Alltag - Leben vs. Angst

      Alltag - Leben vs. Angst

      Hallo

      wie fang ich am besten an - vorneweg vielleicht ein paar wissenswerte Angaben? Bin seit Jahren in Therapie und wir arbeiten auch gut an diesem einen Thema.

      Dennoch bleibt für mich immer der eine Punkt, der mir das Leben ziemlich schwer macht. Abgesehen davon das ich mir tagtäglich meine eigenen Szenarien ausmale und ständig meinen Kopf darüber zermatere welche Person mich mag oder nicht und solch ein Kram. Kaum werden mir in einem Gespräch zu wenig Blicke zugeworfen, werden auf meine Worte nicht richtig reagiert bin ich fest im Glauben, dass diese eine Person mich nicht mag. (und das klingt so wunderbar einfach und das tut gerne mal jemand, aber darüber nachzudenken lässt mich in anderen Sachen vollkommen zurück bleiben.. die Konzentration lässt sich kaum mehr lenken, beschäftige mich zusehends damit mich und mein Umfeld zu analysieren und interpretieren.. ) Aber das ist nicht mein Hauptproblem.

      Seit Monaten arbeite ich Minijob-mäßig in einem Büro, an jedem Morgen meiner Arbeitstage wache ich mit Herzrasen auf, in mir ist ..wie ich es gerne ausdrücke .. eine Angstwolke, die mich förmlich auffrisst. In einer Woche werde ich dort Vollzeit arbeiten müssen (es führt kein Weg dran vorbei, ist an mein Studium gekoppelt, sonst bin ich weg vom Fenster). Solang ich mir persönlich keine Wahl lasse, morgens hinzugehen oder nicht - entscheide ich mich auch fürs hingehen. Aber es ist jedesmal ein innerer Kampf, den ich so einfach nicht mehr aushalten möchte. Mir macht es zu schaffen. Oft habe ich nach den Arbeitstagen geweint - genauso oft ging ich mit einem wirklich gutem Gefühl nach Hause und dachte mir nur ... "Mensch.. Sch.. nu hab ich mir so einen Stress gemacht und alles war für die Katz, weil es doch so gut lief jetzt".

      Aber dieses Gefühl kann ich nicht speichern, trotz des guten Tages ist der nächste wieder ein Kampf. Nu mache ich mir jetzt bei diesen 1-2 Tagen schon solche Angst und nun wäre das jeden Tag.. jeder Tag in den nächsten 5 Monaten. Der größte Clou an dieser Geschichte ist jedoch, diese Angst ist völlig irrational. Die Kollegen sind nett, die Arbeit macht mir Sorgen sie nicht zu schaffen (aber das kennt ja auch jeder) und das gesamte Arbeitsklima samt Chef sind eigentlich echt in Ordnung. Allerdings verspiel ich mir durch meine Angst so manche Situationen ... rede kaum, rede manchmal Sätze die nicht gaaaanz so sinnig sind - da mein Kopf gerade mit der Angst beschäftigt ist und ich doch nun bitte was gescheites antworten soll. Genauso meine Arbeiten, auch stark beeinträchtigt durch meine Angst, viele an und für sich schlüssige Sachen muss ich erfragen da mein Verstand blockiert ist.. aber ich mag auch garnicht so sehr ausschweifen.. Fazit: Meine Angst bezieht sich auf frühere Ängste und bringt sich nun an vermeintlich falschen Situationen schön zum ausdruck.

      Mein Anliegen - kennt jemand ähnliche Gefühle und Gedanken? Hat jemand ähnliches erlebt? Gibt es Übungen dazu? In meiner Therapie reden wir ausschließlich, aber machen keine Übungen.

      Es wäre echt wunderwunderbar wenn mir jemand einen Rat weiß, ich hab das Gefühl das so nicht mehr lange hinzubekommen und mich schlussendlich doch (wieder) für's daheim bleiben entscheide. Danke!
      .. aber wie Frontrunner muss ich dein Innerstes mit beiden Fäusten ergreifen und mit dem Teufel um die Wette fliegen.
      Diese Spannung erzeugt für alle Kämpfer das Gefühl für Zeit.
      Fliegst du mit mir oder bleibst du lieber unten?


