese Nacht klar wird, dass er nicht mehr mit mir zusammen sein will? Ich versteh mich nicht... das war nie so schlimm. Wieso denke ich plötzlich so? Ich kann nicht fliehen, wie kann ich von diesen blöden Gedanken wegkommen..? :(

      Ich halte mich ihm gegenüber so gut es geht zurück mit diesen Spinnereien (dass er mich nicht mehr lieben wird, dass er mir fremdgehen wird) weil ich fürchte, dass ich mich dadurch unattraktiv machen könnte. Ich habe im Moment die ganze Zeit das Gefühl, dass ich immer das Coolste machen muss, um ihn zu beeindrucken. Aber es ist alles nur in meinem Kopf, er tut überhaupt nichts, um mir dieses Gefühl zu geben...

      Ich hatte schon immer in der Beziehung Phasen, in denen ich Angst hatte, dass er mich plötzlich nicht mehr lieben könnte. Aber das ist normal für mich, und wenn das in einer Beziehung über längere Zeit nicht habe, wird sie mir meistens langweilig und es verkehrt sich ins Gegenteil - dass ich den anderen nicht mehr liebe. Aber so extrem wie jetzt ist es nicht gut, es macht mich einfach nur noch fertig. Wieso kann ich nicht ein klein wenig mehr vertrauen..? Ich verstehe nichts mehr... ich will nur, dass er mich in den Arm nimmt und tröstet, und ich weiss auch, dass er das tun würde wenn ich ihm zeigen würde, wie es mir geht, aber ich will es nicht, weil ich das Gefühl habe, dass ich dann zu jämmerlich bin... und wieso sollte er mich dann lieben? :(
      sommerlied
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      ernst jandl (1925-2000)
      hallo.

      Cheetah schrieb:

      Ich weiss nicht, was mit mir los ist... eigentlich wäre das eine ganz normale Situation, aber jetzt löst es in mir sofort aus - "er will etwas mit anderen machen, nicht mit mir - er mag mich nicht - er wird mir bestimmt fremdgehen..." warum plötzlich diese Gedanken?
      was mir oft in ähnlichen situationen hilft ist eine schlichte realitätskontrolle.

      was ist die situation?
      was ist meine befürchtung / annahme?
      gibt es einen objektiven grund für diese befürchtung?
      (warum konstruiere ich so negativ ?
      oder bilde ich mir dass aufgrund alter erfahrungen / minderwertigkeitsgefühl oder ähnliches derzeit ein ?


      das fiel mir zu deiner geschilderten situation ein, die ich aus eigenen erfahrungen kenne..
      vlt kannst du damit ja etwas anfangen.

      gruß, Cold Sun.
      I can't believe it's not butter.
      Danke für die Antwort, Cold Sun. Es ist sicher sinnvoll, mir diese Fragen in den jeweiligen Situationen zu stellen. Ich habe nur jeweils grosse Probleme damit, mir die Antworten auf diese Fragen auch wirklich klar zu machen, weil ich intuitiv etwas anderes fühle. Aber das muss ich wohl trainieren.
      Liebe Grüsse,
      Anna
      sommerlied
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      ernst jandl (1925-2000)
      Hallo,

      was Cold Sun beschrieben hat, hilft mir auch sehr gut. Und es ist ja auch so in etwa in unserer Skill-Liste drin (z.B. das "Tür-Straße-Spiel").

      Cheetah schrieb:

      Ich habe nur jeweils grosse Probleme damit, mir die Antworten auf diese Fragen auch wirklich klar zu machen, weil ich intuitiv etwas anderes fühle. Aber das muss ich wohl trainieren.


      Dass es Dir schwer fällt ist normal, das fällt jedem am Anfang schwer. Wenn es einem leicht fiele die Antworten zu finden und zu übernehmen, bräuchte man die Fragen ja nicht.
      Und es stimmt schon, dass man das einfach trainieren muss. Denn wie jeder Skill, "sitzt" so etwas erst dann, wenn man es wirklich konsequent übt und anwendet.

      Aber wenn man so etwas wie die Realitätsüberprüfung erstmal drauf hat, kann es einem unglaublich helfen. Es lohnt sich also nicht die Geduld zu verlieren. Dir werden dann noch viel mehr Situationen begegnen, mit denen Du vorher vielleicht nicht gerechnet hast, in denen Du merkst, dass Du es ganz automatisch anwendest und dass es hilfreich ist dabei nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren.

      Viel Erfolg dabei und: einfach durchhalten.
      Grüße,
      klirr
      hallo nochmal.

      hab eben nochmal in alten Therapie Unterlagen nachgeschaut.
      Was mir konkret in solchen Momenten ("Gedanken verselbständigen sich") hilft, ist die sogenannte B-E-A-T-E :
      Um Denkschematas bzw. Gedanken in den Griff zu kriegen.

      B - Benennen: Die aktuelle Situation, quasi was grad los ist.

      E - Erkennen: Das ist mein eigenes Denkschema ( wie etwa Minderwertigkeit/ Unterdrückung eigener Bedürfnisse, Angst, Abhängigkeit, Kontrolle etc.

      A - Anerkennen, des Schemas: der alte Gedankengang war sinnvoll bzw. hatte seine Ursache / Wirkung. IST ES JETZT ABER NICHT MEHR

      T - Trennen: Das Auseinanderhalten von alten und neuen Verhaltensweisen.

      E - Einbrennen: Durch stetes Wiederholen das neue Verhalten automatisieren.




      Ich weiß, zu allererst ist es graue Theorie, aber es hilft bei stetem Einüben ungemein und hilft mir Gemütsschwankungen vorzubeugen.


      massive Grüße, Cold Sun.
      I can't believe it's not butter.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „Cold Sun“ ()