      (Textpassage aus "Der Aufschrei")
      Hey Josid,

      ich schreib wirklich selten hier, aber dein Beitrag hätte auch von mir sein können, drum muss ich kurz antworten... ;)
      Also, du bist mit deinen Gefühlen und Gedanken nicht alleine... Ich kann absolut nachvollziehen wie du dich fühlst.

      Allerdings ist diese Angst bei mir sehr sehr viel kleiner geworden, als ich Vollzeit gearbeitet hab und somit jeden Tag an meinem Arbeitsplatz war. Ist so ein persönlicher Erfahrungswert und ich wünsch dir, dass sich das bei dir ähnlich positiv auswirkt, wenn du nicht nur 1, 2 Mal die Woche arbeitest, sondern jeden Tag dort bist. Ich hatte in der Ausbildung blockweise Arbeit und Schule. Und die ersten Tage in der Praxis waren immer schlimm, aber die Angst wurde umso kleiner, je länger ich gearbeitet hab. Wenn ich dann wieder ein paar Wochen in der Schule war und der erste Praxistag anstand, ging das Szenario von vorne los. Momentan mach ich wieder ne Ausbildung in der ich nur einmal pro Woche im Praktikum bin. Die Einrichtung ist toll, die Kollegen super lieb... Und trotzdem jedes Mal Angst und "am liebsten nicht hingehen wollen"... Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Gefühl verschwinden oder sich zumindest auf ein Minimum reduzieren würde, wenn ich dort jeden Tag wäre.

      Lange Rede, kurzer Sinn: Ich kann mir gut vorstellen, dass sich deine Angst bessert, wenn du dort Vollzeit arbeitest.

      Spezielle Übungen kenn ich nicht... Was aber grundsätzlich gut ist, ist sich bewusst auf die Gegenwart zu konzentrieren, Stichwort Achtsamkeit. Nicht analysieren, Angst haben, denken, analysieren, Angst haben, denken... Sondern versuchen, immer wieder ins Hier und Jetzt zurückkommen. Manchmal hilft es mir auch, mich ein bisschen von meinen Gefühlen zu distanzieren. Also sie nicht komplett abzuspalten, sondern sie anzugucken wie ein externer Beobachter und mir bewusst zu machen, dass ich "mehr" bin, als dieses Gefühl. Maaa, ich kann grad schlecht beschreiben wie ich das meine, aber vielleicht verstehst du ja auf was ich hinaus will. Es ist sicherlich hilfreich, diese Gedanken und Gefühle (in der Therapie) mal ganz genau anzuschauen, aber am Arbeitstag direkt ist es denk ich eher hilfreich sich auf's Handeln, statt auf's Analysieren zu konzentrieren.

      Auf deine Atmung zu achten wär auch noch ein Tipp. Wenn man Angst hat und unter Stress steht, atmet man ja meistens automatisch zu flach. Ich hab mal in einem Buch gelesen, dass es hilft in den Bauch zu atmen, sich vorzustellen man hätte da nen Ballon drin, den man "aufblasen" muss und sich dabei ganz bewusst zu entspannen.
      (Stressmanagement für Dummies :) - ganz nett zu lesen und hat mir damals ein paar ganz gute Denkanstöße verpasst).

      Und ganz allgemein: Pass gut auf dich auf, mach in deiner Freizeit Sachen die dir gut tun, plan was schönes für den Feierabend und arbeite weiterhin an den Ursachen.

      Ich wünsch dir auf jeden Fall, dass du in den 5 Monaten die gleiche Erfahrung machst wie ich damals und deine Angstwolke verschwindet oder zumindest ein ganzes Stück kleiner wird!
      :)

      Liebe Grüße,
      skima
      Best safety lies in fear
      Lieben Dank für deine Antwort!

      Tut mir leid, dass ich erst jetzt antworte - mein Studium und die Klausuren forderten volle Aufmerksamkeit - nu bin ich frei .. im gewissen Sinne, wenn da nicht nächste Woche wäre. Hach..
      Mir tat unheimlich gut deine Antwort zu lesen. Allein das du geschrieben hast das es dir ähnlich ging und es irgendwann besser wird - dass es bei dir um einiges minimiert wurde.
      Da es nun nur noch wenige Tage bis zum Tag Null sind, fangen auch schon die typischen Facetten meiner Angst an. Ganz furchtbar komische Träume, wieder das flaue Gefühl im Körper und ...die Gedanken, ja was wäre ich nur ohne sie.

      Ein Teil deiner Ansätze und Tipps sind auch bereits meine Ansätze damit umzugehen. Die Freizeit zu gestalten und mir etwas gutes zu tun, ziehe ich schon etwas länger durch - nur kommt manchmal doch das Gefühl den Abend vor dem vermeintlichen Angst-Tag lieber in einer gewissen "Starre" zu verbringen, anstatt etwas schönes zu unternehmen verbringe ich den Abend daheim. So mach ich mir selber weiss, nein ich versuche mir selber weiss zu machen, dass ich so - indem ich nichts mache, mich mental drauf vorbereite und mir die Ruhe die ich benötige erschaffe. Das ich mir dadurch den Abend nur selbst ein wenig zerstöre und mich viel mehr auf den nächsten Tag konzentriere und es dadurch niiicht unbedingt besser wird - weiss ich, aber .. ja das liebe aber. Vielleicht kennst du das ja auch.
      Kann mir vorstellen, was du mit meinst - mit "mehr sein als dieses Gefühl". Mich befreit ein wenig der Gedanke, zu wissen das alles wirklich irrational ist ..und trotzdem ist es so furchtbar frustrierend dem nichts richtiges entgegenstellen zu können. Weisst du. Zu wissen das dieser Körper einfach mal so beschließt Angst zu haben und das jeder Körperzelle glauben machen zu wollen und es auch zu schaffen, bis der Kopf reagiert - Ah - Angstgefühl. Ok go go go... Wir haben jetzt Angst! Das klingt überspitzt, aber so fühlt es sich manchmal an.
      Werde mich mal nach dem Buch umsehen und vielleicht nach ein paar Atemübungen.. zum Thema Achtsamkeit gibt es sicher auch ein paar Übungsansätze.

      Wenn du magst, würde ich mich freuen wenn du mir ein wenig mehr darüber schreiben könntest wie du den Alltag in den Angstsituationen besser hast meistern können? Speziell als du gemerkt hast, dass du gerade einfach nicht mehr kannst.
      Fühle mich ein bisschen darauf vorbereitet, aber mir graut es vor manchen Situationen.. in denen ich einfach in mein Loch falle und nichts und niemanden mehr richtig an dem Tag an mich ranlasse(n) kann/will, weil mir dieses achtsam sein und gut-zureden, bzw die Situation zu entschärfen manchmal doch zuviel wird und ich einfach nur noch ne Tüte über meinen Kopf ziehen mag.
      Wie geschrieben, wenn du magst.

      Danke Dir sehr! :)
      schön zu lesen, dass es dir damit vielvielviel besser geht.
      .. aber wie Frontrunner muss ich dein Innerstes mit beiden Fäusten ergreifen und mit dem Teufel um die Wette fliegen.
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      (Textpassage aus "Der Aufschrei")
      hallo Josid,

      also, ich kenne auch viele Ängste. Du schreibst ja, dass sich frühere Ängste nun in anderen Situationen zum Ausdruck bringen, eigentlich aber irrational sind. Kognitiv kannst du die Situation also als ungefährlich entlarven, nur der Körper zeigt diese "alten" Reaktionen.

      Es wurden ja schon einige gute tipps und strategien genannt.
      Was mir sehr gut geholfen hat, war Klopfakupressur. Ich habe es in einer Tagesklinik gelernt. Am besten ist natürlich, wenn du eine Anleitung bekommst. Vielleicht fragst du in der Therapie mal danach, im Internet kannst du dich auch darüber schlau machen.
      Wenn du mehr darüber wissen willst, kannst du mir gerne eine pn schreiben. Mir hat es echt gut geholfen.

      Lg Amika
      Sei du selbst! Alle anderen sind bereits vergeben.
      ~ Oscar Wilde ~
      Hm... Ich würd dir gern schreiben, ich hätte dies und jenes getan und alles ist schlagartig besser geworden... Aber leider hab ich solche Strategien nicht und es gab oft Situationen, in denen ich in der Nacht kaum geschlafen hab und in der Früh über'm Klo hing vor Panik. Mal hat's geklappt, dass ich meine Angst in Griff gekriegt hab, manchmal nicht. Und ich denk, darauf musst du dich einstellen... Es wird gute Tage geben, an denen du's hinkriegst und es wird schlechte Tage geben, an denen du wieder damit zu kämpfen hast. Und wenn's nicht klappt, dann lass "liebevolle Akzeptanz" walten und mach dich nicht noch selber fertig deswegen. Solche Mechanismen sind hartnäckig, Rückschläge normal und man sollte den Blick auf die kleinen Fortschritte richten.

      Es gibt so nen Spruch:
      Frage dich in jeder schwierigen Situation: "Was würde der stärkste, mutigste, liebevollste Teil meiner Persönlichkeit jetzt tun?" Und dann tue es. Tue es richtig. Und zwar sofort.

      Ich find ihn schön und manchmal helfen mir auch solche Gedanken, einen Teil meiner Persönlichkeit zu aktivieren, der über der Angst steht. Oder ich hab mir vorgestellt, was ich schon alles für schlimme Situationen in meinem Leben gemeistert habe. Und dass "in die Arbeit gehen" dagegen kein Grund ist Angst zu haben. Es ist so ein innerliches "sich selber an die Hand nehmen"... Aber wie gesagt, manchmal komm ich da auch nicht ran. Achtsamkeit, sich auf die positiven Dinge konzentrieren, innerliche Dialoge, Atemübungen. Manchmal funktioniert es, manchmal nicht. Trotzdem, immer wieder versuchen... Ich denk, du kennst die Mechanismen die bei Angst und Stress im Körper ablaufen, Urzeitprogramme, die uns befähigen sollten, vor dem Tiger zu flüchten oder ihm eins auf die Mütze zu hauen. Im Falle von "Arbeit", die ja im Idealfall kein Todesrisiko mit sich bringt, also vollkommen unangebracht. ;)
      Wichtig ist, trotz Angst hinzugehen und die Erfahrung zu machen, dass man es überlebt. Umso öfter, desto besser. Bei mir ist es ähnlich, ich bin auch unfähig, Situationen abzuspeichern und so ein konstantes Bild von der Gesamtsituation zu erschaffen. Aber es ist definitiv leichter, wenn zwischen zwei Arbeitstagen nur ein paar Stunden, nicht ein paar Tage liegen. Irgendwann registriert der Kopf dann doch, dass es sich um keine lebensbedrohliche Situation handelt.

      Es hat mir auch geholfen, über die Angst zu reden. Mit Leuten die ich lieb hab. Oder sie anzurufen in der Pause. Einfach um das Gefühl zu haben, dass es ein Leben außerhalb der Arbeit gibt, dass da Leute sind, die an mich denken und ich nicht alleine bin. Ganz am Anfang hab ich in der Pause manchmal auch kurz Tagebuch geschrieben, was irgendwie nen ähnlichen Effekt hatte. In der Arbeit bin ich manchmal auf die Toilette "geflüchtet", um für nen Moment alleine zu sein und meine Gedanken zu sortieren.

      Bei mir war/ist diese Angst ganz stark an die soziale Komponente, die Arbeit so mit sich bringt, gebunden. Und das war auch der entscheidende Unterschied, zwischen "Praktikum" und "Vollzeit".... Ich hab ne Beziehung zu meinen Kollegen aufgebaut. Im Praktikum waren sie zwar nett, aber alles war so "oberflächlich", ich war trotzdem fremd und hab mich nicht sicher gefühlt.

      Und auch die Arbeitsabläufe wurden mir vertraut als ich ohne Unterbrechung gearbeitet hab. Ich hab immer große Angst Fehler zu machen und geisel mich mit nem selbstauferlegten Perfektionismus der Sonderklasse... Weiteres Fundament meiner Angst. Umso länger ich aber gearbeitet hab, desto sicherer wurde ich in dem was ich tu.
      Und... Kann's sein, dass es bei dir in ne ähnliche Richtung geht? Und... Was ich jetzt so aus deinem Text herauslesen konnte, hast du diese Panik hauptsächlich wenn's um den Job geht, nicht (oder weniger) bei der Uni. Worin meinst du liegt der Unterschied?

      Weitere Möglichkeit Angst zu unterdrücken ist natürlich die pharmazeutische Keule. Aber da muss man ganz genau Vor- und Nachteile abwägen.
      Für den Fall dass du keine Medikamente nimmst könntest du dir ein pflanzliches Mittel besorgen was beruhigend wirkt: Bachblüten ("Rescue-Tropfen"), Baldrian... Das kann nichts schaden und manchmal tut's auch schon der Placebo-Effekt. ;)

      Noch ne Idee wäre, dir entweder selbst ein (zwei, drei) Zettelchen zu schreiben mit positiven Botschaften a la: "Ich schaff das!" "Ich bin stärker als die Angst!" Oder du nimmst einen Gegenstand mit, mit dem du etwas positives verbindest, eine Art Talisman der dich beschützt. Klingt ein bisschen kitschig und man muss sich auf so was einlassen können.
      Ansonsten helfen vielleicht auch so "Realitätsskills", einen Stein mit besonderer Oberfläche, Duftöle, Centershock... :)
      Probier mal durch, was dir in Angstsituationen am besten hilft und mit was du am ehesten zu dir durchkommst.


      Ich drück dir die Daumen für nächste Woche! Und es würde mich freuen, wenn du mal berichtest, wie's dir ergangen ist!

      Liebe Grüße,
      skima
      Best safety lies in fear
      Hallo & guten Morgen liebe Josid,

      die erste gute Woche der Vollzeitarbeit liegt nun hinter Dir und ich wünsche Dir, dass Du viele schöne Momente einsammeln konntest, die der Angst zeigen, dass es auch anders sein kann.

      Die Beiträge von Skima und Amika finde ich hilfreich und gut. Ziehe für mich da auch immer wieder viel raus beim mitlesen. Danke an Euch beide dafür!

      Du hast geschrieben, dass es Dir gut tut zu lesen, dass es bei Skima besser wurde. Da man von Gutem nie genug haben kann :o), mag ich Dir gern noch eine Geschichte dazu geben.

      Ich habe seit längerem Panikattacken und zum Teil heftige Angstzustände. Letzten Sommer wurden die Bürotage zum wahren Horror. Ich saß morgens oft weinend in der Tiefgarage und habe mich nicht nach oben getraut. Mehrstündige Meetings wenn möglich noch mit vielen Personen in engen Räumen haben mich schon Tage im Vorfeld erstarren lassen. Meine größte Angst waren dabei zwei Dinge: Nicht gut genug zu sein und dass mal jemand - im schlimmsten Fall mein Chef - eine Attacke mitbekommt.

      Letzteres passierte. Und war mein Glück. Ich bin äußerst dramatisch heulend und in der Hyperventilation zuckend vor ihm zusammen g*br*ch*n. Das Loch in dem ich gerne versunken wäre, hätte gar nicht groß genug sein und am liebsten bis zum Erdmittelpunkt reichen können. Ich dachte, da kannst Du nie wieder hingehen. Aber was tatsächlich passiert ist - ist: Nichts. Oder besser ganz viel und dadurch nichts. Denn erstaunlich viele Menschen haben dies oder kennen dies aus ihrem Umfeld. Ängste sind wie ich immer mehr lerne, lange nicht so ungewöhnlich, wie ich immer dachte. Mit meinem Chef kann ich so gut arbeiten wie vorher auch. Vielleicht sogar noch ein wenig besser. Und er hat das weder im Kollegenkreis verteilt noch mich rausgeworfen.

      Also war mein worst case gar keiner. Und ich habe dadurch gelernt, dass ich trotzdem 'wertig' bin.

      Meiner Angst nicht gut genug zu sein, bin ich die letzten Monate verstärkt begegnet. Und zwar dadurch, dass ich mir zum einen selbst aufgeschrieben habe, was ich gut gemacht habe und zum anderen Lob von Kollegen und Chef dazu schrieb (auf dem Lob-Ohr bin ich gewöhnlich taub). Dazu habe ich meine eigenen Ansprüche mit denen der anderen verglichen. Und Arbeiten abgegeben, die für mich nur bei 70 - 80% lagen. Und dafür Lob bekommen. Soviel zum Thema nicht gut genug.

      Ich trainiere das weiter, da ich noch am Anfang stehe, aber das bislang erlebte zusammen mit dem Drama beim Chef, das nur in meiner überbordenden Phantasie im Vorfeld eins war, haben mir geholfen viel von meiner Angst dort zu verlieren.

      Dazu kommen noch Tricks & Tipps, die mir helfen:

      Als Angstmensch reagiere ich sehr auf die Atmung, d.h. wenn der CO2 Gehalt sich verändert. Schon bei der kleinsten Abweichung gerät mein Körper in Panik. Also trainiere ich das. Und übe oft das 4x ein, kurz anhalten, 8 x ausatmen. Was mir auch in Notsituationen hilft. Kurzer Rückzug aufs Klo, Atemübung und ich bin ein neuer Mensch. Zudem habe ich von einer Atemtherapeutin den Tipp zu trainieren in beide Hände zu atmen. Dadurch lernt der Körper mit einem anderen CO2 Gehalt umzugehen. Das kann ich gut zwischendurch mal machen. Und wenn meine Atmung sich gar nicht mehr beruhigt, atme ich in eine kleine Tüte. Die habe ich im Büro immer dabei. Es erstaunt mich immer wieder zu sehen, wie sehr sich mein Befinden nach nur einigen Atmenzügen in die Tüte (falls Du es nicht kennst: immer nur ein paar mal ein und ausatmen, dann Tüte weg ein paar Atmenzüge normal und wieder in die Tüte, das im Wechsel, bis Du Dich besser fühlst). Das gute bei der Übung mit den Händen ist, dass man das auch gut mal so in der Bahn auf einem Fest oder so machen kann. Einfach eine Hand vor Nase und Mund und dadurch atmen. Und das gute an der Tüte ist, das dies ein so einfach wie wirklungsvollens Instrument ist, das mir binnen kürzester Zeit Erleichterung verschafft und ich immer dabei haben kann.

      Dann erabeite ich mir im Moment mit einer Art Waage. Wenn ich mal wieder wegen etwas (letztens war es ein einfaches Fest) tagelang Angst schiebe, stelle ich das damit verbundene anhaltende Leid gedanklich, mit Worten oder Zeichnungen auf die eine Seite. Dann lasse ich mal meinen Drama-Kopf nach meinem Willen laufen und male mir - und das dann wirklich konkret, sonst funktioniert das bei mir nicht - aus, was schlimmstenfalls passieren kann. Und was ich dabei wohl fühlen würde. Und wie lange. Das kommt dann auf die andere Seite. Es verwundert wohl nicht, dass auf wundersame Weise die Angstschale überwiegt an Schlechtem. Ein paar Mal hatte ich bereits das herrliche 'Na und, was soll schon passieren' oder 'Pffft, dann passiert es eben' Gefühl und meine Angst hat sich von dannen geschlichen.

      Mit lieben Grüßen und den besten Wünschen für die 2. Arbeitswoche für Dich,
      Magenta
      vielen vielen Dank für eure weiteren Antworten! :)

      eine kurze Rückmeldung meinerseits. Die ganze Angst, das ganze Kopfchaos hält sich in Grenzen. Es ist so unrealistisch ok morgens aufzustehen und zur Arbeit zu gehen, es ist unrealistisch ok dort zu sitzen (ja, es gibt Momente in denen ich verzweifle und am liebsten meine Sachen packen und gehen mag ..) aber es fühlt sich so ok an. Ok ok, butter bei die Fische - ich bin verdammtnochmal angespannt und halte es kaum aus - aber ich habe mich noch nicht krank gemeldet und allgemein kann ich mich besser selbst beruhigen.
      und - keine Ahnung warum das so gut läuft, keine Frage, es ist toll und ich sollte es auch nicht in Frage stellen. Aber es wäre schön, die Beweggründe zu wissen warum sich dieser Knoten zumindest so ein klein bisschen gelöst hat. Gerade für die Momente in denen ich wieder in ein Tief hineingeraten sollte.

      Trotzdem bleibt immer ein gewisser Grad von Anspannung, mir macht das Mittagessen sorge, Gespräche mit anderen Kollegen, Smalltalk, von den an mich gestellten Aufgaben brauchen wir garnicht reden.
      Schreibe alles auf was mir gesagt wird, damit ich es nicht vor lauter Kopfkino nicht mitbekomme - was sich als ziemlich gut erweist. Gut - ich schreibe wirklich alles auf - aber solang es den Zweck erfüllt.

      Und... Kann's sein, dass es bei dir in ne ähnliche Richtung geht? Und... Was ich jetzt so aus deinem Text herauslesen konnte, hast du diese Panik hauptsächlich wenn's um den Job geht, nicht (oder weniger) bei der Uni. Worin meinst du liegt der Unterschied?


      Ja es geht tatsächlich in eine ähnliche Richtung ... und der Unterschied. Tja. Das ist eine Frage die ich mir selber noch nicht so beantworten kann. Vielleicht dass ich tatsächlich etwas leisten muss, in der Uni leiste ich lediglich meine Arbeit so für mich und Gruppenkollegen ab. Der Unterschied spiegelt sich darin wieder denke ich ..dass auf der Arbeit der Ton doch recht schnell in eine Richtung tendiert die mir Angst macht und mich noch minderwertiger fühlen lässt, nach dem klassischen Gedanken "Ha, siehste, schon wieder verk... ".
      Keine Ahnung.. der Druck ist so hoch etwas gut zu machen, keine Fehler - gerade weil ich schnell dazu neige durch mein Kopflabyrinth nicht hinzuhören und manches nicht so direkt zu verstehen oder garnicht erst aufzunehmen. Uund wenn ich es dann doch gehört habe, ist es immernoch fraglich ob ich es auch verstanden habe - da können die Gedanken dann so schnell in verschiedene Richtungen rasen, das ich schon garnicht mehr weiss wie ich jetzt tatsächlich die Aufgabe erledigen muss.

      Fazit. Mir geht es ok, nur das ich sehr sehr angespannt bin und im privaten Bereich wieder viel aggressiver (über)reagiere zum Leidwesen meines Umfeldes was mir teilweise auch einfach nur helfen möchte. In Stunden die ich alleine verbringe, verbringe ich diese meist weinend ... einfach innen heraus, diese Angst zu haben und sie den ganzen lieben langen .. Tag zu spüren und abends meist so k.o. davon zu sein, dass man direkt schlafen mag - was aber nicht geht, weil früh einschlafen geht ja mal gar nicht weil der nächste Tag dann doch schon so schnell wieder anbricht, daher natürlich auch meine geliebten Minuten&Stunden-in-der-Nacht-aufwach-sessions. Da muss man durch. Tage an denen ich dann abends alleine verbringe sind dann meist doch immernoch die schwierigsten, die Zeit tatsächlich sinnvoll zu nutzen. Am liebsten würde ich mich jedesmal einfach nur vor den Fernsehr kleben und den Tag verstreichen lassen - "die Zeit vergeht ja sowieso... ".

      Was mir ganz bewusst ist, dass ich mich immer unten auf den Boden der Tatsachen festhalten muss. Gesten, Sprüche, ein eingebildetes ignorieren bringt mich doch sehr sehr oft in die Situation mich beherrschen zu müssen und nicht in den negativ.modus rüberzuschalten und am liebsten garnichts mehr zu sagen a la "leckt mich doch am Arsch, dann red ich mit euch auch kein Wort mehr". DIesen Moment zu erfassen, dass es nicht kippt und ich bei der Sache bleibe, ist gerade noch ein kleiner Spießroutenlauf, da ich so gerne 50-50 spiele und mich nicht richtig entscheiden kann/will ob ich mich dem jetzt stellen will oder nicht und einfach gedanklich abschalte und mich komplett zurückziehe.
      Mein kleiner Glücksbringer ist aktuell eine Kette mit einem symbolischem Wert - wenn ich mich besser und vetrauter fühle werde ich mir auch noch eine schöne Tasse kaufen (Ja, eine popelige schöne Tasse .. :) ) aus der schlürf ich dann im Winter heiße Schokolade!
      Heute war ein guter Tag (daher auch mein positiver Text) und das mach ich einfach nur an den sinnlosesten Situationen fest, wie z.B. dass ich mit den anderen geredet habe und nicht vor lauter Schockstarre den Mund gehalten habe, dass ich miteinbezogen wurde (teilweise) und die Kollegen zum Abschied extra noch in das Nebenzimmer gegangen sind in dem ich gerade was gearbeitet habe um Tschüss zu sagen. Jaaaa - so einfach kann man es mir recht machen, aber so einfach geht es dann auch andersrum - es mir nicht recht zu machen und meinen Tag ganz furchtbar blöd aussehen zu lassen. ;)

      Puh. Soviel Text. Tut mir leid. Vielen Dank fürs lesen. Die Resonanz hat mir sehr sehr gut getan, jeder einzelne Tipp (von Klopfakupressur, Selbst Fragen "was würde.. ", Atmung, der Spruch bis hin zum ultimativem Szenarien ausmalen, euren eigenen Erfahrungen! und und und .. war mir alles neu. wurde gelesen, und brav notiert. Vielen Vielen Dank für jedes eurer Worte, ihr habt mir das Gefühl gegeben damit nicht allein zu sein! :)
      (.. auch wenn meine liebsten mir zuhören, mich halten und einfach reden lassen oder mit mir reden .. spüre ich die Hilflosigkeit vom Gegenüber, mir nicht richtig helfen zu können - Angst sieht man nicht, man spürt sie nur ..und das ist für viele so wahnsinnig schwer nachvollziehbar. und da mach ich auch niemandem einen Vorwurf. Manchmal kann ich auch nicht über die Angst reden, es weiß fast niemand aus meinem Umfeld, manchmal wird auch nicht nachgehakt - weil sooo schlimm kann die Angst ja nicht sein.. und das tut auch w*h, so stehengelassen zu werden.)

      Danke, liebe - Skima, Amika und Magenta!
      .. aber wie Frontrunner muss ich dein Innerstes mit beiden Fäusten ergreifen und mit dem Teufel um die Wette fliegen.
      Diese Spannung erzeugt für alle Kämpfer das Gefühl für Zeit.
      Fliegst du mit mir oder bleibst du lieber unten?


      (Textpassage aus "Der Aufschrei")